Zwei Garanten, die sich verabreden, gebotene Hilfshandlungen zu unterlassen und dadurch eine Körperverletzung durch Unterlassen verwirklichen, erfüllen den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Mit dieser Annahme widerspricht der 6. Strafsenat nicht nur der bislang weit überwiegenden Lehre,[1] sondern auch der vier Monate zuvor ergangenen Entscheidung des 2. Strafsenats[2]. Eine Vorlage an den Großen Strafsenat (§ 132 GVG) unterblieb wohl deshalb, weil man in Leipzig nichts von dem Karlsruher Präjudiz wusste.[3]
Untersucht man die Begründung des 6. Senats und die hinter § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB stehenden, die erhöhte Gefährlichkeit begründenden Effekte (I.) jedoch genauer, zeigt sich, dass die Argumentation über die wechselseitige Motivation der Garanten eine Entsprechung des Unterlassens nicht tragen kann (II.). Zudem lässt sich der Motivationseffekt nicht mit den konkretisierenden Anforderungen an eine gemeinschaftliche Begehung in Einklang bringen (III.) und könnte eine Entgrenzung des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB auch jenseits des Unterlassens befördern (IV.). Abschließend wird eine differenzierende Lösung entwickelt, die eine Verwirklichung der Qualifikation durch Unterlassen unter bestimmten Voraussetzungen für möglich erklärt (V.).
I. Gruppeneffekte hinter § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB
Zentrale Bedeutung erlangt für den 6. Senat ebenso wie für den 2. Senat der Strafgrund der Vorschrift.[4] Unstrittig geht es bei der Qualifikation um die abstrakt (treffender wäre abstrakt-konkret[5]) erhöhte Gefährlichkeit, die der gemeinschaftlichen Tatbegehung innewohnt. Anders als beim hinterlistigen Überfall (Nr. 3) zeigt sich die gesteigerte Gefährlichkeit und Verwerflichkeit aber nicht in der Definition selbst.[6] Vielmehr sind die Effekte weiter zu konkretisieren, aus denen sich eine gesteigerte Gefährlichkeit typischerweise ergeben kann. So geht auch der 6. Senat vor und wiederholt zunächst drei weitgehend unbestrittene Aspekte der gemeinschaftlichen Begehung[7]: 1. Die kumulierten Verletzungen, insbesondere beim Einwirken mehrerer (Kumulationseffekt). 2. Die objektive Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeit[8] (Übermachteffekt). 3. Die durch das Opfer empfundene Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeit (Einschüchterungseffekt). Bis hierher gehen auch der 2. Senat und die herrschende Lehre mit.[9] Der 6. Senat fügt jedoch 4. hinzu: Die Gefährlichkeit sei auch gesteigert, wenn der ausführende Täter durch weitere Beteiligte bestärkt würde (Motivationseffekt).[10] Es ist dieser Motivationseffekt, von dem aus der 6. Senat seine extensive teleologische Auslegung im Hinblick auf das gemeinschaftliche Unterlassen zeichnet: Die gemeinschaftliche Körperverletzung durch Unterlassen sei gefährlicher, weil die Absprache des Unterlassens gruppendynamische Effekte hervorrufe. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Garanten seiner Handlungspflicht nachkommt, sinke nämlich durch die gegenseitige Bindung.[11]
II. Fehlende Entsprechung des Motivationseffekts
Die Begründung des 6. Senats über den Motivationseffekt ist mit Blick auf die Modalitätenäquivalenz[12] (§ 13 Abs. 1 Hs. 2 StGB) indessen zu kritisieren.[13]
1. Gefahr der gesteigerten Verletzungsintensität vs. erhöhte Begehungswahrscheinlichkeit
Zum Teil wird gegen die Entsprechung des Unterlassens vorgebracht, dass es bei § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB um die Gefahr einer intensiveren Körperverletzung gehe, während bei der Unterlassung nur die Wahrscheinlichkeit einer Verwirklichung von § 223 Abs. 1 StGB gesteigert werde. Das aber ist schon bei jeder Anstiftung der Fall, die dem Qualifikationstatbestand (unstrittig) nicht unterfallen soll.[14] Dem ließe sich noch entgegenhalten, dass beim Unterlassen häufig ein enger Zusammenhang zwischen der verstrichenen Zeit und der Verletzungsintensität besteht.[15] Zwar sind andere Fälle denkbar, in denen die Verletzungsintensität nicht mehr anwächst, während die Garanten ihre gebotene Handlung noch vornehmen könnten. In den Fällen, die der 6. und der 2. Strafsenat zu entscheiden hatten, fielen hingegen die gesteigerte Gefahr eines anhaltenden Unterlassens mit einer sich intensivierenden Gesundheitsschädigung zusammen. Im ersten Fall wegen fortschreitend unbehandelter Krankheit; im zweiten wegen Mangelernährung eines Säuglings durch die Eltern[16].
2. Entfernung der Motivationseffekte von den anderen Effekten
Nichtsdestotrotz ist eine Vergleichbarkeit der Bewirkensart beim aktiven Tun und Unterlassen nicht anzunehmen. Der vom 6. Senat eingeführte Motivationseffekt wirkt nämlich allein zwischen den Beteiligten. Für die sonstigen Effekte gilt anderes: Der Übermachts- und der Einschüchterungseffekt wird über das Opfer vermittelt und der Kumulationseffekt beschreibt die unmittelbare Wirkung auf das Opfer. Außerdem ist der Motivationseffekt kaum im gleichen Maße wie die anderen Effekte beeinflusst von den zahlenmäßigen Verhältnissen.[17] Ob eine gegenseitige Bindung von 30 Unterlassenden intensiver wirkt als von zweien, lässt sich nämlich schon bezweifeln.[18]
III. Motivationseffekt und die Anwesenheit am Tatort
Auch in der weiteren Begründung kann die Entscheidung des 6. Senats nicht überzeugen. Er wiederholt nach Erläuterung des Motivationseffekts die kaum bestrittene Voraussetzung, dass die Unterlassenden zumindest zeitweilig gemeinsam am Tatort präsent sind.[19] Der Zusammenhang zur Motivation der Garanten bleibt dabei im Dunkeln. Warum sollten sich beide Garanten in ihrem Unterlassungsentschluss besser bestärken oder überwachen können, wenn sie zeitweise beim Opfer präsent sind? Dabei erklärt sich schon nicht, warum es entscheidend auf die gemeinsame Präsenz beim Opfer ankommen soll und nicht ein Zusammensein der Garanten genügt, um ihre wechselseitige Bindung an die Unterlassensabrede zu bestärken.[20] Sinnvoll fügt sich das Präsenzerfordernis eben nur dann ein, wenn man den Übermachts- und Einschüchterungseffekt zentral stellt.
Abgesehen davon scheint in den meisten Konstellationen eine gegenseitige Kontrolle auch nur über einen bestimmten Zeitraum hinweg Wirksamkeit zu entfalten. Wieso wäre im Säuglings-Fall des 2. Senats die gegenseitige Bindung gestärkt, wenn sich die Eltern einmal am Tag treffen, aber ansonsten jeder einzeln der Pflicht nachkommen könnte, den Säugling zu versorgen? Ein kurzes Beisammensein der Garanten kann nur in solchen Konstellationen Wirkung entfalten, in denen sich auch die Körperverletzung in einem engen Zeitraum realisiert.
IV. Dogmatische Kollateralschäden des Motivationseffekts
Mit dem Motivationseffekt droht zudem eine Entgrenzung des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB jenseits des Unterlassens. Denn die Neueinführung des Effekts nimmt der 6. Senat zunächst einmal im generellen Rahmen vor,[21] bevor er zum Unterlassen kommt.[22] Stellt man die wechselseitige Motivation nun eigenständig neben die anderen Effekte, ließe sich erstaunlich vieles vom Anwendungsbereich der Qualifikation erfasst sehen, das bislang als sicher ausgeschlossen galt: angefangen beim Zusammenwirken eines aktiv Handelnden und eines Unterlassenden[23] über die Anstiftung, bis hin zur psychischen Beihilfe[24]. Da das Erfordernis einer Anwesenheit am Tatort sich nicht in Zusammenhang mit dem Motivationseffekt bringen ließ, könnte darüber hinaus – auch wenn das ausdrücklich nicht das Bestreben des 6. Senats war – konsequenterweise gleich ganz auf das einschränkende Merkmal verzichtet werden.
V. Zurück: Zur Möglichkeit einer Verwirklichung des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB durch Unterlassen
Es bleibt die Frage, ob beim gemeinschaftlichen Unterlassen einer der anderen drei Effekte einschlägig sein kann und daher eine Modalitätenäquivalenz zu bejahen wäre.[25]
1. Kumulationseffekt
Zunächst kommt es nicht zu Kumulationseffekten der Körperverletzung durch Unterlassen. Denn das Passive kumuliert sich nicht, es verläuft vielmehr parallel. Die Intensität der Körperverletzung wächst nicht (unmittelbar) mit der Zahl der Unterlassenden, sondern mit Zeitablauf. Nebenbei ließe sich generell fragen, ob mit der Kumulation ein entscheidender Effekt hinter § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB benannt ist. Für sich genommen beschreibt er nämlich nichts, was die gemeinschaftliche Begehung von der Nebentäterschaft abhebt.
2. Übermachts- und Einschüchterungseffekt
Aber auch der Übermachts- und Einschüchterungseffekt lässt sich beim Unterlassen in der Regel nicht entdecken.[26] Das zeigt der Fall des 2. Senats besonders deutlich: In der Verteidigung war der Säugling keineswegs deshalb eingeschränkt, weil ihm beide Beschützergaranten gemeinsam gegenübergetreten sind. Anders mag es liegen, wenn das Opfer in eine Notsituation mit sich über die Zeit vertiefender Gesundheitsschädigung von einer Selbstrettung absieht, weil ihm beistehende Garanten zu verstehen geben, dass sie ein solches Unternehmen vereiteln würden. Hier kann das Vorhandensein mehrerer Garanten durchaus zu stärkeren Einschüchterungs- und Übermachtseffekten führen. Der Fall des 6. Senats lässt sich zwischen diesen Konstellationen nicht allzu leicht einordnen, weist aber eine größere Nähe zum Säuglings-Fall des 2. Senats auf.[27]
3. Zweifel an der Bedeutung des Einschüchterungseffekt
Es zeigt sich, dass man bei der Einschätzung der Einschüchterungs- und Übermachtseffekte besonders auf detaillierte tatrichterliche Feststellungen angewiesen ist. Der entscheidende Gegenstand dieser Feststellung unterscheidet sich wiederum danach, ob man den Einschüchterungs- oder den Übermachtseffekt jeweils alleine oder nur kumulativ ausreichen lassen will, um den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB zu bejahen. Vorzugswürdig ist eine Betonung des Übermachtseffekts und daher nicht zu fordern, dass das Opfer beide Beteiligten wahrnimmt.[28] Gleichzeitig kann der Einschüchterungseffekt allein nicht ausreichen. Deshalb ist § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB zu verneinen, wenn das Opfer sich aus Angst eines Eingreifens eines objektiv sich sicher Zurückhaltenden versieht.[29] Die Formulierung, dass die Verteidigungsbereitschaft „tatsächlich oder vermeintlich“[30] eingeschränkt sein müsse, ist daher zu vermeiden. Für sich genommen hinreichend ist nur der Übermachtseffekt, der in bestimmten Unterlassungskonstellationen einschlägig sein kann.
4. Fazit: Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Begehung durch Unterlassen
Damit die Verwirklichung des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB durch Unterlassen ausnahmsweise angenommen werden kann, müssen nach alledem folgende Voraussetzungen vorliegen:
Erstens muss der Garant mit einem anderen Beteiligten dem Opfer physisch gegenübertreten. Die Anwesenheit des Garanten muss dabei zweitensdie Chancen einer möglichen Selbstbehauptung des Opfers gegen das verletzende Geschehen verringern können. Ist eine Selbstbehauptung – wie in den Fällen des 6. und 2. Senats – schon aus anderen Gründen erschwert, fehlt es an einem Übermachts- und Einschüchterungseffekt. Drittensbedarf es einer tatsächlichen Bereitschaft des Garanten, einzugreifen, will man Einschüchterungseffekte für sich genommen nicht ausreichen lassen. Viertens muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Zeitraum der gemeinsamen Anwesenheit ausreichend ist, die Chancen der Selbstbehauptung erheblich zu verringern. Diese Voraussetzungen können sowohl beim Zusammenwirken mit einem anderen Garanten als auch mit einem aktiv handelnden Beteiligten erfüllt sein.[31]
[1] Eschelbach, in: BeckOK-StGB, 58. Ed. (Stand 08/2023), § 224 Rn. 39; Grünewald, in: LK-StGB, 12. Aufl. (2019), § 224 Rn. 33; Wengenroth, JA 2014, 428 (431); Wolters, in: SK-StGB, 9. Aufl. (2017), § 224 Rn. 35; aus dem älteren Schrifttum zu § 223a StGB a.F. Stree, Jura 1980, 281 (289); a.A. wie der 6. Senat ohne weitere Begründung Momsen-Pflanz/Momsen, in: SSW-StGB, 5. Aufl. (2021), § 224 Rn. 39 zu § 223a StGB a.F. Schaefer, in: LK-StGB, 8. Aufl. (1958), § 223a II. 3.; wohl i.E. auch Horn, in: SK-StGB, 5./6. Aufl. (1995), § 223a Rn. 25: keine gemeinschaftliche Unterlassung, wenn Garanten zusammen mit anderen eine Abwendung unterlassen, aber bei Verabredung zum Nichtstun § 223a StGB a.F. durch aktives Tun.
[2] BGH, NJW 2023, 2209 (Rn. 12 ff., Rn. 39 ff.).
[3] Vgl. näher dazu Moslehi, HRRS 2023, 267 (Fn. 1); ausführlich auch Krehl, NStZ 2023, 607 (610).
[4] Das historische Argument in Rn. 42 soll dabei anscheinend eine vage Offenheit für eine extensive Auslegung schaffen. Zustimmend Moslehi, HRRS 2023, 267 (270).
[5] Dazu m.w.N. Eidam, Der Organisationsgedanke im Strafrecht, 2015, S. 103; ausführlich dazu auch Heinrich, Die gefährliche Körperverletzung. Bestandsaufnahme und Versuch einer Neuorientierung, 1993, S. 321 ff.
[6] Hardtung, in: MüKo-StGB, 4. Aufl. (2021), § 224 Rn. 37.
[7] BGH, Urt. v. 17.5.2023 – 6 StR 275/22, Rn. 40.
[8] Gemeint ist hier wohl auch die Flucht- und Ausweichmöglichkeit (vgl. nur Krehl, NStZ 2023, 607 [610]).
[9] BGH, NJW 2023, 2209 (Rn. 16); Eidam, (Fn. 5), S. 103; die ersten zwei Aspekte auch bei BGH, NStZ 2016, 595; Eschelbach, in: BeckOK-StGB, § 224 Rn. 39.
[10] BGH, Urt. v. 17.5.2023 – 6 StR 275/22, Rn. 40.
[11] BGH, Urt. v. 17.5.2023 – 6 StR 275/22, Rn. 42; Befürwortet wird die Begründung von Lichtenthäler, FD-StrafR 2023, 458302; Moslehi, HRRS 2023, 267 (269 f.); differenzierend Petersen, ZfIStw 2023, 409 (414), der es darauf ankommen lassen will, ob „es objektiv möglich erscheint, dass der Täter in seinem Tatentschluss wankt.“
[12] Überblick über den unergiebigen Streitstand zur Bedeutung der Entsprechungsklausel bei Satzger, Jura 2011, 749 ff.; Wagner, ZJS 2023, 1414 (1425) weist darauf hin, dass die Entsprechungsklausel – wie auch hier – als argumentativer „Aufhänger“ ohne eigenständigen Inhalt verwendet wird.
[13] BGH, NJW 2023, 2209 (Rn. 17); jeweils mit abweichenden Ergebnissen auf die Entsprechungsklausel eingehend Eisele, JuS 2023, 883 (884); Kudlich, JA 2023, 694 (696); Moslehi, HRRS 2023, 269 (269 f.).
[14] Kudlich, JA 2023, 694 (696); vgl. auch ohne weitere Begründung BGH, NJW 2023, 2209 (Rn. 17); anders Krehl, NStZ 2023, 607 (611), der sich der Entsprechung durch die erhöhte „Begehungswahrscheinlichkeit“ offen gegenüber zeigt, jedoch fordert, dass anhand tatbezogener Umstände festgestellt wird, dass sie sich tatsächlich durch die Unterlassensabrede erhöht hat.
[15] Wohl i.E. ähnlich Petersen, ZfIStw 2023, 409 (414), der jedoch davon spricht, dass es unbeachtlich bleibt, dass das „Ob“ der Tatbegehung und nicht die Verletzungsintensität verändert wird, da die Auswirkung auf das Opfer bei beidem (gleichermaßen) betroffen ist.
[16] BGH, NJW 2023, 2209.
[17] Dazu allgemein Eidam, (Fn. 5), S. 104; Grünewald, in: LK-StGB, § 224 Rn. 30.
[18] Vgl. auch Kudlich, JA 2023, 694 (696).
[19] BGH, Urt. v. 17.5.2023 – 6 StR 275/22, Rn. 42.
[20] Vgl. Eisele, JuS 2023, 883 (884); Lichtenthäler, FD-StrafR 2023, 458302.
[21] BGH, Urt. v. 17.5.2023 – 6 StR 275/22, Rn. 40.
[22] BGH, Urt. v. 17.5.2023 – 6 StR 275/22, Rn. 41 f.
[23] Ablehnend BGH, NJW 2023, 2209 (Rn. 11); BGH, BeckRS 2015, 14860 (Rn. 4); Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. (2019), § 224 Rn. 11b; Wengenroth, JA 2014, 428 (431); Eschelbach, in: BeckOK-StGB, § 224 Rn. 39; Hardtung, in: MüKo-StGB, § 224 Rn. 38; ein anderes wird auch eher nicht bei BGH, BeckRS 1986, 31101559 gemeint sein, auch wenn es heißt : „Hierzu reicht es aus, daß bei der Verwirklichung des Körperverletzungstatbestands mindestens zwei Mittäter dem Opfer gegenüberstehen; denn bereits dadurch werden die Möglichkeiten des Angegriffenen, sich gegen den Täter erfolgreich zur Wehr zu setzen, eingeschränkt.“ Anschließend wird nämlich weiter begründet, warum auch psychische Förderungen (gemeint dürfte die durch aktives Tun sein) ausreichen können soll.
[24] Vgl. dazu Grünewald, in: LK-StGB, § 224 Rn. 31 sowie Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 224 Rn. 11b jeweils m.w.N.
[25] Ein kumulatives Vorliegen fordert etwa Eschelbach, in: BeckOK-StGB, § 224 Rn. 39.
[26] So ohne Ausnahme Krehl, NStZ 2023, 607 (610).
[27] In eine andere Richtung durch Anknüpfung an die körperlichen Übergriffe Eisele, JuS 2023, 883 (884); vgl. auch Eisele, JuS 2023, 881 (882).
[28] So auch BGH, NStZ 2006, 572 (573); Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 224 Rn. 11b; Grünewald, in: LK-StGB, § 224 Rn. 32; Eisele, JuS 2023, 881 (882); a.A. BGH, BeckRS 2012, 11487 (Rn. 12); Wolters, in: SK-StGB, § 224 Rn. 31; Hardtung, in: MüKo-StGB, § 224 Rn. 37; Paeffgen/Böse/Eidam, in: NK-StGB, 6. Aufl. (2023), § 224 Rn. 25a; Moslehi, HRRS 2023, 267 (269), der beide Effekte kumulativ fordert.
[29] A.A. Moslehi, HRRS 2023, 267 (269); Hardtung, JuS 2008, 960 (965); ders., in: MüKo-StGB, § 224 Rn. 37.
[30] BGH, Urt. v. 17.5.2023 – 6 StR 275/22, Rn. 40; so auch BGH NStZ 2015, 584 (585).
[31] Praktisch höhere Relevanz dürfte das Zusammenwirken mit einem aktiv Handelnden aufweisen, weil die Selbstbehauptung durch das Opfer häufiger in Betracht kommt. Das macht den vom 2. Senat gezogenen Schluss, dass, wenn aktives Tun plus Unterlassen nicht erfasst ist, erst recht nicht Unterlassen plus Unterlassen erfasst sein kann (BGH, NJW 2023, 2209 [Rn. 12]; reproduziert auch bei Eschelbach, in: BeckOK-StGB, § 224 Rn. 39; ähnlich die Übertragung auch bei Grünewald, in: LK-StGB, § 224 Rn. 33.) zwar methodisch nicht zutreffen (kritisch auch Lichtenthäler FD-StrafR 2023, 458302; Moslehi HRRS 2023, 267 [270]), ihm lässt sich aber im Hinblick auf den Übermachtseffekt eine empirische Glaubwürdigkeit nicht absprechen.