Dreiundfünfzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Ausweitung des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern vom 11. Juni 2017: BGBl I 2017 Nr. 37, S. 1612 ff.
- Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD (BT Drs. 19/561) zur Anwendung der elektronischen Fußfessel bei islamistischen Gefährden und schweren Straftaten: BT Drs. 19/764
Gesetzentwürfe:
Empfehlungen der Ausschüsse vom 27. Februar 2017: BR Drs. 125/1/17
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: BT Drs. 18/12155
Gesetzesbeschluss des Bundestages: BR Drs. 338/17
weitere Materialien:
Publikation der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages „Der aktuelle Begriff – Die elektronische Fußfessel“
Der Referentenentwurf erweitert die elektronische Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht, sowie die fakultative Sicherungsverwahrung bei extremistischen Straftätern, die wegen schwerer Vergehen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a Absatz 1 bis 3 StGB, der Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 3 StGB oder der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung § 129 Absatz 5 Satz 1 erste Alternative StGB verurteilt wurden.
Im Rahmen der Führungsaufsicht kommt eine elektronische Aufenthaltsüberwachung für extremistische Straftäter derzeit nur nach § 68b Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit § 66 Absatz 3 Satz 1 StGB in Betracht, wenn sie wegen eines oder mehrerer Verbrechen verurteilt wurden. Auch bei § 66 Absatz 3 Satz 1 StGB und den anderen darauf bezugnehmenden Regelungen zur fakultativen Sicherungsverwahrung sollen die Anlasstaten erweitert werden. Ziel soll sein, erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit abzuwehren die von Straftätern ausgehen kann, die auch nach dem Ende ihrer Strafhaft noch radikalisiert sind.
Bundesjustizminister Heiko Maas: „Bereits verurteilte Extremisten haben keine Toleranz verdient. Wir müssen sie ganz besonders im Blick behalten. Konkret: Wir werden die elektronische Fußfessel nach der Haft grundsätzlich bei solchen extremistischen Straftätern zulassen, die wegen schwerer Vergehen, der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der Terrorismusfinanzierung oder der Unterstützung terroristischer Vereinigungen verurteilt wurden. Das ist kein Allheilmittel, aber ein Schritt, um unseren Sicherheitsbehörden die Arbeit zu erleichtern.“
Am 8. Februar hat die Bundesregierung den Referentenentwurf des BMJV beschlossen. Der Bundestag hat am 17. Februar 2017 erstmals über den Entwurf der Koalitionsfraktionen debattiert und ihn zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz übergeben.
Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum eine Stellungnahme. Er bittet um Prüfung, ob es die Möglichkeit gibt, die Führungsaufsicht für verurteilte extremistische Straftäter unbefristet zu verlängern. Da das Gesetz bereits die Möglichkeit einer unbefristeten Verlängerung der Führungsaufsicht in anderen Fällen vorsehe, bspw. bei wiederholungsgefährdeten Täter einer räuberischen Erpressung, sei es nur konsequent, dies auch bei extremistischen Straftätern zu ermöglichen. Der Rechtsausschuss hat keine Einwände gegen den Gesetzentwurf.
Am 10. März 2017 hat der Bundesrat über den Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten. Er äußerte keine Einwände gegen die Pläne der Bundesregierung. Wann die zweite und dritte Lesung im Bundestag stattfindet, steht derzeit noch nicht fest.
Am 20. März 2017 fand im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung statt. Die Experten bewerten den Entwurf in vielfältiger Hinsicht ambivalent. Der Entwurf stelle zunächst einen Sicherheitsgewinn dar. Eingriffe in Grundrechte seien zum Schutz potentieller Opfer gerechtfertigt. Auf der anderen Seite wird darauf verwiesen, dass ein zum Handeln entschlossener Terrorist die Beschränkungen, die ihm durch das Tragen der Fußfessel auferlegt werden, umgehen könnte. Kritik wurde auch an der Ausweitung der Maßregel auf Delikte geäußert, die weit in das Vorbereitungsstadium hineinreichen. Zudem bestehe die Gefahr der Stigmatisierung. Dem wird entgegengesetzt, dass die Fußfessel nur in wenigen Fällen Anwendung finden würde. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier.
Die Bundesregierung hat am 22. März 2017 ihren Entwurf in den Bundestag eingebracht. Am 27. April 2017 hat dieser den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD in der geänderten Fassung des Rechtsausschusses (Drs. 18/12155) gegen die Stimmen der Opposition angenommen. Der wortgleiche Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde einvernehmlich für erledigt erklärt.
Am 12. Mai 2017 stimmte auch der Bundesrat dem verstärkten Einsatz von Fußfesseln zur Überwachung extremistischer Straftäter zu. Das Gesetz wurde am 16. Juni 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am 1. Juli 2017 in Kraft.
Am 26. Februar 2019 beantwortete die Bundesregierung eine Kleine Anfrage der Fraktion der AfD zur Anwendung der elektronischen Fußfessel bei islamistischen Gefährden und schweren Straftaten: BT Drs. 19/764. Bis zum Stichtag des 31. August 2017 kamen in 14 Bundesländern 93 Personen im Rahmen der Führungsaufsicht der elektronischen Aufenthaltsüberwachung aufgrund einer Weisung nach § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 12 StGB nach.
Des Weiteren erstreckte sich die Anfrage der Fraktion der AfD auf die Anzahl der Fälle, in denen das Tragen einer Fußfessel nach § 20z BKAG i.V.m. § 68b StGB vom BKA angeordnet wurde. Eine Beantwortung der Frage konnte durch die Bundesregierung in diesem Fall nicht erfolgen, da die Anordnung des Tragens einer Fußfessel nach § 20z BKAG i.V.m. § 68b StGB durch das BKA gar nicht erfolgen kann. Die §§ 20z, 20y BKAG verweisen nicht auf § 68b StGB, der eine gerichtlich Weisung für Verurteilte vorsieht.