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Sitzungspolizeiliche Richterfürsten? Rechtsschutzdefizite bei sitzungspolizeilichen Maßnahmen im Strafprozess

von PD Dr. Lars Berster

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Abstract
Der Beitrag diagnostiziert einen Mangel an Rechtssicherheit und -einheitlichkeit sowie schließungsbedürftige Lücken in der gegenwärtigen Ausgestaltung des Rechtsschutzregimes gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen von Vorsitzenden in der strafprozessrechtlichen Hauptverhandlung gem. § 176 GVG. Insbesondere vor dem Hintergrund des nach neuerem Verständnis auch richterliche Eingriffsakte umfassenden Gebots effektiven Rechtschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG plädiert er für eine klärende Regelung durch den Gesetzgeber.

 The present contribution finds that the current state of German criminal procedural law offers no adequate legal remedy against court measures that are taken under the presiding judges’ purview to uphold order within the courtroom (“Sitzungspolizei”). Accordingly, it speaks in favour of an intervention by the legislator.

I. Einführung

Das Schlagwort vom „Richterkönig“ dient im gegenwärtigen Diskurs gemeinhin der kritischen Kennzeichnung einer gewärtigten Entwicklung von der „Herrschaft der Gesetze“ zur „Herrschaft des Richterrechts“,[1] einer „heimliche[n] Revolution vom Rechtsstaat zum Richterstaat“,[2] die davon geprägt sei, dass sich die Rechtsprechung zur Schließung realer oder gemutmaßter Rechtslücken als Ersatz-Legislativorgan betätigt. In einem vielfach beschränkteren Sinne aber taugt der Begriff auch zur Kennzeichnung jener im (Straf-)prozessrecht verstreuten richterlichen Eingriffsbefugnisse, die nicht in ein effektives Kontroll- und Korrekturregime eingebunden sind und dem Gericht insoweit quasi-autokratische Macht vermitteln. Dass sich beide rechtsstaatlich bedenkliche Erscheinungsformen des „Richterkönigtums“ einmal kombiniert in derselben Rechtsmaterie wiederfinden, dürfte eine seltene Ausnahme bilden. Eine solche aber bietet – wie zu sehen sein wird – die gegenwärtige Ausgestaltung des Rechtsschutzes gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen nach § 176 GVG.

Die Sitzungspolizei umfasst Befugnisse zur Ermöglichung eines störungsfreien äußeren Sitzungsverlaufs und dient hierdurch dem Prozesszweck der Wahrheitsfindung innerhalb angemessener Frist,[3] sowie auch dem Schutz etwaig gefährdeter Individualrechtsgüter wie dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Angeklagten.[4] Ihre Maßnahmen können weitreichend und einschneidend sein. Gegenüber sogenannter „Konfliktverteidigung“ haben sich sitzungspolizeiliche Maßnahmen nach § 176 GVG als richterliche Universalwaffe etabliert,[5] nachdem die einstmals mögliche Festsetzung anderer Ordnungsmittel (§§ 177 f. GVG – Entfernung aus dem Saal; Ordnungsgeld; Ordnungshaft) gegenüber der Verteidigung aus dem GVG gestrichen wurde.[6] Auch Rechte von Nichtverfahrensbeteiligten können erheblich tangiert werden, etwa wenn Journalisten die Bildberichterstattung beschnitten und das Mitschreiben verboten wird, oder private Prozessbeobachter politisch brisanter Prozesse als (vermeintliche) Störer am Zutritt gehindert werden.[7] Angesichts dessen muss es als misslich erscheinen, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten der dergestalt Beschwerten zurzeit erheblich lückenhaft und mit Unsicherheiten belastet ist. Um die Gründe dieses Rechtsschutzdefizits offenzulegen, sei nun zunächst die Entwicklung bis zum heutigen Stand des Rechtsschutzes gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen nachgezeichnet.

II. Der Weg zum Status quo

1. Die frühere Totalversagung fachgerichtlichen Rechtsschutzes 

Bis vor wenigen Jahren dominierte der vom BVerfG noch im Jahr 1992 als „allgemeine Auffassung“[8] bezeichnete Standpunkt, dass den durch sitzungspolizeiliche Maßnahmen Beschwerten im Strafprozess überhaupt kein fachgerichtlicher Rechtsbehelf zur Verfügung stehe. Als letzte Zuflucht jenseits der ordentlichen Gerichtsbarkeit – Schumann sprach in ähnlichem Kontext von „Pannenhilfe“[9] – blieb dann zumeist nur die langwierige Verfassungsbeschwerde. Diese These von der Totalversagung fachgerichtlichen Rechtsschutzes ruhte entscheidend auf zwei Säulen:

Zum einen konnte sie sich auf den Umstand stützen, dass sämtliche in der StPO und andernorts aufzufindenden fachgerichtlichen Rechtsbehelfe auf die Sitzungspolizei so recht nicht zu passen scheinen: Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 238 Abs. 2 StPO steht nur Verfahrensbeteiligten zur Verfügung, bietet nichtbeteiligten Prozessbeobachtern, Gerichtsreportern etc. jedoch keine Handhabe. Überdies wird zum Teil bezweifelt, ob sich sitzungspolizeiliche Maßnahmen überhaupt noch unter den Begriff der „sachleitenden Anordnungen“ des § 238 Abs. 2 StPO fassen lassen, da sie primär auf die Herstellung äußerer Ordnung abzielen und sich somit nicht als sachleitende Verfahrensschritte im Rahmen einer bestehenden Ordnung darstellen können.[10] Der subsidiäre Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG wiederum wird gemeinhin mit dem formalen Hinweis beiseite gewischt, dass dieser Rechtsbehelf ausdrücklich nur gegen Maßnahmen der Justizbehörden statthaft sei, als welche ein Gerichtsvorsitzender nicht gelten könne.[11] Mit ähnlicher Begründung wird sodann auch die Dienstaufsichtsbeschwerde ausgesondert: Sie sei von § 16 Abs. 3 AGGVG nur „für Angelegenheiten der Justizverwaltung“ vorgesehen und erfasse somit keine Entscheidungen, die „im Rahmen richterlicher Unabhängigkeit getroffen“ werden.[12] Eine indirekte Überprüfung immerhin ermöglichte die Revision nach §§ 333 ff. StPO, die jedoch erneut nur Verfahrensbeteiligten zugänglich wäre, und auch dies erst nach ergangenem Urteil und somit zumeist nach Erledigung des Schutzanliegens. Bleibt schließlich noch die Beschwerde nach den §§ 304 StPO, 181 GVG, die sich eigentlich als geborener Rechtsbehelf gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen aufzudrängen scheint: Sie entfaltet keinen Suspensiveffekt und lädt mithin nicht zu missbräuchlichen Verfahrensblockaden ein; sie steht sofort und nicht erst ab dem Urteilszeitpunkt zur Verfügung, steht auch Nichtverfahrensbeteiligten offen und sieht nützlicherweise eine Abhilfemöglichkeit vor, im Rahmen derer sich Fehler eines im Eifer des Gefechts allzu forschen Vorsitzenden unkompliziert bereinigen lassen. Gegen die Statthaftigkeit der Beschwerde wird traditionell jedoch die Regelung des § 181 Abs. 1 GVG angeführt. Sie bestimmt, dass gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach §§ 178, 180 GVG binnen einer Woche Beschwerde eingelegt werden kann, schweigt jedoch zu den sitzungspolizeilichen Maßnahmen nach § 176 GVG. Hieraus wird e contrario geschlossen, dass die fristgebundene (sofortige) Beschwerde nach § 181 Abs. 1 GVG – und erst recht die nicht fristgebundene Beschwerde gem. § 304 StPO – gegen Maßnahmen nach § 176 GVG wohl gerade nicht statthaft sein sollen.[13] Für diese Lesart streiten auch der Wille des historischen Gesetzgebers[14] sowie das Bedürfnis, die Funktionsfähigkeit der (Straf-)Rechtspflege bei begrenzten Ressourcen gegenüber einer potenziell erdrosselnden Beschwerdeflut aufrechtzuerhalten.[15]  

Zweitens konnte sich die Versagungsthese auf ein verbreitetes restriktives Verständnis des Art. 19 Abs. 4 GG stützen, wonach die Gewährung fachgerichtlichen Rechtsschutzes gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen auch verfassungsrechtlich nicht geboten erschien, da diese Vorschrift nur demjenigen den Rechtsweg eröffnet, der durch die „öffentliche Gewalt“ in seinen Rechten verletzt werde. Richterliche Gewalt aber – so die These – sei etwas anderes als öffentliche Gewalt im Sinne der Norm und stehe somit außerhalb der Rechtschutzgarantie.[16] Motivgebend für dieses restriktive Verständnis war in erster Linie die Sorge vor der verfassungsrechtlichen Institutionalisierung eines unendlichen Instanzenzugs: Wenn jede die öffentliche Gewalt kontrollierende Gerichtsentscheidung ihrerseits der Kontrollgarantie unterfiele, führte dies in eine infinite Kontrolle der Kontrolleure, in ein „Rechtsschutz-Perpetuum Mobile“.[17] Günter Dürig brachte diese Überlegung auf die später vom BVerfG übernommene, apodiktische Formel: „Art. 19 Abs. 4 GG gewährt Schutz durch den Richter, nicht gegen den Richter.“[18]

2. Verfassungsrechtliche Neubewertung

Seit den 1970er Jahren zeigte die verfassungsrechtliche Säule der Versagungsthese jedoch zunehmend Risse. Gegen das verfassungsrechtliche Dogma von der Nichterstreckung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG auf richterliche Entscheidungen meldeten sich gewichtige Literaturstimmen zu Wort, unter ihnen Amelung und Voßkuhle.

Amelung zog die Soziologie Simmels zurate, der als soziologischen Urtypus spezifisch rechtlicher Konfliktbewältigung nicht die Vermittlung durch Dritte mit anschließender Einigung oder gar die Unterdrückung des Schwächeren identifizierte, sondern allein die Streitbrechung durch Entscheidung eines unparteiischen Dritten, eines Schiedsrichters.[19] Dieses Dreieck aus zwei Konfliktparteien und einem neutralen Dritten – so Amelung – liege auch der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG zugrunde: Ihr Zweck sei es sicherzustellen, dass die Konfliktaustragung zwischen Staat und Grundrechtsträger in „dreipoliger“ Form erfolgt, d.h. so, dass ein unparteiischer Dritter über den Konflikt der beiden Streitparteien entscheidet; die den Streit entscheidenden Regeln sollen also von einer neutralen Instanz festgestellt und nicht von der mächtigeren Partei oktroyiert werden. Die Garantie des Art. 19 Abs. 4 GG laufe daher gegenüber solchen gerichtlichen Entscheidungen leer, die aus der unparteilichen Drittperspektive heraus ergehen – denn dann habe die Rechtsschutzgarantie ihren Zweck ja bereits erreicht. Wird der Vorsitzende jedoch sitzungspolizeilich tätig, so verlässt er die neutrale Warte, tritt ins Lager des Staates und in die Funktion eines Gefahrenabwehrorgans ein.[20] Funktional betrachtet handelt er dann als Sonderordnungsbehörde zum Schutz einer funktionsfähigen Strafrechtspflege und der Rechtsgüter Anwesender – nicht selten unter Einschluss der eigenen Person, denn auch die Persönlichkeitsrechte von Richterinnen und Richtern stehen in der Sitzung nicht zur Disposition. Neutral ist das nicht mehr. Bei der Verhängung sitzungspolizeilicher Maßnahmen handelt es sich folglich um einen zweipoligen Konflikt zwischen Staat und Bürger, der noch der Kontrolle eines unparteiischen Dritten bedarf, und so gebietet laut Amelung der Zweck des Art. 19 Abs. 4 GG die Einbeziehung sitzungspolizeilicher Maßnahmen in die grundgesetzliche Rechtsschutzgarantie. Ähnlich argumentiert Voßkuhle. Auch er setzt an dem Gedanken an, dass die Qualität der Rechtsprechung in besonderer Weise von der Idee eines „neutralen Verfahrens“ abhänge, die jedoch bei bestimmten Rechtsprechungstätigkeiten – wie der Sitzungspolizei – unzureichend umgesetzt sei und dann durch Kontrollmöglichkeiten ausgeglichen werden müsse.[21] Neben den primären Rechtsschutzanspruch des Art. 19 Abs. 4 GG müsse dann ein „sekundärer Kontrollanspruch“ auf Überprüfung erstinstanzlicher Richterakte durch eine weitere richterliche Instanz treten.[22] Andere Literaten schlossen sich an, und heute plädiert ein überwiegender Teil der Kommentarliteratur dafür, die richterliche Gewalt vollumfänglich in die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG einzubeziehen.[23] Das BVerfG entschied sich im Jahre 2003 in einem bis heute maßgebenden Plenarbeschluss für eine vergleichsweise restriktivere Interpretation des Art. 19 Abs. 4 GG. Danach enthalte die Vorschrift nur„[d]ie Garantie einer einmaligen gerichtlichen Entscheidung über ein behauptetes Recht“, gebiete jedoch nicht, „auch den Akt der gerichtlichen Überprüfung selbst daraufhin kontrollieren zu können, ob in ihm die für den Antragsrechtsstreit anwendbaren Rechtsnormen nunmehr vom Gericht verletzt wurden“.[24] Auch nach dieser Sicht werden sitzungspolizeiliche Akte jedoch nicht von der Rechtsweggarantie ausgenommen, da der den Akt erlassende Vorsitzende hier selbst Partei des „Antragsrechtsstreits“ ist und eine eigentliche gerichtliche Überprüfung desselben noch aussteht. In Übereinstimmung hiermit hat das BVerfG denn andernorts auch verschiedentlich die Auffassung angedeutet, dass sich das Recht auf effektiven Rechtsschutz auch auf Verfügungen im Rahmen der Sitzungspolizei erstrecke.[25] Insgesamt erscheint danach die Annahme gerechtfertigt, dass die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nach heutigem Verständnis eine (wie auch immer geartete) gerichtliche Überprüfbarkeit sitzungspolitischer Maßnahmen gebietet.

3. Eingeschränkter Rechtsschutz gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen von AG- und LG-Vorsitzenden

Parallel zur verfassungsrechtlichen Entwicklung und zum Teil durch diese befördert setzte auch innerhalb der fachgerichtlichen Rechtsprechung ein Umdenken ein. Nachdem Obergerichte bereits seit den 1970er Jahren die Beschwerde nach § 304 Abs. 1 StPO in Einzelfällen gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen der Amts- und Landgerichte zugelassen hatten, gewann diese Praxis im vergangenen Jahrzehnt an Momentum und entwickelte sich binnen weniger Jahre zur dominierenden Position innerhalb der obergerichtlichen Rechtsprechung.[26] Begründet wird dies insbesondere mit dem Wortlaut des § 304 Abs. 1 StPO, der die Beschwerde gegen Verfügungen des Vorsitzenden nur insoweit für unstatthaft erklärt, als das Gesetz sie „ausdrücklich“ einer Anfechtung entzieht. Aus § 181 Abs. 1 GVG aber, auf den sich die früher herrschende Rechtsprechung entscheidend stützte, lässt sich ein Beschwerdeausschluss – wie gesehen – allenfalls schlüssig im Wege eines argumentum e contrario entnehmen, so dass nach dem Wortsinn des § 304 Abs. 1 StPO die Beschwerdemöglichkeit eröffnet bleibt.[27] In einen gewissen Widerspruch mit der hier gezeigten Wortlauttreue tritt sodann jedoch der Umstand, dass diese Rechtsprechung die Statthaftigkeit der Beschwerde von weiteren Voraussetzungen abhängig macht, die in § 304 Abs. 1 StPO keinen Anknüpfungspunkt finden. Die Formulierung dieser Voraussetzungen geschieht dabei nicht einheitlich, sondern folgt drei unterschiedlichen Ansätzen: Zum Teil wird die Beschwerde als statthaft erachtet, wenn sich die angegriffene sitzungspolizeiliche Maßnahme nicht in der Erhaltung der äußeren Ordnung der Verhandlung erschöpft, sondern weitergehende Wirkungen entfaltet.[28] Andernorts wird sie davon abhängig gemacht, dass die angefochtene Maßnahme „Grundrechte oder andere Rechtspositionen der Beschwerdeführer über die Hauptverhandlung hinaus dauerhaft tangiert und beeinträchtigt.“[29] Das OLG Stuttgart schließlich greift beide Ansätze auf und hält die Beschwerde für zulässig, wenn die Anforderungen entweder des einen oder des anderen Ansatzes erfüllt sind.[30]  

Wenngleich damit eine dergestalt eingeschränkte Zulässigkeit der Beschwerde gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen der Amts- und Landgerichte überwiegend Zuspruch erfährt, ist dieser jedoch nicht ungeteilt. Erst kürzlich hat das Thüringer OLG die heute herrschende Rechtsprechungslinie als „unsystematisch und nicht überzeugend begründet“ zurückgewiesen und sich zur früher herrschenden Position von der Totalversagung fachgerichtlichen Rechtsschutzes gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen bekannt.[31] Dies begründet es im Kern damit, dass einerseits der herrschende Ansatz nicht erklären könne, warum bei grundsätzlicher Anwendbarkeit des § 304 Abs. 1 StPO die Beschwerde entgegen dem Wortlaut des § 304 Abs. 1 StPO nur in eingeschränktem Umfang statthaft sein soll. Verzichtete man jedoch andererseits auf jegliche Einschränkung und wendete § 304 StPO konsequent auf alle sitzungspolizeilichen Maßnahmen zugunsten aller denkbarer Adressaten an, dann drohte die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege Schaden zu nehmen. Angesichts dessen sei es vorzugswürdig, an dem über viele Jahrzehnte durch alle Instanzen gezogenen Umkehrschluss aus § 181 GVG als im Ergebnis sachgerechtester Lösung festzuhalten.[32]

4. Kein Rechtsschutz gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen von OLG- und BGH-Vorsitzenden

Während somit die Beschwerde als Rechtsbehelf gegen sitzungspolizeiliche Eingriffe der Amts- und Landgerichte einigermaßen etabliert ist, kann dieser Weg gegenüber sitzungspolizeilichen Anordnungen von OLG- und BGH-Vorsitzenden nicht gleichermaßen beschritten werden, da § 304 Abs. 4 StPO Verfügungen des BGH und der Oberlandesgerichte der Beschwerdemöglichkeit bis auf wenige, die Sitzungspolizei nicht einschließende Ausnahmen ausdrücklich entzieht. Überdies findet dieser Beschwerdeausschluss durch § 304 Abs. 4 StPO in der Regelung des § 181 Abs. 1 a.E. GVG gerade hinsichtlich sit-

zungspolizeilicher Anordnungen eine spezifische Bekräftigung. Nach dieser Vorschrift nämlich findet die an sich statthafte Beschwerde gegen die sitzungspolizeiliche Festsetzung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft nicht statt, wenn die Ordnungsmittel durch ein Oberlandesgericht oder den BGH angeordnet wurden.[33] Dementsprechend hat auch der BGH, der sich zur Frage der Statthaftigkeit der Beschwerde gegenüber amts- und landgerichtlichen Maßnahmen nach § 176 GVG bislang enthalten hat, der Anfechtung sitzungspolizeilicher Verfügungen von OLG- und BGH-Vorsitzenden nach § 304 Abs. 1 StPO eine klare Absage erteilt.[34] Demgegenüber hat sich eine BVerfG-Kammer bemüht, auch hier noch den Weg zur Beschwerde zu ebenen, ist darüber jedoch methodisch ins Lavieren geraten. In einem obiter dictum deutet es an, dass man gegebenenfalls den Ausnahmekatalog in § 304 Abs. 4 S. 2 HS 2 StPO grundrechtskonform, der Garantie des Art. 19 Abs. 4 GG Rechnung tragender Weise um sitzungspolizeiliche Verfügungen von OLG-Vorsitzenden erweitern könne. Diese Operation bezeichnet es bald als Auslegung, bald als Analogie und räumt zudem ein, dass „weiterhin offene Fragen“ verbleiben. In der Tat. Denn eine so offenkundige Missachtung des objektiven Willens des Gesetzes, des subjektiven Willens des Gesetzgebers und des Normtexts wäre nach den vom BVerfG selbst gesetzten Maßstäben sowohl eine dem Gewaltenteilungsprinzip zuwiderlaufende Gesetzeskorrektur,[35] als auch mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot unvereinbar.[36] Zu Recht ist der BGH dem BVerfG denn auch sogleich entgegengetreten und hat die Beschwerdemöglichkeit im gegenwärtigen Kontext kategorisch ausgeschlossen.[37]

Rechtsschutzmöglichkeiten jenseits der Beschwerde erscheinen theoretisch möglich, hätten jedoch erhebliche Schwachstellen und erfreuen sich vor allem zurzeit keiner Anerkennung durch die Praxis. Zwei erwägenswerte Ersatzlösungen seien hier immerhin angedeutet: Den Weg zur ersten Ersatzlösung weist die genannte Erkenntnis Amelungs, dass es sich bei der Sitzungspolizei funktional betrachtet nicht um eine gerichtlich-neutrale, sondern eine parteiische Tätigkeit im zweipoligen Bürger-Staat-Verhältnis handelt. In der Sache geht es um Gefahrenabwehr; der Vorsitzende nimmt quasi-ordnungsbehördliche Exekutivfunktionen zur Gewährleistung einer effektiven Justiz war, und so erscheint es nicht als ausgeschlossen, ihn im Rahmen dieser Tätigkeit unter den Begriff der Justizbehörde zu fassen.[38] Dies eröffnete dann eine direkte Anwendung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 Abs. 1 EGGVG. Freilich wäre diese Lösung nicht ideal, schon weil dann das nach § 25 EGGVG zuständige OLG über Verfügungen von BGH-Vorsitzenden zu entscheiden hätten, was manch betroffener „BGH-Fürst“ als – gelinde gesagt – gewöhnungsbedürftig empfinden könnte. Eine weitere denkbare Lösung läge in der Zulassung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gem. § 238 Abs. 2 StPO für sämtliche sitzungspolizeiliche Anordnungen gem. § 176 GVG. Einen Ansatzpunkt für diese Lösung hat der BGH selbst gebahnt, indem er den Antrag nach § 238 Abs. 2 StPO in Konstellationen für statthaft gehalten hat, in denen sich die beanstandete Anordnung neben ihrer sitzungspolizeilichen Natur zugleich auch als „Sachleitung“ im Sinne der Norm darstellt.[39] Von hier aus ist es dann nur ein kleiner Schritt zur Erstreckung des Antrags nach § 238 Abs. 2 StPO auf sämtliche sitzungspolizeiliche Anordnungen (mit Ausnahme der in § 181 GVG genannten),[40] zumal sich die von § 238 StPO insinuierte Unterscheidbarkeit zwischen Maßnahmen formeller „Verhandlungsleitung“ (Abs. 1) und „Sachleitung“ (Abs. 2) in praxi oftmals nicht sinnvoll durchhalten lässt, sondern beide Leitungsformen vielfach ineinanderfließen.[41] Zumindest bei einer Senatsbesetzung mit fünf Richtern (§§ 122 Abs. 2, S. 2, 139 Abs. 1 GVG) dürfte diese Lösung trotz Mitentscheidung durch den angegriffenen Richter auch noch hinreichenden Rechtsschutz bieten.[42] Andererseits bleibt der bereits genannte Einwand, dass der Antrag nach § 238 Abs. 2 StPO Nichtverfahrensbeteiligten verwehrt ist. Und schließlich dürften auch die praktischen Aussichten auf eine richterrechtliche Etablierung der genannten Ersatzlösungen trübe sein. Denn ein solches Richterrecht könnte nur dadurch geschaffen werden, dass OLGs und BGH in ihrer Eigenschaft als neutrale Instanz Regeln setzen, durch die sie sich in ihrer Eigenschaft als Ordnungsorgan im zweipoligen Verhältnis fremder Kontrolle unterwerfen müssten. Könige aber danken ungern ab.

III. Defizite der gegenwärtigen Rechtsschutzgewährleistung

Der vorstehend skizzierte Status quo des Rechtsschutzes gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen ist in vielfacher Weise unbefriedigend und reformbedürftig. Ein zentrales Defizit des Rechtsschutzes auf der amts- und landgerichtlichen Ebene bildet die gegenwärtige Rechts-zersplitterung zwischen OLG-Bezirken, die angesichts der beachtlichen Beschlussbegründung des Thüringer OLG[43] eher zu- als abnehmen dürfte und sich auch nicht im Wege einer Divergenzvorlage zum BGH überwinden lässt (arg. e contr. § 121 Abs. 2 Nr. 3 GVG). Nach derzeitigem Stand muss sich daher etwa der durch sitzungspolizeiliche Maßnahmen thüringischer Gerichte Beschwerte der Beschwerde enthalten, die ihm in OLG-Bezirken anderer Bundesländer zugestanden hätte. Für Verunsicherung sorgt ferner die fehlende Einigkeit innerhalb der heute herrschenden Auffassung mit Blick auf die das Beschwerderecht eingrenzenden Kriterien – Wirkung jenseits der Erhaltung der Ordnung; fortdauernde Beeinträchtigung von Rechtspositionen –, sowie der Umstand, dass die begriffliche Unschärfe dieser Kriterien erhebliche Abgrenzungsprobleme birgt.[44] Und schließlich ist die h.M. innerhalb der Rechtsprechung bislang jede Begründung dafür schuldig geblieben, warum sie denn überhaupt den von § 304 Abs. 1 StPO vorbehaltlos gewährten Rechtsbehelf an ungeschriebene einschränkende Voraussetzungen knüpft. Um eine erlaubte Rechtsfindung praeter legem nicht unversehens in eine verbotene Gesetzeskorrektur hinübergleiten zu lassen, hat die Methodenlehre bekanntlich Pflöcke eingeschlagen. Die herrschende Rechtsprechung hätte danach zur Rechtfertigung ihrer teleologischen Reduktion des laut § 304 Abs. 1 StPO uneingeschränkt gewährten Beschwerderechts zunächst die Existenz einer planwidrigen „verdeckten Gesetzeslücke“[45] dartun müssen, also das Fehlen einer gesetzlichen Einschränkung des Beschwerderechts, das dem maßgeblichen Plan des Gesetzgebers bzw. des Gesetzes zuwiderläuft.[46] Schon dies ist jedoch in keiner der einschlägigen Entscheidungen geschehen und wäre angesichts der heute herrschend angenommenen Erstreckung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG auf Rechtsbeeinträchtigungen durch gerichtliche Akte wohl auch schwer zu begründen. Darüber hinaus geben die genannten Entscheidungen noch nicht einmal zu erkennen, welche teleologischen Erwägungen der Beschränkung des gesetzlichen Beschwerderechts zugrunde lagen.[47] Hier offenbart sich eine bedenkliche, majestätische Laxheit im Umgang mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Beschwerderechts und ein Beispiel für das beklagte Hinübergleiten von der Herrschaft der Gesetze zur Herrschaft des Richterrechts.

Auf der OLG- und BGH-Ebene entzünden sich die Bedenken demgegenüber nicht an der Ausgestaltung, sondern am gänzlichen Fehlen effektiven Rechtsschutzes, das mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch dem BVerfG bereits Anlass zu einem Monitum gab.[48] Dabei steht jedoch nicht allein ein etwaiger Verstoß gegen das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG im Raum. Vielmehr geht es auch um das Selbstverständnis des Rechtsstaats im Strafprozess, wie sich insbesondere im Rahmen der Zuständigkeit des OLG als Tatgericht zeigt. Dessen Zuständigkeitskatalog (§ 120 GVG) nämlich liest sich nach mehreren Justizreformen heute wie ein in Gesetzesform gegossener Albtraum. Hatte das OLG in den ersten Nachkriegsjahrzehnten kaum erstinstanzliche Zuständigkeiten in Strafsachen, erhielt es 1969 die originäre Zuständigkeit in Staatsschutzsachen, in den 1970er- und 80er Jahren traten Anti-Terror-Zuständigkeiten hinzu, und 2002 erhielt es die Zuständigkeit für die völkerstrafrechtlichen Kernverbrechen. Vorm OLG geht es also nicht selten um Großverfahren wie dem NSU-Prozess, in denen der Rechtsstaat unter dem gebannten Blick einer breiten Öffentlichkeit seinen ärgsten Feinden gegenübertritt,. Daher wäre es äußerst misslich, wenn sich das Prozessrecht ausgerechnet hier, wo der Triumph des Rechtsstaats sinnfällig werden sollte, noch immer ein Quäntchen Absolutismus in Gestalt sitzungspolizeilicher „Richterfürsten“ leistete.

IV. Fazit

Angesichts der genannten Defizite ruft der lückenhafte und mit Unklarheiten belastete Rechtsschutz gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen nach einer Intervention des Gesetzgebers. Ihm muss es überlassen bleiben, (a) unter Berücksichtigung des geänderten Verständnisses des Art. 19 Abs. 4 GG eine Abwägung zwischen der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes und einer effektiven Strafrechtspflege zu treffen, (b) durch klare Regelungen zur Statthaftigkeit geeigneter Rechtsbehelfe die zurzeit fehlende Rechtssicherheit und Rechtseinheitlichkeit herzustellen und (c) die „Könige“ der Sitzungspolizeigewalt an OLG und BGH in ein Regime effektiven Rechtsschutzes einzubinden und sie – um im Bilde zu bleiben – von absoluten zu konstitutionellen Monarchen herunterzustufen.

 

[1]      Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 10. Aufl. (2018), S. VIII, § 12 Rn. 455; Rieble, FAZ v. 27.5.2015, S. N4; vgl. auch Seelmann/Demko, Rechtsphilosophie, 7. Aufl. (2019), § 6 Rn. 5.
[2]      Rüthers, Die heimliche Revolution vom Rechtsstaat zum Richterstaat, 2014, passim.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie (Fn. 1), S. VIII.
[3]      Wickern, in: LR-StPO, Bd. 11, 26. Aufl. (2010), § 176 GVG Rn. 1.
[4]      BVerfGE 87, 334 (340), BVerfGE 91, 125 (136 f.); Wickern, in: LR-StPO (Fn. 3), § 176 GVG, Rn. 10; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. (2022), § 176 GVG, Rn. 15; Barczak, NJ 2015, 361; krit. Hauth, Sitzungspolizei und Medienöffentlichkeit, 2017, S. 60 ff.
[5]      Jahn, NStZ 1998, 389 ff.
[6]      Art. I Nr. 10 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte v. 11.3.1921 (RGBl. 1921, S. 229 ff.).
[7]      Vgl. etwa Greiser, JA 1983, 429 ff.
[8]      BVerfG, Beschl. v. 11.11.1992 – 1 BvR 1606/92.
[9]      Schumann, NJW 1985, 1134; Voßkuhle, in: Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. (2010), Art. 93 Rn. 60 bei Fn. 309; ders., NJW 2003, 2193 (2194).
[10]    Wickern, in: LR-StPO (Fn. 3), § 176 GVG Rn. 2.; vgl. Schmidt/Walter, NStZ 2016, 506 m.w.N.
[11]    Z.B. OLG Hamburg, NJW 1976, 1987; OLG Hamburg, NStZ 1992, 509; ebenso Wickern, in: LR-StPO (Fn. 3), § 176 GVG Rn. 1, 47.
[12]    Schmidt/Walter, NStZ 2016, 505 ff., Fn. 21 m.w.N. Im Übrigen wäre die Dienstaufsichtsbeschwerde wie andere nicht-förmliche Rechtsbehelfe nach dem bekannten Bonmot ja ohnehin „form-, frist- und fruchtlos“.
[13]    BGHSt 17, 201; OLG Zweibrücken, StV 12/1988, 519; OLG Nürnberg, MDR 1969, 600; OLG Zweibrücken, NStZ 1987, 477; OLG Hamburg, NStZ 1992, 509; KG Berlin, Beschl. v. 27.5.2010 – 4 WS 61/10.
[14]    Hahn, Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 1 (1881), S. 883, 976.
[15]    OLG Thüringen, Beschl. v. 26.10.2020 – 1 Ws 313/20.
[16]    Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Lfg. 92 (08/2020), Art. 19 Rn. 96.
[17]    Vgl. Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter, 1993, S. 299.
[18]    Maunz/Dürig, Erstbearbeitung, Art. 19 Rn. 17; BVerfGE 4, 74 (96); 15, 275 (280); 49, 329 (340).
[19]    Simmel, Soziologie, 7. Aufl. (2013), S. 85 ff.
[20]    Amelung, NJW 1979, 1687 (1690).
[21]    Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter (Fn. 17), S. 333.
[22]    Voßkuhle, Rechtsschutz gegen den Richter (Fn. 17), S. 255 ff.
[23]    Huber, in: Mangoldt/Klein/Starck, GG (Fn. 9), Art. 19 Abs. 4 Rn. 442 ff.; Ibler, in: Friauf/Höfling, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 90 ff.; differenzierend Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG (Fn. 16), Art. 19 Rn. 98a ff.
[24]    BVerfGE 107, 395 (402 f.).
[25]    Im Beschl. v. 11.11.1993 – 1 BvR 1606/92 äußerte es den Zweifel, ob das Fehlen eines Rechtsbehelfs gegen sitzungspolizeiliche Anordnungen vor der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG Bestand haben könne. Deutlicher BVerfG, Beschl. v. 8.6.2015 – 2 Ws 92/15: „Das Prozessrecht hält mit §§ 304, 306 StPO ein Rechtsmittel bereit, dessen Anwendungsbereich von den Fachgerichten – jedenfalls heute – in grundrechtsfreundlicher, der Garantie effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) Rechnung tragender Auslegung so weit gezogen wird, dass er die (…) sitzungspolizeiliche Anordnung bereits erfasst.“
[26]    OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.8.1976 – 2 Ws 143/76; OLG München, Beschl. v. 14.7.2006 – 2 Ws 679/06. LG Ravensburg, Beschl. v. 22.1.2007 – 2 Qs 10/07; KG Berlin, Beschl. v. 27.5.2010 – 4 WS 61/10; OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.6.2011 – 4 WS 136/11, OLG Celle, Beschl. v. 8.6.2015 – 2 Ws 92/15; OLG Hamm, Beschl. v. 21.12.2017 – III-5 Ws 578/17; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.3.2020 – 2 Ws 49/20. Die Entwicklung zur gefestigten Rechtsprechung wird reflektiert von zwei Nichtannahmebeschlüssen des BVerfG mangels Rechtswegerschöpfung: BVerfG, Beschl. v. 14.10.2009 – 1 BvR 2436/09: Beschwerde gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen „zumindest nicht sicher unstatthaft“; BVerfG, Beschl. v. 8.6.2015 – 2 Ws 92/15: es spreche „vieles dafür, dass das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 304 Abs. 1 StPO gegeben ist“.
[27]    OLG Celle, Beschl. v. 8.6.2015 – 2 Ws 92/15; BVerfG, Beschl. v. 17.4.2015 – 1 BvR 3276/08; ähnl. BGH, Beschl. v. 13.10.2015 – StB 10/15; StB 11/15 – „Umkehrschluss aus § 181 GVG (…) nicht zwingend“.
[28]    OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.8.1976 – 2 Ws 143/76; OLG München, Beschl. v. 14.7.2006 – 2 Ws 679/06.
[29]    KG Berlin, Beschl. v. 27.5.2010 – 4 WS 61/10; OLG Celle, Beschl. v. 8.6.2015 – 2 Ws 92/15; OLG Hamm, Beschl. v. 21.12. 2017 – III-5 Ws 578/17; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.3.2020 – 2 Ws 49/20. Ausgangspunkt dieser Rechtsprechungslinie war eine Entscheidung des LG Ravensburg, Beschl. v. 22.1.2007 – 2 Qs 10/07, die ihrerseits wohl durch eine Andeutung in BGHSt 44, 23 (25) inspiriert wurde.
[30]    OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.6.2011 – 4 WS 136/11.
[31]    OLG Thüringen, Beschl. v. 26.10.2020 – 1 Ws 313/20.
[32]    OLG Thüringen, Beschl. v. 26.10.2020 – 1 Ws 313/20.
[33]    BGH, Beschl. v. 13.10.2015 – StB 10/15, StB 11/15.
[34]    BGH, Beschl. v. 13.10.2015 – StB 10/15, StB 11/15.
[35]    S. nur BVerfGE 93, 37 (81); 90, 263 (275); 110, 226 (267): „Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen dort, wo sie zum Wortlaut der Norm und zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde.“
[36]    Vgl. den 3. Leitsatz der o.g. Plenumsentscheidung des BVerfG (BVerfGE 107, 395: „Die von der Rechtsprechung teilweise außerhalb des geschriebenen Rechts geschaffenen außerordentliche Rechtsbehelfe, zur Schließung von Lücken im System zum Schutze des Anspruches auf rechtliches Gehör genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit nicht. Die Rechtsbehelfe müssen in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt und in ihren Voraussetzungen für die Bürger erkennbar sein, denn wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist der Grundsatz der Rechtssicherheit.“
[37]    BGH, Beschl. v. 13.10.2015 – StB 10/15, StB 11/15.

[38]    Zu Recht vermerkt Amelung (NJW 1979, 1690), dass der dagegen z.T. erhobene Einwand, wonach die Befugnisse aus §§ 176 f. GVG zur richterlichen Gewalt gehören, gänzlich formal sei. Zur funktionalen und inhaltlichen Einordnung sitzungspolizeilicher Anordnungen als Verwaltungstätigkeit ferner bereits Kniestedt, MDR 1960, 197; Hofmann, Sitzungspolizei im Strafprozess, 1971, S. 43 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.8.1976 – 2 Ws 143/76 – „‚administrative Maßnahmen‘ des Gerichts“.
[39]    BGH, Beschl. v. 29.5.2008 – 4 StR 46/08 für den Fall der Entfernung von Zuhörern aus dem Saal: Diese sitzungspolizeiliche Maßnahme stelle auch Sachleitung i.S.d. § 238 Abs. 2 StPO dar, da zugleich der Öffentlichkeitsgrundsatz betroffen sei.
[40]    Befürwortend bereits Schmid, in: FS Hans Mayer, 1967, S. 547; Fuhrmann, GA 1963, 68 (71 f.).
[41]    So etwa mit Blick auf die Frage, ob einem als Zeuge geladenen Geschädigten bereits vor seiner Vernehmung die Anwesenheit im Gerichtssaal gestattet werden soll (Wickern, in: LR-StPO [Fn. 3], § 176 GVG, Rn. 2).
[42]    A.A. Amelung, Rechtsschutz gegen strafprozessuale Grundrechtseingriffe, 1976, S. 23 Fn. 41; ders. NJW 1979, 1691.
[43]    Vgl. oben Fn. 32.
[44]    So auch OLG Thüringen, Beschl. v. 26.10.2020 – 1 Ws 313/20.
[45]    Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. (2018), S. 194 ff., 199 f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. (1995), S. 198.
[46]    Engisch, Einführung in das juristische Denken (Fn. 45), S. 198.
[47]     Zu Recht kritisch auch OLG Thüringen, Beschl. v. 26.10.2020 – 1 Ws 313/20).
[48]    BVerfG, Beschl. v. 8.6.2015 – 2 Ws 92/15: „Dass § 304 Abs. 4 StPO Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofs sowie eines Oberlandesgerichts (…) von der Anfechtung ausnimmt, lässt mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (…) weiterhin Fragen offen (…).“

 

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