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Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Bundespolizeigesetzes

Gesetzentwürfe: 

 

Am 20. Dezember 2023 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Bundespolizeigesetzes beschlossen. Er sieht vor, das Bundespolizeigesetz umfassen neu zu bearbeiten und zu strukturieren, insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG vom 20.4.2016 (1 BvR 966/09 und 1 BvR 1140/09), in der Teile des BKAG für verfassungswidrig erklärt wurden. Entsprechende Regelungen im BPolG sollen daher angepasst werden.

Unter anderem sieht der Regierungsentwurf die Erweiterung der Befugnisse zur effektiven Aufgabenerfüllung im Bereich der Gefahrenabwehr vor:

  • Möglichkeit zur Telekommunikationsüberwachung und Erhebung von Verkehrs- und Nutzerdaten zum Schutz von Leib und Leben sowie Identifikation und Lokalisation von Mobilfunkkarten nach richterlichem Beschluss
  • Schaffung einer Rechtsgrundlage für zeitlich befristete Aufenthaltsverbote oder Meldeauflagen
  • Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Speicherung von DNA-Identifizierungsmuster

Des Weiteren soll eine Regelung für eine einfache Sicherheitsüberprüfung aller Beschäftigter bei der Bundespolizei zum Schutz vor Extremist:innen, die als Innentäter:innen agieren könnten, geschaffen werden. Um das Vertrauen in die Arbeit der Bundespolizei zu stärken und mehr Transparenz zu schaffen, ist eine Legitimations- und Kennzeichnungsplicht für Bundespolizeibeamt:innen und die Einführung von Kontrollquittungen vorgesehen. Auch Gewahrsamsräume sollen künftig mit Bild und Ton überwacht werden können. Flankierend werden datenschutzrechtliche Aspekte umgesetzt. So erhält u.a. der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit bei besonders eingriffsintensiven Maßnahmen zusätzliche Aufsichtsbefugnisse.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser dazu:„Wir haben heute die Reform eines der wichtigsten Sicherheitsgesetze unseres Landes auf den Weg gebracht und ein weiteres Vorhaben des Koalitionsvertrags umgesetzt. Unsere Reform bringt das Bundespolizeigesetz auf die Höhe der Zeit. Wir schaffen die besten Voraussetzungen, um den aktuellen Gefährdungslagen konsequent zu begegnen. Mit neuen Befugnissen geben wir der Bundespolizei alles Notwendige an die Hand, um ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen zu können. Darüber hinaus stärken wir Bürgernähe und Transparenz.“

Am 26. Februar 2024 wurde der Regierungsentwurf in den Bundestag eingebracht, am 14. März erstmals im Plenum beraten und im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Innenausschuss überwiesen. Dort fand am 22. April 2024 eine Öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier

Die Expert:innen beurteilten den Regierungsentwurf unterschiedlich. Insbesondere das Vorhaben, eine Kennzeichnungspflicht für Bundespolizeibeamt:innen einzuführen, damit sog. Kontrollquittungen ausgestellt werden können, wurde von den Vertreter:innen der Gewerkschaften abgelehnt. Andreas Roßkopf von der GdP kritisierte, dass das geplante Vorgehen das Vertrauen der Kolleg:innen gegenüber dem Gesetzgeber schwinden ließe, da der Eindruck erweckt werde, dass bei der Bundespolizei in Teilbereichen von strukturellen Problemen gesprochen werden müsse. Stattdessen forderte er ein modernes Polizeigesetz, das es ermögliche, „auf Augenhöhe rechtssicher arbeiten zu können“. Hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht und der Kontrollquittungen stimmte Heiko Teggatz von der DPolG Roßkopf zu. Darüber hinaus vermisse er in dem Regierungsentwurf Regelungen zur Gesichtserkennung, zur anonymisierten Verhaltenserkennung an Bahnhöfen, zur Quellen-TKÜ, zur Online-Durchsuchung und zur Erweiterung der Grenzzuständigkeit im Inland von 30 km auf 50 km. Letzteres sei seiner Ansicht nach dringend geboten. Auch Prof. Dr. Dr. Markus Thiel von der Deutschen Hochschule der Polizei sprach sich gegen eine allgemeine Kennzeichnungspflicht der Bundespolizeibeamt:innen und Kontrollquittungen aus. Er äußerte sich ebenfalls wie Teggatz dahingehend kritisch, dass versäumt werde, Rechtsgrundlagen für die Quellen-TKÜ sowie für die Online-Durchsuchung zu schaffen, obwohl gerade diese Befugnisse „anerkanntermaßen und von der Verfassungsgerichtsbarkeit bestätigt, verfassungskonform geregelt werden können“. Bei einer Ausweitung der bundespolizeilichen Befugnisse warnte Uta Schröder, Referatsleiterin im Ministerium für Inneres und Sport Niedersachsen, vor einer Erosion der Zuständigkeit der Länderpolizeien, insbesondere im Bereich der Aufenthaltsverbote und Meldeauflagen. Lea Voigt vom DAV riet ebenfalls in Bezug auf die Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei zur Zurückhaltung. Sie beurteilte die Eingriffsschwelle bei der TKÜ als zu niedrig angesetzt für eine „sehr eingriffsintensive Maßnahme“, die bereits bei Bagatellverfahren eingesetzt werden könne. Prof. Dr. Hartmut Aden von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin sprach sich dafür aus, die Eingriffsbefugnisse für anlassunabhängige Personenkontrollen zu reduzieren und Kontrollquittungen schon von Amts wegen bei allen Kontrollen auszugeben und nicht nur auf Verlangen. Dr. Felix Ruppert von der Ludwig-Maximilians-Universität München ergänzte, dass die Kontrollquittungen und die Kennzeichnungspflicht im Zusammenhang mit dem Verbot von Racial Profiling die Transparenz der Bundespolizei stärke und damit den Willkürvorwürfen entgegentrete. Uli Grötsch, Polizeibeauftragter des Bundes beim Deutschen Bundestag, bewertete den Gesetzentwurf insgesamt als gutes Signal an die Beamt:innen sowie an die Öffentlichkeit. Die vorgesehene Klarstellung zum Racial Profiling ordnete er nicht als Generalverdacht ein und begrüßte zudem ebenfalls die Einführung von Kontrollquittungen.

 

 

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