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Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für den Erlass eines (Sicherungs-)Unterbringungsbefehls bei einer Krisenintervention

Gesetzentwürfe: 

 

Das Land Niedersachsen hat am 16. September 2022 einen Gesetzesantrag für den Erlass eines (Sicherungs-)Unterbringungsbefehls bei einer Krisenintervention in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 403/22)

Die Krisenintervention (§ 67h StGB) ermöglicht eine vorübergehende und für die Dauer von drei Monaten beschränkte erneute Unterbringung des Verurteilten zur stationären Behandlung, wenn eine akute Verschlechterung des Zustands oder ein Suchtmittelrückfall eingetreten ist. Ein Widerruf der zur Bewährung ausgesetzten Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik oder einer Entziehungsanstalt kann so zunächst vermieden werden. Besteht zugleich die Gefahr der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten (Verbrechen oder schwerwiegende Vergehen) durch den Verurteilten, kann das zuständige Gericht die Krisenintervention gem. § 463 Abs. 6 S. 3 StPO zusätzlich für sofort vollziehbar erklären. Es fehlt jedoch an einer Regelung zur Vollstreckung der Anordnung. Im Fall eines beabsichtigten Widerrufs der Bewährungsaussetzung ermöglicht § 453c Abs. 1 StPO den Erlass eines Sicherungshaftbefehls für die Vollstreckung der Freiheitsstrafe. Für die Vollstreckung der Krisenintervention ist jedoch nach aktueller Rechtslage zunächst eine Ladung zum Strafantritt erforderlich. Erst wenn der Verurteilte dieser nicht nachkommt, kann die Vollstreckungsbehörde gemäß § 457 Abs. 2 StPO einen Vorführungs- oder Haftbefehl erlassen, der sodann sofort vollzogen werden kann. Dabei ist das Verfahren zum Erlass eines Vollstreckungshaftbefehls in den Strafvollstreckungsordnungen der Länder unterschiedlich ausgestaltet. 

Der Entwurf Niedersachsens sieht vor, in Anlehnung an § 453c Abs. 1 StPO eine Änderung des § 463 Abs. 6 StPO und Einfügung eines § 463 Abs. 6a StPO zu schaffen: 

„Sind hinreichende Gründe für die Annahme vorhanden, dass eine Krisenintervention gemäß § 67h des Strafgesetzbuches und deren sofortige Vollziehbarkeit gemäß § 463 Abs. 6 S. 3 angeordnet werden, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Beschlusses, um sich der Person des Verurteilten zu versichern, vorläufige Maßnahmen treffen oder unter den Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 oder wenn bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass der Verurteilte erhebliche Straftaten begehen wird, einen Sicherungsunterbringungsbefehl erlassen.“

Damit soll die sofort vollziehbare Krisenintervention besser als bislang auch Eilmaßnahmen bei hochakuten psychischen Störungen gefährlicher Verurteilter und eine zügige Rückführung in die stationäre Therapie ermöglichen. Zudem soll ein konsequenter Gleichlauf der Vollstreckungsregeln zwischen einer Maßregel der Sicherung und Besserung und einer Freiheitsstrafe hergestellt werden. 

Der Gesetzesantrag wurde im Plenum vorgestellt und schließlich im Anschluss zur weiteren Beratung an die Ausschüsse verwiesen. Am 29. November 2022 brachte die Länderkammer den Entwurf in den Bundestag ein (BT Drs. 20/4345). Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme eine grundsätzliche Unterstützung für den Vorschlag eines Vollstreckungsunterbringungsbefehls ohne vorherige vergebliche Ladungsversuche im Falle gerichtlich sofort vollziehbarere Kriseninterventionen ausgedrückt. Insgesamt sei die Zielsetzung des Gesetzentwurfes „gut nachvollziehbar“ und werde auf seinen Umsetzungsbedarf geprüft. Kritisch gesehen wurde jedoch die Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Erlass eines Sicherungsunterbringungsbefehls vor vor der Anordnung einer Krisenintervention. „Die Krisenintervention ist ihrer Natur nach bereits ein Instrument, das darauf angelegt ist, auf temporäre, gefährliche Krisensituationen adäquat und schnellstmöglich reagieren zu können und stellt damit eine Alternative zum Sicherungsunterbringungsbefehl nach § 453c StPO dar. Der Krisenintervention eine weitere vorläufige Maßnahme vorzuschalten, würde ihrer Struktur nicht gerecht“, so die Bundesregierung. 

 

 

 

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