Gesetzentwürfe:
- Referentenentwurf
- Synopse
- Regierungsentwurf: BT-Drs. 20/11312
- Empfehlungen der Ausschüsse: BR-Drs. 125/1/24
Das BMJ hat am 18. Dezember 2023 einen Referentenentwurf zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen sowie zur Tatprovokation veröffentlicht.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Der Einsatz von V-Personen zur Strafverfolgung erfordert im Rechtsstaat eine besondere Sensibilität. Eine gesetzliche Regelung gibt es bis heute nicht, dabei ist sie dringend geboten. Erkenntnisse aus verschiedenen NSU-Untersuchungsausschüssen, dem Anschlag auf den Breitscheidplatz und auch jüngere Fälle aus der Praxis zeigen: es gibt einen konkreten praktischen Bedarf für eine gesetzliche Grundlage mit klaren Regeln für den Einsatz von V-Personen. Die Regelungen geben den Beamtinnen und Beamten Rechtssicherheit und zeigen zugleich die roten Linien des Rechtsstaats auf. Mit dem Entwurf zeigen wir, dass rechtsstaatliche Sicherungen möglich sind, ohne die grundsätzliche Effektivität der Maßnahmen einzuschränken.“
Der Einsatz von Verdeckten Ermittlern und von Vertrauenspersonen bewege sich in einem Spannungsverhältnis zwischen effektiver Strafverfolgung und rechtsstaatlich gebotener Transparenz und Kontrolle. Um der grundrechtlichen Sensibilität des Einsatzes von V-Personen gerecht zu werden, sollen nun konkrete Regelungen geschaffen werden, da der Einsatz von Vertrauenspersonen im Gegensatz zu Verdeckten Ermittlern bislang lediglich auf die Ermittlungsgeneralklausel des § 163 Abs. 1 S. 2 StPO gestützt wird. Berücksichtigt werden sollen dabei auch kollidierende staatliche Geheimhaltungsinteressen und gerichtliche Aufklärungspflichten beim Schutz der Identitäten von Vertrauenspersonen. Ebenso ohne Regelung sind derzeit die Voraussetzungen für eine rechtmäßige sowie die Folgen für eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation durch Verdeckte Ermittler und V-Personen.
Folgende Regelungen sieht der Referentenentwurf daher vor:
- Der Einsatz von V-Personen wird gesetzlich normiert und ihre Einsätze einer effektiven, richterlichen Kontrolle zugänglich gemacht, um auch der grundrechtlichen Sensibilität des Einsatzes von V-Personen gerecht zu werden. Hierzu werden flankierend Berichtspflichten eingeführt.
- Die Regelungen zum Kernbereichsschutz (§ 100d Abs. 1 und 2 StPO) für Verdeckte Ermittler werden unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BVerfG angepasst (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.12.2022 – 1 BvR 1345/21) und auf V-Personen erstreckt.
- Es soll festgelegt werden, wer grundsätzlich überhaupt als Vertrauensperson eingesetzt werden darf, wie die Einsätze beendet werden und wann Angaben über die V-Personen geheim gehalten werden dürfen. Staatliche Geheimhaltungsinteressen können hier mit gerichtlichen Aufklärungspflichten kollidieren.
- Geregelt werden außerdem die Voraussetzungen eines zulässigen Verleitens zu einer Straftat und die strafprozessualen Folgen einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation.
Gewährspersonen und Informanten fallen nicht unter den Anwendungsbereich der Neuregelungen. Sie bieten nur punktuelle Unterstützung bei den Ermittlungen und werden nicht von den Strafverfolgungsbehörden angeleitet.
Am 13. März 2024 hat die Bundesregierung ihren Regierungsentwurf in den Bundestag eingebracht. Erste Stellungnahmen finden Sie hier.
Am 26. April 2024 beschäftigte sich der Bundesrat mit dem Entwurf und nahm ebenfalls Stellung dazu. Insbesondere kritisierten die Abgeordneten, dass die vorgesehenen Regelungen über die Vorgaben des BVerfG hinausgingen. Den Einsatz von Vertrauenspersonen auf bestimmte Straftaten zu begrenzen, gehe zu weit. Vielmehr müsse es ausreichen, dass es sich um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handele. Des Weiteren stand der geplante Richtervorbehalt für den Einsatz von Vertrauenspersonen sowie der Einsatz der Tatprovokation in der Kritik. Ein Richtervorbehalt sei verfassungsrechtlich nicht erforderlich und könne künftige V-Leute abschrecken. Für sie erhöhe sich schließlich auf diese Art und Weise das Risiko der Enttarnung. Gleiches gelte für das geplante Wortprotokoll bei der Vernehmung von Vertrauenspersonen. Sprachstil, Wortwahl und Dialekt ließen Rückschlüsse auf die Person zu. Die Stellungnahme wird nun der Bundesregierung zwecks Gegenäußerung zugeleitet.