I. Einleitung
Die Vorschriften zur Brandstiftung wurden mit dem 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG)[1] im Jahre 1998 erheblich modifiziert.[2] Der Gesetzgeber wollte damit das weitgehend als unsystematisch und schwer verständlich erachtete Brandstiftungsstrafrecht so reformieren, dass nicht nur die Auswahl der geschützten Tatobjekte an die aktuellen ökonomischen Begebenheiten angepasst, sondern auch die gesetzliche Abfolge der Straftatbestände klarer wird.[3] Die durchgeführte Reform wurde jedoch bereits unmittelbar nach deren Inkrafttreten mit kritischen Kommentierungen überzogen: Fischer hatte bereits ein Jahr danach die systematische Verortung in die §§ 306 ff. StGB als „grob missglückt“ beschrieben.[4] Die allgemeine Meinung der gescheiterten Reform hält sich hartnäckig, auch über die Jahrzehnte.[5] Insbesondere wird – damals wie heute – bemängelt, dass die neu hergestellte Systematik letztlich „in erheblichem Umfang neue Auslegungsschwierigkeiten und Widersprüchlichkeiten“[6] verursacht hat.[7]
Dass die vor fast 30 (!) Jahren reformierten Brandstiftungstatbestände auch aktuell noch die höchstgerichtliche Rechtsprechung mit immer neuen Auslegungsfragen beschäftigen, zeigt die hiesige Entscheidung. Diese reiht sich in zahlreiche Entscheidungen des BGH in den letzten Jahren ein,[8] die das durch die Brandstiftungsdelikte erfasste Unrecht konkretisieren und Klarheit hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsmerkmale schaffen.
II. Sachverhalt
Der Angeklagte setzte einen aus Holzpaletten bestehenden und mit Verpackungsmaterialien gefüllten Kasten in Brand, der in unmittelbarer Nähe zu dem Schaufenster eines Lebensmittelgeschäftes aufgestellt war. In der Nähe deponierte der Angeklagte zudem eine CO2-Patrone. Das Feuer breitete sich aus und führte aufgrund der enormen Hitzeentwicklung dazu, dass die CO2-Patrone explodierte und das angrenzende Schaufenster zerstört wurde. Hitze, Rauch und Ruß drangen in das Gebäudeinnere und zerstörten Waren, Geräte und Mobiliar. Dem Angeklagten war bewusst, dass die Brandlegung des Holzkastens unter Verwendung der CO2-Patrone unter enormer Hitzeeinwirkung platzen und eine nicht unerhebliche Detonation herbeiführen könnte. Hierbei war dem Angeklagten auch bewusst, dass das angrenzende Lebensmittelgeschäft dadurch jedenfalls teilweise zerstört werden könnte. Dies nahm er billigend in Kauf.
Das LG hat den Angeklagten wegen Brandstiftung und Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
III. Wesentliche Leitlinien der Entscheidung
1. Der 4. Senat kommt zum Ergebnis, dass der Angeklagte ein fremdes Gebäude i.S.d. § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB teilweise zerstört hat. Hierbei ist das Gericht überzeugt, dass die teilweise Zerstörung eines Gebäudes oder eines anderen Schutzobjektes, die nicht auf ein Inbrandsetzen desselbigen beruht, auch § 306 Abs. 1 StGB verwirklichen kann.[9]
Entscheidende Frage ist hierbei, was für Anforderungen an die Tathandlung – die Brandlegung – zu stellen sind. Typischer Grundfall des § 306 Abs. 1 StGB wird das unmittelbare Inbrandsetzen eines der in Abs. 1 genannten Schutzobjekte (z.B. Gebäude) darstellen. Im vorliegenden Fall wurde jedoch relevant, ob § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB auch einschlägig ist, wenn ein anderes, nicht in § 306 Abs. 1 StGB genanntes Tatobjekt in Brand gesetzt wird und in der Folge ein Schutzobjekt zerstört wird. Der Fall betrifft die Frage, ob das Schutz- und Brandobjekt identisch sein müssen, um § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB zu verwirklichen.
2. Für seine Antwort zieht der BGH insbesondere den klaren Wortlaut heran, wonach „es lediglich erforderlich [ist], dass der an einem der Schutzobjekte des § 306 Abs. 1 StGB eingetretene Zerstörungserfolg auf eine Brandlegung zurückzuführen ist“. Eine Brandlegung sei jede auf die Verursachung eines Brandes gerichtete Handlung. Entscheidend sei hierbei allein, dass sich das mit dieser Handlung verbundene Risiko in dem Zerstörungserfolg verwirklichte. Eine einschränkende Auslegung, wie sie z.B. Radtke[10] vorschlägt, sei nicht erforderlich.
3. Für die gegenteilige Auffassung spreche zwar die Gesetzesbegründung des 6. StrRG, wonach die neu eingeführte Tatbestandsalternative des § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB Fälle erfassen sollte, in denen ein Inbrandsetzen eines Schutzobjektes wegen heutzutage typischerweise genutzten feuerbeständigen Baumaterialien erfolglos bleibt, jedoch trotzdem erhebliche Gefahren für Individualrechtsgüter (z.B. Leben und Gesundheit, aber auch Eigentum) verursacht. Jedoch spiegele sich diese Ratio nicht im Wortlaut wider: „Vielmehr genüge ein (teilweises) Zerstören allein durch „eine“ Brandlegung.“
4. Akzessorisch zu dem hiesigen Rechtsproblem betont der Senat jedoch, dass ein besonderes Augenmerk auf die subjektive Tatseite zu legen ist. Hierzu müsse das Gericht auch sorgfältig prüfen, inwiefern der Täter „zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat (bedingter Vorsatz), dass durch die Brandlegung das in Rede stehende Tatobjekt infolge der Brandwirkungen ganz oder teilweise zerstört wird“.[11] Diese Prüfung sei von dem LG nicht vorgenommen worden.[12] Dieser Rechtsfehler führt letztlich auch dazu, dass der BGH die Feststellungen zur subjektiven Tatseite im Fall II.1. der Urteilsgründe aufhebt und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LGzurückverweist.[13]
IV. Bewertung
1. Der BGH äußert sich hier zu einer in der Rechtsliteratur selten anzutreffenden Fragestellung, die jedoch der noch erforderlichen Konkretisierung der Tatbestandsvariante des § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB dienlich ist.
2. Der Entscheidung des Senats ist zuzustimmen. Insbesondere der Wortlaut des § 306 Abs. 1 StGB beinhaltet bei genauerer Betrachtung keine konkrete Eingrenzung, dass das zerstörte und das in Brand gesetzte Objekt identisch sein müssen. Der Wortlaut des § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB („durch eine Brandlegung“) zeigt, dass die Brandlegung nicht notwendigerweise auch am zerstörten Tatobjekt eintreten muss;[14] nicht vom Tatbestand erfasst sind lediglich Sachverhaltskonstellationen, bei denen die Brandlegung nicht die Ursache für die ganze oder teilweise Zerstörung des Tatobjekts ist und damit der von dem Tatbestand offensichtlich geforderte Konnex („durch“) fehlt. Dass nur „eine Brandlegung“ und nicht z.B. „die Brandlegung“ tatbestandsverwirklichend ist spricht ebenfalls dafür, dass die nach § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB pönalisierten Verhaltensweisen nicht auf das Inbrandsetzen eines Schutzobjekts – wie es bei § 306 Abs. 1 Alt. 1 StGB gefordert wird – gerichtet sind.[15] Vielmehr reicht für eine Brandlegung jedes einen Brand verursachende Verhalten aus, unabhängig des konkreten Brandobjektes.[16] Dass definitorisch für eine Brandlegung die Verursachung eines Brandes am Tatobjekt auch durch den Täter intendiert werden muss, wie es durch den 4. Strafsenat und teilweise in der Literatur vertreten wird,[17] ist entgegenzutreten. Angesichts der gesetzgeberischen Wertung des § 306d Abs. 1 StGB, wonach eine fahrlässige Verursachung der Bewertung eines brandverursachenden Verhaltens als Brandlegung nicht entgegensteht, kann es auf eine etwaige Vorstellung (oder Nichtvorstellung) der Folgen des täterschaftlichen Verhaltens nicht ankommen.[18]
3. Nichts anderes ergibt sich aus einem systematischen Vergleich zwischen § 306 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2 StGB. § 306 Abs. 1 Alt. 1 StGB ist ausschließlich auf Fälle begrenzt, in denen das (fremde) Schutzobjekt selbst in Brand gesetzt wird. Eine gleichgeartete Begrenzung besteht hinsichtlich der Tatvariante des § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB gerade nicht. § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB ist vielmehr als Auffangtatbestand ausgestaltet, der insbesondere die Sachverhaltskonstellationen erfassen soll, bei denen zwar ein Inbrandsetzen des Tatobjekts ausbleibt, jedoch trotzdem eine vergleichbare Gefährdungslage für gewichtige Rechtsgüter besteht. Im Falle einer Brandlegung an einem externen Objekt, das sich unmittelbar in der Nähe des Schutzobjektes befindet, können ebenfalls etwaige Rechtsgüter (z.B. Leben, Leib) gefährdet sein – eine Einschränkung auf Brandlegungen allein des Schutzobjektes würde die ergänzende Funktion des § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB unterlaufen.
4. Nicht vollumfänglich nachvollziehbar ist, warum der 4. Strafsenat davon ausgeht, die Gesetzeshistorie spreche gegen seine Auffassung. § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB wurde mit dem 6. StrRG neu eingefügt und sollte Verhaltensweisen, die eine ähnliche Gefährlichkeit wie das unmittelbare Inbrandsetzen z.B. eines Gebäudes aufweisen, erfassen. Zwar wird durch die Begründung des eingefügten § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB erkennbar, dass der Gesetzgeber insbesondere die einem tatsächlichen Brand vergleichbaren Gefahrenquellen für Leben, Gesundheit sowie Eigentümer (z.B. Ruß, Rauch, Hitzeeinwirkung), die am Schutzobjekt bei einer reinen Brandlegung eintreten können, vordergründig im Auge hatte. Jedoch ist bereits hier anzumerken, dass sich die Überlegungen des Gesetzgebers auf eine Ausmerzung etwaiger Strafbarkeitslücken richtete; während der Gesetzgeber (wohl) zum damaligen Zeitpunkt die Möglichkeit einer Gefährdung des Schutzobjektes durch die Brandlegung eines externen Objektes nicht in Betracht zog, so kann davon ausgegangen werden, dass mit dem Auffangtatbestand des § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB alle mit einer Feuergefährlichkeit verbundenen Tatkonstellationen erfasst werden sollten – so wie z.B. bei der angemerkten Entscheidung.
Hierfür spricht mMn auch ein tiefergehender Blick in die Gesetzesmaterialien: So ließ sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der neuen Tathandlung „durch Brandlegung ganz oder teilweise zerstört“ von einem vorherigen Entwurf aus dem Jahre 1962 inspirieren, wonach gemäß § 320 Abs. 2 StGB-E auch wegen Brandstiftung strafbar sein sollte, „wer sonst eine Sache in Brand setzt, so daß ein Feuer von erheblichem Ausmaß droht […]“.[19] Historisch sollte § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB also auch Fälle erfassen, bei denen das Brand- und Schutzobjekt nicht identisch sind, jedoch durch das Feuer gleichsam eine erhebliche (Gemein-)Gefährlichkeit hervorgerufen wird. In der Ausgestaltung des § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB schwingt insoweit die gesetzgeberische Erkenntnis mit, dass auch externe Brandursachen für Objekte ein erhöhtes Zerstörungsrisiko begründen können. Zudem sprechen dahingehend auch die Gesetzesmaterialien für die oben vertretene Auffassung, dass § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB als Auffangtatbestand einen unbeschränkten sachlichen Anwendungsbereich aufweist.
5. Dieses Normverständnis entspricht auch der Schutzrichtung des § 306 Abs. 1 StGB. Seit jeher ist umstritten, inwiefern dieser Vorschrift ein dualistisches Schutzkonzept zugrunde liegt, das nicht nur die Beeinträchtigung bzw. Gefährdung des Eigentums an dem Schutzobjekt vorbeugen soll, sondern gleichzeitig auch das (kausale) Hervorrufen einer durch die Tathandlung hervorgerufenen allgemeinen Gefahr pönalisiert.[20] Während § 306 StGB offensichtlich einen Beitrag dazu leisten sollen, fremdes Eigentum zu schützen – und dahingehend auch die Brandstiftung als Sonderfall der Sachbeschädigung eingestuft werden kann[21] –, erscheint die „These von der zweifachen Schutzrichtung“[22] angesichts der amtlichen Überschrift („gemeingefährliche Straftaten“), der faktischen Unkontrollierbarkeit von Brandquellen und der wohl daraus resultierenden hohen Strafandrohung[23] zustimmungswürdig. Diese Schlussfolgerung lässt sich auch durch die Auswahl der Schutzobjekte stützen. Die genannten Schutzobjekte zeichnen sich dadurch aus, dass sie typischerweise von Menschen genutzt werden bzw. sich Menschen in deren Nähe aufhalten. Ein Inbrandsetzen oder eine durch eine Brandlegung verursachte Zerstörung dieser Schutzobjekte bringen also auch regelmäßig eine abstrakte Gefahr für andere individuelle Rechtsgüter mit sich (z.B. Leben, Gesundheit).[24] Diese Annahme wird durch die gesetzgeberische Begründung der Neuausrichtung der §§ 306 ff. durch das 6. StrRG deutlich: Danach sei „der Gesichtspunkt der Gemeingefährlichkeit durch eine Kasuistik von Tatobjekten zu konkretisieren“.[25] Dass § 306 StGB also nur dem Eigentumsschutz dient, erscheint unwahrscheinlich.
Für die konkrete Rechtsfrage der hiesigen Entscheidung ist der teleologische Streit um die Schutzrichtung der Deliktsgruppe zwar nicht wegweisend, stützt jedoch die durch den Senat eingenommene Position. Insbesondere bei Betonung des gemeingefährlichen Moments der Brandlegung erweist es sich als irrelevant, ob die Brandlegung in bzw. an dem Schutzobjekt selbst gelegt wird oder an einem Objekt, dass so nah anliegt, dass in der Folge der Tathandlung wesentliche Bestandteile des Schutzobjektes erheblich zerstört werden. § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB beinhaltet keine Einschränkungen hinsichtlich der Art und Weise der Brandlegung – entscheidend ist letztlich allein, dass die mit der Brandlegung begonnene Kausalkette zur Zerstörung des Schutzobjektes geführt hat und dahingehend indiziert wird, dass auch eine hinreichend gewichtige Gefahr für die (restlichen) Rechtsgüter der Bewohner begründet wurde; diese Wertung – Verursachen einer erhöhten Gefährdungssituation durch irgendeinen Brand bzw. eine Explosion – ist für § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB entscheidend. Die Schutzgüter des § 306 StGB können auch dann tangiert werden, wenn die Brandlegung nicht am Schutzobjekt verursacht wird. Brände sind unkontrollierbar und können sich leicht auch auf in der Nähe liegende (Schutz-)Objekte ausbreiten, diese zerstören und auch eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit von Bewohnern begründen. Es erscheint insoweit nicht sachgerecht, trotz eines vergleichbaren Gefährdungspotenzials nur dann eine Tatbestandsverwirklichung anzunehmen, wenn an bzw. in einem Schutzobjekt ein Brand gelegt wird bzw. die Brandlegung versucht wird.
Ein gegenteiliges Ergebnis ist nur vertretbar, wenn die Anwendungsbegrenzung des § 306 Abs. 1 Alt. 1 StGB auf die in Abs. 1 genannten Objekte aus irgendeinem Grund auch für § 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB gelten sollte – was jedoch – wie dargestellt – weder aus dem Wortlaut, der Systematik noch bei Betrachtung der Gesetzeshintergründe der 2. Tatverhaltensalternative ersichtlich wird.
6. Auch der Umstand, dass eine prominente Strömung in der Literatur die Brandstiftungsdelikte angesichts der hohen Strafandrohung restriktiv auslegen will,[26] spricht nicht gegen die Rechtsauffassung des BGH. Wie bereits angesprochen, sprechen teleologische Argumente gerade nicht für eine restriktive Auslegung des Tatbestandsmerkmales „durch Brandlegung“. Eine durchaus angezeigte restriktive Auslegung sollte vielmehr an der Aufzählung der in Betracht kommenden Schutzobjekte[27] oder dem Grad der Zerstörung des Schutzobjektes[28] ansetzen. Insbesondere die genannten Schutzobjekte sind viel zu unbestimmt und weiten den Anwendungsbereich des § 306 StGB auch auf solche Konstellationen aus, in denen nur unbedeutende bzw. einen unerheblichen Wert verkörpernden Gegenstände in Brand gesetzt oder zerstört werden.[29] Eine einschränkende Auslegung erscheint in diesem Sachverhaltsbereich angebracht, um sicherzustellen, dass das begangene Unrecht auch dem vergleichsweise hohen Strafrahmen entspricht; dies fordert nicht zuletzt die verfassungsrechtliche Vorgabe, dass „die einen Täter treffenden Folgen einer strafbaren Handlung zur Schwere der Rechtsgutsverletzung […] in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen“.[30] Dem Senat ist also in seiner Bewertung zuzustimmen, dass „ein einengendes Verständnis der Handlungsalternative […] nicht in Betracht [kommt]“.
7. Subjektiv muss der Täter zumindest für möglich halten, dass die Brandlegungshandlung dazu führen kann, dass ein nicht unerheblicher Teil des Schutzobjektes (z.B. Gebäude) teilweise oder ganz zerstört wird. Soweit ein zumindest bedingter Vorsatz nicht festgestellt werden kann, kann allenfalls – bei hinreichender Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit des mit seinem Verhalten verbundenen Risikos des Taterfolges – eine fahrlässige Brandstiftung gem. § 306d Abs. 1 StGB einschlägig sein.[31] Inwiefern ein Täter eine solche Kausalkette tatsächlich zum Zeitpunkt des Tatverhaltens in Betracht zog, wird vor Gericht – insbesondere bei einem schweigenden Angeklagten wie im vorliegenden Fall – nur schwerlich erbringbar sein. Dahingehend ist dem BGH zuzustimmen, wenn dieser betont, die subjektive Tatseite bedarf in solchen Fällen „sorgfältiger Prüfung“.
V. Kriminalpolitische Notiz
Dass die Rechtsprechung auch heute noch die handwerklichen Ungenauigkeiten des damaligen Gesetzgebers beheben muss, könnte dafür sprechen, dass eine Erneuerung der §§ 306 ff. StGB dringlich ist. Angesichts der zahlreichen Großprojekte der aktuellen Kriminalpolitik, die sich eher mit neuerlichen Strafrechtsphänomenen beschäftigen,[32] ist jedoch zu befürchten, dass das politische Klima für eine gezielte Reform einzelner Tatbestandsgruppen nicht besteht.[33] Dabei wird eine umfassende und systematisch stringente Reform teilweise in der strafrechtswissenschaftlichen Literatur als einzige Lösung gesehen.[34] Li kommt nach einer umfangreichen Auswertung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu den Brandstiftungsdelikten zu dem klaren Urteil: „Ein in sich und aus sich heraus übersichtliches, stimmiges und einzelfallgerechtes Brandstrafrecht ließe sich […] nur durch eine erneute Gesetzesreform realisieren“.[35] In der Zwischenzeit muss sich die Rechtsprechung weiter mit den zahlreichen Einzelproblemen der Brandstiftungsdelikte rumschlagen.
[1] BGBl. I. 1998, S. 164 ff.
[2] Zu einer umfassenden Analyse siehe insbes. Li, ZStW 2024, 451 ff.
[3] Zu den Hintergründen siehe statt aller Radtke, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 306 Rn. 3.
[4] Fischer, NStZ 1999, 13 (14); ähnlich Wolters, JR 1998, 271 (275): „Zwar hat die Neufassung der Tatbestände einige bisher umstrittene Auslegungsfragen geklärt, gleichzeitig aber viele neue aufgeworfen“.
[5] Siehe Klesczewski, in: GS Seebode, 2015, S. 117 (117, 134); Li, ZStW 2024, 451 ff.; ähnlich auch Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl. (2023), Vorb § 306 Rn. 1; Radtke, in: MüKo-StGB, § 306 Rn. 3.
[6] Radtke, in: MüKo-StGB, § 306 Rn. 3.
[7] Hierzu auch Wolters, in: SSW-StGB, 6. Aufl. (2024), § 306 Rn. 1.
[8] Siehe allein BGH, NStZ 2025, 359 ff.; BGH, NStZ 2023, 414 ff.; BGH, NStZ 2022, 168 ff.; BGH, NJW 2022, 254 ff.; BGH, NStZ 2021, 171 ff.
[9] Ebenso Fischer, StGB, 71. Aufl. (2024), § 306 Rn. 15; Wolters, in: SK-StGB, Bd. 6, 10. Aufl. (2023), § 306 Rn. 16; Valerius, in: LK-StGB, Bd. 17, 13. Aufl. (2021), § 306 Rn. 64.
[10] Radtke, in: MüKo-StGB, § 306 Rn. 54.
[11] BGH, Beschl. v. 7.5.2024 – 4 StR 85/24, Rn. 12.
[12] BGH, Beschl. v. 7.5.2024 – 4 StR 85/24, Rn. 11.
[13] BGH, Beschl. v. 7.5.2024 – 4 StR 85/24, Rn. 15.
[14] Siehe bereits Bender, Normzweck und Deliktstypus der einfachen und schweren Brandstiftung gem. §§ 306, 306a StGB n.F., 2014, S. 257 f.; in diese Richtung auch Wolters, in: SK-StGB, § 306 Rn. 16: „Zwischenerfolg eines Brands“.
[15] BGH, Beschl. v. 7.5.2024 – 4 StR 85/24, Rn. 9; so auch Fischer, StGB, § 306 Rn. 16; anders wohl Wrage, JR 2000, 360 (362 f.); in diese Richtung ebenfalls Rengier, Strafrecht BT II, 26. Aufl. (2025), § 40 Rn. 27.
[16] Vgl. Bosch, in: TK-StG, 31. Aufl. (2025), § 306 Rn. 15.
[17] Siehe BGH, Beschl. v. 7.5.2024 – 4 StR 85/24, Rn. 7; Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, § 306 Rn. 4; Radtke, in: MüKo-StGB, § 306 Rn. 54.
[18] So auch Bender (Fn. 14), S. 257.
[19] BT-Drs. 13/7164, S. 26 f.
[20] Siehe umfassend Valerius, in: LK-StGB, § 306 Rn. 2 ff.; Klesczewski, in: GS Seebode, 2015, S. 117 (118 ff.).
[21] So auch Bosch, in: TK-StGB, § 306 Rn. 1; Fischer, NStZ 1999, 13 (13): „qualifizierte[r] Sachbeschädigungstatbestand“.
[22] Vgl. Kreß, JR 2001, 315 (317).
[23] Vgl. hierzu Valerius, in: LK-StGB, § 306 Rn. 6.
[24] Hierzu insbes. Börner, Ein Vorschlag zum Brandstrafrecht, 2005, S. 6; auch Klesczewski, in: GS Seebode, 2015, S. 117 (120 f.).
[25] BT-Drs. 13/8587, S. 87.
[26] Vgl. hierzu Kreß, JR 2001, 315 (317); Valerius, in: LK-StGB, § 306 Rn. 12 ff.
[27] Kindhäuser/Hilgendorf, StGB, 9. Aufl. (2022), § 306 Rn. 3.
[28] BGH, NJW 2013, 1123 (1124).
[29] Siehe Bosch, in: TK-StGB, § 306 Rn. 3.
[30] BVerfG, NJW 2009, 1061 (1063).
[31] Vgl. Valerius, in: LK-StGB, § 306 Rn. 69.
[32] Im aktuellen Koalitionsvertrag ist insbesondere eine Reform des Cyberstrafrechts und die strafrechtliche Ahndung von Deepfakes vorgesehen, siehe CDU/CSU/SPD, Verantwortung für Deutschland, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 21. Legislaturperiode, S. 90, online abrufbar unter: https://www.koalitionsvertrag2025.de/sites/www.koalitionsvertrag2025.de/fles/koav_2025.pdf (zuletzt abgerufen am 3.7.2025).
[33] Dabei ist im Koalitionsvertrag auch davon die Rede, das StGB weiterzuentwickeln. Was genau damit gemeint ist, bleibt jedoch offen. Siehe CDU/CSU/SPD (Fn. 6), S. 90.
[34] Vgl. Bender (Fn. 14), S. 384; Li, ZStW 2024, 451 (500 ff.).
[35] Li, ZStW 2024, 451 (502) (Hervorhebung durch Verf.).