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Das Bemessungsproblem bei der Operationalisierung der Schuldschwereklausel (§ 57a StGB)

von Prof. Dr. Gunnar Duttge

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Abstract
Die Kategorie der besonderen Schuldschwere als gesetzlich vorgegebene Stellschraube bei der Beurteilung, wann eine Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe frühestens in Betracht kommen kann, produziert auffallend eine erhebliche Portion Ratlosigkeit: Einige wollen sie am liebsten ersatzlos gestrichen sehen, andere deuten sie in einer Weise, die – insbesondere im Verhältnis zu spezial- und generalpräventiven Aspekten – kaum noch Konturen erkennen lässt. Die Expertenkommission zur Reform der Tötungsdelikte hatte sich mit einer knappen Zufallsmehrheit von 8 zu 7 Stimmen für ihre Beibehaltung eingesetzt, wusste aber nicht, ob die hierfür relevanten und zur Aufnahme in das Gesetz empfohlenen Faktoren – und wenn ja: welche – als abschließend oder nur als exemplarische Aufzählung verstanden werden sollten (beides wurde abgelehnt). In verfahrensrechtlicher Hinsicht forderte die Kommission zugleich eine frühere Festlegung als erst nach Ablauf der gesetzlichen Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren („zum Beispiel fünf Jahre nach Beginn der Inhaftierung“), hielt jedoch an einer Zuständigkeit des Strafvollstreckungsgerichts fest. Überzeugend und wohldurchdacht sind diese Vorschläge nicht.

The category of the particular severity of the convicted person’s guilt as the statutory adjustment screw in assessing when a suspended sentence of life imprisonment can be considered at the earliest, conspicuously produces a considerable portion of perplexity: some would prefer to see it deleted without replacement, others interpret it in a way that – especially in relation to special and general preventive aspects – hardly reveals any contours. The Commission of Experts on the Reform of Homicides had voted by a narrow random majority of 8 to 7 votes to maintain it but did not know whether the factors proposed for inclusion in the law – and if so: which – were conclusive or should only be understood as an exemplary list (both options were rejected). From a procedural point of view, the Commission also called for an earlier determination than after the expiry of the statutory minimum period of 15 years (“for example, five years after the commencement of detention”), but at the same time maintained that the Execution Court should be competent. These proposals are neither convincing nor well-thought-out.

I. Problemaufriss

In der Höhe der angedrohten Strafe bringt der Gesetzgeber um der Gerechtigkeit willen sein Unwerturteil über die mit Strafe bedrohte Tat zum Ausdruck.[1] Dies legt es nahe, für die allerschwersten Taten eine exzeptionelle Strafe vorzusehen. Das BVerfG ist deshalb bis heute nicht der humanistisch-sozialpädagogisch motivierten Grundsatzkritik[2] an der für Mord und todeserfolgsqualifizierte Delikte (z.B. §§ 178, 239a, 251, 306c StGB) angeordneten „lebenslangen Freiheitsstrafe“ gefolgt, weil dieser die symbolhafte Botschaft an die Rechtsgemeinschaft inhärent ist, „dass das menschliche Leben ein besonders wertvolles und unersetzliches Rechtsgut ist, das besonderen Schutz […] verdient“[3]. Zugleich ist aber einem jeden Straftäter – selbst dem schlimmsten – von Verfassungs wegen ein „Anspruch auf Resozialisierung“ garantiert, so dass ihm auch im Falle einer Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe „grundsätzlich eine Chance verbleiben muss, je seine Freiheit wiedererlangen zu können“[4]. Diese Chance muss für eine Rechtsgemeinschaft, die ihrem Selbstverständnis nach unverbrüchlich der Idee einer unantastbaren Würde aller Menschen verpflichtet ist,[5] „konkret und grundsätzlich auch realisierbar“ sein.[6]

Aus diesem Grund sieht das Gesetz mit § 57a StGB[7] auch für die lebenslange Freiheitsstrafe, obgleich doch nominell eine „absolute“ Strafsanktion, eine Aussetzung zur Bewährung vor. Diese kann allerdings frühestens in Betracht kommen, wenn das für die nächstschwersten Taten vorgesehene Höchstmaß einer zeitigen Freiheitsstrafe (15 Jahre) bereits verbüßt ist und die zwingend erforderliche Gefährlichkeitsprognose günstig ausfällt, so dass eine Aussetzung „unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann“ (§ 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB[8]). Darüber hinaus wollte der Gesetzgeber aber ebenso dem Umstand Rechnung tragen, dass „auch den Verurteilungen zu lebenslanger Freiheitsstrafe Taten sehr unterschiedlichen Schweregrades zugrunde liegen können“, womit sich eine „Entlassungsautomatik“ nach Ablauf der 15-Jahresfrist – auch mit Blick auf den exzeptionellen Charakter dieser Höchststrafe – nicht verträgt:[9]„Mord ist eben nicht gleich Mord“![10] Da sich hier, innerhalb der höchststrafwürdigen Verbrechen, ein „Mehr an Schuld“ – etwa ein „Massenmord unter widerwärtigsten Begleitumständen“ im Verhältnis zum „Mord an einem einzelnen [Opfer]“[11] – im Strafausspruch nicht zum Ausdruck bringen lässt, eröffnet § 57a StGB die Möglichkeit zur Differenzierung wenigstens im Rahmen der Strafvollstreckung.

Das im Folgenden näher zu erörternde Problem besteht jedoch darin, dass eine dahingehende Differenzierung zwischen „besonders schwerer“ und „nicht besonders schwerer Schuld“ – mit dem früheren Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Thomas Fischer – das Bestimmen eines „Bezugspunktes [erfordert], an welchem sich das Gewicht einzelner Umstände messen lässt“[12]. Dieser ist aber im Gesetz nicht zu finden und lässt den Rechtsanwender rätseln, wie sich der fiktive Vergleichsmaßstab eines „normalen“ bzw. „für gewöhnlich vorkommenden Mordfalles“[13] überhaupt ermitteln lassen soll, von dem sich der „besonders schwere“ dann abhebt. Es kommt hinzu, dass sich die Entscheidungsbedürftigkeit letztlich nicht in solcher antagonistischen Kategorisierung erschöpfen kann, sondern die Dauer der Vollstreckung bis zu einer evtl. Aussetzung im Einzelfall konkret festgelegt werden muss. Auch dies lässt sich aber willkürfrei nur mit Hilfe von anerkannten Sachkriterien bewerkstelligen, über die aber weder als solche noch mit Blick auf deren „Wertigkeit“ im Verhältnis zueinander auch nur ansatzweise Klarheit besteht. Weil also das Gesetz einen „Haftaufschlag“ nach Maßgabe einer „nach oben offenen Richterskala“[14] ermöglicht, ist zu befürchten,[15] dass die rechtspraktische Operationalisierung bei der Entscheidung über die Schuldschwere keinen allgemeingültigen, die Anwendungsgleichheit sichernden Maximen folgt. Dies hat zuletzt den Arbeitskreis deutscher, österreichischer und schweizerischer Strafrechtslehrer zu der radikalen Forderung nach einer gänzlichen Streichung des § 57a StGB veranlasst,[16] was aber nach Maßgabe der vorerwähnten verfassungsgerichtlichen Vorgaben nur bei gleichzeitiger Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe vorstellbar wäre. Will man jedoch an dieser symbolträchtigen „Auszeichnung“ höchststrafwürdiger Verbrechen um der sozialpraktischen Orientierung der Rechtsgemeinschaft[17] willen festhalten, bleibt nur die Option, das zentrale Schuldschwere-Kriterium mit Inhalt zu füllen.

II. Vertiefungen

1. Aktuelle Rechtslage

Die BGH-Rechtsprechung war sich von Beginn an unsicher, ob mit der „besonders schweren Schuld“ des § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB das Überschreiten einer „Regelschuld“[18] oder nur mehr einer „Mindestschuld“[19] gemeint ist: Diese Frage ist deshalb von höchster praktischer Relevanz, weil im letzteren Fall eine Strafaussetzung bereits nach 15 Jahren eher als Ausnahme (da im Regelfall „besondere Schuld“), im ersteren Fall hingegen als Regelfall (da zumeist keine „besondere Schuld“) anzusehen wäre.[20] Mit Blick auf Wortsinn und Regelungssystematik des Gesetzes sprechen gute Gründe für die Annahme, dass die Zuschreibung einer „besonders schweren Schuld“ die Ausnahme (und die zeitlich frühere Strafaussetzung die Regel) bildet (weil sie eben als „besondere“ bezeichnet ist und eine gesonderte Feststellung verlangt, dass sie „die weitere Vollstreckung gebietet“); kriminalpolitisch spricht jedoch die Notwendigkeit eines hinreichenden Abstandes zur zeitigen Höchststrafe (bis zu 15 Jahren) und die begriffliche Etikettierung als „lebenslang“ eher dagegen, eine zeitnahe Strafaussetzung für das Gros der Fälle zu akzeptieren.[21]

Der Große Strafsenat hat sich im Jahr 1994 überraschend gegen beide Deutungsvorschläge entschieden, weil sich die erforderliche „Gesamtwürdigung“ (§ 57b StGB) angesichts der Verschiedenheit der zu beurteilenden Taten von jedwedem „Schematismus“ freihalten müsse: „Die normale, die übliche Mordtat lässt sich [weder empirisch noch normativ] ebenso wenig bestimmen wie die Mordtat mit Mindestschuldgehalt“[22]. Im Übrigen würden „beide Begriffe […] zur besseren Rechtsfindung nichts beitragen, weil darüber, wie sie richtig auszufüllen wären, keine Übereinstimmung hergestellt werden könnte; […] jede dieser Formeln [ließe] einen breiten Beurteilungsspielraum, der kein erhöhtes Maß an Berechenbarkeit und gleicher Rechtsfindung gewährleiste“[23]. Deshalb habe der „Tatrichter ohne Bindung an begriffliche Vorgaben die schuldrelevanten Umstände zu ermitteln und zu gewichten“ und im Anschluss „im Wege einer zusammenfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit die Schuld daraufhin zu bewerten, ob sie nach seiner Auffassung besonders schwer ist“[24]. Die relevanten schulderschwerenden Umstände müssen dabei von Gewicht sein: „Solche Umstände können beispielsweise eine besondere Verwerflichkeit der Tatausführung oder der Motive, mehrere Opfer bei einer Tat, die Begehung mehrerer Mordtaten oder – im oder ohne Zusammenhang mit dem Mord begangene – weitere schwere Straftaten sein“[25]. Auch die Verwirklichung von mehr als einem Mordmerkmal kann – wenngleich nicht im Sinne eines Automatismus – die besondere Schuldschwere begründen.[26] Die Folgen der Tat für weitere Tatopfer lassen sich nach dem jüngsten Judikat jedoch allenfalls dann berücksichtigen, wenn sie für den Täter ihrer Art und ihrem Gewicht nach voraussehbar waren und verglichen mit den evtl. mildernden Umständen „hinreichend gewichtig“ sind.[27]

Es liegt auf der Hand, dass ein solches Delegieren an den Tatrichter mit der Erlaubnis zum maßstabslos-beliebigen wie unkontrollierten[28] Judizieren kraft eigener „gesamtwürdigender“ Intuition in letzter Konsequenz die Rationalität und Anwendungsgleichheit preisgibt. Das wissenschaftliche Schrifttum spricht daher mit Recht von einer „unstrukturierten“, der Logik widersprechenden Weise der „Rechtsfindung“,[29] einem „willkürlichen Messen ohne Maß“[30], einer Abtretung an das „Rechtsgefühl des Revisionsrichters“[31] und einer „tautologischen Pirouette“[32]; in der Tat lässt diese Wegweisung „im Dämmerlicht der Gesamtwürdigung kaum einen Gewinn an Verrechtlichung gegenüber der Begnadigungspraxis vor Einführung des § 57a [StGB] erkennen“[33]. Vor diesem Hintergrund kann es dann nicht mehr verwundern, wenn sogar das straffreie, „sozialadäquate Leben“ eines Täters über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren nach Tatbegehung als relevantes Momentum der – hier fehlenden – „Schuldschwere“ angesehen worden ist.[34] Dabei liegt doch geradezu auf der Hand, dass die „Schuld“ nach § 57a StGB keine andere sein kann als jene, die nach der allgemeinen Regelung des § 46 Abs. 1 StGB generell als „Grundlage der Strafzumessung“ gilt; diese wiederum bezieht sich aber allein auf die Unrechtstat, auch wenn für die mit „lebenslanger Freiheitsstrafe“ bedrohten Delikte nach dem Willen des Gesetzgebers keinerlei Differenzierung im Strafausspruch des Urteils möglich ist. Das BVerfG spricht daher folgerichtig auch im hiesigen Kontext der Schuldschwereklausel von einer „tatbezogenen Gewichtung von Schuld“[35]; damit können tatferne Gesichtspunkte wie etwa ein langes straffreies Leben allein für die Sozialprognose (vgl. auch § 57a Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 57 Abs. 1 S. 2 StGB: „Wirkungen […], die von der Aussetzung zu erwarten sind“) bedeutsam sein, haben aber mit der „Schuldschwere“ (noch einmal: der Tat!) nichts zu tun.[36] Dass sich zu einem späteren Zeitpunkt der bewertende Blick auf die Tat verändern kann,[37] ist ein Umstand, der sich zwar niemals ausschließen, aber auch bei der großen Masse an Verurteilungen zu Strafen unterhalb der lebenslangen Freiheitsstrafe nicht berücksichtigen lässt.

2. Methodische und inhaltliche Annäherungen

Ausgangspunkt einer jeden Rechtsinterpretation ist das Gesetz: Wenn § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB die Strafaussetzung zur Bewährung von einer „besonders schweren“ Schuld des Täters abhängig macht, dann muss es denknotwendig – innerhalb des Kreises höchststrafwürdiger Verbrechen – auch Tatbegehungsweisen geben, in denen sich zwar eine „schwere“, aber keine „besonders schwere“ Schuld manifestiert. Gegen eine i.d.S. „komparative Dimension“[38] der Schuld lässt sich nicht einwenden, dass der Gesetzgeber doch bei Delikten mit zwingender Strafandrohung der lebenslangen Freiheitsstrafe eine differenzierende, einzelfallbezogene Strafzumessung gerade ausgeschlossen hat, so dass die Grundsätze des § 46 StGB nicht ohne Selbstwiderspruch später bei der Aussetzungsentscheidung herangezogen werden können, um die mit der Verurteilung ausgesprochene „absolute“ Rechtsfolge zu relativieren.[39] Vielmehr ist § 57a StGB doch gerade Resultat der Einsicht, dass es auch in der Gruppe der Mordtaten kein punktgenau gleiches Maß an tatbezogener Schuld gibt, so dass gerade mit Rücksicht auf das verfassungsrechtlich verankerte Schuldprinzip differenziert werden muss. Wenn das Gesetz dabei gleichwohl an einer Kennzeichnung der Unrechtsschwere mit dem Etikett „lebenslang“ festhält, dann mag das bei oberflächlicher Betrachtung als „Etikettenschwindel“[40] erscheinen; eine seriöse Gesetzesinterpretation muss jedoch stets § 211 und § 57a StGB zusammenlesen – und wird dann unschwer feststellen, dass diese Etikettierung der schwersten Straftat(en) nach dem Willen des demokratisch legitimierten Gesetzesgebers nicht wörtlich verstanden werden darf.

Soll die „besonders schwere“ von der nicht besonders „schweren“ Schuld abgehoben werden, bedarf es – entgegen der irreführenden Ansicht des Großen Strafsenats[41] – logisch zwingend eines diesem Vergleich vorausliegenden Ankerpunktes.[42] Das BVerfG hat insoweit betont, dass bereits die umgangssprachliche, aber auch die strafrechtliche Bedeutung (ausweislich der „besonders schweren Fälle“, § 12 Abs. 3 StGB)[43] das „Besondere“ stets als etwas begreift, „das über das Normale, das Übliche […] hinausgeht“[44]. Die Abweichung muss signifikant sein, aber mitnichten „weit“[45] hinausragen: Solches vermag weder in sprachlicher noch in sachlicher Hinsicht zu überzeugen, weil die Fortsetzung der Strafvollstreckung nach 15 Jahren sonst zur lebensfernen Anomalie würde. Zudem will das Gesetz die Brandbreite unterschiedlicher Verschuldensgrade gerade zur Geltung bringen, was eine pauschalisierende, flächendeckende Aussetzung nach Ablauf der Mindestverbüßungsdauer vereiteln würde.[46] Dessen ungeachtet charakterisiert aber die gesetzliche Vorgabe, wonach die besondere Schuld die weitere Vollstreckung „gebieten“ müsse, die Nichtaussetzung als begründungsbedürftige Ausnahme (inzwischen h.M.); das wird im Übrigen auch noch durch die spezifische Negativ-Formulierung des Gesetzes unterstrichen, wonach das Gericht die Vollstreckung aussetzt, „sofern nicht“ manifeste Hinderungsgründe – darunter u.a. auch die besondere Schuldschwere – dem entgegenstehen.[47]

In diesem Lichte wird klarer, dass der einzig plausible Bezugspunkt der „Schuldschwere“-Bemessung nur die Verwirklichung desjenigen Straftatbestandes sein kann, der überhaupt erst (wie z.B. § 211 StGB)[48] die Verhängung von lebenslanger Freiheitsstrafe rechtfertigt:[49] Das signifikante „Mehr“ an Schuldschwere liegt also immer dann vor, wenn im konkreten Fall unrechts- und schuldrelevante Umstände „von Gewicht“ eliminiert werden könnten, ohne dass dadurch die deliktische Höchststrafwürdigkeit (mit der Rechtsfolge „lebenslang“) zweifelhaft wird. Soweit hiergegen eingewandt wird, dass sich dann „fast bei jedem zu beurteilenden Fall die deutlich leichtere Fallgestaltung imaginieren [lasse] und damit [fast immer] die besonders schwere Schuld erkannt“ sei,[50] so verkennt dies zweierlei: Erstens muss die Mindestgrenze zur Feststellung der Höchststrafwürdigkeit natürlich ernst genommen werden (und hat die BGH-Rechtsprechung zu den Mordmerkmalen hier noch immer einiges nachzubessern!)[51], und es bedarf zweitens solcher zur Standardwertung[52] hinzukommender Umstände, die für die normative Einschätzung des Schuldgehalts von mehr als bloß unwesentlicher Bedeutung sind. Dafür sind jedoch allein normative Gesichtspunkte maßgeblich, nicht etwa der statistische Durchschnitt der rechtstatsächlich vorkommenden Fälle:[53] Wie schon der Kriminologe Franz Streng überzeugend dargetan hat, eröffnet die mehr oder minder zufällige Häufigkeit einer bestimmten Deliktsverwirklichung keinen plausiblen Schluss auf deren Unrechtsschwere, gemessen an der Skala abstrakt-generell denkbarer Ausprägungen;[54] im Übrigen müsste bei häufigerem Aufkommen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit ansonsten selbst dann eine Erhöhung des „Standard-Schuld“-Maßes akzeptiert werden, wenn sich die Schuldbewertung aus normativer Perspektive gar nicht verändert hätte.

Auf dieser normativen Grundlage hat sich in der bisherigen Debatte – im Nachgang zu dem schon eingangs erwähnten Beschluss des Großen Strafsenats[55] und zuletzt im Rahmen der eigens zur Reform der Tötungsdelikte eingesetzten Expertenkommission[56] – ein Kernbestand von relevanten Faktoren herauskristallisiert. Hierzu zählen insbesondere:

  • die Zahl der Tat- (d.h. in der Regel: Tötungs-)Opfer
  • eine besondere Intensität (z.B. „Brutalität“) der Tatausführung[57]
  • verwerfliche Motive („verbrecherische Gesinnung“) bei der Tatausführung,[58] soweit diese „Verwerflichkeit“ (auch) nach den Wertungen der Rechtsordnung (und nicht allein nach außerrechtlichen Moralvorstellungen) begründbar ist[59] 
  • die Zahl an tateinheitlich oder tatmehrheitlich (vgl. § 57b StGB) zusammentreffenden Taten[60] bis hin zu einer Tatserie (wie im NSU-Verfahren)     
  • die evtl. Mitverwirklichung anderer Deliktstatbestände (sofern deren Unrechtskern nicht vollständig in jenem Zentraldelikt enthalten ist, welches eine lebenslange Freiheitsstrafe androht)
  • im Kontext des § 211 StGB: die Anzahl der verwirklichten Mordmerkmale[61]

Darüber hinaus finden sich jedoch in Rechtsprechung und Lehre üblicherweise auch noch weitere Aspekte benannt, die aber den Rahmen der „Tatschuld“ evident sprengen; an früherer Stelle wurde bereits das sozialadäquate Leben im Nachgang zur Tatbegehung über einen längeren oder langen Zeitraum hinweg genannt.[62] Nicht anders liegt es mit einem destruktiven Nachtatverhalten wie etwa der nachfolgenden konfrontativen Verteidigung im Strafverfahren, selbst wenn diese „die Grenzen angemessener Verteidigung überschreitet und Rückschlüsse auf eine rechtsfeindliche Gesinnung zulässt“[63]. Denn die Kategorie der „Schuld“ bildet kein Auffangbecken für die Sanktionierung tatfernen Fehlverhaltens, sondern ist denknotwendig auf das abzuurteilende konkrete Tatunrecht bezogen. Was der Täter in seinem früheren Leben (Vorstrafen!) oder nach Abschluss des Tatgeschehens (z.B. Wiedergutmachung, Reue!) getan hat, ist zwar durchaus ein strafzumessungsrelevantes Faktum: Es beeinflusst die Einschätzung über das spezialpräventive Strafbedürfnis, verändert aber nicht die tatbezogene Schuld, sofern sich nicht ein Einfluss auf das abzuurteilende Tatunrecht tatsächlich nachweisen lässt.[64] Die gegenteilige Rechtsprechung und Lehre fußt demgegenüber auf einer Indizkonstruktion, die behauptet, dass Vor- und Nachtatverhalten hinreichend verlässliche Rückschlüsse auf die „rechtsfeindliche“ oder (prinzipiell) „rechtstreue“ Einstellung des Täters bei Tatbegehung erlaube.[65] Die dafür implizit in Anspruch genommenen Gesetzmäßigkeiten liegen aber im Dunkeln, sind empirisch gänzlich ungesichert und bleiben dadurch, dass sie nicht explizit gemacht werden, von vornherein diffus. Zudem verfehlt ein solches „Rückschlussmodell“ bereits in seiner theoretischen Konstruktion sein Beweisziel, weil sich die Einstellungen des Täters jederzeit wandeln, mithin der Entschluss zur Um- und Rückkehr in die Legalität auch erst einige Zeit nach Tatbegehung erstmals gefasst werden kann, ohne dass jenes Modell in der Lage wäre, diese Situation gegenüber einer tatrelevanten „tätigen Reue“ (§§ 306e, 314a StGB) zu differenzieren.[66]

Ohne jeden Zweifel sind solche generellen Haltungsänderungen unter Präventionsaspekten bedeutsam, besagen aber nichts über das Ausmaß des schuldhaft begangenen Rechtsbruchs, den zu ahnen genuine Aufgabe des Strafrechts ist.[67] Das zeigt sich besonders deutlich, wenn – mit dem Heidelberger Strafrechtswissenschaftler Dieter Dölling – dezidiert zwischen dem Handlungs- und dem Erfolgsunwert des begangenen Unrechts differenziert wird:[68] Denn auf die Verhaltenskomponente – nach §§ 8, 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB wie auch normentheoretisch der zentrale Bezugspunkt straftatbestandlicher Relevanz – kann sich ein Nachtatverhalten per se nicht auswirken, und auch die Erfolgskompetente dürfte im Regelfall mit Vollendung bzw. Beendigung der Tat unverrückbar festliegen, seltene Fälle etwa im Körperverletzungsbereich bei nachträglichen Komplikationen oder gar späterer Todesfolge (§ 227 StGB) ausgenommen. Hier kann im Einzelfall das spätere Geschehen auf die Schwere des Tatunrechts zurückwirken (ebenso wie sich dieselbe rechtsfeindliche Gesinnung, die zu Vorstrafen geführt hat, auch in der aktuellen Straftat manifestieren kann); stets muss dieser Wirkzusammenhang aber anhand konkreter Tatsachen festgestellt und darf nicht sachverhaltsfern laienpsychologisch fingiert werden. Wenn dies aber schon für die allgemeinen Strafzumessungsgrundsätze des § 46 StGB Geltung beansprucht, kann es für die ausdrücklich nach Schuld- und Präventionsaspekten differenzierende Regelung des § 57a StGB (siehe einerseits Abs. 1 S. 1 Nr. 2, andererseits Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 57 Abs. 1 Nr. 2) nicht anders liegen.

Das noch viel bedeutsamere Kernproblem des geltenden Rechts liegt jedoch darin begründet, dass die methodologische Dimension der Aufgabe einer Konkretisierung der „besonderen Schuldschwere“ bislang sträflich übersehen wird. Einzig bei Streng tritt sie andeutungsweise in Erscheinung, wenn dieser von einem „komparativen Modell“ spricht:[69] In der Tat lässt sich die „lex continui“ des Rechtslebens[70] (hier: des verübten Unrechts) nicht nach Maßgabe der klassisch-aristotelischen Trennungslogik qua Deduktion und schematischer Klassifizierung erfassen, sondern nur im Wege einer „komparativ-anschaulichen Abstraktion“[71]. Eben dies leistet der sog. Typusbegriff, der die Sinneinheit des jeweiligen (Rechts-)Begriffs in seine prägenden „Momente“[72] ausdifferenziert, so dass mit Hilfe eines daraus hervorgehenden „Merkmalsprofils“[73] ähnlich den Grundmustern eines Fingerabdrucks die größere oder geringere Nähe zur (normativ) idealen Ausprägung lebensadäquat sichtbar wird.[74] Inwieweit diese „Merkmalsausprägungen“ genügen, noch als dem begrifflichen Anwendungsfeld zugehörig angesehen zu werden, und auf welchem Merkmalsniveau der unausweichliche „klassifikatorische Schnitt“[75] zu ziehen ist, entscheidet sich nach der Vorgabe des Rechts (zumeist: des Gesetzes). Denn die leitende Wegweisung und Orientierung im begrifflichen Verständnis ist bei Rechtsbegriffen stets eine normative.[76] Zugleich ist die im Typusbegriff liegende Abstraktion stets eine solche, die gerade nicht – streng kantisch – der Anschauung entgegengesetzt, sondern die trotz der sie im Ausgangspunkt prägenden (normativ geleiteten) Verallgemeinerung immerfort bestrebt ist, die der Anschauung immanente „Ganzheit“[77] des Lebens in ihren (rechtsrelevanten) Strukturen zu bewahren.

Sogleich mit Bezug auf § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB verlangt die Konkretisierungsaufgabe daher dreierlei: erstens eine systematisch kohärente Konturierung des normativen Kerngehalts (hier also des spezifisch gesteigerten Schuldbegriffs), zweitens ein Erfassen und Ausbreiten sämtlicher (!) im Lichte dieser Grundorientierung bedeutsamen Faktoren („Ausprägungen“), die diesen Begriff maßgeblich prägen, und schließlich drittens eine Grenzziehung, welche Intensität die jeweiligen „Falldimensionen“ bei einer Gesamtschau aller (gleich- oder evtl. auch ungleichwertigen) Ausprägungen mindestens aufweisen müssen, um die normativen Anforderungen („Wertigkeit“) zu erfüllen. Alle drei analytischen Schritte sind Gegenstand der wissenschaftlichen Modellbildung, die aber ihre Lebensnähe und Anschaulichkeit erst durch den in der Gesamtheit von Präjudizien gebündelten „Rechtsethos“ erfährt.[78] Denn in diesen sucht die Rechtspraxis case to case stets aufs neue, den übergreifenden Rechtsbegriff in seiner einzelfallspezifischen Dimension mittels induktiver Inspiration durch normative Aussagen auf mittlerer Abstraktionsebene zu konkretisieren und damit in seinem Bedeutungsgehalt in toto differenziert begreifbar zu machen. Für den hiesigen thematischen Kontext findet sich die Essenz der Summe an Rechtsprechungsfällen und dogmatisierenden Kondensaten in den juristischen Kommentaren bereits in der vorstehenden Auflistung der relevanten „Faktoren“, die prima vista alle gleichermaßen (d.h. ohne generelle Abstufung ihrer normativen Relevanz) die Unrechts- und Schuldschwere beeinflussen. Die weitere normative Festlegung, dass es zwischen der „besonderen“ und der „nicht besonderen“ Schuldschwere eines signifikanten (aber keines „weiten“) Abstandes bedarf,[79] verlangt eine klare Abweichung vom „Standard“, die sich aber auch nur in einer einzigen Merkmalsausprägung – sofern von hinreichendem Gewicht – zeigen kann (mehrere Tote eines ansonsten „normalen“ Mordfalles). Die nähere Grenzziehung wird man vom Ergebnis einer detaillierteren Analyse der bisherigen Fälle und Judikate abhängig machen müssen.

3. Eine „halbe Schwurgerichtslösung“?

Für das Bemessungsproblem nicht weniger bedeutsam ist jedoch zugleich die Frage nach der Entscheidungszuständigkeit. Hierzu hat das BVerfG überzeugend dargetan, dass die zuvor gesetzlich vorgesehene Zuordnung auch der Feststellung der Schuldschwere an die Strafvollstreckungskammer (§ 462a Abs. 1 StPO) sachwidrig und überdies unvereinbar ist mit dem Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren:[80] Denn das Vollstreckungsgericht ist gar nicht imstande, (mindestens 15) Jahre später nach Abschluss des tatgerichtlichen Verfahrens mit eigenen Mitteln (in einem Verfahren ohne mündliche Verhandlung, § 454 Abs. 1 S. 1 StPO) die notwendigen tat- und täterbezogenen Schuldfeststellungen zu treffen – mehr noch: Eben diese waren doch bereits Befassungsgegenstand des Tatgerichts bei der Aburteilung des Straftäters. Weil die letztendliche Aussetzungsentscheidung jedoch – unter Einbeziehung der Präventionsaspekte („Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit“, „Auswirkungen“ einer evtl. Strafaussetzung auf die Täterperson) – naturgemäß nur von der Strafvollstreckungskammer im näheren Vorfeld einer möglichen (vorzeitigen) Haftentlassung getroffen werden kann, hat das BVerfG zur Frage der besonderen Schuldschwere eine „Arbeitsteilung“ zwischen Schwurgericht und Strafvollstreckungskammer etabliert: „Das Schwurgericht hat umfassende Strafzumessungsfeststellungen vorzunehmen [und] trifft dennoch nur die im Grunde inhaltsarme Entscheidung, ob eine besonders schwere Schuld vorliegt oder nicht; erst Jahre später entnimmt die Strafvollstreckungskammer sodann dem Schwurgerichtsurteil die Tatsachengrundlage für die endgültige Festlegung der durch die besonders schwere Schuld gebotenen Haftzeit, die der Verurteilte noch verbüßen muss“[81].

Bei näherer Betrachtung wird dadurch aber die skizzierte Problematik keineswegs gelöst: Denn es bleibt der Strafvollstreckungskammer weiterhin überantwortet, die schuldbezogene Beurteilung ohne eigene Tatsachenkenntnis und Beweisaufnahme allein durch Aktenstudium vorzunehmen, sobald entschieden werden muss, was das generelle Diktum der „besonders schweren Schuld“ im konkreten Fall bedeutet – welches konkrete Strafmaß diese besondere Schuld also im verfahrensgegenständlichen Fall mindestens erfordert. Eine Festlegung des Strafmaßes schließt sich sonst stets unmittelbar der Feststellung strafrechtlich relevanter Schuld an, wird hier jedoch (15) Jahre auf- und einem Gericht zugeschoben, das dafür seiner allgemeinen Funktion nach überhaupt nicht prädestiniert ist.[82] De facto erschöpft sich die Relevanz der schwurgerichtlichen Feststellung einer besonderen Schuldschwere somit darin, „dass das Strafvollstreckungsgericht eine bessere Beurteilungsgrundlage für seine Abwägung erhält“[83]; dann aber ist der tatgerichtlichen Beurteilung ihre weitgehende Folgenlosigkeit eingeschrieben und entpuppt sich diese „kastrierte Schwurgerichtslösung“ nur als überflüssige Verkomplizierung des Verfahrens.[84] Wenn später die Strafvollstreckungskammer die konkrete Haftdauer auf Basis einer eigenen Schuldbewertung unter gleichzeitiger Einbeziehung auch der präventiven Gesichtspunkte vornehmen muss, so kann dies überdies leicht in eine diffuse „Gesamtwürdigung“ münden, in der die spezifische Schuldfrage als eigenständige Kategorie der Strafzumessung unsichtbar wird: Dabei hat doch der Gesetzgeber die individuelle Schuldschwere ausdrücklich als eigenständiges Erfordernis vorgesehen.[85] Nicht zuletzt bildet aber vor allem auch die dem Verurteilten über viele Jahr hinweg zugemutete Ungewissheit über das konkrete Mindestmaß seiner verwirkten „Schuld“ ein zentrales Argument dafür, dem Tatgericht im Lichte der menschenrechtlichen Humanität de lege ferenda auch die Festlegung der im jeweiligen Einzelfall maßgeblichen Mindestverbüßungsdauer zu überantworten – und diese selbstredend dem Verurteilten auch schon zu Haftbeginn (und nicht erst zum Zeitpunkt der strafvollstreckungsgerichtlichen Entscheidung) offenzulegen.[86] Dies hätte im Übrigen auch einige Vorzüge für eine bessere Organisation und Strukturierung des Vollzuges, dessen Aussetzung zur Bewährung sorgsam und vor-ausschauend vorbereitet werden muss.[87]

Die gegen eine solche Neugestaltung der gerichtlichen Zuständigkeitsverteilung bis heute geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch: Zum einen wird angeführt, dass sich die persönliche Entwicklung des Verurteilten insbesondere in Bezug auf die Verarbeitung des schuldhaft begangenen Verbrechens positiv gestalten und Anlass zu einer „belohnenden“ Berücksichtigung geben könnte, was jedoch erst die Strafvollstreckungskammer zum späteren Zeitpunkt beurteilen könne.[88] In der Tat sollte sich ein Wandel der Täterpersönlichkeit hin zur stärkeren Rechtstreue und sozialen Integration i.S. einer günstigeren Entlassungsperspektive auswirken; dies betrifft jedoch sachlich wie rechtlich nicht die Schuldschwereklausel, sondern die Frage des sozial- und generalpräventiv bedeutsamen Resozialisierungsfortschritts, auf dessen Grundlage zu entscheiden ist, ob eine vorzeitige Strafaussetzung „verantwortet werden kann“ (§ 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB). Zum zweiten wird der Sorge Ausdruck verliehen, dass die Schwurgerichte unter dem frischen Eindruck der Tat und der Beweisaufnahme die Vollstreckungsdauer mit übermäßiger Strenge festlegen könnten, wohingegen die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer aufgrund der zeitlichen Distanz rein sachbezogen und ohne verfälschende Emotionen erfolgen könne. Dieses Misstrauen ist jedoch völlig unbegründet und würde im Übrigen auch die große Vielzahl der mit zeitiger Freiheitsstrafe und sofortiger Strafmaßfestsetzung endenden Strafverfahren als irrationales Geschehen jenseits der „rule of law“ diskreditieren. Das Gegenteil ist richtig: Wenn erst die Strafvollstreckungskammer über das konkrete Schuldmaß zu entscheiden hat, besteht unter dem Eindruck der – tatfernen – Vollzugsereignisse die weit lebensnähere Gefahr einer gesetzeswidrigen Verfälschung und Nivellierung.

Der eigentliche Grund für die fortbestehenden Vorbehalte ist die Annahme, dass mit einer Festlegung der konkreten Mindestverbüßungsdauer bereits durch das Tatgericht zwangsläufig der lebenslangen Freiheitsstrafe der „Todesstoß“ versetzt und diese – gesetzeswidrig und ungeachtet ihrer nominelle Erwähnung in den einschlägigen Straftatbeständen – durch eine zeitige Freiheitsstrafe ersetzt werde.[89] Das ist schon deshalb nicht zutreffend, weil die tatsächliche Strafverbüßungsdauer noch immer eine lebenslange sein kann, sofern nämlich die Strafvollstreckungskammer aufgrund einer fortbestehenden Gefährlichkeit des Verurteilten oder wegen dessen fehlender Einwilligung (vgl. § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB) eine vorzeitige Strafaussetzung dauerhaft verweigert.[90] Dabei liegt der Anteil an verweigerten Einwilligungen in der Praxis erstaunlich hoch, was aber wohl vor allem dadurch bedingt sein dürfte, dass die Inhaftierten bei sich abzeichnender Ablehnung ihres Entlassungsantrages durch selbstgewählten Rückzug einer förmlichen Ablehnung entgehen wollen.[91] Wenn es aber durchaus die ernstliche Möglichkeit einer tatsächlich lebenslangen Freiheitsverbüßung gibt, kann die weitere Bezeichnung dieser Strafsanktion mit „lebenslang“ nicht falsch sein. Sie büßt deshalb auch dann, wenn sich mit ihr die Chance auf vorzeitige Strafaussetzung verbindet, ihre symbolische Wirkung nicht ein, weil es sich dabei nurmehr um eine Chance handelt, d.h. eine Bezifferung bereits im tatgerichtlichen Urteil lediglich das schuldspezifische Minimum und nicht das Maximum konkretisiert. Wer dies bezweifelt, müsste eigentlich schon zur jetzigen Rechtslage von einer Preisgabe dieser exzeptionellen Strafsanktion ausgehen, weil es sich schon jetzt um eine „absolute“ nur noch im nominellen Sinne handelt (was der Bevölkerung auch bekannt ist). Da die von Menschenhand verwirkte „Schuld“ ohnehin nur eine begrenzte und niemals eine unendliche sein kann, würde die hier geforderte Gesetzesänderung nurmehr dasjenige frühzeitig für alle Beteiligten transparent und rechtssicher machen, was ohnehin alle wissen: dass die Schuldschwere der verbrochenen Tat je nach betreffendem Einzelfall auf eine bestimmte Dauer des Freiheitsentzugs nicht unter 15 Jahren limitiert, aber tatbezogen wie auch sonst stets eine konkret bezifferbare Größe ist.

III. Ausblick

Die menschenrechtlich wie humanistisch[92] gebotene Mindestachtung auch gegenüber jenen, die sich in gröbster Weise  gegen die Rechtsgemeinschaft  gestellt  haben,  gebietet es, selbst den schlimmsten Verbrecher nicht zu einem traurigen Schicksal eines Sklaven der Vergeblichkeit (Sisyphos)[93] zu verdammen. Denn gerade er verdient es, über die Schwere seiner Schuld wie über die Bedingungen eines straffreien Lebensweges aufgeklärt zu werden. Schließlich lässt sich eine Resozialisierung niemals von außen erzwingen, sondern bildet stets einen Akt der intrinsisch motivierten Selbstwerdung zu einem sozialfreundlichen Teil der Gesellschaft. Die dafür unverzichtbare Verantwortung für seine Taten ist es aber gerade, an was die Schuldidee nachdrücklich erinnert: nicht um den straffälligen Menschen autoritär zu bezwingen, sondern um ihn zu einer sich in die Gemeinschaft integrierenden Existenz zu ermuntern. In diesem Licht ist die Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe freilich auch nach Einfügung des § 57a StGB und dessen verfassungskonformer Interpretation noch längst nicht an ihr Ende gelangt: Vielmehr wird es Zeit für ein Recht, das es erlaubt, dem zu „lebenslanger“ Freiheitsstrafe Verurteilten frühzeitig Klarheit zu verschaffen, aufgrund welcher erschwerenden Faktoren er mit welcher verlängerten Verbüßungsdauer mindestens rechnen muss. Denn ein Jeder benötigt selbstgesetzte Ziele sowie Hoffnung auf eine bessere Zukunft – und die dazu erforderliche Aufklärung durch Institutionen, die nach Maßgabe klarer und sachgerechter Kriterien wirken. Oder in den Worten Cesare Beccarias: „Wo die Gesetze erlauben, dass der Mensch unter gewissen Voraussetzungen aufhört, Person zu sein, und zur Sache wird, dort gibt es keine Freiheit“[94].

 

[1]      Zum Zusammenhang von „Strafe“ und „Gerechte-Welt-Glaube“ zuletzt Müller, Vergeltungsstrafe und Gerechtigkeitsforschung, 2019.
[2]      Dazu auch Morgenstern, in: Duttge/Ünver (Fn. *).
[3]      BVerfGE 45, 187 (257).
[4]      BVerfGE 45, 187 (239); 64, 261 (271 f.); 98, 169 (200); 109, 133 (150 f.).
[5]      Z.B. BVerfGE 98, 169 (200).
[6]      BVerfGE 45, 187 (245); 64, 261 (281).
[7]      Eingefügt durch das 20. StÄG v. 8.12.1981 (BGBl. I, S. 1329).
[8]      Zusätzlich verlangt das Gesetz die Einwilligung des Strafgefangenen.
[9]      BT-Drs. 8/3218, S. 5.
[10]    Treffend Kett-Straub, Die lebenslange Freiheitsstrafe, 2011, S. 202.
[11]    BT-Drs. 8/3218, S. 7.
[12]    Fischer, StGB, 67. Aufl. (2020), § 57a Rn. 10.
[13]    Den es nach h.M. nur als Konstrukt und nicht real gibt, siehe z.B. Czerner, in: Sächsisches Staatsministerium der Justiz (Hrsg.), Vollzug für das 21. Jahrhundert, 2018, S. 49, 56 f.
[14]    Kreuzer, in: FS Katoh, 2008, S. 61 (72); ebenso ders., in: FS Schöch, 2010, S. 495 (500).
[15]    Dafür spricht, dass die Aussetzung nach § 57a StGB den praktisch bedeutsamsten Grund für die Beendigung der lebenslangen Freiheitsstrafe darstellt, die Verbüßungsdauer in den Bundesländern aber erheblich divergiert: Dessecker/Hoffmann, Die Vollstreckung lebenslanger Freiheitsstrafen, 2019 (https://www.krimz.de/fileadmin/dateiablage/E-Publikationen/BM-Online/bm-online16.pdf, zuletzt abgerufen am 27.1.2020), S. 24, 55: von durchschnittlich (Mittelwert) 15 Jahren (Bremen) bis 28,7 Jahre (Brandenburg).
[16]    Heine/Höpfel u.a., GA 2008, 193 (207): „Gesamtwürdigung ohne gesetzliche Vorgaben … mit der Konsequenz richterlicher Beliebigkeit“; zuvor bereits Kargl, StraFo 2001, 365 (375); „unkalkulierbares Pendeln zwischen unbedingter Sanktionsdurchsetzung und selektivem Sanktionsverzicht“.
[17]    Zur Strafe als Medium der „kommunikativen Orientierung“ näher Jakobs, Staatliche Strafe: Bedeutung und Zweck, 2004, S. 27 f., 30; auch in: Pawlik (Hrsg.), Günther Jakobs. Strafrechtswissenschaftliche Beiträge, 2017, S. 5, 24, 27: „kognitive Untermauerung der Normgeltung“; s. auch Feijoo Sánchez, in: FS Jakobs, 2007, S. 75 (88 f.).
[18]    So insbesondere der 4. Strafsenat, in: NStZ 1993, 235 sowie im Anschluss die Beschlüsse v. 4.5.1993 – 4 StR 468/93 und v. 14.6.1993 – 4 StR 394/93.
[19]    So der 1. Strafsenat, in: StV 1993, 244 (Volltext: BeckRS 1993, 31086432) und NStZ 1994, 540 f.
[20]    Zu diesem essentiellen kriminalpolitischen Hintergrund dieses Interpretationsproblems bereits Heine, in: FG Brauneck 1999, S. 315 (321).
[21]    Gegen eine „inflationäre Anwendung“ Dünkel, in: NK-StGB, 5. Aufl. (2007), § 57a Rn. 12; zur „kriminalpolitischen Schwäche“ des „Mindestschuld“-Ansatzes bereits Streng, JZ 1995, 556 (560).
[22]    BGHSt 40, 360 = NStZ 1995, 122 (123) (Klammerzusatz durch G.D.).
[23]    BGH, NStZ 1995, 122 (123 f.).
[24]    BGH, NStZ 1995, 122 (124); seither st. Rspr. vgl. BGHSt 41, 57 (62); 61, 193 (195); NStZ-RR 2019, 342 f.: „umfassende Gesamtwürdigung“.
[25]    BGH, NStZ 1995, 122 (124), NStZ-RR 2018, 320 (322).
[26]    Vgl. BGH, NStZ 2014, 212; 2019, 518 (520) m. Anm. Grünewald.
[27]    Siehe BGH, NStZ-RR 2019, 342 (343).
[28]    Nach ständiger Rspr. ist die tatrichterliche Erkenntnis nur daraufhin revisionsgerichtlich überprüfbar, dass keine wesentlichen Aspekte übersehen oder zu Unrecht einbezogen worden sind, vgl. zuletzt BGH, NStZ 2019, 202: „Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der tatrichterlichen Wertung eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt“.
[29]    Heger, in: Lackner/Kühl, 29. Aufl. (2018), § 57a Rn. 3a.
[30]    Bereits Duttge, in: FS Eisenberg, 2009, S. 271 (280).
[31]    Schall, in: SK-StGB, 9. Aufl. (2016), § 57a Rn. 9.
[32]    Kinzig/Steinhilber, in: Pollähne/Rode (Hrsg.), Probleme unbefristeter Freiheitsentziehungen, 2010, S. 43 (54).
[33]    Heine, in: FG Brauneck, 1999, S. 315 (321); ebenso Krümpelmann, NStZ 1995, 337 (339): „Eines der wichtigsten Ziele der Verrechtlichung der Begnadigungspraxis […] ist damit verfehlt“.
[34]    So BGH, NStZ-RR 2008, 138 (Ls) = BeckRS 2008, 07343.
[35]    BVerfGE 86, 288 (322) – zu der damit verknüpften Frage nach der gerichtlichen Zuständigkeit und Entscheidungskompetenz näher im Text unter Ziff. 3
[36]    Bereits Duttge, in: Schumann (Hrsg.), Das strafende Gesetz im sozialen Rechtsstaat. 15. Symposium der Kommission „Die Funktion des Gesetzes in Geschichte und Gegenwart“ der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, 2010, S. 1, 14.
[37]    So die Argumentation bei Kett-Straub (Fn. 10), S. 217 f. zugunsten einer Berücksichtigung auch des Vor- und Nachtatverhaltens.
[38]    Streng, JZ 1995, 556 (558).
[39]    So Bundesverfassungsrichter Mahrenholz in seinem abweichenden Votum zu BVerfGE 86, 288 ff., in: BVerfGE 86, 340 (342).
[40]    Steinhilber, Mord und Lebenslang. Aktuelle Probleme und Vorschläge für die überfällige Reform, 2012, S. 142; T. Walter, NStZ 2014, 368 (372).
[41]    Oben Fn. 22.
[42]    Zutr. Kinzig/Steinhilber, in: Pollähne/Rode (Hrsg.), Probleme unbefristeter Freiheitsentziehungen, 2010, S. 43 (55).
[43]    Z.B. §§ 212 Abs. 2, 218 Abs. 2, 240 Abs. 4, 243, 253 Abs. 4, 263 Abs. 3, 267 Abs. 3 StGB.
[44]    BVerfGE 86, 288 (314).
[45]    So aber BVerfG (ebd.); ebenso Kett-Straub (Fn. 10), S. 246; Krümpelmann, NStZ 1995, 337 (339): beschränkt auf „schweren Evidenzfall“; Stree, NStZ 1983, 289 (290): „erst bei erheblicher Schuldsteigerung“; dagegen zutr. Foth, NStZ 1993, 368 (369): „Was nicht üblich oder gewöhnlich ist, ist »besonders«, ohne dass zwischen dem Üblichen und dem Besonderen ein großer Abstand bestehen müsste“.
[46]    Vgl. Kunert, NStZ 1982, 510.
[47]    Zutreffend Streng, JZ 1995, 556 (558); zuvor bereits Revel, Anwendungsprobleme der Schuldschwereklausel des § 57a StGB, 1989, S. 53.
[48]    Die weitaus meisten Verurteilungen zu lebenslanger Freiheitsstrafe ergehen in Mordfällen: siehe näher Dessecker/Hoffmann (Fn. 15), S. 14 f
[49]    In diesem Sinne bereits der Vorschlag des Deutschen Richterbundes, vgl. Kintzi, DRiZ 1993, 341 (344).
[50]    So Krümpelmann, NStZ 1995, 337 (338).
[51]    Statt vieler nur Kargl, StraFo 2001, 365 ff.
[52]    Vgl. Streng, JZ 1995, 556 (560): Orientierung an Deliktsverwirklichungen, die vom Urteilenden in der Schwere auf die Mindestverbüßungsdauer standardisiert sind“.
[53]    In diesem Sinne aber wohl Schall, in: SK-StGB, 9. Aufl. (2016), § 57a Rn. 9: „statistisch belegbar bzw. mit praktischer Erfahrung begründbar“.
[54]    Streng, JZ 1995, 556 (558 f.).
[55]    Oben Fn. 25.
[56]    Zum Abschlussbericht von Juni 2015 siehe https://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2015/06292015_Expertengruppe_Toetungsdelikte.html (abgerufen am 27.1.2020).
[57]    BGH, NStZ 2019, 202 f.
[58]    Fischer, StGB, § 57a Rn. 11; Hubrach, in: LK-StGB, 12. Aufl. (2008), § 57a Rn. 15.
[59]    Dazu näher Revel (Fn. 47), S. 80 ff.
[60]    Hierauf im Schwerpunkt abstellend Kett-Straub (Fn. 10), S. 250 ff.: „Kumulationsmodell“.
[61]    Siehe BGH, NStZ-RR 1999, 235 (236); aber auch BGH, NStZ 2009, 203 (204): „Das Zusammentreffen zweier Mordmerkmale führt nicht schematisch zur Bejahung der besonderen Schuldschwere, sondern nur dann, wenn das weitere Merkmal im konkreten Fall schulderhöhende Umstände aufzeigt“.
[62]    Oben bei Fn 34 ff.
[63]    Für beachtlich hält dies jedoch BGH, NStZ 2014, 511 f.
[64]    Wie hier zuletzt grds. auch Weingärtner, Die Schuldschwereklausel nach § 57a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 StGB …, 2017, S. 117 ff., allerdings eine Ausnahme anerkennend für den Fall der „tatverarbeitenden, konkret bekundeten Unrechtseinsicht“.
[65]    Z.B. BGHSt 1, 105 f.; BGH, StV 1983, 102; NStZ 1985, 545; ausf. Bruns, Strafzumessungsrecht, 2. Aufl. (1974), S. 591 ff.; zurückhaltender jedoch bei nachteiligen Schlüssen BGHSt 43, 195 (209).
[66]    Bereits Frisch, in: FG BGH aus der Wissenschaft, Bd. IV, 1990, S. 269 (293), der zutreffend herausstellt, dass der herkömmliche Schuldbegriff zur Einbeziehung des Nachtatverhaltens ungeeignet ist.
[67]    Zum unhintergehbaren Missbilligungscharakter der Strafe insbes. Kühl, in: FS Eser, 2005, S. 149 (153).
[68]    Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht Allgemeiner Teil, Teilbd. 2, 8. Aufl. (2014), § 63 Rn. 50 ff.; ausführlich Dölling, in: FS Frisch, 2013, S. 1181 ff.
[69]    JZ 1995, 556 (560): Streng deutet allerdings mit sehr viel Wohlwollen den Beschluss des Großen Strafsenats in diesem Sinne, der sich einer näheren methodologischen Klärung aber gerade verweigert hat.
[70]    Engisch, Die Idee der Konkretisierung in Recht und Rechtswissenschaft unserer Zeit, 2. Aufl. (1968), S. 242.
[71]    Maier, Philosophie der Wirklichkeit, 1935, Bd. I, S. 206 ff., Bd. III, S. 312 ff.
[72]    Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse, in: Moldenhauer/Michel (Redaktion), Werke, Bd. 7, 5. Aufl. (1996), § 164.
[73]    Grundlegend Kuhlen, in: Herberger/Neumann/Rüßmann (Hrsg.), Generalisierung und Individualisierung im Rechtsdenken, ARSP-Beiheft 45 (1992), S. 101 ff.
[74]    Hierzu ausführlicher bereits Duttge, in: Jahrbuch für Recht und Ethik Bd. 11 (2003), S. 103 ff. (m.w.N.).
[75]    Kuhlen (Fn. 72), S. 101, 120.
[76]    Zu Recht hervorgehoben bei Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. (1991), S. 469.
[77]    Heyde, Studium Generale 5 (1952), 235 (237).
[78]    Wie hier bereits Zippelius, NJW 1967, 2229 (2231); sowie in: FS Engisch, 1969, S. 224 (236).
[79]    Oben bei Fn. 45.
[80]    Im Einzelnen BVerfGE 86, 288 (315 ff.), insbes. (319): „Aus dem Prozessgrundrecht auf ein faires … Verfahren […] ergeben sich Mindesterfordernisse für eine Verfahrensregelung, die eine zuverlässige Wahrheitserforschung nicht nur im prozessualen Hauptverfahren, sondern auch für die im Vollstreckungsverfahren zu treffenden Entscheidungen gewährleistet. […] Ein rechtsstaatliches Verfahren muss gewährleisten, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht.“
[81]    Stark, JZ 1994, 189.
[82]    Bereits Müller-Dietz, StV 1983, 162 (164).
[83]    Abweichende Meinung des Bundesverfassungsrichters Winter, in: BVerfGE 88, 355 (365).
[84]    So bereits Duttge, in: FS Eisenberg, 2005, S. 271 (279).
[85]    Dagegen spricht auch nicht der gesetzgeberische Zusatz des „Gebietens“: Ganz im Gegenteil zeigt diese Gesetzesfassung gerade, dass die Entscheidung über das Erfordernis der Nr. 2 von § 57a Abs. 1 S. 1 StGB im Ganzen in der Zuständigkeit ein und desselben Entscheidungsträgers liegt.
[86]    So ausdrücklich Stark, JZ 1994, 189 ff.; Steinhilber, ZIS 2013, 395 ff. und ausführlich ders., Mord und Totschlag (Fn. 40), S. 222 ff.; aus älterer Zeit bereits Lackner, in: FS Leferenz, 1983, S. 609 (622 ff.) und zuletzt ebenso Weingärtner (o. Fn. 64), S. 21, 38 ff.; zu einem „Menschenrecht auf Hoffnung“ siehe Morgenstern, Rechtswissenschaft, 2014, S. 153 ff.
[87]    Vgl. BVerfGE 86, 288 (331): „Der voraussichtliche Zeitpunkt einer Aussetzung der Strafvollstreckung muss dabei so rechtzeitig festgelegt werden, dass die Vollzugsbehörden die Vollzugsentscheidungen, die die Kenntnis dieses Zeitpunktes unabdingbar voraussetzen, ohne eigene Feststellung zur voraussichtlichen Verbüßungszeit so treffen können, dass die bedingte Entlassung nicht verzögert wird.“ – Zu den organisatorischen Defiziten auf Basis der bestehenden „Arbeitsteilung“ näher Warnecke, Die Probleme der Begnadigung „Lebenslänglicher“ und des § 57a StGB sowie deren Ursachen, 2001.
[88]    Z.B. Eisenberg, JZ 1992, 1188 (1189).
[89]    So etwa Streng, JZ 1995, 556 (557).
[90]    Zutreffend betont von Stark, JZ 1994, 189 (191).
[91]    Vgl. Streng, Strafrechtliche Sanktionen, 3. Aufl. (2012), Rn. 279.
[92]    Zum Bedeutungsgehalt im Kontext des Rechts näher Hilgendorf, in: Groschopp (Hrsg.), Humanismus und Humanisierung, 2014, S. 36 ff.
[93]    Camus, Der Mythos von Sisyphos. Ein Versuch über das Absurde, 1942 (Neudruck 1995).
[94]    Beccaria, Von den Verbrechen und den Strafen, 1764 (hrsg. von Vormbaum, 2005), Kap. XX, S. 77.

 

 

 

 

 

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