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Die Haftung juristischer Personen für Korruptionshandlungen und die rechtliche Relevanz von Compliance-Programmen in Brasilien und Argentinien

von Prof. Dr. Davi Tangerino, Prof. Dr. Juan Pablo Montiel und Henrique Olive, LL.M. 

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Abstract
Dieser Beitrag setzt sich zum Ziel, die Kernelemente der strafrechtlichen Haftung juristischer Personen in Brasilien und Argentinien vorzustellen sowie eine Analyse der Rolle von Compliance-Programmen bei einem möglichen Absehen oder einer Milderung der ordnungswidrigkeitenrechtlichen[1] und strafrechtlichen Haftung juristischer Personen für Korruptionshandlungen in beiden Ländern aufzuzeigen. Hierfür wird die Gesetzgebung diskutiert und wichtige in Brasilien und Argentinien erschienene Studien zu diesem Thema aufgegriffen, um einerseits Ähnlichkeiten und Abweichungen in den Regelungen der beiden Länder aufzuzeigen, andererseits aber auch die kritischen Stimmen aus der Wissenschaft an den untersuchten Modellen hervorzuheben. Als Fazit ergibt sich, dass sich die Modelle der strafrechtlichen Haftung in Argentinien und der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Haftung in Brasilien stark unterscheiden, jedoch den Compliance-Programmen durch die Gesetzgebung in beiden Ländern eine zentrale Rolle zugemessen wird.

I. Einführung

Verschiedene lateinamerikanische Länder haben sich in den letzten Jahren allmählich an die internationalen Standards der Korruptionsbekämpfung angepasst, indem sie Rechtsvorschriften erließen, die internationalen Abkommen zum Thema Rechnung tragen. Diese lösten allerdings auch unzählige Debatten aus, da sie Rechtsinstitute in die jeweilige Rechtsordnung übernahmen, die den jeweiligen Rechtstraditionen bisher fremd sind.

Beide Länder befinden sich bezüglich der Korruptionsdelikte, insbesondere auch wegen einer Vielzahl von durch die Regierungen abgeschlossenen Verträgen zwischen der öffentlichen Hand und privaten Unternehmen, in einer vergleichbaren Situation. Trotz der Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung von statistischen Informationen über Korruption weisen Studien des World Economic Forum und von Transparency International auf Grundlage von Indizien darauf hin, dass die Situation in den beiden

Ländern unhaltbar geworden ist. Laut der erstgenannten Studie stehen Brasilien und Argentinien in einem ländervergleichenden Korruptionsindex, in dem 137 Länder berücksichtigt wurden, an 115. bzw. 133. Stelle. Es verwundert also nicht, dass auch die Korruptionswahrnehmung in beiden Ländern äußerst hoch ist: Sie stehen in einem Korruptionswahrnehmungsindex von 180 Ländern auf Platz 85 bzw. 105.

Aufgrund der Korruptionsskandale und der deutlichen Wahrnehmung der Fragilität des politischen Systems und der öffentlichen Verwaltung in beiden Ländern steigen die punitiven Bestrebungen, zumal in Argentinien zuletzt bei einer Überprüfung niedrige Verurteilungsquoten und eine jeweils sehr lange Verfahrensdauer bei den Prüfungen durch den argentinischen Richterrat festgestellt wurden.

Außerdem zeigt der Vergleich der rechtlichen Vorschriften Brasiliens und Argentiniens, dass die Länder auf der Suche nach Lösungen gegen Korruption unterschiedliche Wege beschreiten. In Argentinien zeichnet sich die Entscheidung für eine strafrechtliche Haftung der juristischen Personen ab, während in Brasilien auf die Verbesserung der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Haftung abgezielt wird.

Das Ziel dieses Artikels besteht darin, die wichtigsten Elemente vorzustellen, die in beiden Ländern bei der Haftung juristischer Personen bezüglich Korruptionshandlungen umgesetzt wurden, und dabei Ähnlichkeiten und Abweichungen in den von Brasilien und Argentinien übernommenen Modellen herauszuarbeiten. Angesichts der zentralen Rolle, welche der Gesetzgeber den Compliance-Programmen für eine solche Haftung in beiden Ländern zukommen lässt, sollen auch deren Inhalte aufgezeigt werden, sodass dem interessierten Leser im Rahmen der vergleichenden Rechtswissenschaft erste Einblicke in das Thema ermöglicht wird.

II. Das Antikorruptionsgesetz (Gesetz Nr. 12.846 von 2013) und die Haftung der juristischen Personen in Brasilien

Die Korruptionsbekämpfung hat mit dem Gesetz Nr. 12.846 aus dem Jahre 2013, dem Antikorruptionsgesetz (AKG), neue Umrisse gewonnen. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass “juristische Personen im ordnungswidrigkeitenrechtlichen und zivilen Bereich für Schäden verschuldensunabhängig haften”, die aus Korruptionsdelikten entspringen.[2] Durch den Erlass dieses Gesetzes hat Brasilien seine Gesetzgebung mit dreijähriger Verspätung an die Bestimmungen der Konvention der OECD gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr von 1997 sowie des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption (Art. 26) angepasst. Es wurden Bestimmungen über die Haftung juristischer Personen im Falle von Korruptionshandlungen getroffen, welche in Brasilien bisher noch nicht existierten.

Allerdings hatte Brasilien zuvor – und ohne Verspätung – durch das Gesetz Nr. 10.467 aus dem Jahre 2002 Straftatbestände im Hinblick auf Korruptionshandlungen von Privatpersonen gegen die ausländische öffentliche Verwaltung ins Strafgesetzbuch eingeführt. Hierdurch hat es nicht nur Art. 1 des erwähnten OECD Übereinkommens umgesetzt, sondern auch gemäß Art. 7 des Übereinkommens die Straftatbestände der Korruption als Vortaten einer Geldwäsche hinzugefügt.

Schon vor der Ratifizierung des Übereinkommens gab es allerdings Rechtsvorschriften, welche die Strafbarkeit von Korruptionshandlungen vorsahen. Im strafrechtlichen Bereich besitzt das brasilianische Strafgesetzbuch seit den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts verschiedene Straftatbestände gegen Korruption. Darüber hinaus sanktioniert das Gesetz Nr. 8.666 seit 1993 Straftaten im Rahmen von Vergabeverfahren. Diese Straftaten beziehen sich jedoch nach der Rechtstradition des kontinentalen Strafrechts ausschließlich auf natürliche Personen. Im Hinblick auf die juristischen Personen blieben lediglich ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen übrig, wobei das Gesetz Nr. 8.666 aus dem Jahre 1993 sowie das Gesetz zum Schutz des Wettbewerbs (Gesetz Nr. 8.884 aus dem Jahre 1994, das später durch das Gesetz 12.529 aus dem Jahre 2011 ersetzt wurde) eine wichtige Rolle spielten.

Die Erarbeitung und Inkraftsetzung des Gesetzentwurfes zum Antikorruptionsgesetz in Brasilien führte wieder zur lebhaften Debatten rund um die Möglichkeit einer verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung juristischer Personen, die zuvor bereits bei Straftaten gegen die Umwelt eingeführt und seitdem – trotz Kritik – keinen Veränderungen unterzogen wurde.

Die Kritik der Rechtswissenschaft, die eine solche verschuldensunabhängige Haftung strikt ablehnt, geht auf die Tatsache zurück, dass Art. 225 Absatz 3 der Bundesverfassung,[3] der die Kriminalisierung juristischer Personen betrifft, ausschließlich auf den Bereich rechtswidriger Handlungen gegen die Umwelt Anwendung finden kann. Auf Grundlage dessen wurde das Umweltkriminalitätsgesetz (Gesetz Nr. 9.605 aus dem Jahre 1998) verabschiedet, das ausdrücklich vorsieht, dass „die juristischen Personen zivil-, ordnungswidrigkeitenrechtlich und strafrechtlich haften”.[4] Aufgrund dessen hat sich in Brasilien seit vielen Jahren das skurrile Verständnis durchgesetzt, nach der die strafrechtliche Haftung der juristischen Person[5] als tatsächliches Mittel strafrechtlicher verschuldensunabhängiger Gefährdungshaftung[6] nur für Umweltstraftaten[7] gelte.

In diesem Zusammenhang ist auffallend, dass die Einführung der strafrechtlichen Haftung juristischer Personen in den Gesetzestext zu einer Vielzahl rechtsdogmatischer Einwände führen könnte, insbesondere in Bezug auf den Begriff der Handlung und die Strafbarkeit. Auch im Bereich des Strafprozesses kann die gewünschte Schnelligkeit und Effektivität der Sanktionierung die Einhaltung von strafverfahrensrechtlichen Garantien in Frage stellen.

Wie oben ausgeführt, schließt der nunmehr in Kraft getretene Gesetzestext die strafrechtliche Haftung juristischer Personen im Falle von Korruptionshandlungen aber gerade aus. In der Begründung des ursprünglichen Gesetzesentwurfes, der im Februar 2010 von der Präsidentschaft der Republik vorgeschlagen worden war, hieß es noch, dass die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung der juristischen Person angemessen sei, zumal „sie die Diskussion über die Schuld des Täters bei der Durchführung der Straftat überflüssig macht. Die juristische Person haftet, sobald die Tatsache, der Taterfolg und der Kausalzusammenhang zwischen beiden bewiesen wurden. Vermieden werden dadurch Beweisschwierigkeiten hinsichtlich subjektiver Tatbestandsmerkmale, wie der Vorsatz des Täters, dessen Überprüfung in der allgemeinen und subjektiven Systematik zur Haftung natürlicher Personen äußerst üblich ist”. Ergänzt wird weiterhin noch: „Der vorliegende Gesetzesentwurf entscheidet sich für die ordnungswidrigkeitenrechtliche und zivilrechtliche Haftung der juristischen Person, denn das Strafrecht stellt keine effektiven oder schnellen Mittel zur Bestrafung der Kapitalgesellschaften bereit”.[8]

Allerdings stellen sich bei der Überprüfung der Vorschriften des Antikorruptionsgesetzes zwei unüberwindbare Widersprüche. Zum einen existieren subjektive Tatbestandsmerkmale zur Beschreibung der rechtswidrigen Verhaltensweisen und subjektive Maßstäbe der Strafbarkeit im Hinblick auf die Strafzumessung[9], zum anderen gibt es Widersprüche bei dem Zusammentreffen zwischen den ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen und den in der brasilianischen Gesetzgebung vorgesehenen strafrechtlichen Sanktionen im bereits erwähnten Umweltkriminalitätsgesetz. Das soll im Folgenden genauer betrachtet werden.

Verschiedene rechtswidrige Taten, die als die öffentliche Verwaltung schädliche Taten klassifiziert werden, erfordern die Überprüfung subjektiver Tatbestandsmerkmale, wie z. B. Art. 5 Abs. 2 AKG („die Durchführung der in diesem Gesetz beschriebenen rechtswidrigen Taten nachweislich finanzieren, vergüten, beisteuern oder auf irgendeine Weise subventionieren“) oder Art. 5 Abs. 3 AKG („eine vermittelnde natürliche oder juristische Person ausnutzen, um die eigenen realen Interessen bzw. die Identität der durch die durchgeführten Taten Begünstigten auszublenden oder zu verbergen“). Der Begriff „nachweislich“ deutet an, dass der Kausalzusammenhang zwischen der Straftat und dem Schaden an der Verwaltung nicht ausreicht, sodass seitens des Täters gewisse Kenntnisse der Rechtswidrigkeit der Tat erforderlich wären.

Noch auffallender ist die Vorschrift des Art. 7 Abs. 8 AKG, welche bestimmt, dass „die Existenz von Compliance-Programmen, Prüfungen und der Unterstützung von Bezichtigungen sowie die effektive Anwendung von Ethik- und Verhaltenskodexen im Bereich der juristischen Person“ die Sanktionen mildern. Da das Antikorruptionsgesetz von einer verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung ausgeht, wäre ein solches Element, das für die Entscheidung über die Strafzumessung bedeutsam werden soll, allerdings keineswegs zu erwarten. Das trifft besonders auf die Compliance-Programme zu, die als Argument gegen ein Organisationsverschulden vorgebracht werden könnten, welches von Tiedemann als Grundlage für die Verantwortlichkeit juristischer Personen entwickelt wurde. Es ging hier gerade darum, im Unternehmensstrafrecht das subjektive Tatbestandsmerkmal nicht zu untergraben.[10]

Schließlich sieht das Antikorruptionsgesetz eine Regelung im Rahmen der „verhaltensunabhängigen“ ordnungswidrigkeitenrechtlichen Haftung vor, die die Höhe der Sanktionierung für Unternehmen dann schmälert, wenn das Unternehmen ein effektives Compliance-Programm nachweisen kann. Denn dieses weise auf eine Unternehmensorganisation hin, die sich an das Recht hält und somit für eine mens rea stehe, die dem Recht treu bleibe.

Der zweite Widerspruch, der wiederum mit den Unterscheidungsmerkmalen ordnungswidrigkeitenrechtlicher und strafrechtlicher Sanktionen im Zusammenhang steht, ist vor allem deswegen bedenklich, weil es genau um das Element geht, das im klassischen Sinne das Strafrecht von den anderen Rechtsgebieten unterscheidet.

Gemäß Art. 21 und 22 Umweltkriminalitätsgesetz (UKG) lassen sich die folgenden strafrechtlichen Sanktionen auf die juristischen Personen anwenden: Zum einen die Geldbuße, zum anderen Strafen, die die Rechte der juristischen Person einschränken, insbesondere die vollständige oder teilweise Aussetzung von Tätigkeiten, das vorübergehende Verbot eines Gewerbes oder einer Tätigkeit, das Verbot von Vertragsabschlüssen mit der öffentlichen Hand und das Verbot der Bereitstellung von Dienstleistungen für die Gemeinschaft. Das Gesetz sieht sogar die Auflösung des Unternehmens als mögliche Sanktion vor (Art. 24 UKG).

Betrachtet man das Beispiel der strafrechtlichen Geldbuße, die als die typische Sanktion im Hinblick auf juristische Personen anzusehen ist, genauer, so fällt Folgendes auf: Gemäß Art. 18 UKG „wird die Geldbuße nach den Kriterien des Strafgesetzbuches berechnet“ und „kann angesichts des Werts des wirtschaftlichen Vorteils dreifach erhöht werden“. Gemäß Art. 49 des Strafgesetzbuches beträgt der maximale Wert der Geldbuße R$ 5.389.200, welcher auf der Grundlage des Mindestlohns im April 2019 in Brasilien berechnet wurde.

Die Geldbuße hingegen, die im Art. 6 AKG vorgesehen ist, beträgt 0,1% bis 20% des Bruttoeinnahmebetrags des Haushaltsjahres vor dem Beginn der Ermittlungen oder, wenn sich dieses nicht bestimmen lässt, zwischen R$ 6.000 und R$ 60.000.000.[11] Laut den Erkenntnissen der brasilianischen Entwicklungsbank erzielen große Unternehmen im Durchschnitt einen Gewinn von mehr als R$ 300.000.000, mittelgroße Unternehmen einen solchen zwischen R$ 90.000.000 und R$ 300.000.000, und mittlere Unternehmen einen solchen zwischen R$ 16.000.000 und R$ 90.000.000.[12] Das bedeutet, dass die höchstmögliche Geldbuße für eine Umweltstraftat für ein großes Unternehmen R$ 16.167.600 beträgt. Die ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen für Korruptionshandlungen können jedoch Milliarden Real erreichen.[13]

Bezüglich der zivilrechtlichen Haftung[14] sieht der Art. 19 AKG folgende Sanktionen vor: Einzug des Vermögens, der Rechte oder der Werte, die durch die rechtswidrige Tat erworben wurden (Art. 19 Abs. 1 AKG), die Aussetzung oder das teilweise Verbot von Tätigkeiten (Art. 19 Abs. 2 AKG) und sogar die verbindliche Auflösung der juristischen Person, wenn sie anerkanntermaßen zur gezielten oder regelmäßigen Durchführung rechtswidriger Taten errichtet wurde (Art. 19 Abs. 3 AKG).

Somit wird deutlich, dass das Antikorruptionsgesetz ordnungswidrigkeitenrechtliche und zivilrechtliche Sanktionen vorschreibt, die genauso streng oder sogar strenger sind als strafrechtliche Sanktionen, sodass sich die Frage eines Verstoßes gegen das Ultima-ratio-Prinzip stellt.

Ungeachtet der Kritik hat das Antikorruptionsgesetz hinsichtlich der Bestrafung und der Verhütung von Korruptionshandlungen wichtige Neuerungen eingeführt. Bezüglich der Bestrafung kann auf die Kronzeugenregelung hingewiesen werden, mithilfe derer der Angeklagte, der zur Aufklärung der rechtwidrigen Tat beiträgt, von der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Haftung befreit werden kann (Art. 16 AKG).[15] Dieses Institut war im ursprünglichen Gesetzesentwurf des Antikorruptionsgesetzes nicht vorgesehen und wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren in der Abgeordnetenkammer deswegen eingeführt, weil vergleichbare Regelungen im Bereich des Kartellrechts (Gesetz 12.529 aus dem Jahre 2011) zu positiven Erfahrungen führten und es zur Anpassung an Art. 37 des UN-Übereinkommens gegen Korruptiondiente.

In Brasilien setzt die Kronzeugenregelung im Falle von Korruption voraus, dass sich die juristische Person als erste über die Korruptionshandlungen äußert. Sie soll nicht nur ihre eigene Beteiligung gestehen und beenden sowie weitere Beteiligte identifizieren und als Beweis der rechtwidrigen Tat Dokumente einreichen, sondern auch den angerichteten Schaden wiedergutmachen (Art. 16 AKG). Im Gegenzug wird ihre Geldbuße um 2/3 verringert und die anderen Sanktionen – wie die Bekanntmachung der Verurteilung und das Verbot, Vorteile bei Behörden und öffentlichen Finanzinstituten zu bekommen – werden aufgehoben.

Die bereits erwähnten Compliance-Programme sind zur Bekämpfung der Korruption augenscheinlich die wichtigste positive Neuerung des Antikorruptionsgesetzes. Ihre Details werden im Abschnitt III dieses Beitrags vorgestellt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass in Brasilien seit vielen Jahren ein Compliance-System zur Kontrolle und Verhinderung von Geldwäsche vorhanden war. Dieses bestand im Allgemeinen darin, natürliche und juristische Personen, die auf dem Finanz- und Wertpapiermarkt tätig sind, dazu zu verpflichten, Know-your-Customer-Richtlinien einzuführen, ausführlich ihre Transaktionen zu registrieren und ihrem Transaktions- und Geschäftsvolumen entsprechende Compliance-Programme zu übernehmen (Art. 10 Gesetz Nr. 9.613 aus dem Jahre 1998).

Durch das Antikorruptionsgesetz und seine Durchführungsverordnung wurde ferner ein umfassenderes System der Korruptionsbekämpfung eingeführt, welches im III. Abschnitt thematisiert wird.

III. Das Gesetz Nr. 27.401 aus dem Jahre 2017 und die strafrechtliche Haftung juristischer Personen in Argentinien

Ähnlich wie Brasilien hat sich auch Argentinien durch verschiedene internationale Abkommen verpflichtet, die Korruption zu bekämpfen,[16] hat aber diese Verpflichtungen jahrelang in unzähligen Punkten nicht eingehalten. Das hat sogar dazu geführt, dass eine OECD-Arbeitsgruppe zum Thema Korruption mehrmals darüber berichtet hat, dass die Einführung vorbeugender Maßnahmen und die Haftung juristischer Personen bezüglich Korruptionshandlungen fehlten.[17]

Daher hat die Regierung einen Gesetzesentwurf eingereicht, damit „die juristischen Personen durch die Einführung von Compliance-Programmen zur Zusammenarbeit mit den Behörden und zur Verhütung von Straftaten gegen die öffentliche Verwaltung ermuntert werden”. Der Hintergrund für die Einführung solcher Compliance-Programme war die Festlegung einer Regelung für die strafrechtliche Haftung juristischer Personen, mit deren Hilfe diese Programme bei der Bestimmung der Haftungsfolge und der Strafzumessung berücksichtigt werden können.[18] Im Jahre 2017, nach unzähligen Änderungen sowohl in der Abgeordnetenkammer als auch im Senat,[19] wurde das Gesetz Nr. 27.401 schließlich verabschiedet, mithilfe dessen nun die Grundlagen der Bekämpfung von Korruptionshandlungen juristischer Personen festgelegt wurden.

Im Vergleich zu Brasilien und Deutschland, wo sich ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen etabliert haben, hat sich Argentinien aber für andere Mittel entschieden, indem hier eine strafrechtliche Haftung juristischer Personen für Korruptionshandlungen nach den Beispielen der Länder Chile und Spanien eingeführt wurde.[20]

Ungeachtet dessen, dass in der argentinischen Rechtstradition die Maxime societas delinquere non potest gilt,[21] ist die strafrechtliche Haftung juristischer Personen dem argentinischen Rechtssystem nicht fremd. Vorgesehen ist sie seit vielen Jahren im Gesetz des Strafrechtlichen Steuersystems (Gesetz Nr. 24.769 aus dem Jahre 1997) und im Gesetz der Straftaten gegen die Wirtschafts- und Finanzordnung, die im Titel XIII des Strafgesetzbuches vorgesehen sind und die durch das Gesetz Nr. 26.683 aus dem Jahre 2011 eingeführt wurden.[22]

Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass sich die strafrechtliche Haftung juristischer Personen für Korruptionshandlungen von den Modellen der soeben genannten Gesetze unterscheidet. Das soll im Folgenden nun genauer betrachtet werden.

Laut Art. 1 des Gesetzes Nr. 27.401 ist „die strafrechtliche Haftung auf private juristische Personen ohne staatliche Beteiligung anwendbar”. Sie haften, wenn die Straftat „unmittelbar oder mittelbar mit ihrem Eingriff, in ihrem Namen oder in ihrem Interesse oder zu ihren Gunsten durchgeführt wird” (Art. 2). Es ist zudem anzumerken, dass laut Art. 2 Abs. 3 dieses Gesetzes die juristische Person von der Haftung freigestellt wird, wenn die natürliche Person, die das Delikt begangen hat, zu eigenen Gunsten oder ohne Vorteile für die juristische Person gehandelt hat.

Dabei drängt sich die Frage auf, um welches Modell es sich hier letztlich handelt: das Modell der Haftung wegen einer eigenen Tat oder der Haftung kraft Zurechnung?

Die frühere Regelung, insbesondere bezüglich der Straftaten gegen die Wirtschafts- und Finanzordnung und bezüglich der Steuerstraftaten, war sehr deutlich. Denn es ging hier offensichtlich um ein Zurechnungsmodell, d.h. die strafrechtliche Haftung juristischer Personen erfolgte auf der Grundlage einer Tat, die eine natürliche Person begangen hat, da man zur Haftung juristischer Personen ausschließlich feststellen musste, ob die Straftat entweder im Namen oder mit dem Eingriff oder zu Gunsten einer juristischen Personen begangen worden ist. Das bedeutet, dass sich die Haftung übertragen lässt, falls die natürliche Person als „verlängerter Arm“ der juristischen Person gehandelt hat.[23]

Doch obwohl Elemente des Zurechnungsmodells erhalten geblieben sind, hat sich die Situation unter dem neuen Gesetz teilweise verändert, denn der Gesetzgeber scheint sich nun für das Modell der originären Verbandshaftung, d.h. der Haftung aus eigener Tat, entschieden zu haben.

Dies liegt daran, dass andere Artikel des Gesetzes Elemente eines Modells der Haftung aus eigener Tat enthalten, wie etwa die Zumessung der Strafe, die mit der Einhaltung interner Regeln und Verfahren zusammenhängt (Art. 8) und die Einrichtung von Compliance-Programmen als Voraussetzungen für das Absehen strafrechtlicher Haftung der juristischen Person (Art. 9). Bei diesem letzteren Element kommt es eindeutig auf den Organisationsgrad des Unternehmens an, so dass anhand seiner Existenz und seines Inhalts festgestellt werden kann, wie organisiert die juristische Person ist, wenn es darum geht, Straftaten zu vermeiden.

Relevant ist somit nicht nur das Vorhandensein von Indikatoren, mit deren Hilfe die Taten des Vertreters auf die juristische Person übertragen werden können, z.B. weil sie in ihrem Interesse, ihrem Namen oder zu ihren Gunsten begangen worden sind, sondern auch das Vorliegen eines Organisationsverschuldens. Außerdem bestätigt Art. 8 des Gesetzes ausdrücklich die Möglichkeit, dass die Verurteilung der juristischen Person unabhängig davon stattfinden kann, dass eine menschliche Person zur Verantwortung gezogen wird. Daher kann nicht von der Existenz eines reinen Modells auf der Grundlage der oben genannten Unterscheidung gesprochen werden, sondern von einer Mischung der Elemente beider traditionellen Modelle.[24]

Die strafrechtliche Haftung juristischer Personen ist aber auf einige ausgewählte Straftaten beschränkt, die im Art. 1 genannt werden: a) nationale und transnationale Bestechung und Vorteilsgewährung (Art. 258 und 258bis des argentinischen Strafgesetzbuches), mit der Ausübung des öffentlichen Amtes unvereinbare Verhandlungen (Art. 265 des argentinischen Strafgesetzbuches), Vorteilsannahme (Art. 268 des argentinischen Strafgesetzbuches), unrechtmäßige Bereicherung von Beamten und Arbeitnehmern (Art. 168 des argentinischen Strafgesetzbuches) und die Veröffentlichung falscher Berichte und Finanzbilanzen (Art. 300bis des argentinischen Strafgesetzbuches).

Der Text des ursprünglichen Gesetzentwurfs sah allerdings eine breitere Palette von Straftaten vor, auf die die strafrechtliche Haftung juristischer Personen Anwendung finden sollte. Diese betraf im Allgemeinen die Kapitel VI, VII, VIII und IX des Titels der Verbrechen gegen die öffentliche Verwaltung (Kapitel XI, Zweites Buch) und schloss Tatbestände ein wie z.B. solche, die sich auf die Veruntreuung öffentlicher Gelder beziehen (Art. 260 bis 264 des argentinischen Strafgesetzbuches).

Die Option für eine beschränkte Liste strafbarer Taten statt einer allgemeinen Regel scheint einer argentinischen Tradition zu folgen. Diese schließt sich an ein Rechtssystem an, wie es z.B. in Chile, Italien, Spanien und Portugal eingeführt wurde. Der klare Vorteil ist, dass sie den Unternehmen auf deutliche und vorhersehbare Weise die strafbaren Taten aufzeigt, um ihnen eine angemessene Durchführung vorbeugender Maßnahmen und Ressourcen zu ermöglichen.[25]

Bei alledem ist ersichtlich, dass sich das Gesetz Nr. 27.401 nicht auf die Einführung neuer Straftaten in eine bereits vorhandene Liste beschränkt, sondern tatsächlich neue Kriterien zur Bestimmung der strafrechtlichen Haftung juristischer Personen festlegt. Daraus kann geschlossen werden, dass es in Argentinien zwei verschiedene Regime strafrechtlicher Haftung juristischer Personen gibt. Haftung kraft Zurechnung bei Straftaten, die zuvor für eine strafrechtliche Haftung juristischer Personen festgelegt wurden und Haftung aus eigener Tat bei Korruptionsdelikten, bei denen die juristische Person nur im Falle eines Organisationsfehlers zur Rechenschaft gezogen wird.

Eine solche Doppelung der Verantwortlichkeit führt nun allerdings durchaus zu praktischen Problemen. So wird hervorgehoben, dass die Unternehmen, je nach Art des zu vermeidenden Verhaltens, zwei unterschiedliche Organisationsstrategien haben müssen. Im Fall des ersten Modells der Zurechnung ist die Leistung des Unternehmens bezüglich der präventiven Verhütung nicht wichtig. Das Unternehmen wird nicht zur Einrichtung vorbeugender Maßnahmen für solche Straftaten ermutigt, da es um ein tatsächliches System strafrechtlicher Gefährdungshaftung geht. Dies bedeutet, dass es – falls die Straftat im Namen oder Interesse des Unternehmens geschieht – vollkommen unerheblich ist, ob das Unternehmen etwas zur Verhinderung und Verhütung von Straftaten unternommen hat.[26]

Es besteht daher kein Zweifel, dass das Gesetz Nr. 27.401 der Regelung in der Verfassung, die die strafrechtliche Gefährdungshaftung ablehnt, besser Rechnung trägt. Außerdem orientiert sich hierbei die Strafbarkeit an dem jeweiligen Organisationsdefizit, denn es wird hierdurch ermöglicht, die Strafe mit einem Verhalten zu verknüpfen, welches der juristischen Person zugerechnet werden kann.[27]

Art. 7 des Gesetzes Nr. 27.401 benennt nun die Strafen, welche die juristische Personen treffen kann: a) Geldbuße zwischen dem Zweifachen und dem Fünffachen des unrechtmäßig erlangten Vorteils, b) teilweises oder vollständiges Verbot von Tätigkeiten bis zu zehn Jahren, c) Verbot der Teilnahme an öffentlichen Vergaben für bis zu zehn Jahren, d) Auflösung oder Liquidation der juristischen Person, wenn ihre Errichtung zur Durchführung rechtswidriger Handlungen stattfand oder wenn dies ihre Haupttätigkeit ist, e) Aussetzung oder Verlust von bei öffentlichen Behörden erlangten Vorteilen, f) Veröffentlichung der Verurteilung.

Es ist daher ersichtlich, dass die vorgesehenen Kriminalstrafen von ihren Auswirkungen her den in Brasilien festgelegten ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen sehr ähnlich sind, was sich damit erklären lässt, dass die brasilianischen Regelungen bekanntermaßen als Grundlage für die Ausarbeitung der argentinischen Regelung dienten. Dies wird durch die Tatsache belegt, dass der Gesetzesentwurf der Regierung ausdrücklich das brasilianische Antikorruptionsgesetz zitierte und vorsah, dass sich die Geldbußen auf den Umsatz des Unternehmens stützen sollten (zwischen 1 % und 20 %) mit dem Ziel, dass die Geldbuße eine tatsächliche Auswirkung auf das Kapital des bestraften Unternehmens haben soll.[28] Erst das Verfahren im Parlament löste jedoch, wie gesehen, die Entscheidung für die Verhängung einer Geldstrafe statt einer ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktion aus.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass von der argentinischen Gesetzgebung ebenso Kronzeugenregelungen eingeführt wurden. Art. 16 des Gesetzes Nr. 27.401 aus dem Jahre 2017 sieht vor, dass diese Kronzeugenregelungen angewendet werden können, wenn das Unternehmen bei der Untersuchung in der Weise kooperiert, dass es genaue, nützliche und verlässliche Informationen zur Verfügung stellt, um den Sachverhalt aufzuklären, Täter zu identifizieren und zur Einziehung der Erträge aus Straftaten beizutragen. Art. 18 des Gesetzes Nr. 27.401 aus dem Jahre 2017 sieht ferner als Voraussetzung der Anwendung der Kronzeugenregelung vor, dass das Unternehmen eine Geldbuße nach den Bestimmungen des Art. 7 begleicht, dass der Schaden behoben wird, dass disziplinarische Maßnahmen gegen Individuen ergriffen werden, die an der Straftat beteiligt sind, dass Dienstleistungen für die Gemeinschaft erbracht werden und dass die Compliance-Programme entweder umgesetzt oder verbessert werden.

Erneut kann also festgestellt werden, wie wichtig die Compliance-Programme für die strafrechtliche Haftung der juristischen Person in Argentinien sind, was bereits im brasilianischen Antikorruptionsgesetz (allerdings für die dortige ordnungswidrigkeitenrechtliche Haftung) auffiel. Daher werden im Folgenden die Einzelheiten der Regulierung der Compliance-Programme in beiden Ländern erläutert, um deren Ähnlichkeiten und Unterschiede aufzuzeigen.

IV. Die Rolle der Compliance-Programme in beiden Gesetzgebungen

1. Definition und Elemente der Compliance-Programme

Das brasilianische Antikorruptionsgesetz und das argentinische Gesetz Nr. 27.401 enthalten sehr ähnliche Definitionen für die erforderlichen Compliance-Programme. In Brasilien werden sie in Art. 41 der Verordnung Nr. 8.420 definiert: Hiernach versteht man darunter die „Vielzahl interner Mechanismen und Verfahren für Integrität, Prüfung und Anregung zur Meldung von unrechtmäßigen Taten und zur wirksamen Anwendung von Ethik- und Verhaltenskodexen, Richtlinien und Leitlinien zur Erkennung und Korrektur von Abweichungen, Betrug und unrechtmäßigen Taten, die gegen öffentliche nationale oder internationale Behörden begangen werden können“. In Argentinien werden sie definiert als „eine Reihe von internen Maßnahmen, Mechanismen und Verfahren zur Förderung der Integrität, der Überwachung und der Kontrolle, die unrechtmäßige und unerlaubte Handlungen im Zusammenhang mit Korruption verhindern, aufdecken und korrigieren sollen“ (Art. 22).

Trotz dieser Ähnlichkeit kann der Inhalt der Compliance-Programme in Brasilien und Argentinien erhebliche Unterschiede aufweisen, wenn auch ihre Elemente im Allgemeinen zusammenfallen. Dies liegt daran, dass Argentinien ein Modell eingeführt hat, das sowohl verbindliche als auch optionale Elemente in einem Compliance-Programm vorsieht, wobei die Übernahme letzterer freiwillig ist, was eine Abstufung der Bedeutung für solche vorbeugende Maßnahmen schafft.[29]

Laut Art. 23 des (argentinischen) Gesetzes Nr. 27.401 ist das Vorhandensein folgender Regelungen für alle Compliance-Programme verbindlich: Ethik- und Verhaltenskodexe sowie Integritätsrichtlinien und -verfahren, die sowohl für Mitarbeiter als auch für Geschäftsführer und Manager gelten, spezifische Regeln und Verfahren zur Verhinderung unerlaubter Aktivitäten im Rahmen von Vergaben und im Zusammenhang mit der Durchführung von Verträgen mit der öffentlichen Verwaltung und schließlich regelmäßige Schulungen über das Compliance-Programm für alle Mitarbeiter, unabhängig von ihrer Rolle im Unternehmen. Im Gegenzug gelten die Elemente in den folgenden Absätzen des Art. 23 als optional: a) regelmäßige Risikoanalyse für mögliche Überarbeitungen des Compliance-Programms, b) die erklärte und uneingeschränkte Unterstützung des Compliance-Programms durch die oberste Führung des Unternehmens, c) das Vorhandensein von Kanälen für die Meldung von Unregelmäßigkeiten auch für Dritte, d) der Schutz der Mitarbeiter, die Unregelmäßigkeiten melden (Whistleblowing-System), e) das Vorhandensein interner Ermittlungsverfahren, die die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer respektieren und wirksame Sanktionen bei Verstößen gegen die Unternehmensregeln fördern, f) das Vorhandensein von Know-your-Customer-Protokollen, g) die Einhaltung von Due Dilligence bei Unternehmensnachfolgeprozessen, h) die kontinuierliche Überwachung und Bewertung der Wirksamkeit des Compliance-Programms, i) das Vorhandensein eines Compliance-Beauftragten und schließlich j) die Einhaltung anderer Vorschriften der öffentlichen Hand, die für den Tätigkeitsbereich des Unternehmens relevant sind.

Diese Option für das Vorhandensein verbindlicher Elemente, die erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in den Text eingefügt wurde und im Regierungsentwurf noch nicht vorhanden war, erscheint allerdings nicht angemessen, da ihr eine mangelnde Kenntnis der Geschäftspraxis attestiert werden muss. Das Vorliegen eines Ethikkodex fördert die Prävention von Straftaten beispielsweise in nicht höherem Maße als die vorgesehenen optionalen Maßnahmen, wie z.B. die regelmäßige Risikoanalysen, interne Kanäle für die Meldung von Unregelmäßigkeiten und das Vorhandensein eines Compliance-Beauftragten,[30] dessen Existenz bereits im argentinischen Geldwäschepräventionsgesetz verbindlich ist.[31]

In Brasilien hingegen gibt es keine verbindlichen Elemente, sodass sich der – in beiden Ländern enthaltene – Grundgedanke, dass für unterschiedliche Unternehmen jeweils ein anderes Compliance-Programm angemessen sein kann, besser anwenden lässt. Denn die Programme müssen je nach den Merkmalen[32] und Risiken der Tätigkeit jeder Rechtsperson strukturiert und umgesetzt werden (Art. 41, Einzelabsatz der Verordnung Nr. 8.420 und Art. 22, Einzelabsatz des Gesetzes Nr. 27.401).

Die brasilianische Verordnung Nr. 8.420 legt in Art. 42 eine weit umfassendere Liste fest als sie im argentinischen Recht vorgesehen ist. So wird hier zusätzlich bestimmt, dass Compliance-Programme folgende Elemente enthalten können: a) die Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Buchhaltung im Hinblick auf Transaktionen der juristischen Person, b) interne Kontrollen zur Überprüfung der Zuverlässigkeit der Finanzberichte, c) volle Unabhängigkeit des Compliance-Beauftragten und d) die Transparenz der Verhaltensweisen juristischen Person bezüglich Spenden für politische Kandidaten.

Daher ist ersichtlich, dass die wichtigsten Elemente der Corporate Compliance in beiden Gesetzen vorhanden sind. Im Folgenden sollen diesbezüglich noch einige kurze Bemerkungen angeschlossen werden.

Sowohl in Brasilien als auch in Argentinien (mit geringer Betonung in Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz V des Gesetzes 27.401) wird erwartet, dass Compliance-Programme wirksame Sanktionen gegen Arbeitnehmer einführen sollen, die gegen die internen Vorschriften der juristischen Person verstoßen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass man sich in beiden Ländern nicht mit den Auswirkungen dieser Bestimmungen im Bereich des Arbeitsrechts befasst hat, welche Änderungen erforderlich machen können, damit die beabsichtigte Wirksamkeit gewährleistet wird.

In Bezug auf die jeweiligen Kommunikationskanäle für Unregelmäßigkeiten und die internen Verfahren zeigt die Erfahrung in mehreren Ländern, wie wichtig eine solche Abstimmung mit arbeitsrechtlichen Vorschriften ist. Beide Rechtsvorschriften scheinen jedoch keine detaillierten Regeln für ihre konkrete Durchführung zu besitzen, insbesondere da Compliance-Maßnahmen auch heikle Fragen der Grundrechte von Beamten, wie etwa die Privatsphäre, betreffen und möglicherweise entscheidende Auswirkungen auf die strafrechtliche Ermittlungstätigkeit haben. Die in den internen Verfahren gesammelten Nachweise müssen nämlich einem strengen Verfahren mit Rechtsgarantien[33] folgen, wobei die Gefahr besteht, dass sie für zukünftige Verurteilungen nutzlos sind.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass Know-  your-Customer-Protokolle im internationalen Handel immer häufiger werden. Daher sollten sich Unternehmen, die in bestimmten Bereichen tätig sind, nicht nur mit ihrer eigenen Integrität befassen, sondern auch mit derjenigen von Dritten, z.B. von Lieferanten, Vertriebshändlern und Dienstleistern. Die große Kontroverse besteht jedoch darin, dass sich das Prinzip des Vertrauens durchaus geändert hat. Die Anwendung der Know-your-Customer-Prinzipien macht es nämlich notwendig, den Grundsatz aufzugeben, nach dem jede rechtmäßig handelnde Person den Dritten, mit denen sie in Verbindung steht, auch vertrauen kann.[34] Auf diese Weise scheint die Existenz dieser Protokolle dazu zu führen, im geschäftlichen Verkehr grundsätzlich von einem von Verdacht geprägten Verhältnis auszugehen.

2. Auswirkungen der Compliance-Programme auf die Haftung juristischer Personen

In Bezug auf die Auswirkungen der Compliance-Programme unterscheiden sich die brasilianischen und die argentinischen Rechtsvorschriften erheblich voneinander. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die argentinische Gesetzgebung vorsieht, dass sich Compliance-Programme auf die Strafzumessung auswirken können (Art. 8 des Gesetzes Nr. 27.401) und sogar zum Absehen von strafrechtlicher sowie ordnungswidrigkeitenrechtlicher Haftung der juristischen Person führen können (Art. 9). Im brasilianischen Recht hingegen haben sie lediglich Auswirkungen auf die Zumessung der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen (Art. 7 Abs. 8).

Art. 8 des argentinischen Gesetzes sieht vor, dass die Zumessung der Strafe von folgenden Umständen beeinflusst werden soll: „Nichteinhaltung interner Regeln und Verfahren, Anzahl und Hierarchie der Angestellten, Mitarbeiter und Arbeitnehmer, die an der Straftat beteiligt sind; Unterlassung der Überwachung der Handlungen der Täter und Teilnehmer an der Straftat; das Ausmaß des verursachten Schadens; die Summe der durch die Straftat erhaltenen Werte; Größe, Art und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der juristischen Person; spontane Kommunikation über Straftaten infolge der eigenen internen Ermittlungs- und Aufdeckungsaktivitäten der juristischen Person; Verhalten nach der Tat; die Bereitschaft, den Schaden zu mildern oder zu beheben und einen Rückfall zu verhindern“.

In Brasilien sind Compliance-Programme, wie erwähnt, ebenfalls eines der Elemente, die bei der Zumessung der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktion zu berücksichtigen sind (Verringerung des Gewinns um 1% bis 4%, Bestimmung des Maßes der verhängten Geldbuße gemäß Art. 18 Abs. 5 der Verordnung Nr. 8.420). Zusätzlich zu den Compliance-Programmen soll Folgendes berücksichtigt werden: a) die Schwere der Ordnungswidrigkeit, b) der erhaltene oder beabsichtigte Vorteil, c) die Vollendung oder Nichtvollendung der Tat, d) der Grad der Verletzung oder Verletzungsgefahr, e) die wirtschaftliche Situation des Täters, f) die Mitwirkung der juristischen Person bei der Untersuchung der Ordnungswidrigkeit und g) der Wert des Vertrags, den die juristische Person mit der öffentlichen Hand abgeschlossen hat.

Ungeachtet dessen, dass in Brasilien kein Absehen von Sanktionen bei Einhaltung von entsprechenden Compliance-Programmen vorgesehen ist, ist es möglich, dass die Umsetzung der genannten Elemente ähnliche Auswirkungen haben kann, was indirekt zum Absehen von der Sanktion führen kann. Denn das Antikorruptionsgesetz sieht die Möglichkeit vor, dass erfolgreiche Kronzeugenregelungen – in direktem Zusammenhang mit wirksamen Compliance-Mechanismen – nicht nur zur Verringerung der Geldbuße, sondern auch zum Absehen einiger Sanktionen führen kann (Art. 16 AKG).

In Bezug auf das Absehen von Strafe in Argentinien sieht Art. 9 des Gesetzes Nr. 27.401 aus dem Jahre 2017 vor, dass das Vorhandensein eines Compliance-Programms die erste von drei unabdingbaren Voraussetzungen ist, um Straffreiheit zu erhalten. Die zweite ist, dass die juristische Person intern das Bestehen der Straftat identifiziert und es den Behörden unverzüglich mitteilt. Schließlich muss die juristische Person die nicht ordnungsgemäß erhaltenen Vorteile zurückerstatten.

Es reicht jedoch nicht aus, ein Compliance-Programm einzurichten, es ist vielmehr erforderlich, dass dieses zum Zeitpunkt des Ereignisses auch „in Betrieb“ sein muss und vor allem, dass es anhand seiner vorgesehenen Elemente als „ausreichend“ qualifiziert wird. Es muss also in der Praxis für die jeweiligen Täter schwierig gewesen sein, die kriminalpräventiven Maßnahmen innerhalb der juristischen Person zu überwinden.

Da für ein Absehen von Strafe sowohl die freiwillige Mitteilung der Tat als auch die Zurückerstattung des erlangten Vorteils vorausgesetzt wird, ist eindeutig, dass das Modell der Haftung aus eigener Tat bzw. der Haftung aus Organisationsfehlern verzerrt wird. Dies liegt daran, dass die beiden hier entscheidenden Punkte, dass nämlich einerseits eine juristische Person ein angemessenes und ausreichendes Compliance-Programm etabliert hat, sie aber andererseits die Straftat mitteilen oder den durch Korruption erlangten Vorteil zurückerstatten muss, an sich in keinem Zusammenhang stehen. Denn die Frage, ob eine entsprechende Mitteilung oder Rückerstattung erfolgt, hat nichts mit der Frage zu tun, ob die juristische Person gut oder schlecht organisiert ist oder ob sie ein Organisationsdefizit aufweist.[35]

Andererseits scheint aber die Voraussetzung eines „angemessenen“ Compliance-Programms direkt mit dem genannten Modell der Haftung aus eigener Tat verbunden zu sein. Das ordnungsgemäße Funktionieren des Compliance-Programms zeigt nämlich, dass es an sich keinen Organisationsfehler gibt. Dies aber wäre ein Zeichen dafür, dass die juristische Person an sich grundsätzlich imstande ist, Unregelmäßigkeiten zu verhindern und über Mechanismen zur ihrer Erkennung zu verfügen. Ziel ist es insoweit aber, die Vortäuschung einer bestehenden Compliance durch bloße vorspiegelnde Implementierungen zu vermeiden. Selbstverständlich ist ein geeignetes Compliance-Programm gerade dasjenige, das alle obligatorischen Elemente, die in dem oben genannten Art. 23 des Gesetzes 27.401 vorgesehen sind, sowie – je nach der Tätigkeit der juristischen Person – andere optionale Elemente, die in demselben Artikel vorgesehen sind, aufweist.

Schließlich ist es wichtig zu erwähnen, dass in Argentinien Art. 24 Gesetz 27.401, Art. 3 der Verordnung Nr. 277 aus dem Jahre 2018 bestimmt, dass die Umsetzung eines angemessenen Compliance-Programms eine Voraussetzung zum Abschluss von Verträgen mit dem Nationalstaat ist. In brasilianischen Bundesländern, wie z.B. in Rio de Janeiro und dem Bundesdistrikt (Distrito Federal), wurden ähnliche Rechtsvorschriften eingeführt, die in den Landesgesetzen Nr. 7.753 aus dem Jahre 2017 bzw. Nr. 6.112 aus dem Jahre 2018 Compliance-Programme als Voraussetzung für den Abschluss von Verträgen mit Werten über einer bestimmten Höhe festlegen.

V. Fazit

Alles in allem lässt sich aus den vorgenannten Überlegungen folgern:

  1. Brasilien und Argentinien haben die Haftungssysteme für juristische Personen wegen Korruptionshandlungen erst verspätet eingeführt. Dabei entschieden sie sich letztendlich für verschiedene Modelle, da Brasilien die Haftung durch ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen umsetzt, in Argentinien hingegen eine strafrechtliche Haftung der juristischen Person im Hinblick auf Korruptionshandlungen eingeführt wurde.
  2. In Brasilien wurde letztlich seitens der Gesetzgebung eine Gefährdungshaftung für juristische Personen etabliert. Sie umschreibt jedoch die rechtswidrigen Verhaltensweisen auch anhand subjektiver Elemente und enthält vor allem Kriterien, die zur Festlegung der Sanktion subjektive Aspekte heranziehen, insbesondere die Einrichtung effektiver Compliance-Programme.
  3. Obwohl in Argentinien bereits früher Bestimmungen über die strafrechtliche Haftung juristischer Personen vorlagen, wurden durch das neue Gesetz typische Elemente des Haftungsmodells aus eigener Tat eingeführt und dadurch ein gemischtes Modell im Hinblick auf die Ahnung von Korruptionshandlungen erzeugt. Dies führt dazu, dass heute für juristische Personen zwei verschiedene Verhütungs- und Bestrafungssysteme nebeneinander existieren: Das erste ist grundsätzlich ein System verschuldensunabhängiger Gefährdungshaftung und basiert auf einem Zurechnungsmodell. Das zweite, in dessen Rahmen die subjektiven Tatbestandsmerkmale von großer Bedeutung sind, zielt auf die Möglichkeit der Milderung oder sogar dem Absehen von der Bestrafung aufgrund der Organisation des Unternehmens und die Umsetzung und Durchführung angemessener Compliance-Programme ab.
  4. Die in den brasilianischen und argentinischen Gesetzen vorgesehenen Elemente der Erforderlichkeit der Etablierung von Compliance-Programmen sind sehr ähnlich. Beide Länder nähern sich also dem an, was die Corporate-Compliance-Rechtslehre für ausreichend (aber auch erforderlich) hält, um innerhalb juristischer Personen eine angemessene Verhütung und Missbilligung von Korruptionshandlungen zu erreichen.
  5. Schließlich ist festzustellen, dass die Compliance-Programme trotz der unterschiedlichen Sanktionen eine zentrale Rolle sowohl im brasilianischen als auch im argentinischen Modell spielen. Es ist somit unumstritten, dass sie zur Einschränkung der Strafbarkeit in beiden Ländern beitragen.

[1]     Statt vom Ordnungswidrigkeiten spricht man – wörtlich übersetzt – in Brasilien von „verwaltungsrechtlicher Haftung“, wobei an dieser Stelle nicht geklärt werden kann, ob sich die beiden Rechtsinstitute tatsächlich entsprechen. Insoweit wird in Brasilien unter dem Oberbegriff des „punitiven Rechts“ sowohl das Strafrecht, als auch der punitive Teil des Verwaltungsrechts verstanden. Ferner existieren in Brasilien unter der Einordnung „Strafrecht“ auch Tatbestände mit geringem Unrechtsgehalt, die manchmal als Ordnungswidrigkeit bezeichnet werden. Im vorliegenden Artikel werden alle staatlichen Sanktionen, die sich gegen juristische Personen im Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten richten als ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen bezeichnet.
[2]     Das Gesetz Nr. 13.303 aus dem Jahre 2016 sieht für öffentliche und gemischtwirtschaftliche Unternehmen zu implementierende Compliance-Mechanismen vor, die zuvor im Antikorruptionsgesetz nicht verankert waren.
[3]     Art. 225 Absatz 3 der Bundesverfassung lautet: „Umweltschädigendes Verhalten von natürlichen oder juristischen Personen wird straf- und ordnungsrechtlich geahndet, unabhängig von der Pflicht zur Wiedergutmachung der verursachten Schäden“. 
[4]     Art. 3 des Gesetzes Nr. 9.605 aus dem Jahre 1998 lautet: „Die juristischen Personen haften gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes zivil-, ordnungswidrigkeiten-und strafrechtlich, falls die Straftat zugunsten der Körperschaft durch Entscheidung ihres gesetzlichen oder vertraglichen Vertreters bzw. ihres Kollegialorgans begangen wurde“.
[5]     Shecaira, Responsabilidade penal da pessoa jurídica, 3 Aufl. (2010), passim. Für mehr Details: Machado et al., Responsabilização por ilícitos praticados no âmbito de pessoas jurídicas — uma contribuição para o debate público brasileiro, In: Série Pensando o Direito, 18, 2009, online abrufbar unter: http://pensando.mj.gov.br/wp-content/uploads/2015/07/18Pensando_Direito3.pdf(zuletzt abgerufen am 15.5.2019)
[6]     Tangerino, Culpabilidade e responsabilidade penal da pessoa jurídica, in: Revista Brasileira de Ciências Criminais, 18(86), 2010, S. 40 f.; Dotti, Curso de direito penal, 2002, S. 302; Prado, Direito penal do ambiente, São Paulo, 2001, S. 181; Marques, A responsabilidade penal da pessoa jurídica por ofensa ao meio ambiente, In: Boletim do Ibccrim. São Paulo, 6(65), 1998, passim.
[7]     Es muss betont werden, dass sich momentan in der brasilianischen Legislative ein Gesetzgebungsverfahren in fortgeschrittener Phase befindet, durch welches eine derartige Haftung auf Delikte gegen die öffentliche Verwaltung, die Wirtschaftsordnung und das Finanzsystem ausgedehnt werden soll.
[8]     EMI nº 99911/2009, Art. 5 bis 10, online abrufbar unter https://www.camara.leg.br/proposicoesWeb/prop_mostrarintegra?codteor=735505&filename=Tramitacao-PL+6826/2010 (zuletzt abgerufen am 15.5.2019). Diese Idee wurde ausdrücklich im Votum des Berichterstatters in der Sonderkommission der Abgeordnetenkammer, die die Endfassung des Gesetzes (geänderte Fassung, S. 21) betraf, und im Gutachten 649 des Senats aus dem Jahre 2013 bestätigt: https://www.camara.leg.br/proposicoesWeb/prop_mostrarintegra?codteor=970659&filename=Tramitacao-PL+6826/2010und https://legis.senado.leg.br/sdleg-getter/documento?dm=4003724&ts=1553280719171&disposition=inline (zuletzt abgerufen am 15.5.2019).
[9]     Bottini/Tamasaukas, A controversa responsabilidade objetiva na Lei Anticorrupção, in: Conjur, 9.12.2014, online abrufbar unter https://www.conjur.com.br/2014-dez-09/direito-defesa-controversa-responsabilidade-objetiva-lei-anticorrupcao (zuletzt abgerufen am 15.5.2019).
[10]   Tiedemann, Die „Bebußung” von Unternehmen nach dem 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, NJW 1988, 1172.
[11]   Es ist zu betonen, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf Beträge in Höhe von R$6.000 und R$6.000.000 vorsah.
[12]   Online abrufbar unter https://web.bndes.gov.br/bib/jspui/bitstream/1408/4261/1/Cartilha%20MPME%202015.pdf (zuletzt abgerufen am 15.5.2019).
[13]   Es ist zu beachten, dass der Betrag der Geldbuße den Gesamtwert des vertraglich vereinbarten oder erbrachten Produkts oder der Dienstleistung nicht überschreiten darf. Tangerino, Natureza Jurídica da Lei Anticorrupção e o papel do compliance, in: 6º Congresso Internacional do PPGCCRim/PUCRS; II Congresso Internacional do Instituto Eduardo Correia, Brasil-Portugal, 2015, S. 179 ff.
[14]   In Brasilien werden diese Sanktionen nicht als strafrechtliche, sondern als zivilrechtliche Sanktionen betrachtet.
[15]   Silveira/Saad-Diniz, Compliance, Direito Penal e Lei Anticorrupção, 2015, S. 333 ff.
[16]   Interamerikanisches Übereinkommen gegen Korruption von 1996, eingeführt durch das Gesetz Nr. 24.769 aus dem Jahre 1997, UN-Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität von 2000, sowie das bereits erwähnte Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption von 2003 und das OECD-Abkommen aus dem Jahre 1997.
[17]   OECD Working Group on Bribery, phase 3 report on implementing the OECD anti-bribery convention in Argentina, 2014, Art. 49 bis 53, online abrufbar unter http://www.oecd.org/corruption/anti-bribery/Argentina-Phase-3-Report-ENG.pdf (zuletzt abgerufen am 15.5.2019) OECD Working Group on Bribery, Phase 3bis report on implementing the OECD anti-bribery convention in Argentina, 2017, Art. 50 bis 54, online abrufbar unter http://www.oecd.org/corruption/anti-bribery/Argentina-Phase-3bis-Report-ENG.pdf(zuletzt abgerufen am 15.5.2019).
[18]   Begründung des Gesetzesentwurfes, der dem argentinischen Kongress durch die Exekutive eingereicht wurde (Mitteilung 127/2016).
[19]   Papa, Los pilares y elementos estructurales de la ley 27.401, in: Durrieu/Saccani, Compliance, Anticorrupción y responsabilidad penal empresaria, 2018, S. 13 ff.
[20]   Gonzáles Guerra/Matagno, Ley de responsabilidad penal de la persona jurídica, in: Durrieu/Saccani, Compliance, Anticorrupción y responsabilidad penal empresaria, 2018, S. 5 ff.; Papa, La nueva ley de responsabilidad penalempresaria, in: La Ley, 2018-A, 6. 2. 2018, S. 2. Das spanische Gesetz Ley Orgánica 5/2010, das die strafrechtliche Haftung juristischer Personen im Falle von Korruption einführte, kam in seiner Begründung fälschlicherweise zum Schluss, dass das OECD-Abkommen diese gefordert habe. Es wurde jedoch nicht verlangt, dass die Länder die strafrechtliche Haftung einführen, sondern lediglich ein Haftungssystem zur erfolgreichen Verhinderung von Korruptionshandlungen schaffen sollte; vgl. Art. XXVII Präambel des Gesetzes Ley Orgánica 5/2010. Online abrufbar unter https://www.boe.es/buscar/act.php?id=BOE-A-2010-9953 (zuletzt abgerufen am 15.5.2019).
[21]   Von großer Bedeutung ist die jüngste Äußerung E. R. Zaffaronis, dem zufolge sich der Handlungsbegriff auf die menschliche Handlung beschränkt, was auf dem verfassungsrechtlichen Prinzip nullum crimen sine conducta beruht. Freilich haben juristische Personen keine Handlungsfähigkeit, denn sie brauchen menschliche Personen zum Handeln (Bundesgerichtshof Argentinischer Nation, Fall „Fly Machine SRL“, Entscheidung vom 30.5.2016; vgl. auch das Minderheitsvotum des Richters Zaffaroni, Absätze 7 und 8).
[22]   Es bestehen allerdings unterschiedliche Standpunkte in der Rechtstheorie. Hier wird behauptet, dass die strafrechtliche Haftung juristischer Personen erst durch das Gesetz 27.401 in Argentinien eingeführt wurde (Aboso, Código penal de la República Argentina, Comentado, concordado, con jurisprudencia, 2012, S. 1401 ff.). Allerdings gehen einige Autoren davon aus, dass das Gesetz des strafrechtlichen Devisensystems (Gesetz 19.359 aus dem Jahre 1995) bei der Einführung ebenfalls eine Rolle spielte. Einige betonen wiederum, dass nicht nur die erwähnten Gesetze zu ihrer Einführung beigetragen haben, sondern auch das Gesetz der Versorgung von Waren und Dienstleistungen (Gesetz 20.680 aus dem Jahre 1974), der Zollkodex (Gesetz Nr. 22.415 aus dem Jahre 1981) und das Gesetz des Systems der Pensionierung und Altersversorgung (Gesetz Nr. 24.241 aus dem Jahre 1993); vgl. Sarrabayrouse, Evolución de la responsabilidad penal de las personas jurídicas en Argentina. Balance y perspectivas, in: Palma Herrera, Procedimiento operativos estandarizados y responsabilidad penal de la persona jurídica, 2014, S. 341 ff.; Del Sel, Societas delinquere: ¿potest o non potest?, in: Yacobucci (Ed.), Derecho penal empresario, 2010, S. 104 ff.; nach zutreffender Ansicht handelt es sich bei diesen Gesetzen allerdings nur um administrative Sanktionen.
[23] Es ist erwähnenswert, dass Art. 304 Abs. 2 des Strafgesetzbuches für die Zumessung der Strafe die Nichteinhaltung interner Regeln und Verfahren festlegt, was in direktem Zusammenhang mit der Idee des Organisationsverschuldens steht.
[24]   Montiel, Apuntes sobre el nuevo régimen de la responsabilidade penal de las personas jurídicas en el derecho argentino, in: En Letra: Derecho Penal, IV(6), 2018, S. 129 ff.; Carrió/Reussi, La responsabilidad penal de la persona jurídica. Uma norma fundamental que deja más dudas que certezas, in: Durrieu/Saccani, Compliance, Anticorrupción y responsabilidad penal empresaria, 2018, S. 40.
[25]   Kudlich, El principio de legalidad en el Derecho procesal penal (en especial, el Derecho procesal penal alemán), in: Montiel, La crisis del principio de legalidad en el nuevo Derecho penal: ¿decadencia o evolución?, 2012, S. 435 ff.
[26]   Im Hinblick auf das spanische Strafrecht vgl. Mir Puig, Derecho penal, 10 Aufl., 2015, § 34 Rn. 104.
[27]   Montiel, Ley 27.401 y criterios para determinar la idoneidade de los programas de integridade, in: Durrieu/Saccani, Compliance, Anticorrupción y responsabilidad penal empresaria, 2018, S. 68 ff.
[28]   Ministerio de Justicia y Derechos Humanos/Oficina Anticorrupción, Begründung, 2016. Online abrufbar unter https://www.argentina.gob.ar/sites/default/files/oa_proyecto_de_ley_extincion_de_dominio.pdf (zuletzt abgerufen am 15.5.2019).
[29]   Es ist wichtig anzumerken, dass die Antikorruptionsabteilung in Argentinien eine Art „Richtlinie“ entwickelt hat, in der durch die Resolution 27/2018 Kriterien für die korrekte Umsetzung von Compliance-Programmen festgelegt wird. Für mehr Details: Montiel, Lineamientos de integridad, S. 87 ff., online abrufbar unter http://crimint.com.ar/2018/12/28/lineamientos-de-integridad/ (zuletzt abgerufen am 15.5.2019).
[30]   Montiel, Aspectos fundamentales de la responsabilidad penal del compliance officer en el Derecho argentino, in: Anuario de la Revista Argentina de Derecho Penal y Procesal Penal, 4, 2015, passim; Agustina/Vargas Ovalle, Informe al borrador de los «Lineamientos», in: Montiel (Hrsg.), Lineamientos de integridad, S. 86 ff.; Coria Caro/Sota Sánchez, Reporte al borrador de los «Lineamientos», in: Montiel (Hrsg.), Lineamientos de integridad, S. 105 f., online abrufbar unter http://crimint.com.ar/2018/12/28/lineamientos-de-integridad (zuletzt abgerufen am 15.5.2019).
[31]   Art. 20 bis 4º párr. des Gesetzes 25.246, das durch Art. 11 der Resolution UIF 30-E/2017 ergänzt worden ist.
[32]   In Brasilien beschreibt Art. 42 Abs. 1 der Verordnung Nr. 8.420 ausführlich die Elemente, die bei der Formulierung eines Compliance-Programms eines Unternehmens berücksichtigt werden sollten: a) die Mitarbeiter- und Arbeitnehmeranzahl, b) die Komplexität der internen Hierarchie und die Anzahl der Abteilungen, c) der Einsatz von Vermittlern in der Geschäftstätigkeit, d) der Marktsektor, in dem es tätig ist, e) die Länder, in denen es tätig ist, f) der Grad der Interaktion mit der öffentlichen Hand, g) Anzahl und Ort der juristischen Personen, die Teil der Konzerngesellschaft sind.
[33]   Montiel, Lineamientos de Integridad: breves reflexiones generales del documento y consideraciones específicas sobre las capacitaciones, las investigaciones internas y el oficial de cumplimiento”, in: Montiel (Hrsg.), Lineamientos de integridad, 2018, S. 15 ff.; ders., Breve introducción al criminal compliance, in: Actualidad Penal, 24, 2016, S. 148 ff.; vgl. auch Roxin, StV 2012, 116 ff.; Bittmann/Molkenbur, wistra 2009, 377 ff.
[34]   Vgl. Silva Sánchez, Aufsichtspflichten und Compliance in Unternehmen”, in: Kudlich/Kuhlen/Ortiz de Urbina Gimeno, Compliance und Strafrecht, 2012, S. 78 ff.
[35]   Montiel, Apuntes sobre el nuevo régimen de la responsabilidade penal de las personas jurídicas en el derecho argentino, in: En Letra: Derecho Penal, IV(6), 2018, S. 133.

 

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