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KriPoZ-RR, Beitrag 24/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 8.3.2023 – 1 StR 130/22: Keine Gesamtstrafenbildung trotz Gesamtstrafenlage zwischen deutschen und EU-ausländischen Verurteilungen 

Sachverhalt und Verfahrensgang:

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hat der Angeklagte im Jahr 2003 die Geschädigte unter Vorhalt eines Messers in seine Gewalt gebracht und mehrere Stunden lang gegen ihren Willen Geschlechtsverkehr ausgeübt. Der Angeklagte beging nach dieser Tat weitere Taten in Frankreich und vollstreckte dort 17 Jahren und neun Monate Freiheitsstrafe, bevor er im Jahr 2021 an deutsche Behörden überstellt wurde. Hier wurde der Angeklagte am 21.2.2022 vom LG Freiburg im Breisgau wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Eine Gesamtstrafe mit den Strafen aus den französischen Verurteilungen wurde nicht gebildet. Der Angeklagte legte gegen die Entscheidung Rechtsmittel ein.

Entscheidung des BGH:

Der 1. Strafsenat des BGH hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Die fehlende Gesamtstrafenbildung sei rechtsfehlerfrei im Rahmen von Art. 3 des Rahmenbeschlusses 2008/675/JI erfolgt. Grundsätzlich wäre gemäß § 54 Abs. 2 S. 2 StGB das zulässige Höchstmaß 15 Jahre, welches durch die Verurteilungen in Frankreich bereits überschritten worden wäre. Der EuGH führte – im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens – mit Beschluss vom 12.1.2023 hierzu jedoch aus: 

„[…] ein Mitgliedstaat nicht sicherstellen muss, dass in einem Strafverfahren gegen eine Person deren frühere Verurteilungen in einem anderen Mitgliedstaat wegen einer anderen Tat mit gleichwertigen Wirkungen versehen werden wie denen, die im Inland ergangene frühere Verurteilungen nach den Vorschriften des betreffenden nationalen Rechts über die Gesamtstrafenbildung haben, wenn zum einen die Straftat, die Gegenstand des neuen Verfahrens ist, begangen wurde, bevor die früheren Verurteilungen erfolgten, und zum anderen eine im Einklang mit den Vorschriften des nationalen Rechts erfolgende Berücksichtigung der früheren Verurteilungen das mit dem genannten Verfahren befasste nationale Gericht daran hindern würde, gegen die betreffende Person eine vollstreckbare Strafe zu verhängen.“

Auch werde nicht verlangt, dass der hieraus sich ergebende Nachteil der fehlenden Gesamtstrafenbildung konkret darzulegen oder zu begründen sei. Das LG Freiburg hat, entsprechend den deutschen Regelungen, den Nachteil i.H.v. einem Jahr benannt und hierbei die Vorverurteilungen, den Zusammenhang der Tatzeitpunkte und die unterschiedlichen Rechtsgüter gewürdigt. Die Strafzumessung ist damit rechtsfehlerfrei erfolgt, so der BGH. 

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