Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
Amtlicher Leitsatz:
Das Datum der Erstzulassung eines Kraftfahrzeuges ist keine Tatsache, die in der Zulassungsbescheinigung Teil II mit der besonderen Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde im Sinne des § 348 StGB beurkundet wird.
Sachverhalt:
S. bot im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit Dienstleistungen im Bereich des Fahrzeugzulassungswesens an und hatte gute Kontakte zu der Zulassungsstelle in W., insbesondere zu der Leiterin des Straßenverkehrsamtes (H.) und der Referatsleiterin „Kfz-Zulassungen“ (G.). Eines seiner Geschäftsmodelle bestand darin, durch die Weiterveräußerung von Kurzzeitkennzeichen Gewinne zu erwirtschaften. Hierbei zahlte S. aufgrund einer Sondervereinbarung unter Einbindung der H. und G. nur die Hälfte der normal zu entrichtenden Gebühr. Hierzu veranlasste S. zwei Freunde (beides Betreiber von Autohäusern),vermeintlich für im Ausland lebende ehemalige Kunden auf deren Namen Kurzzeitkennzeichen zu beantragen, die dann entsprechend von S. weitergegeben werden konnten.
Zu einem späteren Zeitpunkt ging S. dazu über, für nicht mehr zulassungsfähige Fahrzeuge bei der Zulassungsstelle in W. Zulassungsbescheinigungen Teil II unter Angabe einer nicht durchgeführten Erstzulassung im EU-Ausland zu beantragen. Hierzu wiesen G. und H. in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken unerfahrene Mitarbeiter der Zulassungsstelle an, ohne die Durchführung des vorher notwendigen Datenabgleichs bzw. eine sonstige Überprüfung der früheren Zulassung eine Zulassungsbescheinigung Teil II auszufertigen.
Das LG hat den Angeklagten S. wegen Anstiftung zur unbefugten Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten in 272 Fällen sowie wegen Anstiftung zur Falschbeurkundung im Amt in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Angeklagten H. und G. wurden wegen Anstiftung zur Falschbeurkundung im Amt in sieben Fällen zu Gesamtgeldstrafen von 240 Tagessätzen zu je 150 Euro bzw. von 180 Tagesssätzen zu je 100 Euro verurteilt und bestimmt, dass hiervon jeweils 90 Tagessätze wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten.
Entscheidung des BGH:
Die Revisionen der Angeklagten, die sich auf die Verletzung materiellen Rechts richteten, haben Erfolg.
Hierbei stellt der Senat klar, dass das Datum der Erstzulassung eines KfZ keine Tatsache ist, die iSd § 348 StGB besonders beurkundet wird. Eine öffentliche Urkunde gem. § 348 StGB umfasst nur solche Urkunden, die bestimmt und geeignet sind, Beweis für und gegen jedermann zu erbringen. Hierbei sind nur solche Tatsachen erfasst, auf die sich der öffentliche Glaube auch tatsächlich bezieht. Eine erhöhte Beweiskraft komme insbesondere solchen Tatsachen zu, deren Angaben gesetzlich zwingend vorgeschrieben sind. Fehlt es daran, dann ist neben dem Beurkundungsinhalt auch das Verfahren, die Umstände des Beurkundungsvorgangs sowie die Überprüfungsmöglichkeiten des ausstellenden Amtsträgers maßgeblich.
Während der Senat offenlässt, ob der Zulassungsbescheinigung Teil II insgesamt die Qualität einer öffentlichen Urkunde iSd § 348 StGB, spreche seiner Ansicht nach doch vieles dafür. Hierbei rekurriert der BGH auf die Qualität der Zulassungsbescheinigung Teil II, die den veralteten Fahrzeugbrief ersetzen soll. Wie auch der Fahrzeugbrief diene die Bescheinigung jedoch vorranging als Nachweis der Verfügungsberechtigung im Zulassungsverfahren und sei danach allein eine verwaltungsrechtliche Urkunde ohne öffentlichen Glauben.
Eine ausdrückliche Vorschrift, die das einzutragende Datum der Erstzulassung mit voller Beweiskraft ggü. jedermann ausstattet, bestehe nicht. Vielmehr indiziere § 12 FVZ sowie die Richtlinie 1999/37/EG vom 29.4.1999, dass dem Erstzulassungsdatum keine erhöhte Beweiswirkung zukommt – vielmehr sei dieses Datum nur verwaltungsintern von Relevanz. Dass das Feld der Erstzulassung zwingend auszufüllen ist, könne nicht allein die erhöhte Beweiskraft begründen. Der Senat stellt hierzu auch klar, dass nicht jede Tatsache, die in irgendeiner Form im Rechtsleben große Relevanz hat, dem öffentlichen Glauben unterliegt.