Editorial

 

Beitrag als PDF Version

Heft 6 der KriPoZ stellt zum Ende des Jahres sieben Beiträge für Sie bereit – davon einen in der Auslandsrubrik. Das Heft beginnt mit einem Aufsatz von Eisele zu der Reformbedürftigkeit der Strafvorschriften betreffend die Prostitution. Der Autor geht der Wertung des ProstSchG nach, das Prostitution bzw. die Nachfrage nach Prostitution in Deutschland nicht schlechthin verbietet, sondern unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig und da-mit nicht strafbar erklärt. Die Ausführungen Eiseles beruhen auf Überlegungen, die der Autor als Mitglied der Reformkommission zum Sexualstrafrecht in einem Impulsreferat vorgestellt hat und die von der ganz großen Mehrheit der Kommission als Empfehlung beschlossen wurden.

Im zweiten Aufsatz beleuchtet Schiemann die gesetzlichen Neuerungen, die durch die „große“ StPO-Reform in die Strafprozessordung übernommen worden sind. Die wichtigste und kritischste Änderung ist in der Einführung der Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung zu sehen. Zudem wurde das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs, des Jugendgerichtsgesetzes, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetze vereint, so dass z.B. auch das Fahrverbot in § 44 StGB und Änderungen des § 266a StGB im Zuge dieser Reform miterfasst wurden.

Lorenz und Sebastian stellen in ihrem Beitrag drei Überlegungen zur Entkriminalisierung des Schwarzfahrens an. Anlass für diese Überlegungen war ein Vorstoß des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach (CDU), der in einem Interview mit der Rheinischen Post die Entkriminalisierung des „einfachen Schwarzfahrens“ – verstanden als Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ohne gültige Fahrkarte – (erneut) ins Gespräch brachte. 

In einem weiteren Aufsatz stellt Renzikowski die neuen Straftatbestände der §§ 232 ff. StGB überblicksartig vor und würdigt diese kritisch. Der Gesetzgeber entschied sich gegen die ursprünglich geplante minimale Änderung und für eine umfassende Neugestaltung der §§ 232 ff. StGB, wobei die drei früheren, schon nicht durch große Übersichtlichkeit glänzenden, Strafvorschriften durch fünf Vorschriften abgelöst wurden, die einen Verweisungsdschungel verschiedener Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründen enthalten, in denen sich die Praxis leicht verirren kann.

Wegner und Hunold erörtern in ihrem Beitrag die Gefährdergesetze im Lichte des Vorsorge-Paradigmas. Sie beleuchten dabei die gesetzliche Neuausrichtung im Rahmen der präventiven Wende der Sicherheitspolitik sowie  des sicherheitsbehördlichen Umgangs mit sogenannten (islamistischen) Gefährdern und stellt die gesetzgeberische Tendenz in den Zusammenhang mit gesellschaftlichen Einflussfaktoren.

Der Beitrag von Gerson untersucht aus interdisziplinärer Perspektive die in der deutschen Diskussion noch weitgehend unterrepräsentierten sozial-psychologischen Vor- und Nachteile der „Digitalisierung“ des Strafprozesses. Die Meilensteine auf dem Weg dorthin – „Gerichtsfernse-hen“, audiovisuelle Vernehmungsdokumentation und „Big Data-Ermittlungen“ – verfangen bislang nach Ansicht des Autors nahezu ausschließlich in rechtspolitischen Fäden.

In der Auslandsrubrik stellt Gruszecka einige grundlegende Überlegungen zur Relation zwischen Straftat und Strafsanktion an und verknüpft die strafrechtsdogmatischen und -theoretischen Überlegungen mit den jüngsten Änderungen des polnischen Strafgesetzbuches.

Ferner finden sich zwei Buchbesprechungen und ein Tagungsbericht zur Fachtagung der Kriminologischen Forschungsstelle mit dem Titel „Medien – Kriminalität – Kriminalpolitik“ im aktuellen Heft.

Auch wenn es in Zeiten schwieriger Regierungsbildung zwangsläufig ruhig im Hinblick auf Gesetzentwürfe und       -initiativen geworden ist, so sind doch zahlreiche Änderungen, die in der letzten Legislaturperiode beschlossen wurden, durch Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten. Im Oktober traten das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, die Kassensicherungsverordnung, die Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr und das Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren in Kraft.

Im November wurde das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens – allerdings nur redaktionell – berichtigt. Die Neuregelungen zu § 203 StGB sind am 9.11.2017 teilweise in Kraft getreten. Am 20. November ist die Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12.10.2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) in Kraft getreten (ABl EU L 283/1).

Nachdem der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates von Bundestag und Bundesrat gerade im Hinblick auf die Schaffung neuer Straftatbestände kritisch gesehen wurde, begrüßte der Bundesrat in seiner Plenarsitzung am 24.11.2017 die gemeinsame Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, zur Abwehrfähigkeit, Abschreckung und Abwehr, die Cybersicherheit in der EU wirksam zu erhöhen.

Prof. Dr. Anja Schiemann

Unsere Webseite verwendet sog. Cookies. Durch die weitere Verwendung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Informationen zum Datenschutz

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen.
Wenn Sie diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwenden oder auf "Akzeptieren" klicken, erklären Sie sich damit einverstanden.

Weitere Informationen zum Datenschutz entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung. Hier können Sie der Verwendung von Cookies auch widersprechen.

Schließen