von Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel und Prof. Dr. Thomas Weigend
Abstract
Als Maßstab für eine Bewertung von Vorhaben der Strafgesetzgebung werden vielfach die Topoi des Rechtsgüterschutzes sowie des Strafrechts als ultima ratio vorgeschlagen. Beide weisen jedoch Defizite auf, insbesondere lassen sich „Rechtsgüter“ relativ leicht postulieren, ohne dass ihre Notwendigkeit rational überprüfbar wäre. Präziser ist der Maßstab des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes; hier ist insbesondere die Eignung neuer Strafnormen zur Erreichung ihrer Zwecke ein auch praktisch relevantes Kriterium. Darüber hinaus schlagen die Autoren vor, Strafrechtsnormen vor allem danach zu beurteilen, ob sie in die vorhandenen Strukturen des Strafrechts einzupassen sind und ob sie den Freiheits(grund)rechten potentieller Täter genügend Raum lassen.
I. Einleitung
Gesetzgebung werde, so Oliver Lepsius, „in Deutschland bisweilen mit romantischen Vorstellungen assoziiert.“ Danach sollen „gute“ Gesetze „beständig, systematisch, neutral, sachgerecht und bestimmt“ sein.[1] Dazu passt die verbreitete Annahme, dass die Wissenschaft dem Gesetzgeber vorarbeiten müsse, dass sie ihm „große“ Konzeptionen vorzulegen habe, die nicht auf subjektiv-beliebigen, legislatorisch irrelevanten Ansichten beruhen, sondern die „Ergebnisse der internationalen Reformdiskussion konkretisierend ausarbeiten“, wie Claus Roxin um den Jahrtausendwechsel schrieb.[2] Kriminalpolitik wird demzufolge verstanden als die planvolle und in sich stimmige Gestaltung der strafrechtlichen Sozialkontrolle, die anerkannten kriminalpolitischen Grundsätzen folgt.[3]
Dieses Verständnis von Gesetzgebung als systematisch-schöpferischer Akt hält die Strafrechtswissenschaft der Wirklichkeit der Gesetzgebung entgegen, die als methodisch-konzeptionell beschränkt, beliebig und einzelfallorientiert,[4] ja als populistisch gilt.[5] Die Tendenz zur (quantitativen) Expansion und (qualitativen) Entgrenzung des Strafrechts versucht die Wissenschaft seit rund vier Jahrzehnten mit dem Rechtsgutsbegriff und der ultima-ratio-Formel einzufangen – bekanntlich mit bescheidenem Erfolg. Zu der praktischen Folgenlosigkeit treten die theoretischen Defizite: Der Strafrechtswissenschaft ist es in den letzten Jahrzehnten weder gelungen, dem Rechtsgutsbegriff eine einigermaßen trennscharfe Kontur zu verleihen und dessen Geltung zu begründen,[6] noch hat sie die ultima-ratio-Formel mit einem Gehalt versehen, der über die Prüfung der allgemeinen verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeit[7] hinaus ginge.[8] Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche (neuen) Maßstäbe wissenschaftlicher Gesetzgebungskritik an die Stelle der gerade genannten Begriffe und Formeln treten könnten. Der nachfolgende Beitrag soll dieser Diskussion als Grundlage dienen.
II. Kritik der traditionellen Rechtsgutsorientierung
Die traditionelle Lehre weist dem Strafrecht die Aufgabe zu, Rechtsgüter zu schützen. Dabei ist diese Aufgabenbeschreibung, die zugleich das staatliche Strafrecht legitimieren soll, zumindest ungenau. Denn nicht nur Straftatbestände schützen Rechtsgüter, dies tun auch andere Normen – bis hin zu den Hygienevorschriften eines öffentlichen Schwimmbades oder Krankenhauses.[9] Bei Lichte besehen, schirmen viele Straftatbestände Rechtsgüter auch nicht umfassend gegen Gefahren ab, sondern nur gegen bestimmte Angriffsformen: das Vermögen gegen untreue Handlungen sowie gegen täuschungs- oder drohungsbedingte Selbstschädigungen, das Leben gegen zurechenbare vorsätzliche sowie objektiv und subjektiv sorgfaltspflichtwidrige Handlungen. Das Strafrecht will also nicht die Existenz von – wie auch immer zu verstehenden – Rechtsgütern garantieren,[10] sondern die Beachtung von Verhaltensnormen, die subjektive Rechte und überindividuelle Institutionen schützen. Anders gewendet: Es schützt Verhaltensstandards im Umgang mit fremden Rechtspositionen. Auf diese Weise sichert es für das Sozialleben wichtige Verhaltenserwartungen und garantiert auf diese Weise Freiräume, in denen sich die Einzelnen idealiter konfliktfrei bewegen und ihr Leben nach ihren Vorstellungen gestalten können.
Dieser Blick auf das Strafrecht ist deutlich komplexer als jener der Rechtsgüterlehre.[11] Während letztere das soziale Leben aus der Perspektive des Trägers eines Rechtsgutes betrachtet und folglich primär dessen Schutzinteressen erfasst, geht der hier vorgeschlagene Ansatz davon aus, dass sich das Strafrecht auf die Gesellschaft als Ort einer Vielzahl von Interaktionen bezieht und durch die Sicherung von Normen an einer möglichst schadensfreien Koordination von Interaktionen innerhalb der Gesellschaft mitwirkt. Die vom Strafrecht garantierten Verhaltensnormen haben unterschiedliche, oft gegenläufige Freiheitsinteressen zu berücksichtigen und zu kanalisieren.
Dass eine Verhaltensnorm einem legitimen Ziel (also einem „Rechtsgut“) dienen soll, ist im Übrigen nur selten zweifelhaft. Denn in aller Regel haben Staat und Gesellschaft schon über die Schutzwürdigkeit eines Rechtsgutes entschieden, bevor sich die Frage stellt, ob einzelne Angriffe auf ein subjektives Recht oder eine Institution unter Strafe gestellt werden sollen.[12] Dass ein Recht oder eine Institution grundsätzlich schutzwürdig sind, sagt aber noch nicht, dass auch die Reichweite und die konkrete Ausgestaltung der Strafnorm legitimierbar sind.[13] So kann etwa in Bezug auf das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe nicht in Abrede gestellt werden, dass das Leben sowie die Autonomie alter oder kranker Menschen generell schützenswerte Interessen sind. Ob zum Schutz dieser Interessen jedoch eine Strafnorm geeignet und notwendig ist, die es unter allen Umständen verbietet, entscheidungsfähigen Menschen geschäftsmäßig Hilfe zu ihrer Selbsttötung zu gewähren, lässt sich mit guten Gründen bezweifeln.[14]
III. Strafrecht als Mittel zum Schutz von Menschenrechten
Ein allgemeiner Ansatz zur Legitimierung von Strafrechtsnormen kann die Orientierung an den Menschenrechten sein: Der Staat hat, wie das Bundesverfassungsgericht schon in seiner ersten Entscheidung zu § 218 StGB herausgearbeitet hat,[15] gegenüber den Grundrechtsträgern positive Schutzpflichten; und es kann geboten sein, einer solchen Schutzpflicht durch den Erlass und die Durchsetzung von Strafrechtsnormen gerecht zu werden.[16] Schünemann nennt – von seinem rechtsgutsbezogenen Ansatz aus – „die angeborenen Rechte Leben, Leib und Freiheit sowie für alle entwickelten Gesellschaften das Eigentum“ als „evidente Beispielsfälle“[17]für Güter, die der Staat durch Strafrecht zumindest vor vorsätzlicher Schädigung zu schützen berechtigt und verpflichtet ist. In der Tat ist der wirksame Schutz dieser Interessen eines jeden Individuums Voraussetzung dafür, dass die Menschen frei und ohne ständige Existenzangst zusammenleben können.
Eine Orientierung allein an diesen basalen Individualgütern griffe jedoch zu kurz. Die Gewährleistung von Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum mag in einer primitiven Gemeinschaft genügt haben; unter den heutigen Bedingungen einer vielfach vernetzten, komplex strukturierten globalen Gesellschaft, die aus Individuen und Kleingruppen mit differenzierten Bedürfnissen besteht, reicht dieser Schutz jedoch für die ungestörte Entfaltung der Persönlichkeit und die Garantie minimal komfortabler Lebensbedingungen jedes Einzelnen nicht mehr aus. Naheliegend ist etwa, dass auch die Erhaltung einer lebensfreundlichen Umwelt notwendig ist. Darüber hinaus gibt es eine große Zahl an sozialen, wirtschaftlichen und politischen Institutionen, die ebenfalls unverzichtbare Beiträge zur Verwirklichung personaler Freiheit leisten. So bedarf es etwa eines funktionierenden und ökonomisch lebensfähigen Systems der Gesundheitsvorsorge und der medizinischen Versorgung wie auch der Versicherungen für Lebensrisiken und für die wirtschaftliche Versorgung nach der Zeit des Berufslebens. Auch der funktionierende wirtschaftliche Wettbewerb ist ein wichtiges Element sowohl zur Sicherung der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeit als auch zur Vermeidung der wirtschaftlichen Ausbeutung Vieler zur Bereicherung Weniger.[18]
IV. Strafrecht und Gesellschaft
Schwierig und umstritten ist die Frage, ob der Gesetzgeber auch Verhaltensnormen mit Strafe bewehren darf, die allein oder primär moralische Vorstellungen von einem „richtigen“ Leben in der Gemeinschaft spiegeln.[19] Hierzu gehören zum einen Strafvorschriften, die hauptsächlich Normen des Anstands, vor allem auf sexuellem Gebiet, schützen wollen,[20] wie etwa das Verbot der Vornahme sexueller Handlungen in der Öffentlichkeit (§ 183a StGB), zum anderen Tatbestände, die der politischen Desintegration vorbeugen wollen, wie das Verbot der Auschwitz-Lüge sowie des Tragens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen.[21] Zum Teil lassen sich solche Strafnormen damit begründen, dass ohne sie die Gefahr gewaltsamer Auseinandersetzungen über sensible Themen im öffentlichen Diskurs entstünde oder verstärkt würde; zum Teil lassen sich jedoch keine individuell oder gesellschaftlich notwendigen Phänomene aufzeigen, die durch eine Streichung solcher Inkriminierungen von Anstandsverstößen beeinträchtigt würden. Solche Tatbestände stellen daher in einem auf die Rechte und Lebensbedingungen der Menschen orientierten Strafrechtssystem eine Ausnahme dar und stehen unter einer besonders hohen Rechtfertigungslast.[22] Ob sie dieser Rechtfertigungslast gerecht werden können, hängt maßgeblich von der Gesellschaft ab, in der die vom Strafrecht garantierten Rechtsnormen ihre freiheitsermöglichende Wirkung entfalten sollen: In einer auf Anstandsverstöße empfindlich reagierenden Gesellschaft kann die Vornahme sexueller Handlungen in der Öffentlichkeit erheblich stärkere Folgen (Desintegration, Meidung bestimmter öffentlicher Plätze etc.) haben als in einer diesbezüglich gleichgültig reagierenden Gesellschaft. Und ein Staat wie die Bundesrepublik Deutschland, der sich als Gegenmodell zum NS-Staat konstituiert hat, kann es um seiner politischen Identität willen nicht hinnehmen, dass der Holocaust öffentlich geleugnet wird. Allerdings sind solche Sensibilitäten der Gesellschaft auch in einer geschichtlichen Dimension zu sehen: Wenn in der Zukunft das NS-Regime und die Shoa einmal zu rein historischen Vorgängen werden und keinen aktuellen Einfluss auf die politische Identität der Bundesrepublik Deutschland mehr haben, wird auch der Straftatbestand des § 130 Abs. 3 StGB seine Akzeptanz und Legitimation verlieren.
Auch in anderer Hinsicht prägt die gesellschaftliche Entwicklung die Gestalt des Strafrechts. So ist die Expansion des Strafrechts zum Teil auch einer zunehmenden Komplexität unserer Lebensverhältnisse geschuldet. Mit neuen, noch vor wenigen Jahrzehnten schlicht unvorstellbaren Möglichkeiten der Kommunikation und Informationssammlung oder auch der Medizin und der Pharmazie entstehen nicht nur neue Entfaltungsmöglichkeiten, sondern auch neue Abhängigkeiten von eben diesen neuen Möglichkeiten, die zum notwendigen Teil eines „guten“ Lebens geworden sind. Wenn etwa die ungestörte Teilnahme am Datenaustausch für die meisten Menschen in fast allen Gesellschaften der Erde zu einem Essentiale ihres Lebens geworden ist, bedarf es auch des Strafrechts, um diese Teilnahmemöglichkeit gegen vorsätzliche Beeinträchtigungen zu schützen (vgl. §§ 202a-202d, 269 StGB).
V. Orientierung am verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Der (zumeist leicht zu führende) Aufweis eines legitimen „Schutzgutes“ ist jedoch nur der erste Schritt bei der Rechtfertigung des Bestehens einer Strafnorm. Eine ebenso zentrale Frage geht dahin, wie die Verhaltensnorm beschaffen sein darf, die das als sozial notwendig identifizierte Interesse schützen soll. Bei der Beantwortung dieser Frage ist der Gesetzgeber stärker gebunden, als es die Rechtsgüterlehre zu zeigen vermag: Er muss für die Garantie einer Verhaltensnorm nicht nur einen Zweck[23] nennen können, der sich in die übergeordnete normative Identität der Gesellschaft einfügt. Die Verhaltensnorm muss vielmehr darüber hinaus geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen; sie muss das dafür am wenigsten einschneidende Mittel sein; und sie darf in die Freiheit des betroffenen Individuums nicht in übermäßiger Weise eingreifen.
Das sind gängige verfassungsrechtliche Maßstäbe für jeden Grundrechtseingriff. Kriminalpolitische Fragen im Verfassungsrecht zu verorten, ist allerdings unerlässlich, da das Verfassungsrecht – in einem umfassenden, das Unions(verfassungs)recht und die EMRK einbeziehenden Sinne – die einzigen rechtsverbindlichenGrenzen der Gesetzgebung markiert.[24]
Bei manchen neueren Straftatbeständen stellt sich schon die Frage, ob die vom Strafgesetzgeber aufgestellte Verhaltensnorm überhaupt geeignet ist, das vorgegebene Ziel der Verhaltenssteuerung zu erreichen. Dazu nur drei Beispiele:
a) Die §§ 299a, 299b StGB kriminalisieren den korruptiven Tausch eines Vorteils gegen gesundheitsrechtswidriges Verhalten im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung. Strafbar ist dieser Tausch jedoch nach der lex lata nur, wenn dadurch zugleich der Wettbewerb auf dem Gesundheitsmarkt beeinträchtigt wird. Dies wirft die Frage auf, ob die medizinrechtlichen Primärnormen und das darauf bezogene Vertrauen der Patienten nicht auch dann geschützt werden sollten, wenn die korruptive Handlung den Wettbewerb nicht beeinflusst. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, das Vertrauen der Patienten zu schützen, wirklich erreicht werden kann, wenn etwa die Bestechung von Apothekern ausgeklammert wird.
b) Wird das Verbot der Bestechung und der Bestechlichkeit von Bediensteten ausländischer Staaten mit dem Ziel begründet, die Lauterkeit des ausländischen öffentlichen Dienstes zu schützen[25] einen Beitrag zur Good Governance fremder Staaten zu leisten[26], drängt sich die Frage auf, ob ein deutscher Straftatbestand mit seinem engen transnationalen Geltungsbereich[27] geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen.[28]
c) An der Eignung des Glücksspielverbots zum Schutz von Spielern lässt sich zweifeln, wenn das deutsche Recht – aus offenkundig fiskalischen Gründen – inländische Formen des Glücksspiels erlaubt, während es Angebote aus dem EU-Ausland trotz ihrer teilweise sogar höheren Schutzstandards bei Strafe verbietet.[29]
Solche sachlich nicht erklärbaren Inkohärenzen zwischen dem proklamierten Ziel und der inhaltlichen Ausgestaltung einer Strafnorm sind nicht nur kriminalpolitisch fragwürdig, sondern begründen auch Zweifel an ihrer verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeit.[30]
VI. Orientierung an vorhandenen Grundstrukturen des Strafrechts
Die Prüfung eines Straftatbestandes am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips kann also, wie die Beispiele zeigen, durchaus ertragreich sein. Dennoch bleibt die Strafrechtswissenschaft dazu aufgerufen, eigene, genuin strafrechtliche Kriterien für die Prüfung der Legitimation von (neuen) Straftatbeständen zu entwickeln.[31] Zwei Gründe sprechen dafür, sich dieser schwierigen und oft entsagungsvollen Aufgabe zu widmen:
Erstens stellen Kriminalisierungsentscheidungen stets Abwägungsentscheidungen dar zwischen den Grundrechten, die eingeschränkt werden, und jenen Grundrechten und Gemeinschaftsbelangen, die geschützt werden sollen. Diese Abwägung produziert jedoch nur in den seltensten Fällen evidente – im Sinne von: nicht hinterfragbare – Ergebnisse. Zumeist hängt die Überzeugungskraft des Abwägungsergebnisses von der Rationalität der Begründung ab: Je genauer und umfassender die Begründung, umso akzeptabler das Ergebnis. Eine derartige Begründung darf dabei nicht jene Besonderheiten ausblenden, die das Strafrecht – d.h. seine Tatbestände und ihre Rechtsfolgen – von anderen Eingriffsrechten des Staates unterscheidet. Folglich ist es Aufgabe der Strafrechtswissenschaft, zunächst festzustellen, worin diese Besonderheiten liegen. Nur wenn sie diese Aufgabe erfüllt und die Spezifika des Strafrechts nicht in einer allgemein-verfassungsrechtlichen Perspektive aufgehen lässt, kann sie gegenüber dem Gesetzgeber mit diesen Besonderheiten argumentieren.
Zweitens hat die Strafrechtswissenschaft ein eigenes Interesse daran zu zeigen, dass sie in der Lage ist, die verfassungsrechtliche Kontrolle mit strafrechtstheoretischen Kriterien anzureichern: Nur auf diese Weise kann sie deutlich machen, dass sie mehr ist als eine „angewandte Verfassungsrechtswissenschaft“. Will die Strafrechtswissenschaft also das Feld der wissenschaftlichen Strafrechtspolitik bestellen und dabei ihre disziplinäre Unabhängigkeit bewahren, kommt sie an der Entwicklung eigener Prüfungskriterien für die Inkriminierung von Verhaltensweisen nicht vorbei.
Damit stellt sich die Frage, wie genuin strafrechtstheoretische Maßstäbe für eine Kontrolle von Straftatbeständen gewonnen werden können, die nicht den Vorwurf auf sich ziehen, lediglich die philosophischen Präferenzen, dogmatischen oder ideologischen Überzeugungen oder andere subjektiven Richtigkeitsvorstellungen des jeweiligen Autors widerzuspiegeln.[32]
Ein Weg könnte darin bestehen, neue Straftatbestände an der (inneren) Systematik des geltenden Strafrechts zu messen, also zu prüfen, ob sie das geltende Recht unter Beachtung der ihm eingeschriebenen Grammatik fortentwickeln.[33] Die methodische Grundlage dieser Methode besteht darin, das „Gegenwärtige und Wirkliche“ zu erfassen, nicht etwas „Jenseitiges“ zu begründen, an dem die Wirklichkeit zu messen ist (Hegel).[34] Das Unterfangen erschöpft sich nicht in einer eher äußerlichen, formalen Kohärenzkontrolle, die etwa das Verhältnis der neuen Tatvarianten des § 299 StGB zu § 266 StGB erörtert. Vielmehr ist in den tieferliegenden Schichten des geltenden Strafrechts nach „vernünftigen“, d.h. sachgerechten und legitimierbaren Strukturen zu suchen, die als Prüfungskriterien an einen neuen Straftatbestand angelegt werden können. Respektiert dieser die dem Recht eingeschriebenen Strukturen, so stellt er eine – im strafrechtswissenschaftlichen Sinne – richtige Fortentwicklung des Rechts dar. Bricht der Tatbestand dagegen aus diesen Strukturen aus, so weckt dies Zweifel daran, dass der Gesetzgeber einen legitimen Zweck mit erforderlichen und angemessenen Mitteln verfolgt hat.
Zu den vorgegebenen und jedenfalls nicht prinzipiell aufgebbaren Strukturen gehören diejenigen, die die Zurechnung von Handlungen und insbesondere von Erfolgen zu einzelnen Personen betreffen. Der Gesetzgeber hat daher dafür Sorge zu tragen, dass die strafrechtlich geschützten Verhaltensnormen konsistent und insbesondere mit den Regeln über die Verteilung von Verantwortungsbereichen kompatibel sind. Von Bedeutung für die legitime Ausgestaltung einer Verhaltensnorm ist mithin die Frage, ob sie dem Adressaten legitimerweise strafrechtliche Zuständigkeit zuweist oder ob sie ihm in unzulässiger Weise eine Verantwortung für fremde Rechtskreise zuschreibt. Ausgangspunkt dieser Überlegungen sind die tradierten Formen der Zuständigkeitsverteilung, die häufig bei der Lehre von der objektiven Zurechnung diskutiert werden. Diese Formen der Zuständigkeitsverteilung findet der Gesetzgeber im geltenden Strafrecht vor.[35] Er kann sie nicht „überspringen“, ohne sich in Friktionen zu verstricken. Wer etwa die Unterstützung eines freiverantwortlichen Suizids unter Strafe stellen will (§ 217 StGB), muss begründen können, weshalb der Gehilfe für das (freiverantwortliche) straflose Handeln des Suizidenten (mit-)verantwortlich sein soll. Wer die „Beteiligung an einer Personengruppe“ pönalisiert, die eine andere Person zur Begehung einer Straftat an ihr bedrängt (vgl. § 184j StGB), muss erklären, weshalb (und unter welchen Umständen) er dem „Beteiligten“ die Begehung der Straftat durch eine andere Person zurechnet oder – falls nicht – weshalb er das Unrecht bereits in der Anwesenheit in einer Gruppe sieht.
Eine Strukturanalyse kann ferner hilfreich bei der Erörterung der Frage sein, ob ein Straftatbestand wie § 89a StGB tatsächlich eine unzulässige Verlagerung der Strafbarkeit in das Vorfeld eines Versuchs darstellt,[36] oder ob abstrakte Gefährdungsdelikte im Wirtschaftsstrafrecht eine Abweichung vom „Normalstrafrecht“ darstellen und daher einer besonderen Legitimation bedürfen.[37] Schließlich gehört auch die Unterscheidung von negativen und positiven Pflichten (d.h. Schädigungsverbote und Förderungsverbote) zur Grundstruktur des (Straf-)Rechts. Letztere zeigt zugleich, dass die Postulation positiver Pflichten einer besonderen Begründung bedarf.
Die Analyse vorhandener strafrechtlicher Strukturen ist selbstredend keine Zauberformel, die die strafrechtstheoretischen Grenzen des Gesetzgebers auf einen griffigen Punkt bringt. Schon das Herausarbeiten dieser inneren Strukturen des Strafrechts ist schwierig, und erst recht die Beantwortung der Frage, ob eine neue Strafnorm mit diesen Strukturen in Einklang steht. Dennoch zeigen die angeführten Beispiele, dass es aussichtsreich sein kann, die Grammatik des geltenden Strafrechts als einen Richtigkeitsmaßstab an neue Straftatbestände anzulegen.
VII. Gegenläufige Faktoren?
Wenn man einer Uferlosigkeit des Strafrechts – und damit auch einer Inflation der strafrechtlichen Sanktionen – entgegenwirken möchte, dürfte der effektive Ansatz heute weniger bei einer Kritik an der Erfindung neuer „Rechtsgüter“ liegen. Diese mögen manchmal ungeschickt formuliert sein; der Sache nach geht es aber häufig um den Schutz von Institutionen, die heute – bewusst oder unbewusst – von vielen Menschen als unverzichtbar für ein geordnetes, komfortables Leben in Freiheit angesehen werden. Dem Drang zu einem immer weiter reichenden Ausbau von Verhaltensnormen – die teilweise auch Handlungen erfassen, die weit im Vorfeld einer eigentlichen Beeinträchtigung liegen – kann man besser dadurch Einhalt gebieten, dass man die Gegenrechte des Individuums gegen eine Kriminalisierung betont. Vertraut ist dies als verfassungsrechtliches Standardargument im Bereich von ausdrücklich geschützten Grundrechten, wie etwa der Meinungs- und Pressefreiheit. Wenn der Strafgesetzgeber in deren Schutzbereich eingreifen möchte, muss er sich stets die Bedeutung des Grundrechts vor Augen führen. Ähnliches sollte für den Bereich der nach Art. 1 Abs. 1 mit Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Privatsphäre gelten, die freilich aufgrund ihres prinzipiell passiven Charakters nur selten durch neue oder alte Strafnormen beeinträchtigt wird.[38]
Relativ schwach fällt dann jedoch der Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit aus – sie wird zwar durch strafrechtliche Verbote immer berührt, ist aber schon nach Art. 2 Abs. 1 GG selbst durch die Rechte anderer und die verfassungsmäßige Ordnung beschränkt. Letztere wird bekanntlich mit der Gesamtheit der verfassungsgemäß erlassenen Gesetze gleichgesetzt.[39] Eine solche rein formale Betrachtung wird jedoch dem Spezifikum des Strafrechts nicht gerecht. Zu fragen ist vielmehr, ob die Strafnorm gerade unter dem Aspekt ihrer Besonderheit als Strafgesetz, das heißt, angesichts der mit ihr notwendig verbundenen moralischen Missbilligung des beschriebenen Verhaltens, notwendig ist. Wenn es allein darum geht, bestimmte Verhaltensweisen zurückzudrängen oder mit negativen Folgen zu belasten, bedarf es der besonders gewichtigen strafrechtlichen Sanktionierung nicht. Diese enthält eine besonders radikale und schwerwiegende Einschränkung der Handlungsfreiheit; sie kann nur dann legitim sein, wenn gerade die für das Strafrecht charakteristische Verbindung von Verbot, ethischem Tadel einer Missachtung des Verbots und Auferlegung einer gewichtigen Sanktion notwendig ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn schon eines oder zwei dieser Elemente den Zweck der Verhaltenssteuerung in hinreichender Weise erfüllen. Deshalb haben etwa die Androhung einer Geldbuße nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht oder die bloße gesellschaftliche Verurteilung eines Fehlverhaltens als minder schwere Eingriffe in die Freiheit Vorrang vor der Inkriminierung durch ein Strafgesetz.
Außerdem ist danach zu fragen, ob die betreffende Verhaltensnorm so beschaffen ist, dass ihre Übertretung einen der anerkannten Zwecke der Strafe auslösen muss. Dabei handelt es sich einerseits um Retribution, andererseits um die symbolische Bestätigung der Geltung der vom Täter missachteten Norm. Ist etwa bei einem wenig gewichtigen Verstoß keine dieser Reaktionen notwendig, um die durch die Normverletzung ausgelösten Folgen zu beseitigen, so darf der Staat diesen Verstoß nicht unter Strafe stellen. Ein Beispiel kann der Gebrauch von Cannabis sein: Darin liegt kein so gewichtiger moralischer Verstoß, dass auf ihn mit einer unrechtsvergeltenden, missbilligenden Sanktion geantwortet werden muss; und man kann auch mit guten Gründen bezweifeln, dass die Verhaltensnorm „Verwende kein Cannabis!“ einer symbolischen Bekräftigung durch staatliche Verurteilung und Bestrafung bedarf. Da etwaige medizinische Nachteile des Cannabis-Konsums nur den Täter selbst treffen und da die Norm ohnehin von einem beachtlichen Teil der Bevölkerung nicht mehr als verbindlich angesehen wird, liefe eine Norm“bestätigung“ durch Strafe weitgehend ins Leere.
Das Beispiel zeigt einmal mehr, dass man aus den Spezifika des Strafrechts selbst Grenzen für eine legitime Inkriminierung ableiten kann. Selbstverständlich können aus solchen Überlegungen, wie schon gesagt, keine intersubjektiv zwingend überzeugenden, „harten“ Beschränkungen staatlicher Strafgesetzgebung gewonnen werden. Die genannten Kriterien können jedoch, über die Stufen der allgemeinen verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung hinaus, kriminalpolitische Prüfsteine für strafrechtliche Gesetzgebungsvorhaben sein.
VIII. Zusammenfassung
Unsere Überlegungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Der Rechtsgutsgedanke ist für eine Kritik von Strafgesetzgebung defizitär, da er allenfalls eine Mindestvoraussetzung der Inkriminierung benennt. Zudem sind unter den heutigen Lebensbedingungen zahlreiche institutionelle Voraussetzungen des Zusammenlebens schutzbedürftig, so dass die „klassischen“ Rechtsgüter Leben, Gesundheit, Freiheit sicher nicht mehr ausreichen.
b) Wesentlich kommt es auf die Ausgestaltung der strafrechtlichen Verhaltensnorm an. Für deren Beurteilung gibt das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip ein gutes Gerüst. Es ist jedoch inhaltlich mit spezifisch strafrechtlichen Kriterien aufzufüllen.
c) Solche Kriterien können zunächst aus der „Grammatik“ des geltenden Strafrechts, insbesondere – aber nicht nur – aus der Verteilung von Zuständigkeiten zur Schadensverhinderung zwischen verschiedenen Personen, gewonnen werden. Weitere einschränkende Kriterien ergeben sich aus dem Spezifikum des Strafrechts, das moralischen Tadel mit der Verhängung erheblicher Sanktionen verbindet, sowie aus den legitimen Zwecken der Bestrafung.
[1] Lepsius, JZ 2018, 295.
[2] Roxin, in: Eser/Hassemer/Burkhardt (Hrsg.), Die deutsche Strafrechtswissenschaft vor der Jahrtausendwende, 2000, S. 369 (387 f.).
[3] Kaiser, Kriminologie, 3. Aufl. (1996), § 99 Rn. 11; dazu Putzke, in: FS Schwind, 2006, S. 111, 114.
[4] S. dazu Kubiciel, JZ 2018, 171.
[5] Dazu auch Stuefer, Journal für Strafrecht 2018, 297 (300).
[6] Dazu statt vieler Engländer, ZStW 127 (2015), 616; Stuckenberg, ZStW 129 (2017), 349.
[7] S. hierzu zusammenfassend Schmahl,in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius (Hrsg.), Handbuch des Strafrechts, Bd. 1 (2019), S. 59-62.
[8] Gärditz, JZ 2017, 641; Jahn/Brodowski, ZStW 129 (2017), 363; Kubiciel, ZStW 129 (2017), 473 (487 ff.).
[9] Auf diese „Trivialität“ hinweisend Jakobs, Rechtsgüterschutz? Zur Legitimation des Strafrechts, 2002, S. 16; hier zitiert nach Pawlik (Hrsg.), Günter Jakobs – Strafrechtswissenschaftliche Beiträge, 2017, S. 65 (79).
[10] Dazu mit weiteren Nachweisen Kubiciel, Die Wissenschaft vom Besonderen Teil des Strafrechts, 2013, S. 53 f.
[11] Dazu bereits Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, 2012, S. 137 ff.
[12] Selbst den viel kritisierten Straftatbeständen zum Schutz des organisierten Sports und seiner Integrität (§§ 265c, 265d StGB) kann man kaum attestierten, ihnen fehle ein legitimes Ziel: Ein Staat, der eine gesellschaftlich wichtige Institution wie den organisierten Sport in vielfältiger Hinsicht, nicht zuletzt mit erheblichen finanziellen Mitteln fördert, darf diese Institution auch vor einer korruptiven Unterminierung ihrer konstitutiven Regeln abschirmen (str.; siehe dazu Momsen, KriPoZ 2018, 21 einerseits, Kubiciel, KriPoZ 2018, 29 andererseits).
[13] Zur begrenzten Reichweite des Argumentationstopos „Rechtsgüterschutz“ eingehend und zutr. Hilgendorf, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius (Hrsg.), Handbuch des Strafrechts, Bd. 1 (2019), S. 813-832 (der eine Integration von Rechtsgüter- und Verhältnismäßigkeitsargumentation vorschlägt).
[14] Zum einen kann man in diesem Tatbestand eine systemwidrige Kriminalisierung einer Beihilfe zu einer straflosen Haupttat sehen (Hoven/Weigend, ZIS 2016, 681 [682]), zum anderen reicht die Verhaltensnorm des § 217 StGB in widersprüchlicher Weise weiter als das Verbot des Totschlags bzw. der Tötung auf Verlangen bei täterschaftlichen Formen der Sterbehilfe (Kubiciel, ZIS 2016, 396 [401 f.]). Der Tatbestand ist daher zumindest erheblich einzuschränken, wenn – verfassungsrechtlich relevante – Friktionen aufgelöst werden sollen.
[15] BVerfGE 39, 1 (41).
[16] Diesen Ansatz zur Legitimation des Strafrechts entfaltet Dearing, Justice for Victims of Crime, 2017.
[17] Schünemann, ZIS 2016, 654 (662).
[18] Zu der Frage, ob der Staat weitere Institutionen von sozialer, aber nicht von essentieller wirtschaftlicher Bedeutung, wie etwa den organisierten Sport, gegen eine korruptive Unterminierung schützen darf, s. Fn. 12.
[19] Bejahend Nettesheim, Liberaler Verfassungsstaat und gutes Leben, 2017, S. 64, 87 ff. Zurückhaltend, aber nicht gänzlich ablehnend Hörnle, in: Dreier/Hilgendorf (Hrsg.), Kulturelle Identität als Grund und Grenze des Rechts, 2008, S. 315 ff. Ablehnend hingegen Neumann, FS Fischer, 2018, S. 183 (190 f.).
[20] Siehe zu solchen Vorschriften Hörnle, Grob anstößiges Verhalten, 2003; Simester/von Hirsch, Crimes, Harms and Wrongs, 2011, S. 91 ff.
[21] Vgl. zu § 130 Abs. 3, 4 StGB Jakobs (Fn. 9), S. 87 (95 f.); Kubiciel (Fn. 10), S. 75.
[22] Diesen Ausnahmecharakter sollte die Strafrechtswissenschaft hervorheben (s. namentlich Roxin, Strafrecht AT, Bd. 1, 4. Aufl. (2006), § 2 Rn. 51 ff.) und nicht durch eine Uminterpretation in Ehrschutz- oder Organisationsdelikte zu kaschieren versuchen.
[23] Treffend Jakobs (Fn. 9), S. 82: ein Rechtsgut als „Normmotiv“.
[24] Schon aus diesem Grund ist die Forschung zum Strafverfassungsrecht weiter voranzutreiben. Grundlegend dazu Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, 1996; Appel, Verfassung und Strafe, 1998. Aus neuerer Zeit Kaspar, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Grundrechtsschutz im Präventionsstrafrecht, 2014, S. 338 ff.; Gaede, Der Steuerbetrug, 2016, S. 303 ff. sowie – unter Fortführung eines Ansatzes von Joachim Vogel– Burchard/Jahn, in: Tiedemann/Sieber/Satzger/Burchard/Brodowski (Hrsg.), Die Verfassung moderner Strafrechtspflege, 2016, S. 27 ff., 63 ff.
[25] BT-Drs. 18/4350, S. 24.
[26] So Maas, NStZ 2015, 305 (308); Pieth, in: FS Fuchs, 2014, S. 367 (375).
[27] Zum Zusammenhang zwischen Legitimation der Norm und ihrem transnationalen Anwendungsbereich Weigend, in: Hoven/Kubiciel (Hrsg.), Das Verbot der Auslandsbestechung, 2016, S. 109 ff.; T. Zimmermann, Das Unrecht der Korruption, 2018, S. 709 f.
[28] Zu diesbezüglichen Zweifeln s. etwa Kubiciel, in: Hoven/Kubiciel. (Fn. 27). Dagegen meint Hoven, Auslandsbestechung, 2018, S. 532, die Entscheidung, ausländische Verwaltungen mit Hilfe des deutschen Strafrechts bessern zu wollen, sei eine „normativ-abstrakte und [könne] nicht von den faktischen Zuständen in den jeweiligen nationalen Behörden abhängen. “
[29] Kritisch dazu Kubiciel, NVwZ 2018, 841.
[30] Gaede, Der Steuerbetrug, 2016, S. 353 f.
[31] Darauf insistiert auch Greco, in: Brunhöber/Höffler/Kaspar/Reinbacher/Vormbaum (Hrsg.), Strafrecht und Verfassung, 2013, S. 13. S. ferner Kubiciel, in: FS Fischer, 2018, S. 143 (151 ff.).
[32] Zur Kritik an diesem methodischen Vorgehen Roxin (Fn. 2), S. 387 f. Von einer „Lieblingsphilosophenmethode“ spricht Hörnle, in: Festschrift zum zweihundertjährigen Bestehen der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, 2010, S. 1265 ff. Zustimmend Gärditz, Verfassungsblog vom 14.10.2018.
[33] Dazu bereits Kubiciel (Fn. 10), S. 153.
[34] Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Vorrede, S. 32. – Da die Strukturen auf ihre Vernünftigkeit zu befragen sind, lässt sich diesem Vorgehen nicht vorhalten, dass ihm eine gesetzespositivistische Methodik zugrunde liege. Strukturen, die real vorhanden und zugleich vernünftig sind, zeichnen sich dadurch aus, dass sie keine „falschen Besonderheiten“ sind, sondern sich über die Zeit als stabile Elemente des Strafrechts erwiesen haben, die dazu beitragen, dass das Strafrecht in einer Gesellschaft Rechtsnormen als Voraussetzung personaler Freiheit garantiert.
[35] Pawlik (Fn. 11), S. 146 (158 ff.).
[36] Dazu zuletzt Frisch, in: FS Fischer, 2018, S. 315 ff.
[37] Dazu Kubiciel, in: Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.), Strafverfolgung in Wirtschaftsstrafsachen. Strukturen und Motive, 2015, S. 158 ff.
[38] S. aber die Abwägung im Volkszählungsurteil BVerfGE 65, 1 (39 ff.).
[39] Grundlegend BVerfGE 11, 1.