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KriPoZ-RR, Beitrag 44/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier

BVerfG, Beschl. v. 14.6.2023 – 2 BvL 3/20 u.a.: BVerfG lehnt Richtervorlagen zu BtMG ab

Leitsatz der Redaktion:

Eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG, §§ 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfGG erfolgt lediglich in Bezug auf eine entscheidungserhebliche Norm. Dabei hat die Vorlage die Änderung der Sach- oder Rechtslage substantiiert darzulegen.

Sachverhalt:

Die AG Bernau bei Berlin, Münster und Pasewalk haben dem BVerfG eine Richtervorlage zum strafbewehrten Verbot von Cannabisprodukten vorgelegt. Die AG berufen sich auf einen unverhältnismäßigen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG), den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG).

Entscheidung des BVerfG:

Das BVerfG erklärte die Richtervorlagen für unzulässig. 

Sofern sich die Vorlagen auf sämtliche Normen des BtMG bezogen, lehnte das BVerfG diese aufgrund der fehlenden Entscheidungserheblichkeit ab. Die Entscheidungserheblichkeit jeder Norm müsse im Einzelfall begründet werden, sodass eine konkrete Normenkontrolle nicht das passende Mittel für eine Feststellung der Verfassungsmäßigkeit aller Regelungen des BtMG darstelle.

In Bezug auf die übrigen Vorlagen führte das BVerfG aus, dass die AG nicht hinreichend darlegten, dass seit der letzten Entscheidung des BVerfG (Beschluss vom 9. März 1994) rechtserhebliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage eingetreten seien, welche eine erneute Befassung des Gerichts mit dem Thema begründen.

Nach Ansicht des BVerfG berücksichtigen die AG die mit dem BtMG gesetzgeberisch – und in der Entscheidung vom 9. März 1994 gebilligten – verfolgten Zwecke nicht ausreichend. Die AG gingen in ihren Vorlagen selbst nicht davon aus, dass Cannabisprodukte gänzlich ungefährlich seien, sodass sie nicht hinreichend begründeten, weshalb die damals gebilligte Zielsetzung des BtMG keinen Bestand mehr haben solle.

Anders als in einigen Vorlagen aufgeführt, wurde ein „Recht auf Rausch“ durch die Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1994 nicht abgelehnt. Es unterwarf solche Handlungen lediglich nicht dem unbeschränkten Kernbereich privater Lebensgestaltung, sodass die Schranken des Art. 2 Abs. 1 Hs. 2 GG Anwendung finden.

Weiterhin seien bloße gesellschaftliche Entwicklungen nicht in der Lage die gesetzgeberisch verfolgte Intention der Normen aus dem BtMG verfassungsrechtlich in Frage zu stellen. Die Anpassung eines Strafgesetzes an aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen sei Aufgabe des Gesetzgebers.

Im Hinblick auf den aufgeworfenen medizinischen Nutzen von Cannabisprodukten führt das BVerfG aus, dass den Vorlagen die Verknüpfung zu bestehenden Regelungen zur medizinischen Nutzung fehle. Auch bei dem Vergleich zwischen dem Umgang mit Alkohol und Nikotin einerseits und Cannabisprodukten andererseits fehle es an einer substantiierten Darlegung der Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse. Dabei stellt das BVerfG unter anderem darauf ab, dass der Gesetzgeber den Konsum von Alkohol nicht effektiv unterbinden könne. Dies führe jedoch nicht dazu, dass es durch Art. 3 Abs. 1 GG geboten sei auf das Cannabisverbot zu verzichten.

In Bezug auf die Begriffe der geringen Menge (§ 31a Abs. 1 S. 1 BtMG) bzw. der nicht geringen Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) sei letztlich auch kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot nach Art. 103 Abs. 2 GG gegeben. Diese Begriffe können nach den Ausführungen des BVerfG anhand der üblichen Auslegungsmethoden oder anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgefüllt werden.

 

 

 

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