von Prof. Dr. Kilian Wegner, Constantin Ladwig, Prof. Dr. Till Zimmermann und Prof. Dr. Mohamad El-Ghazi
Abstract
Eine wesentliche Schwäche der investigativen Bekämpfung komplexer Geldwäschestrukturen in Deutschland liegt darin, dass die Strafverfolgungsbehörden sich auf die – zumeist fruchtlose – Verfolgung von Geldwäschevortaten fokussieren. Um zu besseren Ergebnissen zu gelangen, muss der Ermittlungsfokus zukünftig stärker auf präventive Finanzermittlungen gelegt werden, in deren Rahmen von Amts wegen nach verdächtigen Vermögenswerten gefahndet und Verdachtsmomenten bereits unterhalb der Schwelle eines strafrechtlichen Anfangsverdachts nachgegangen wird. Der nachfolgende Gesetzentwurf macht hierzu einen konkreten Vorschlag, indem er erstens neue Instrumente zum Aufspüren verdächtigen Vermögens schafft und zweitens das in Ansätzen bereits bestehende staatliche Einziehungsrecht auf dem Gebiet der non-conviction-based confiscation in ein außerstrafrechtliches Verfahren überführt und gleichzeitig weiterentwickelt.
A major weakness in the investigative fight against complex money laundering structures in Germany is that law enforcement agencies focus on the – mostly fruitless – prosecution of money laundering offenses. In order to achieve better results, the focus of investigations must be placed more strongly on preventive financial investigations, in which suspicious assets can be searched ex officio and suspicious facts are investigated even below the threshold of initial criminal suspicion. The following draft law makes a concrete proposal in this regard: Firstly by creating new instruments for tracking down suspicious assets; and secondly by introducing a civil forfeiture process currently unknown in German law.
I. Einführung
Spätestens seit die Europäische Union in Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine verstärkt auf Sanktionen und Embargos setzt, um Druck auf die russische Führung auszuüben, ist einer breiten Öffentlichkeit bewusst geworden, was die Fachwelt seit Langem beschäftigt: Es ist heute in Deutschland immer noch allzu leicht, Vermögen zu transferieren und zu verwalten, ohne dabei die eigene Identität preisgeben zu müssen – ein Umstand, den Sanktionierte ebenso geschickt zu nutzen wissen wie die Organisierte Kriminalität oder Geheimdienste von Staaten, die der Bundesrepublik feindlich gesinnt sind.[1]
Was auf dem Gesetzespapier theoretisch an Regeln vorhanden ist, um Transparenz zu schaffen, lässt sich praktisch durch Briefkastenfirmen, Strohleute und kollaborierende Finanz- und Rechtsdienstleister leicht aushebeln, wenn die Regeln nicht ohnehin gänzlich ignoriert werden. Sanktioniert werden solche Normverstöße selten, individuelle strafrechtliche Konsequenzen sind – wenn es nicht um sog. Finanzagenten geht – in der Praxis faktisch ausgeschlossen.[2]
Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in der nur mangelhaft ausgebildeten Fähigkeit des Staates, im Rahmen von Finanzermittlungen Quelle und Ziel von Finanztransaktionen festzustellen und dabei aufzudecken, wer die betroffenen Vermögenswerte kontrolliert. Erst kürzlich hat die Financial Action Task Force (FATF) in ihrem Deutschland-Bericht wieder attestiert, dass solche Finanzermittlungen hierzulande allzu oft nur dann stattfinden, wenn bereits ein Anfangsverdacht hinsichtlich einer konkreten Straftat vorliegt, aus der inkriminierte Vermögenswerte stammen könnten oder zu deren Begehung Vermögen eingesetzt wird.[3]
Eine derartige Verbindung zu konkreten Straftaten lässt sich bei komplexen Geldwäsche-Operationen aber oftmals gerade nicht herstellen – der vortatenzentrierte Ansatz gerät hier an seine Grenzen.[4]
Um zu besseren Ergebnissen zu gelangen, müsste der Ermittlungsfokus daher zukünftig stärker auf präventive Finanzermittlungen gelegt werden, in deren Rahmen von Amts wegen nach verdächtigen Vermögenswerten gefahndet und möglichen Verdachtsmomenten bereits unterhalb der Schwelle eines strafrechtlichen Anfangsverdachts nachgegangen wird. Die Bundesregierung ist offenbar gewillt, entsprechende Instrumente zu schaffen.[5] Der nachfolgende Gesetzentwurf macht hierzu einen konkreten Vorschlag, indem er erstens neue Instrumente zum Aufspüren verdächtigen Vermögens schafft und zweitens das in Ansätzen bereits bestehende staatliche Einziehungsrecht auf dem Gebiet der non-conviction-based confiscation in ein außerstrafrechtliches Verfahren überführt und gleichzeitig weiterentwickelt.
II. Grundgedanken des vorgelegten Gesetzentwurfes
1. Gesetzgebungskompetenz für die non-conviction-based confiscation
Das hier vorgeschlagene „Gesetz über das Aufspüren verdächtiger Vermögensgegenstände und über die selbständige Vermögenseinziehung“ (kurz: VEG) entnimmt die non-conviction-based confiscation dem StGB und der StPO, wo sie seit jeher einen Fremdkörper bildet, und regelt sie – unter Modifikation und Ergänzung der schon bestehenden Vorschriften – in einem eigenständigen Gesetz. Im Grundsatz bleibt der bisher verfolgte Ansatz der non-conviction-based confiscation unverändert. Die Vermögenseinziehung findet ihren legitimatorischen Ausgangspunkt weiterhin in einer strafrechtlichen Anlasstat. Das Festhalten am Erfordernis eines Herrührens aus einer rechtswidrigen Tat und der damit verbundene Verzicht auf Elemente des Polizeirechts hat den Vorzug, dass der Vorschlag sich ohne Zweifel auf dem Boden der Gesetzgebungskompetenz des Bundes bewegt.[6] Denn, dass der Bund für das Einziehungsrecht trotz dessen nicht-strafrechtlichen Charakters die Gesetzgebungskompetenz gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG als Annexkompetenz zum Strafrecht innehat, erscheint unbestritten.
2. In-rem-Verfahren
Schon bei Einführung der selbständigen Einziehung nach §§ 76a StGB, 435 ff. StPO hatte der Gesetzgeber die Intention, ein in-rem-Verfahren, also ein gegen verdächtige Vermögensgegenstände gerichtetes Verfahren, zu schaffen. Gleichwohl blieb er im Ausgangspunkt der Idee eines in-personam-Verfahrens verhaftet, indem er die selbständige Einziehung an das Erfordernis einer bestimmten Tat, aus der der Gegenstand herrührt (§ 76a Abs. 1 bis 3 StGB) bzw. an das Erfordernis zumindest eines Anfangsverdachts (§ 76a Abs. 4 StGB) koppelte. Davon löst sich der Entwurf, indem er die Idee eines in-rem-Verfahrens konsequent umsetzt. Dies bietet insbesondere mit Blick auf solche Vermögensgegenstände entscheidende Vorteile, die in Händen von juristischen Personen oder Personengesellschaften liegen, die überhaupt keiner natürlichen Person zugeordnet werden können und die dementsprechend auch nie in Zusammenhang mit einer bestimmten Tat oder einem Tatverdacht gebracht werden können. Als Beispiel seien nur die in der Praxis nicht selten anzutreffenden GmbHs genannt, die Eigentümer von Immobilien sind und die selbst über mehrere Stufen hinweg von einer Gesellschaft (etwa auf den British Virgin Islands) gehalten werden, deren Inhaber im Unklaren bleiben.
3. Zivilprozessuale Ausgestaltung
In vielen Rechtsordnungen ist das Einziehungsrecht zivilprozessual ausgestaltet.[7] Das hier vorgeschlagene Vermögenseinziehungsgesetz folgt diesem Ansatz. Der Entwurf bleibt damit zugleich auf dem vom Gesetzgeber in § 437 StPO vorgezeichneten Weg, beschreitet ihn aber stringenter, als es nach bisheriger Rechtslage der Fall ist. Im Zentrum des Entwurfs steht die Entscheidung, die im Einziehungsverfahren zu klärende Frage, ob ein Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, nach den Darlegungs- und Beweisregeln des Zivilrechtprozessrechts zu behandeln. Damit wird nicht zuletzt dem quasi-kondiktionellen Charakter der Tatertrageinziehung[8] Rechnung getragen.
Durch die Anwendung allgemeiner zivilprozessualer Grundsätze trifft den Inhaber eines verdächtigen Vermögensgegenstandes die Obliegenheit, die Behauptung der Staatsanwaltschaft, dass ein verdächtiger Vermögensgegenstand aus einer rechtswidrigen Tat stamme, substantiiert zu bestreiten bzw. im Rahmen einer sekundären Darlegungslast zu erklären, woher der Vermögensgegenstand rührt (§ 138 Abs. 2 ZPO). Kommt er dieser Obliegenheit nicht nach, weil er schweigt, unsubstantiiert vorträgt, sein Vortrag widersprüchlich ist oder widerlegt werden kann, gilt der Vortrag der Staatsanwaltschaft als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Dieser Mechanismus bietet zwei entscheidende Vorteile: Erstens kann so im Dienste der Grundrechtsschonung auf eine Beweislastumkehr verzichtet werden.[9] Zweitens werden dadurch, dass die Mitwirkung des Vermögensinhabers lediglich zur Obliegenheit und nicht zur Pflicht gemacht wird, Friktionen mit dem Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare vermieden. Die Einziehungsanordnung nach dem VEG weist – wie bereits erwähnt – keinen Strafcharakter auf, so dass der nemo-tenetur-Grundsatz in diesem Verfahren keine Geltung beansprucht. Zwar kann sich der Betroffene im VEG-Verfahren zu selbstbelastendem Verhalten veranlasst sehen, um einer etwaigen Darlegungsobliegenheit nachzukommen. Dennoch besteht keine Notwendigkeit, ein dem § 393 AO vergleichbares Beweisverwertungsverbot für das Strafverfahren vorzusehen.[10] Denn nach der Rechtsprechung des BVerfG fordert die Verfassung nur bei erzwingbaren Auskunftspflichten die Schaffung eines Beweisverwertungsverbotes zum Schutze der Selbstbelastungsfreiheit.[11] Nur bei rechtlich erzwungener Selbstbezichtigung werde der Einzelne zum Zwecke der Strafverfolgung instrumentalisiert und zum Mittel gegen sich selbst verwendet.[12] Diese Schwelle erreicht die von einer Darlegungsobliegenheit ausgehende Kompulsionswirkung nicht.
In der Anwendung des Zivilprozessrechts liegt keine dem Staat untersagte „Flucht ins Privatrecht“. Dieser Einwand trifft schon deshalb nicht zu, weil auch das Zivilprozessrecht seiner Natur nach öffentliches Recht ist, das Voraussetzungen für staatliche Eingriffe in Grundrechte – z.B. in Form der Verurteilung zur Herausgabe einer Sache – regelt. Aus dieser Beobachtung folgt zugleich, dass die teilweise in der Literatur zu findende Ansicht, wonach aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folge, dass bei staatlichen Grundrechtseingriffen und deren Kontrolle stets der Amtsermittlungsgrundsatz zu gelten habe,[13] in dieser Allgemeinheit nicht richtig sein kann.[14]
Man mag nun einwenden, dass es bei dem Vorschlag nicht nur um die Vollstreckung privater Interessen durch den Staat, sondern vielmehr um einen durch die öffentliche Gewalt eigeninitiativ vorgenommenen Eingriff geht, auf den nunmehr Zivilprozessrecht Anwendung finden soll. Auch dies ist indes kein völliges Novum. Insbesondere in den Regelungen des sogenannten Baulandverfahrens (§§ 217 ff. BauGB) findet sich eine mit dem hiesigen Vorschlag vergleichbare, ebenfalls im Kontext von Art. 14 GG angesiedelte Konstruktion. Dieses Verfahren, das vor Kammern der Landgerichte mit einer besonderen Besetzung stattfindet, bietet Rechtsschutz sowohl hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit des „Ob“ einer Enteignung zur Baulandbeschaffung als auch hinsichtlich der Höhe der Entschädigung.[15] Dabei finden Zivilprozessrecht und damit auch der Verhandlungsgrundsatz Anwendung (§ 221 Abs. 1 BauGB).[16]
Amtsermittlungs- und Verhandlungsgrundsatz bezeichnen im Ausgangspunkt nur zwei verschiedene Methoden zur Aufklärung eines Sachverhalts. In ihren gesetzlichen Ausformungen in der VwGO und der ZPO stehen sie sich nicht als strenge Gegensätze gegenüber: Einerseits darf auch das Verwaltungsgericht Parteivortrag als wahr unterstellen, wenn dieser nicht bestritten wird und es im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass er unzutreffend sein könnte.[17] Andererseits lässt die ZPO zu, dass das Gericht selbständig Beweise erhebt, z.B. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Der Verhandlungsgrundsatz an sich ist demnach im Zusammenhang mit staatlichen Grundrechtseingriffen und deren Kontrolle verfassungsrechtlich unproblematisch. Was die Garantie effektiven Rechtsschutzes und das Rechtsstaatsprinzip aber nicht zulassen – und darin liegt der wahre Kern der oben als zu weit kritisierten Auffassung – ist, dass ein Gericht zu materiell falschen Entscheidungen gezwungen wird, weil es einen Sachverhalt schon allein deshalb zugrunde legen muss, weil ihn die Parteien übereinstimmend vortragen, und es dabei nicht die Möglichkeit einer eigenen Sachverhaltsaufklärung hat.[18] Diese Bedenken greift der Vorschlag auf, indem er dem Gericht in Anlehnung an § 221 Abs. 2 BauGB diese Möglichkeit einräumt.
4. Eckpunkte des Entwurfs
Im Einzelnen lässt sich das vorgeschlagene Ermittlungs- und Einziehungsverfahren wie folgt umreißen:
- Der Reformvorschlag geht von der Existenz einer Finanzpolizei Ob es sich dabei um eine schon bestehende Behörde, eine gemeinsame Gruppe mehrerer Behörden oder eine neue Behörde – wie etwa das kürzlich in die Diskussion gebrachte Bundesfinanzkriminalamt[19] – handelt, ist dabei unmaßgeblich.
- Durch § 4 VEG erhält die Finanzpolizei die Befugnis, verdächtiges Vermögen von Amts wegen aufzuspüren.
- Was verdächtiges Vermögen ist, wird in § 3 VEG legal definiert. Hier werden insbesondere Risikofaktoren fruchtbar gemacht, die aus § 437 StPO und dem GwG bekannt sind.
- Da § 4 VEG ein behördliches Tätigwerden auch ohne jeglichen Anhaltspunkt eines Rechtsverstoßes erlaubt, stehen der Finanzpolizei nach § 4 VEG nur Kompetenzen für geringfügige Grundrechtseingriffe zu (Verarbeitung öffentlich zugänglicher Informationen und Einsicht in staatliche Register).
- Neben eigenen Ermittlungen nach § 4 VEG kann die Finanzpolizei auch durch Meldungen anderer öffentlicher Stellen auf verdächtiges Vermögen aufmerksam werden. Entsprechende Meldepflichten enthalten § 31b AO-E für die Steuerbehörden, § 23a Abs. 3b GwG-E für das Transparenzregister, § 32 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 4 GwG-E für die Financial Intelligence Unit (FIU) und § 5 VEG für sonstige öffentliche Stellen (etwa das Grundbuchamt).
- Stößt die Finanzpolizei bei ihren Ermittlungen nach § 4 VEG oder durch eine Meldung einer anderen öffentlichen Stelle auf Verdachtsmomente i.S.v. § 3 VEG, so trifft sie ggf. Eilmaßnahmen (§ 6 Abs. 1 S. 1 VEG) und übersendet ihre Verhandlungen ansonsten an die Staatsanwaltschaft (§ 6 Abs. 1 S. 2 VEG). Dies entspricht der in § 163 StPO beschriebenen und praktisch bewährten Aufgabenverteilung zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft.
- Sobald die Staatsanwaltschaft Kenntnis von einem verdächtigen Vermögensgegenstand erhält, hat sie zur Entschließung darüber, ob dessen Einziehung zu beantragen ist, die Herkunft des Gegenstands zu erforschen (§ 6 Abs. 2 S. 1 VEG). Die Eingriffsbefugnisse für das weitere Verfahren sind in §§ 6 Abs. 2, 7 ff. VEG geregelt. Dabei wird insbesondere auch die Sicherung einer eventuellen Einziehung durch Beschlagnahme der verdächtigen Vermögensgegenstände nach den §§ 111b ff. StPO entsprechend ermöglicht, in deren Anwendung die Staatsanwaltschaften in den letzten Jahren eine große Expertise aufgebaut haben, die damit auch in Zukunft zum Tragen kommen kann.
- Soweit die Staatsanwaltschaft zur Überzeugung gelangt, dass der verdächtige Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, beantragt sie die Einziehung bei Gericht (§ 10 Abs. 1 VEG).
- Für Fälle, in denen der Inhaber des jeweiligen Vermögensgegenstandes unbekannt oder zweifelhaft ist, verweist § 10 Abs. 2 VEG auf die Regeln des Aufgebotsverfahrens, die für diese Konstellation interessengerecht erscheinen.
- Das gerichtliche Einziehungsverfahren ist im Grundsatz als zivilprozessuales Verfahren ausgestaltet (§ 11 VEG).
- 18 VEG klärt, dass die Einziehung im subjektiven (Straf-)Verfahren gegenüber dem objektiven Verfahren nach dem VEG Vorrang hat.
III. Regelungsvorschlag
1. Gesetz über das Aufspüren verdächtiger Vermögensgegenstände und über die selbständige Vermögenseinziehung (Vermögenseinziehungsgesetz)
Inhaltsübersicht
Abschnitt 1: Allgemeine Vorschriften
§ 1 Begriffsbestimmungen
§ 2 Herrühren aus einer rechtswidrigen Tat
§ 3 Verdächtiger Vermögensgegenstand
Abschnitt 2: Aufspüren verdächtiger Vermögensgegenstände
§ 4 Aufspüren verdächtiger Vermögensgegenstände
§ 5 Meldepflicht
Abschnitt 3: Ermittlungsverfahren
§ 6 Aufgabe und Befugnisse von Finanzpolizei und Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren
§ 7 Besondere Ermittlungsbefugnisse
§ 8 Beschlagnahme und Sicherung der Einziehung
§ 9 Rechtsbehelfe gegen die Beschlagnahme
§ 10 Abschluss der Ermittlungen; Aufgebotsverfahren
Abschnitt 4: Gerichtliches Einziehungsverfahren
§ 11 Zuständiges Gericht
§ 12 Einziehungsverfahren
§ 13 Fortgang des Verfahrens; Modifikationen des Verfahrens vor den Landgerichten nach der Zivilprozessordnung
§ 14 Gerichtliche Entscheidung
§ 15 Wirkung der Entscheidung
§ 16 Rechtsmittel
§ 17 Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 18 Verhältnis zum Strafverfahren
Abschnitt 1: Allgemeine Vorschriften
§ 1 Begriffsbestimmungen
(1) Ein Vermögensgegenstand im Sinne dieses Gesetzes sind
- Vermögenswerte, gleich ob körperlich oder nichtkörperlich, beweglich oder unbeweglich, materiell oder immateriell, sowie
- Rechtstitel und Urkunden in jeder Form, einschließlich der elektronischen und digitalen Form, die das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte an Vermögenswerten nach Nummer 1 verbriefen.
Besteht zwischen mehreren Vermögensgegenständen ein so enger Zusammenhang, dass eine einheitliche Behandlung geboten erscheint, so bilden sie gemeinsam einen Vermögensgegenstand im Sinne dieses Gesetzes.
(2) Für den Begriff der rechtswidrigen Tat ist § 11 Absatz 1 Nummer 5 des Strafgesetzbuchs maßgeblich.
(3) Einziehungsrelevante Straftaten im Sinne dieses Gesetzes sind:
- aus dem Strafgesetzbuch:
a) Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
b) Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c) Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
d) Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
e) gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
f) Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2, - aus der Abgabenordnung:
a) Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b) gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c) Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2, - aus dem Asylgesetz:
a) Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b) gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a, - aus dem Aufenthaltsgesetz:
a) Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b) Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97, - aus dem Außenwirtschaftsgesetz:
vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18, - aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a) Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b) Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b, - aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a) Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b) Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3, - aus dem Waffengesetz:
a) Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
b) Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.
(4) Geografisches Risikogebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Staatsgebiet
- der von der Europäischen Kommission auf Grundlage von Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 ermittelten Staaten,
- von Staaten, deren Finanzsysteme laut glaubwürdigen Quellen (zum Beispiel gegenseitige Evaluierungen, detaillierte Bewertungsberichte oder veröffentlichte Follow-up-Berichte) nicht über hinreichende Systeme zur Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verfügen,
- von Staaten, in denen Korruption oder andere kriminelle Tätigkeiten laut glaubwürdigen Quellen signifikant stark ausgeprägt sind,
- von Staaten, gegen die beispielsweise die Europäische Union oder die Vereinten Nationen Sanktionen, Embargos oder ähnliche Maßnahmen verhängt hat oder haben,
- von Staaten, die terroristische Aktivitäten finanziell oder anderweitig unterstützen oder in denen bekannte terroristische Organisationen aktiv sind.
Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Staaten nach den Nummern 2 bis 5 festzulegen. Dabei berücksichtigt es einschlägige Evaluierungen, Bewertungen oder Berichte internationaler Organisationen oder von Einrichtungen für die Festlegung von Standards mit Kompetenzen im Bereich der Verhinderung von Geldwäsche.
(5) Für den Begriff des wirtschaftlich Berechtigten ist § 3 des Geldwäschegesetzes maßgeblich.
§ 2 Herrühren aus einer rechtswidrigen Tat
(1) Ein Vermögensgegenstand rührt im Sinne dieses Gesetzes aus einer rechtswidrigen Tat her, wenn
- er durch eine eigene oder fremde rechtswidrige Tat oder für sie erlangt wurde,
- er bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zumindest teilweise an die Stelle eines Vermögensgegenstandes, der unter den Voraussetzungen der Nummer 1 erlangt wurde, getreten ist, oder
- er eine Nutzung aus Vermögensgegenständen nach Nummer 1 und 2 darstellt oder er bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zumindest teilweise an die Stelle einer solchen Nutzung getreten ist.
(2) Auf die Verfolgbarkeit der Tat kommt es nicht an. Einem Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 stehen Gegenstände, die aus einer im Ausland begangenen Tat herrühren, gleich, wenn die Tat nach deutschem Strafrecht eine rechtswidrige Tat wäre und am Tatort mit Strafe bedroht ist. Für die Verjährung der Einziehung nach diesem Gesetz gilt § 76b des Strafgesetzbuchs entsprechend.
(3) Wird der Vermögensgegenstand von einem Erwerber, der den in Absatz 1 Nummer 1 bis 3 beschriebenen Zusammenhang weder kennt noch grob fahrlässig nicht kennt, entgeltlich erworben, ist er so zu behandeln, als rührte er nicht aus einer rechtswidrigen Tat her. Ist der Erwerber eine juristische Person oder Personengesellschaft, so ist die Gutgläubigkeit der in § 74e Satz 1 Nummern 1 bis 5 des Strafgesetzbuchs genannten Personen maßgeblich. § 14 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs gilt entsprechend.
§ 3 Verdächtiger Vermögensgegenstand
(1) Ein Vermögensgegenstand ist verdächtig, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte nach kriminalistischer Erfahrung das Herrühren aus einer rechtswidrigen Tat nahelegen.
(2) Für das Herrühren aus einer rechtswidrigen Tat sprechen insbesondere
- hinsichtlich der Art des Vermögensgegenstandes, dass dieser
a) aus Bargeld, Edelmetallen, Edelsteinen, Schmuck, Uhren, Kunstgegenständen oder Antiquitäten im Wert von mindestens 10.000 EUR besteht,
b) ein Kraftfahrzeug, Schiff, Motorboot oder Luftfahrzeug im Wert von mindestens 100.000 EUR ist, - hinsichtlich des Inhabers des Vermögensgegenstands, dass
a) dieser sich bei Auffinden des Vermögensgegenstands nicht ermitteln lässt,
b) der Inhaber eine natürliche Person ist,
aa) deren rechtmäßige Einkünfte zum Wert des Vermögensgegenstandes in einem groben Missverhältnis stehen,
bb) die wegen einer einziehungsrelevanten Straftat vorbestraft ist,
cc) die in einem geografischen Risikogebiet ansässig ist oder dort eine erhebliche Geschäftstätigkeit entfaltet,
c) der Inhaber eine juristische Person oder eine Personengesellschaft ist,
aa) deren Einkünfte aus dem laufenden Geschäftsbetrieb zum Wert des Vermögensgegenstandes in einem groben Missverhältnis stehen,
bb) die als Instrument für private Vermögensverwaltung dient,
cc) die eine Eigentümerstruktur aufweist, die die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten ausschließt oder sie erheblich erschwert,
dd) die nominelle Anteilseigner hat oder deren Aktien als Inhaberpapiere emittiert wurden,
ee) die ihren Sitz in einem geografischen Risikogebiet hat oder erhebliche Geschäftstätigkeit in einem solchen Gebiet entfaltet,
ff) bei der die Leitungs- oder Geschäftsführungsfunktion von einer oder mehreren natürlichen Personen ausgeübt wird, die ein oder mehrere Merkmale nach Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b) aufweisen,
gg) deren wirtschaftlich Berechtigte Merkmale nach Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b) aufweisen, - hinsichtlich der Umstände, unter denen der Vermögensgegenstand aufgefunden wurde, dass dieser
a) in einem Verfahren wegen einer einziehungsrelevanten Straftat aufgefunden wurde,
b) bei der Einreise oder Einfuhr aus einem oder bei der Ausreise oder Ausfuhr in ein geografisches Risikogebiet aufgefunden wurde.
(3) Die vorgenannten Anhaltspunkte sind weder abschließend noch zwingend. Sie sind im Einzelfall auf ihre Bedeutung hin zu untersuchen und im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände heranzuziehen. Hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c) genannten Faktoren sind diese bei beweglichen Sachen zusätzlich mit Blick auf den Gewahrsamsinhaber zu prüfen.
Abschnitt 2: Aufspüren verdächtiger Vermögensgegenstände
§ 4 Aufspüren verdächtiger Vermögensgegenstände
(1) Die Finanzpolizei hat die Aufgabe, auch unabhängig von Meldungen anderer öffentlicher Stellen, verdächtige Vermögensgegenstände aufzuspüren.
(2) Dazu ist sie befugt,
- öffentlich zugängliche Informationen zu sammeln und auszuwerten;
- Einsicht in das Grundbuch und die Grundakte und andere öffentliche Register, insbesondere in das Transparenzregister sowie in die über das Transparenzregister nach § 22 Absatz 1 des Geldwäschegesetzes zugänglichen Informationen, sowie in das beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie geführte Flaggenregister und die beim Luftfahrt-Bundesamt geführte Luftfahrzeugrolle zu nehmen;
- Auskunftsersuchen nach § 24c Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 des Kreditwesengesetzes zu stellen.
§ 5 Meldepflicht
(1) Jede öffentliche Stelle meldet der Finanzpolizei von Amts wegen verdächtige Vermögensgegenstände.
(2) In der Meldung teilt die öffentliche Stelle den verdächtigen Vermögensgegenstand sowie den Sachverhalt mit, aus dem sich die Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Vermögensgegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt.
(3) Meldungen sind durch elektronische Datenübermittlung zu erstatten; hierbei ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Im Fall einer Störung der Datenübertragung ist ausnahmsweise eine Mitteilung auf dem Postweg möglich. § 45 Absatz 3 und 4 des Geldwäschegesetzes gilt entsprechend.
Abschnitt 3: Ermittlungsverfahren
§ 6 Aufgabe und Befugnisse von Finanzpolizei und Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren
(1) Die Behörden und die Beamten der Finanzpolizei erforschen die Herkunft verdächtiger Vermögensgegenstände, die sie durch Maßnahmen nach § 4, Meldungen anderer Behörden oder auf anderem Wege identifiziert haben, und treffen alle Anordnungen, die nicht aufschiebbar sind, um eine Verschleierung der Herkunft zu verhindern und die Möglichkeit der Einziehung sicherzustellen. Sie übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft. Erscheint die schleunige Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen erforderlich, so kann die Übersendung unmittelbar an das Amtsgericht erfolgen.
(2) Sobald die Staatsanwaltschaft Kenntnis von einem verdächtigen Vermögensgegenstand erhält, hat sie zur Entschließung darüber, ob dessen Einziehung zu beantragen ist, die Herkunft des Gegenstands zu erforschen. Sie trifft die erforderlichen Maßnahmen, um die Möglichkeit der Einziehung sicherzustellen. Zu diesen Zwecken ist die Staatsanwaltschaft befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen und Maßnahmen jeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durch die Finanzpolizei vornehmen zu lassen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln. Die Finanzpolizei ist verpflichtet, dem Ersuchen oder Auftrag der Staatsanwaltschaft zu genügen, und in diesem Falle befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen.
(3) Personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach den §§ 100b und 100c der Strafprozessordnung oder durch eine entsprechende nachrichtendienstliche oder polizeiliche Maßnahme erlangt worden sind, dürfen ohne Einwilligung der insoweit überwachten Person nicht zum Zweck der Erforschung der Herkunft verdächtigen Vermögens verwendet werden.
§ 7 Besondere Ermittlungsbefugnisse
(1) Ergänzend zu den Befugnissen aus § 4 können
- die Staatsanwaltschaft und die Beamten der Finanzpolizei
a) von natürlichen oder juristischen Personen, Personengesellschaften und Behörden Auskünfte sowie die Vorlage von Unterlagen verlangen,
b) eine Person vorladen und vernehmen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person sachdienliche Angaben zur Ermittlung der Herkunft des verdächtigen Vermögensgegenstandes machen kann;
für die Mitwirkung gelten die §§ 48 bis 51, 53 bis 58b, 68 bis 71 der Strafprozessordnung entsprechend;
- die Staatsanwaltschaft und bei Gefahr in Verzug die Beamten der Finanzpolizei, die Ermittlungspersonen der
Staatsanwaltschaft im Sinne von § 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind,
a) Unterlagen oder andere Gegenstände, die zum Zwecke der Ermittlung der Herkunft des verdächtigen Vermögensgegenstandes geeignet sind, sicherstellen oder beschlagnahmen,
b) Geschäfts- oder Betriebsräume während der üblichen Geschäfts- oder Betriebszeiten und bei Gefahr in Verzug auch außerhalb der Geschäfts- und Betriebszeiten betreten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Räumlichkeiten verdächtige Vermögensgegenstände oder Hinweise auf deren Verbleib enthalten, sowie
c) Durchsuchungen von Geschäfts- oder Betriebsräumen sowie Wohnungen nach der Maßgabe des Absatzes 2 durchführen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Räumlichkeiten verdächtige Vermögensgegenstände oder Hinweise auf deren Verbleib enthalten.
(2) Durchsuchungen von Wohnungen sowie Geschäfts- und Betriebsräumen dürfen außer bei Gefahr im Verzug nur durch den Richter angeordnet werden. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Beschlagnahme, hilfsweise die Einziehung, stattfinden soll oder stattgefunden hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Bei der Durchsuchung hat der Inhaber der Wohnung oder des Geschäfts- oder Betriebsraums das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen.
Dem Inhaber oder seinem Vertreter ist der Grund der Durchsuchung unverzüglich bekanntzugeben, soweit dadurch der Zweck der Maßnahme nicht gefährdet wird. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung enthalten. Die Niederschrift ist von einem durchsuchenden Beamten und dem Inhaber oder der zugezogenen Person zu unterzeichnen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. Dem Inhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Inhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.
(3) Durch Absatz 1 Nummer 1 wird das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), durch Nummer 2 Buchstabe b) und c) und Absatz 2 wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
§ 8 Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung
(1) Die Staatsanwaltschaft kann die Beschlagnahme eines verdächtigen Vermögensgegenstandes anordnen, wenn dies zur Sicherung der Einziehung erforderlich und angemessen ist. Folgt aus den tatsächlichen Umständen der dringende Verdacht, dass der Vermögensgegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Vereitelung der Einziehung geplant ist, so soll sie die Beschlagnahme anordnen. Bei Gefahr in Verzug sind auch die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft bei der Finanzpolizei zur Beschlagnahme des Vermögensgegenstandes befugt. Darüber setzen sie die Staatsanwaltschaft unverzüglich in Kenntnis, die die Anordnung innerhalb von drei Tagen bestätigen muss.
(2) Für die Vollziehung der Beschlagnahme gelten die §§ 111c und 111k Absatz 1 und 2 der Strafprozessordnung entsprechend.
(3) Die besonderen Ermittlungsbefugnisse nach § 7 können auch zur Durchführung der Beschlagnahme eingesetzt werden.
(4) Die Staatsanwaltschaft teilt die Beschlagnahme jedem mit, dem nach ihrer Kenntnis ein Recht an dem beschlagnahmten Vermögensgegenstand oder ein Recht an einem solchen Recht zusteht oder zustehen könnte.
(5) Die Vollziehung der Beschlagnahme hat die in § 111d der Strafprozessordnung geregelte Wirkung.
(6) Für die Verwaltung des beschlagnahmten Vermögensgegenstandes gilt § 111m der Strafprozessordnung entsprechend. Unter den Voraussetzungen des § 111p der Strafprozessordnung ist eine Notveräußerung des beschlagnahmten Vermögensgegenstandes möglich.
§ 9 Rechtsbehelfe gegen die Beschlagnahme
(1) Über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Beschlagnahme betreffen, entscheidet das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht (§ 764 Absatz 1 der Zivilprozessordnung). Örtlich ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattfinden soll oder stattgefunden hat. Die Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts ergehen durch Beschluss. Das Gericht ist befugt, die in § 732 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Gegen die Entscheidung steht die sofortige Beschwerde entsprechend § 793 der Zivilprozessordnung offen.
(2) Einwendungen, die den Verdacht des Herrührens aus einer rechtswidrigen Tat oder die Erforderlichkeit oder Angemessenheit der Beschlagnahme betreffen, sind im Wege der Klage bei dem für das gerichtliche Einziehungsverfahren zuständigen Gericht geltend zu machen. § 769 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Die Vorschriften über die Rechtsmittel im Zivilverfahren finden entsprechende Anwendung.
§ 10 Abschluss der Ermittlungen; Aufgebotsverfahren
(1) Sieht die Staatsanwaltschaft hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Vermögensgegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, so beantragt sie, gegebenenfalls nach Durchführung eines Aufgebotsverfahrens gemäß Absatz 2, die Einziehung des Vermögensgegenstandes nach Maßgabe bei dem zuständigen Gericht.
(2) Ist der Inhaber des Vermögensgegenstandes unbekannt oder bestehen Zweifel an der Inhaberschaft, so beantragt die Staatsanwaltschaft die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens. Die §§ 433 bis 453 und § 456 des Familienverfahrensgesetzes finden mit der Maßgabe Anwendung, dass anstelle der Berechtigung des Antragsstellers der dringende Verdacht eines Herrührens des Vermögensgegenstandes aus einer rechtswidrigen Tat glaubhaft zu machen ist und mit dem rechtskräftigen Ausschließungsbeschluss der Vermögensgegenstand auf den Staat übergeht. Werden Rechte an dem Gegenstand angemeldet, so beschließt das Gericht die Ausschließung unter Vorbehalt des angemeldeten Rechts. Die Staatsanwaltschaft beantragt in diesem Fall die gerichtliche Einziehung, es sei denn, die verdachtsbegründenden Anhaltspunkte wurden im Zuge der Anmeldung ausgeräumt.
(3) Sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Vermögensgegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Sie setzt den Inhaber des Vermögensgegenstandes, auf den sich die Ermittlungen bezogen, davon in Kenntnis, wenn Ermittlungsmaßnahmen nach § 7 durchgeführt wurden oder sonst ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
Abschnitt 4: Gerichtliches Einziehungsverfahren
§ 11 Zuständiges Gericht
(1) Das Einziehungsverfahren nach diesem Gesetz findet vor einer Zivilkammer des Landgerichts statt.
(2) Für die örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 12 bis 17, 20 bis 26 sowie 35 der Zivilprozessordnung entsprechend. Die nach §§ 7 bis 21 der Strafprozessordnung in Verbindung mit § 143 des Gerichtsverfassungsgesetzes für das Strafverfahren gegen eine bestimmte Person zuständige Staatsanwaltschaft bleibt für das selbständige Verfahren nach diesem Gesetz örtlich zuständig, wenn sie in dem Strafverfahren bereits Ermittlungen zum Herrühren eines verdächtigen Vermögensgegenstandes angestellt hat.
§ 12 Einziehungsverfahren
(1) Das gerichtliche Einziehungsverfahren wird als Verfahren vor den Landgerichten in entsprechender Anwendung der dafür maßgeblichen Vorschriften der Zivilprozessordnung geführt, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Regelungen enthält.
(2) Das Verfahren beginnt mit dem Einziehungsantrag der Staatsanwaltschaft. Dieser ist in einem Schriftsatz, der den Anforderungen des § 253 der Zivilprozessordnung genügt, zu stellen. Der Schriftsatz tritt an die Stelle der Klageschrift. Er soll den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils (§ 331 Absatz 3 Satz 2 der Zivilprozessordnung) enthalten.
(3) Beklagter ist der Inhaber des Vermögensgegenstandes. Gibt es mehrere Inhaber eines Vermögensgegenstandes oder ist der Vermögensgegenstand des einen Inhabers ein Recht an dem Vermögensgegenstand des anderen, so sind diese einfache Streitgenossen (§§ 59 bis 61 und 63 der Zivilprozessordnung).
(4) Die Einziehung mehrerer Vermögensgegenstände desselben Inhabers kann unter den Voraussetzungen von § 260 der Zivilprozessordnung in einem Antrag beantragt werden.
§ 13 Fortgang des Verfahrens; Modifikationen des Verfahrens vor den Landgerichten nach der Zivilprozessordnung
(1) Die Staatsanwaltschaft wird im weiteren Verfahren in ihrer Funktion als Klägerin durch einen Sitzungsvertreter vertreten. § 78 der Zivilprozessordnung findet insoweit keine Anwendung.
(2) Eine Güteverhandlung findet nicht statt. Die §§ 278 und 278a der Zivilprozessordnung finden insoweit keine Anwendung.
(3) Das Gericht kann auch von Amts wegen die Aufnahme von Beweisen anordnen und nach Anhörung der Beteiligten auch solche Tatsachen berücksichtigen, die von ihnen nicht vorgebracht worden sind.
§ 14 Gerichtliche Entscheidung
(1) Rührt der Vermögensgegenstand aus einer rechtswidrigen Tat her, so ordnet das Gericht die Einziehung an. Das Gericht kann seine Überzeugung davon, dass der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, auf die in § 3 genannten Anhaltspunkte stützen.
(2) Weist der Inhaber nach, dass der Vermögensgegenstand bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise an die Stelle von Vermögensgegenständen getreten ist, die nicht aus rechtswidrigen Taten herrühren, wird die Einziehung hinsichtlich eines entsprechenden Bruchteils nicht angeordnet.
(3) Weist der Inhaber nach, dass bei der Tat, aus der der Vermögensgegenstand herrührt, Aufwendungen entstanden sind, wird die Einziehung eines den Aufwendungen im Wert entsprechenden Bruchteils des Vermögensgegenstand nicht angeordnet. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.
§ 15 Wirkung der Entscheidung
(1) Mit Eintritt der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung wird der Staat im Umfang der Einziehungsanordnung Inhaber des Vermögensgegenstandes. Rechte Dritter an dem Vermögensgegenstand bleiben davon unberührt.
(2) Die bei einer teilweisen Einziehung nach § 14 Absatz 2 oder 3 entstehende Bruchteilsgemeinschaft ist nach den §§ 752 bis 758 des Bürgerlichen Gesetzbuches aufzuheben. Der dem Vermögensinhaber zustehende Teil gilt in diesem Fall nicht länger als aus einer rechtswidrigen Tat herrührend.
(3) Bis zum Eintritt der Rechtskraft wirkt die Anordnung der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne des
§ 136 BGB.
§ 16 Rechtsmittel
Die Vorschriften über die Rechtsmittel im Zivilverfahren finden entsprechende Anwendung. In den Rechtsmittelverfahren nimmt ein Vertreter der Staatsanwaltschaft an dem Rechtsmittelgericht die Vertretung der Klägerseite wahr.
§ 17 Wiederaufnahme des Verfahrens
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens nach diesem Gesetz kann durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen. Die §§ 578 bis 591 der Zivilprozessordnung finden entsprechende Anwendung.
§ 18 Verhältnis zum Strafverfahren
(1) Sobald und solange ein Verdacht gegen eine bestimmte Person wegen einer konkreten Tat besteht, deretwegen eine Einziehung des verdächtigen Vermögensgegenstandes nach den §§ 73 bis 76 des Strafgesetzbuchs möglich erscheint, muss das Verfahren als Strafverfahren geführt werden. Das selbständige Einziehungsverfahren nach diesem Gesetz ruht dann. Gegenüber der Einziehung nach § 76a des Strafgesetzbuchs ist das selbständige Einziehungsverfahren nach diesem Gesetz vorrangig.
(2) Kann der Inhaber des verdächtigen Vermögensgegenstandes zeigen, dass dieser aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, hinsichtlich derer bereits eine Wertersatzeinziehung nach § 73c des Strafgesetzbuches angeordnet wurde, wird der Vermögensgegenstand, soweit er dem Wertersatz wirtschaftlich entspricht, im selbständigen Einziehungsverfahren nur insoweit eingezogen, wie der Wertersatz noch nicht geleistet wurde. Soweit der Gegenstand eingezogen wird, erlischt der Wertersatzanspruch in entsprechender Höhe. Der eingezogene Gegenstand wird verwertet und der Erlös in entsprechender Anwendung der §§ 459h Absatz 2, 459k und 459m der Strafprozessordnung an die Verletzten ausgekehrt.
(3) Ist das selbständige Einziehungsverfahren dem Strafverfahren bezüglich der Tat, aus der der verdächtige Vermögensgegenstand herrührt, vorausgegangen, so wird die Einziehung von Wertersatz nach § 73c des Strafgesetzbuchs in Höhe des Wertes des verdächtigen Vermögensgegenstands nicht angeordnet. Verletzte haben einen Anspruch gegen den Staat, soweit ihr Anspruch nach § 459h Absatz 2 der Strafprozessordnung durch Satz 1 vermindert wird. §§ 459i und 459k der Strafprozessordnung gelten entsprechend.
2. Änderungen im StGB, in der StPO und von weiteren Vorschriften
a) Streichung der Vorschriften über die erweiterte selbständige Einziehung:
§ 76a Abs. 4 StGB sowie § 437 StPO werden gestrichen.
Dies macht zudem die Änderungen einiger Vorschriften, die auf diese Normen verweisen, nötig (etwa §§ 459h Abs. 1 S. 2, 459i Abs. 1 S. 1 StPO oder § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) IRG). Dem wird in dieser Skizze nicht weiter nachgegangen.
b) Streichung der Vorschriften über die selbständige Einziehung von Taterträgen; Neufassung von §§ 76a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und 76b Abs. 1 S. 1, Abs. 2 StGB:
aa) Neufassung von § 76a StGB:
„(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung nach den §§ 74 bis 74f oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. […]
(2) Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d ist die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Verkörperungen eines Inhalts und der Unbrauchbarmachung auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist.“
bb) Neufassung von § 76b StGB:
„(1) Die erweiterte Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages nach § 73a verjähren in 30 Jahren. […]
(2) In den Fällen des § 78 Absatz 2 und des § 5 des Völkerstrafgesetzbuches verjähren die erweiterte Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages nach
§ 73a nicht.“
c) Ergänzung von § 477 Abs. 2 StPO um eine neue Nr. 4:
„(2) Eine von Amts wegen erfolgende Übermittlung personenbezogener Daten aus Strafverfahren ist auch zulässig, wenn die Kenntnis der Daten aus der Sicht der
übermittelnden Stelle erforderlich ist für: […]
4. die Erforschung der Herkunft verdächtigen Vermögens nach dem Vermögenseinziehungsgesetz.“
d) Ergänzung von § 479 Abs. 2 S. 2 StPO um eine neue Nr. 5:
„(2) Ist eine Maßnahme nach diesem Gesetz nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässig, so gilt für die Verwendung der auf Grund einer solchen Maßnahme erlangten Daten in anderen Strafverfahren § 161 Absatz 3 entsprechend. Darüber hinaus dürfen verwertbare personenbezogene Daten, die durch eine Maßnahme der nach Satz 1 bezeichneten Art erlangt worden sind, ohne Einwilligung der von der Maßnahme betroffenen Personen nur verwendet werden […]
- zum Zweck der Erforschung der Herkunft verdächtigen Vermögens nach § 6 Vermögenseinziehungsgesetz.“
3. Änderungen in der AO – Einfügung eines neuen § 31b Abs. 5:
„Die Finanzbehörden haben der Finanzpolizei unverzüglich Sachverhalte mitzuteilen, wenn Tatsachen auf das Vorliegen von verdächtigen Vermögensgegenständen im Sinne des Vermögenseinziehungsgesetzes hindeuten; auf den Wert der Vermögensgegenstände kommt es dabei nicht an. Mitteilungen an die Finanzpolizei sind durch elektronische Datenübermittlung zu erstatten; hierbei ist ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Im Fall einer Störung der Datenübertragung ist ausnahmsweise eine Mitteilung auf dem Postweg möglich. § 45 Absatz 3 und 4 des Geldwäschegesetzes gelten entsprechend.“
4. Änderungen im GwG
a) Ergänzung von § 23 Abs. 1 Nr. 1 GwG um einen neuen lit. g):
„(1) Bei Vereinigungen nach § 20 Absatz 1 Satz 1 und Rechtsgestaltungen nach § 21 ist die Einsichtnahme gestattet:
- den folgenden Behörden, soweit sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist: […]
g) der Finanzpolizei
h) […] sowie
i) […],“
b) Ergänzung von § 23a GwG um einen neuen Abs. 3b:
„Ergeben sich im Rahmen der Prüfung der Unstimmigkeitsmeldung Anhaltspunkte für das Vorliegen eines verdächtigen Vermögensgegenstandes im Sinne des Vermögenseinziehungsgesetzes, übergibt die registerführende Stelle die Unstimmigkeitsmeldung, die erstellten Eigentums- und Kontrollstrukturübersichten sowie andere erforderliche Unterlagen der Finanzpolizei.“
c) Ergänzung von § 32 Abs. 2 S. 1 GwG:
„Stellt die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen bei der operativen Analyse fest, dass ein Vermögensgegenstand mit Geldwäsche, mit Terrorismusfinanzierung oder mit einer sonstigen Straftat im Zusammenhang steht, übermittelt sie das Ergebnis ihrer Analyse sowie alle sachdienlichen Informationen unverzüglich an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden sowie an die für die selbständige Einziehung zuständige Finanzpolizei.“
d) Ergänzung von § 32 Abs. 3 S. 2 GwG um eine neue Nr. 4
„Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen übermittelt von Amts wegen oder auf Ersuchen Daten aus Finanzinformationen und Finanzanalysen, auch soweit sie personenbezogene Daten enthalten, an andere als in Satz 1 benannte, zuständige inländische öffentliche Stellen, soweit dies erforderlich ist für […]
- das Einziehungsverfahren nach dem Vermögenseinziehungsgesetz.“
IV. Begründung der vorgeschlagenen Vorschriften
Zu 1. (Schaffung eines Vermögenseinziehungsgesetzes)
Zu § 1 (Begriffsbestimmungen)
Mit dem Begriff des Vermögensgegenstandes in § 1 Abs. 1 S. 1 wird der objektbezogene Anwendungsbereich des Gesetzes definiert. Die Begriffsbestimmung ist § 1 Abs. 7 GwG entnommen. Ergänzend sieht § 1 Abs. 1 S. 2 vor, dass für die Zwecke des VEG gegebenenfalls mehrere Gegenstände einen Vermögensgegenstand im Sinne des VEG darstellen können. Dafür ist zu fragen, ob ein enger Zusammenhang zwischen den Gegenständen besteht, also ein bei natürlicher Betrachtung einheitlicher Lebenssachverhalt bei getrennter Behandlung auseinandergerissen würde. Diese Regelung dient dazu, eine ganzheitliche Betrachtung zu ermöglichen, was insbesondere für den auf Indizien gestützten Verdacht bzw. Beweis des Herrührens aus einer rechtswidrigen Tat (§§ 3, 14 Abs. 1) von Bedeutung ist. Werden beispielsweise bei einer Person bei einer Kontrolle am Flughafen im Rahmen einer Durchsuchung eine Uhr im Wert von 5.000 EUR und 1.000 20-EUR-Scheine gefunden, sind die Uhr und die Scheine, auch wenn es sich dabei körperlich um 1.001 Sachen handelt, ein Vermögensgegenstand i.S.d. VEG. Die Zusammenfassung führt in diesem Fall dazu, dass das Indiz aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 lit. a gegeben ist und sich viel eher ein grobes Missverhältnis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 lit. b aa zu den rechtmäßigen Einkünften der durchsuchten Person feststellen lässt.
Der Begriff der „einziehungsrelevanten Straftat“ wird in § 3 zur Umschreibung von Verdachtsindikatoren für das Herrühren eines Vermögensgegenstandes aus einer rechtswidrigen Tat verwendet. Demnach spricht es z.B. für eine illegale Herkunft, wenn ein Gegenstand bei einer wegen einer einziehungsrelevanten Straftat vorbestraften Person (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 lit. bb) oder in einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer einziehungsrelevanten Straftat (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) aufgefunden wird. Mit der Aufzählung der in § 1 Abs. 3 genannten Straftaten ist jedoch keine Beschränkung des Kreises der Straftaten verbunden, deren Taterträge eingezogen werden können. Vielmehr ermöglicht § 14 Abs. 1 die Einziehung von Vermögenswerten, die aus einer beliebigen rechtswidrigen Tat herrühren.
Zu § 2 (Herrühren aus einer rechtswidrigen Tat)
§ 2 Abs. 1 ist im Ausgangspunkt in Anlehnung an § 73 StGB formuliert. Er geht jedoch über § 73 StGB insoweit hinaus, dass er – angelehnt an den geldwäscherechtlichen Begriff des Herrührens – nicht nur die Surrogate i.S.v. § 73 Abs. 3 StGB erfasst, sondern grundsätzlich alle Gegenstände, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zumindest teilweise an die Stelle des ursprünglich erlangten Etwas treten. Dabei wird bewusst die – im Zusammenhang mit dem Geldwäschetatbestand allerdings umstrittene – Rechtsprechung des BGH aufgegriffen und gesetzlich verankert, wonach es für das Herrühren aus einer rechtswidrigen Tat grundsätzlich genügt, wenn ein Vermögensgegenstand nur teilweise „kontaminiert“ ist.[20] Die damit verbundenen Härten[21] werden darüber abgemildert, dass die Einziehung in diesen Fällen nur teilweise stattfindet (§§ 14 Abs. 2 und 3 und 15 Abs. 2). Durch die im Grundsatz an § 73 StGB angelehnte Formulierung wird zugleich klargestellt, dass das VEG nur der Einziehung von Taterträgen dienen soll, dagegen Tatprodukte, Tatmittel und Tatobjekte (§ 74 StGB) nicht erfasst. Dies ist notwendig, weil der Einziehung dieser Gegenstände nach der Rechtsprechung in der Regel Strafcharakter zukommt[22] und sie deshalb mit der angestrebten zivilprozessualen Ausgestaltung des VEG unvereinbar ist.
Mit § 2 Abs. 3 S. 1 wird zum Schutz des gutgläubigen, entgeltlichen Erwerbers in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 73b Abs. 1 S. 2 StGB und des § 261 Abs. 1 S. 2 StGB eine Entmakelung des Vermögensgegenstandes angeordnet. Die § 2 Abs. 3 S. 2 und 3 regeln, auf wessen Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässige Unkenntnis abzustellen ist, wenn der Erwerber keine natürliche Person ist.
Zu § 3 (Verdächtiger Vermögensgegenstand)
§ 3 benennt – in Fortentwicklung des schon bestehenden § 437 StPO[23] – Verdachtsmomente, auf die das Gericht seine Überzeugung davon, dass ein Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, stützen kann. Der nicht abschließende Katalog greift dabei Umstände als Indizien heraus, die im Bereich der Geldwäscheprävention anerkannte Risikofaktoren für ein rechtswidriges Herrühren von Vermögen sind.
Zu § 4 (Aufspüren verdächtiger Vermögensgegenstände)
§ 4 Abs. 1 ist der allgemeinen Aufgabenzuweisungsnorm in § 161 Abs. 1 StPO nachgebildet. Die Vorschrift setzt die Existenz einer Finanzpolizei voraus und weist ihr die Aufgabe zu, verdächtige Vermögenswerte aufzuspüren. Die Vorschrift soll darüber hinaus als ermittlungsrechtliche Generalklausel verstanden werden, die die Finanzpolizei – und zwar unabhängig von jeglichen Anhaltspunkten – zu eigenständigen und autarken Ermittlungen zum Zwecke des Aufspürens verdächtiger Vermögenswerte ermächtigt. Die generalklauselartige Ermächtigungsgrundlage befähigt die Finanzpolizei allerdings nur zu niedrigschwelligen Ermittlungseingriffen. Besondere, eingriffsintensivere Ermittlungsbefugnisse sind in § 7 vorgesehen. Zu den niedrigschwelligen Eingriffen zählen insbesondere die in § 4 Abs. 2 (nur beispielhaft) aufgeführten Ermittlungstätigkeiten, der sich die Finanzpolizei gerade im Vorfeld einer Verdachtskonkretisierung zur Abklärung auffälliger Vermögenslagen bedienen können soll. Neben den öffentlich zugänglichen Quellen hat die Finanzpolizei auch schon in diesem Stadium Zugriff auf solche staatlichen Register und Dateisysteme, die die Zuordnung von Grundstücken, Konten, Depots und Schließfächern ermöglichen.
Zu § 5 (Meldepflicht)
§ 5 Abs. 1 statuiert eine allgemeine Meldepflicht für sämtliche öffentliche Stellen. Diese Meldepflicht ergänzt die in diesem Entwurf vorgesehenen besonderen Meldeverpflichtungen der Finanzbehörden (§ 31b AO-E), des Transparenzregisters (§ 23a Abs. 3b GwG-E) und der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (§ 32 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 4 GwG-E). Gedacht ist hierbei etwa an Meldungen durch das Grundbuchamt oder das Handelsregister.
Die allgemeine Meldeverpflichtung greift im Unterschied zu den besonderen Meldepflichten nach §§ 31b AO-E, 23a Abs. 3b, 32 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 4 GwG-E aber erst dann ein, wenn die öffentliche Stelle einen verdächtigen Vermögensgegenstand identifiziert hat. Dies setzt nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 voraus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte nach kriminalistischer Erfahrung das Herrühren des Gegenstandes aus einer rechtswidrigen Tat nahelegen. § 5 begründet aber keine Verpflichtung für die öffentlichen Stellen, eigene Ermittlungen anzustellen. Die besonderen Meldeverpflichtungen zulasten der Steuerbehörden, des Transparenzregisters und der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen werden im Vergleich dazu bereits bei einem darunterliegenden Verdachtsgrad ausgelöst. Es genügen Tatsachen bzw. Anhaltspunkte, die auf eine verdächtige Vermögenslage hindeuten. Dies entspricht der bisher herrschenden Meinung zu § 32 Abs. 2 S. 1 GwG, obwohl dessen Wortlaut diese abgeschwächte Verdachtsschwelle bisher nicht wirklich abbildet. Der die Meldepflicht auslösende Verdachtsgrad soll sogar unterhalb des Verdachtsgrads des strafprozessualen Anfangsverdachts liegen.[24] Es wird darauf verzichtet, dies im Wortlaut des
§ 32 Abs. 2 GwG-E klarzustellen.
Zu § 6 (Aufgabe und Befugnisse von Finanzpolizei und Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren)
§ 6 Abs. 1 überträgt die Regelung des § 163 Abs. 1 StPO, die über den Verweis in § 435 Abs. 4 StPO auch für das derzeit bestehende objektive Vorverfahren für Einziehungen nach § 76a StGB gilt, in das Ermittlungsverfahren für die Einziehung nach dem VEG. Damit wird die bewährte Aufgabenteilung zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft übernommen.
Für die Einbindung der Staatsanwaltschaften sprechen folgende Erwägungen: Erstens wird es bei Entdeckung eines verdächtigen Vermögensgegenstands zunächst häufig einen Anfangsverdacht und damit ein subjektives Verfahren geben, in das die Staatsanwaltschaft involviert wird. Um mehrfache Einarbeitung zu vermeiden, erscheint es sinnvoll, die Staatsanwaltschaft im Falle eines Scheiterns des subjektiven Verfahrens dann auch das Verfahren nach dem VEG führen zu lassen. Zweitens besitzen die Staatsanwaltschaften bereits Erfahrung und Expertise mit der Anwendung der Zwangsvollstreckungsvorschriften der ZPO, auf die auch das VEG verweist. Drittens sind die Staatsanwaltschaften ihrer Personal- und Organisationsstruktur nach gut dafür geeignet, staatliche Interessen in gerichtlichen Verfahren zu vertreten.
Abs. 2 überträgt die §§ 160 und 161 StPO in das VEG. Zur Aufgabe der Ermittlung der Herkunft des Gegenstandes tritt die Aufgabe der Sicherung einer möglichen Einziehung hinzu.
Abs. 3 trägt der Rechtsprechung des BVerfG zu den Anforderungen an eine zweckändernde Datennutzung bei den besonders gravierenden informationellen Eingriffen der Online-Durchsuchung und der akustischen Wohnraumüberwachung Rechnung.[25] Die mit dem objektiven Einziehungsverfahren verfolgten Zwecke sind nicht hinreichend gewichtig, um den Einsatz derart eingriffsintensiver Maßnahmen zu rechtfertigen.[26] Nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der hypothetischen Daten-Neuerhebung kommt daher auch eine Verwendung von zulässigerweise in einem anderen Verfahren durch solche Eingriffe erlangten Daten im objektiven Einziehungsverfahren nicht in Betracht. Insoweit ist der VEG-Entwurf grundrechtssensibler ausgestaltet als das bisher in der StPO enthaltene Verfahren, das bei der Überleitung vom (subjektiven) Strafverfahren in das selbständige (objektive) Einziehungsverfahren kein derartiges Verwendungsverbot ausdrücklich vorsieht.
Zu § 7 (Besondere Ermittlungsbefugnisse)
§ 7 zählt Standardmaßnahmen auf, die die zuständigen Behörden zur Ermittlung der Herkunft verdächtiger Vermögensgegenstände und zur Sicherstellung der Einziehungsmöglichkeit treffen können. § 7 Abs. 1 umfasst u.a. Auskunftsverlangen (Nr. 1 lit. a), die Vorladung und Vernehmung von Zeugen (Nr. 1 lit. b), die Sicherstellung von Beweismitteln (Nr. 2 lit. a), das Betreten von Geschäftsräumen während der üblichen Geschäftszeiten (Nr. 2 lit. b), die Durchsuchungen von Geschäfts- und Wohnräumen (Nr. 2 lit. c) sowie die Einsichtnahme in bestimmte öffentliche Register (Nr. 2 lit. d).
Der Katalog beinhaltet nur vergleichsweise wenig eingriffsintensive Maßnahmen (insbesondere sind keine verdeckten Ermittlungsmaßnahmen enthalten). Er entspricht zu weiten Teilen den Ermittlungsbefugnissen, die durch das Sanktionsdurchsetzungsgesetz I v. 23. Mai 2022[27] in § 9a AWG verankert worden sind und die durch das geplante Sanktionsdurchsetzungsgesetz II in die §§ 2 ff. des neu zu schaffenden Sanktionsdurchsetzungsgesetzes übertragen werden sollen;[28] auf die diesbezüglichen Gesetzesbegründungen sei verwiesen.[29] Hinsichtlich der in
§ 7 Abs. 1 Nr. 2 aufgeführten Maßnahmen ist allerdings aufgrund der gegenüber den in Nr. 1 genannten Maßnahmen höheren Eingriffsintensität nur die Staatsanwaltschaft anordnungsbefugt; eine Anordnungskompetenz der Finanzpolizei besteht allein bei Gefahr in Verzug.
§ 7 Abs. 2 regelt Einzelheiten zur Durchführung von Durchsuchungen nach Abs. 1 Nr. 2 lit. c; die Regelung entspricht § 9a Abs. 4 AWG i.d.F. des SDG I bzw. § 2 Abs. 2 SanktDG-E i.d.F. des SDG II und statuiert insbesondere einen grundsätzlichen Richtervorbehalt.
§ 7 Abs. 3 trägt im Hinblick auf Abs. 1 Nr. 1 S. 2 (Verweis auf die StPO-Vorschriften über die Erzwingung des Zeugnisses) und Abs. 1 Nr. 2 lit. c (Wohnungsdurchsuchung) dem Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG) Rechnung.
Zu § 8 (Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung)
§8 Abs. 1 ist eine Parallelnorm zu § 111b StPO, die aber auf ein in-rem-Verfahren zugeschnitten ist. Auf eine Regelung zur Anordnung eines Vermögensarrestes parallel zu § 111e StPO kann verzichtet werden, da ein in-rem-Verfahren sich immer auf einen bestimmten Vermögensgegenstand beziehen muss. Die Anordnungskompetenz für die Beschlagnahme liegt beim Verfahren nach dem VEG, anders als nach § 111j StPO, bei den Staatsanwaltschaften bzw. bei Gefahr in Verzug bei der Finanzpolizei. Die fehlende Einbindung eines Gerichts wird dadurch kompensiert, dass nach § 9 zwei Rechtsbehelfe gegen die Beschlagnahme vorgesehen sind.
§ 8 Abs. 2 bis 6 überträgt im Wesentlichen die Regelungen der StPO (§§ 111c ff. StPO) zur Vollziehung der Beschlagnahme in das VEG.
Zu § 9 (Rechtsbehelfe gegen die Beschlagnahme)
Die strafprozessualen Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen nach den §§ 111b ff. StPO passen für das Verfahren nach dem VEG nur schlecht. Es leuchtet nicht ein, warum im vorangehenden Verfahren ein Strafgericht nach strafprozessualen Grundsätzen entscheiden soll, die eigentliche Einziehungsentscheidung aber von einer Zivilkammer nach zivilprozessualen Grundsätzen getroffen wird. Da über § 8 Abs. 2 VEG i.V.m. § 111c StPO die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung Anwendung finden, erscheint es vielmehr konsequent, auch den Rechtsschutz in Anlehnung an das Zwangsvollstreckungsrecht der ZPO auszugestalten.
Dementsprechend wird für das „Wie“ der Beschlagnahme ein der Erinnerung (§ 766 ZPO) und für das „Ob“ der Beschlagnahme ein der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) angenäherter Rechtsbehelf geregelt. Diesem Gedanken entsprechend werden auch die für die Rechtsbehelfe zuständigen Gerichte bestimmt. Das „Wie“ der Beschlagnahme wird – wie im zivilprozessualen Vollstreckungsverfahren auch – durch das Vollstreckungsgericht entschieden. Das ist aufgrund der parallelen Formulierung dasselbe Amtsgericht wie das, das nach § 7 Abs. 2 für Ermittlungsmaßnahmen zuständig ist. Das „Ob“ der Beschlagnahme wird dagegen von dem Gericht beurteilt, das nach § 11 für das gerichtliche Einziehungsverfahren zuständig ist.
Zu § 10 (Abschluss der Ermittlungen; Aufgebotsverfahren)
Nach § 10 endet das Ermittlungsverfahren bei Vorliegen eines hinreichenden Verdachts des Herrührens aus einer rechtswidrigen Tat mit einem Einziehungsantrag nach Abs. 1, anderenfalls mit einer Verfahrenseinstellung nach Abs. 3.
Für Fälle, in denen die formelle Inhaberschaft am fraglichen Vermögensgegenstand unbekannt oder unsicher ist, sieht Abs. 2 zur Sachverhaltsaufklärung die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens vor. Mit dem Aufgebotsverfahren nach dem FamFG stellt die Rechtsordnung bereits funktionierende Regelungen zur Verfügung, um für Rechtspositionen, deren Inhaber unklar ist, eine klare Zuordnung erreichen zu können. Mit einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften können die Fälle behandelt werden, in denen bei einem verdächtigen Vermögensgegenstand nicht nur der wirtschaftlich Berechtigte unklar ist, sondern auch eine rechtliche Zuordnung scheitert oder aber Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bislang unbekannte Dritte Rechte an dem Vermögensgegenstand haben. Ergeht ein rechtskräftiger Ausschließungsbeschluss, wird der Staat Inhaber des Vermögensgegenstandes.
Zu § 11 (Zuständiges Gericht)
§ 11 Abs. 1 weist die gerichtliche Zuständigkeit einer Zivilkammer zu. Das erscheint sachgerecht, weil das gerichtliche Verfahren nach zivilprozessualen Grundsätzen, insbesondere mit Blick auf die Darlegungs- und Beweislast, ablaufen soll, und nach den §§ 12, 13 die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechende Anwendung finden. Zugleich wird damit auch gegenüber der Öffentlichkeit deutlich gemacht, dass die Einziehung nach dem VEG kein Strafverfahren ist, sondern eine vermögensordnende Maßnahme eigener Art.
Abs. 2 S. 1 trifft eine Regelung zur örtlichen Zuständigkeit des Gerichts und übernimmt dabei die aus der Zivilprozessordnung bekannten Regelungen zur Zuständigkeit, soweit sie auf das hiesige Verfahren passen. Über § 143 GVG ist damit zugleich die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft geregelt. Wie schon nach heutiger Rechtslage bei Strafverfahren kann es zu der Situation kommen, dass mehrere Gerichte und damit auch mehrere Staatsanwaltschaften zuständig sein können. Der Verweis auf § 35 ZPO soll deutlich machen, dass das Wahlrecht in diesen Fällen bei den Staatsanwaltschaften liegt. Können sich Staatsanwaltschaften verschiedener Länder nicht einigen, welche von ihnen das Verfahren führen soll, so entscheidet der Generalbundesanwalt (§ 143 Abs. 3 GVG).
Abs. 2 S. 2 enthält eine spezielle Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft für den Fall, dass zunächst in einem subjektiven Strafverfahren Ermittlungen dazu angestellt werden, woher ein Vermögensgegenstand rührt, das subjektive Strafverfahren aber scheitert (etwa weil die Anlasstat verjährt oder der Beschuldigte verstorben ist). Abs. 2 S. 2 bewirkt in dieser Situation, dass die im subjektiven Strafverfahren tätig gewordene Staatsanwaltschaft nahtlos in das objektive Einziehungsverfahren nach dem VEG übergehen kann, ohne ihre ursprünglich auf §§ 7 bis 21 StPO gestützte örtliche Zuständigkeit für den Fall zu verlieren. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass beim Übergang vom subjektiven in das objektive Verfahren kein unnötiger Mehraufwand durch Einarbeitung einer neuen Staatsanwaltschaft entsteht. Die durch Abs. 2 S. 2 geregelte örtliche Zuständigkeit ist aber nicht ausschließlich, d.h. der betroffenen Staatsanwaltschaft ist es unbenommen, das objektive Einziehungsverfahren nach den allgemeinen Regeln abzugeben.
Zu § 12 (Einziehungsverfahren)
§ 12 übernimmt weitgehend die Regelungen der Zivilprozessordnung. Diese allein passen zu der hier vorgeschlagenen Lösung über die Darlegungs- und Beweislast. Zugleich wird damit die Idee der Einziehung als Quasi-Kondiktion auch verfahrensrechtlich umgesetzt. Bei dem Verfahren tritt die Staatsanwaltschaft als Klägerin auf, der Inhaber des Vermögensgegenstands als Beklagter.
Bei einem Gegenstand, an dem mehrere Personen Rechte haben, ist jedes dieser Rechte grundsätzlich ein eigenständiger Vermögensgegenstand im Sinne dieses Gesetzes. Daher ist jedes einzelne auch durch eine gerichtliche Entscheidung einzuziehen. § 12 Abs. 3 soll die Möglichkeit eröffnen, Verfahren zusammenzufassen und so eine gerichtliche Entscheidung zu ermöglichen, bei der der Staat einen Vermögensgegenstand nach § 15 erwirbt, an dem keine Rechte Dritter mehr bestehen.
Abs. 4 dient der Vereinfachung des Verfahrens, indem für die Einziehung mehrerer Gegenstände unter den Voraussetzungen der Anspruchshäufung nach § 260 ZPO ein einheitlicher Antrag gestellt werden kann. Dabei ist aber zuerst genau zu prüfen, ob es sich bei mehreren Objekten nicht tatsächlich nur um einen Vermögensgegenstand nach § 1 Abs. 1 handelt.
Zu § 13 (Fortgang des gerichtlichen Verfahrens)
§ 13 Abs. 1 ermöglicht der Staatsanwaltschaft, ihre Einziehungsklage auch vor Gericht zu vertreten. Diese Regelung ist notwendig, weil § 78 Abs. 2 ZPO nur in engen Grenzen zulässt, dass sich juristische Personen des öffentlichen Rechts durch eigene Mitarbeiter vertreten lassen. Durch Abs. 2 wird die Güteverhandlung ausgeschlossen. Das VEG zielt nicht auf eine Einigung zwischen den Parteien ab, sodass die Vorschriften zur Güteverhandlung auf das Verfahren nicht passen.
Abs. 3 ist an § 221 Abs. 2 BauGB angelehnt und soll die in der Einleitung thematisierte Bedenken gegen den Verhandlungsgrundsatz ausräumen. Ob das Gericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung vornimmt, steht grundsätzlich in seinem Ermessen. Dabei ist es als ermessenfehlerfrei anzusehen, wenn das Gericht unwidersprochenen, unsubstantiiert oder widersprüchlich bestrittenen Vortrag der Staatsanwaltschaft als wahr unterstellt. Nur ausnahmsweise reduziert sich das Ermessen auf eine Pflicht zur eigenen Sachverhaltsaufklärung, nämlich dann, wenn das Gericht anderenfalls genötigt wäre, auf Grundlage einer erkannt falschen Tatsachengrundlage zu entscheiden. Hierbei kann an die Rechtsprechung des BGH zu § 221 Abs. 2 BauGB[30] angeknüpft werden.
Zu § 14 (Gerichtliche Entscheidung)
§ 14 Abs. 1 S. 1 normiert die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Einziehung, nämlich das Herrühren aus einer rechtswidrigen Tat. Nach S. 2 kann das Gericht seine Überzeugung von der inkriminierten Herkunft des Gegenstandes auf die in § 3 genannten Anhaltspunkte stützen. Dieser Satz ergibt sich bereits aus allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen, wird hier aber – schon weil er aus § 437 StPO bekannt ist – zur Klarstellung genannt. Es gelten ferner die üblichen Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislast. Demnach muss der Beklagte den Vortrag der Staatsanwaltschaft zur illegalen Herkunft des streitbefangenen Gegenstandes gem. § 138 Abs. 2 ZPO zumindest substantiiert bestreiten bzw. ihn trifft sogar eine sekundäre Darlegungslast, sonst gilt der Vortrag nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Dies hängt davon ab, wie substantiiert der Vortrag der Staatsanwaltschaft ist.
Mit § 14 Abs. 2, Abs. 3 werden die Härten abgefedert, die sich aus dem weiten Begriff des „Herrührens“ ergeben (siehe dazu auch die Begründung zu § 2 Abs. 1). Es werden dabei die Wertungen des § 73d StGB aufgegriffen. Dass die Beweislast hier beim Inhaber des Vermögensgegenstandes liegt, ist verfassungsrechtlich vertretbar, da die Beweisnot des Staates (welcher Teil ist wirtschaftlich betrachtet illegalen Ursprung, welcher nicht?) nur durch das Verhalten des Vermögensinhabers entsteht, der unbemakeltes und bemakeltes Vermögen vermischt.[31]
Zu § 15 (Wirkung der Entscheidung)
§ 15 Abs. 1 ordnet den Übergang des Eigentums bzw. des Rechts auf den Staat mit Eintritt der Rechtskraft an. Rechte Dritter bleiben wie bei der Einziehung nach dem StGB (§ 75 Abs. 2 StGB) bestehen. Jedoch soll das Einziehungsverfahren, wenn Rechte Dritter an einem Vermögensgegenstand bekannt sind und diese ebenfalls einziehbar sind, in der Regel als gemeinsames Verfahren gegen als Rechtsinhaber einfache Streitgenossen nach § 12
Abs. 3 geführt werden, sodass die gerichtliche Entscheidung in vielen Konstellationen zum Erwerb unbelasteten Eigentums bzw. unbelasteter Rechte führen dürfte.
§ 15 Abs. 2 setzt den Gedanken der § 14 Abs. 2 und 3 bei Vermögensgegenständen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung nur teilweise aus einer rechtswidrigen Tat herrühren, auf der Rechtsfolgenseite konsequent fort. Die Regelungen über die Aufhebung von Bruchteilsgemeinschaften passen für alle – insbesondere auch unteilbare – Vermögensgegenstände.
§ 15 Abs. 3 soll absichern, dass die gerichtliche Entscheidung nicht dadurch unterlaufen wird, dass der Gegenstand bis zum Eintritt der Rechtskraft, ab dem der Vermögensgegenstand erst in das staatliche Vermögen übergeht, veräußert wird. Die Regelung entspricht § 75 Abs. 3 StGB.
Zu § 16 (Rechtsmittel)
Der Verweis in § 16 VEG hat zwei Funktionen: Zum einen eröffnet er sowohl dem Inhaber des Vermögensgegenstandes als auch der Staatsanwaltschaft Rechtsmittel gegen die Einziehungsentscheidung nach § 14 VEG bzw. gegen die Ablehnung der Einziehung durch das Gericht des ersten Rechtszugs. Im Normalfall wird das Verfahren nach dem VEG erstinstanzlich durch Endurteil abgeschlossen. Gegen dieses kann Berufung eingelegt werden, sofern der Wert des Beschwerdegegenstands 600 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszugs die Berufung zugelassen hat (§ 511 ZPO). Der für die Wertschwelle maßgebliche Rechtsmittelstreitwert ergibt sich aus dem Wert des Vermögensgegenstandes und dem Umfang der (Nicht-)Einziehung dieses Gegenstandes (§§ 2, 3, 6 ZPO). Das Berufungsgericht kann die erstinstanzliche Entscheidung selbst abändern oder aber die Entscheidung aufheben und die Sache zurückverweisen (§ 538 ZPO). Gegen ein das Berufungsverfahren abschließendes Endurteil findet die Revision zum Bundesgerichtshof statt, sofern diese vom Berufungsgericht oder vom Bundesgerichtshof auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin zugelassen wurde (§§ 542 bis 544 ZPO).
Der Verweis in § 16 VEG umfasst zum anderen jedoch auch die Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (§ 567 ZPO) und der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO), die die Zivilprozessordnung gegen bestimmte der Hauptsacheentscheidung vorausgehende oder ihr nachfolgende Entscheidungen vorsieht.
Zu § 17 (Wiederaufnahme des Verfahrens)
§ 17 VEG enthält durch den Verweis auf die Wiederaufnahmevorschriften der ZPO eine eng gefasste Möglichkeit der Rechtskraftdurchbrechung, wenn der Fortbestand der (Nicht-)Einziehungsentscheidung schlechterdings unhaltbar erscheint.
Zu § 18 (Verhältnis zum Strafverfahren)
§ 18 Abs. 1 S. 1 statuiert den Vorrang des subjektiven (strafrechtlichen) Einziehungsverfahrens gegenüber dem objektiven Einziehungsverfahren nach dem VEG. Schon nach geltendem Recht ist die Tatertragseinziehung im objektiven Verfahren gegenüber der Tatertragseinziehung im subjektiven Verfahren subsidiär.[32]
§ 18 Abs. 1 S. 3 enthält eine Verfahrenskonkurrenzregel für Fälle, in denen ein Vermögensgegenstand sowohl als Tatprodukt, -mittel bzw. -objekt einerseits (welches weiterhin im selbständigen Verfahren nach § 76a StGB eingezogen werden könnte) als auch als Tatertrag andererseits (der im VEG-Verfahren eingezogen werden könnte) qualifiziert werden kann. Für diese etwa bei Korruptions- und Betäubungsmitteldelikten,[33] bei Hehlerei und insbesondere bei Geldwäschetaten auftretende Konstellation[34] ordnet die Vorschrift den Vorrang der selbständigen Einziehung als Tatertrag an. Die Regelung zeichnet damit die in § 261 Abs. 10 S. 3 StGB enthaltene – und sachlich auch gebotene[35] – Vorrangregel nach.
§ 18 Abs. 2 und 3 sollen verhindern, dass der Tatertrag einer Tat bei wirtschaftlicher Betrachtung mehrfach, nämlich im subjektiven Strafverfahren als Wertersatz und im Verfahren nach dem VEG als bemakelter Vermögensgegenstand, eingezogen wird. Dabei betrifft Abs. 2 den Fall, dass es bereits eine Verurteilung in einem Strafverfahren gab, bei der kein konkreter Gegenstand eingezogen werden konnte, daher nach § 73c StGB eine Wertersatzeinziehung angeordnet wurde und erst dann ein Vermögensgegenstand auftaucht, welcher der schon abgeurteilten Tat als Tatertrag zugeordnet werden kann. Dieser soll trotz der schon angeordneten Wertersatzeinziehung nach dem VEG eingezogen werden können. Mit der Einziehung erlischt aber der Wertersatzanspruch. Abs. 2 S. 3 stellt dabei sicher, dass dies nicht zulasten der Verletzten der Straftat geht, die im Falle einer Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB Anspruch auf Verteilung des Eingezogenen haben. § 18 Abs. 3 betrifft die umgekehrte Konstellation, dass ein Vermögensgegenstand nach VEG eingezogen wurde, die Tat, aus der der Gegenstand herrührte, jedoch zunächst nicht abgeurteilt werden konnte, nunmehr aber abgeurteilt werden kann. Dabei müsste eigentlich nach dem zwingenden § 73c StGB eine Wertersatzeinziehung anstelle der nicht mehr vorhandenen Taterträge stattfinden. Dies wird mit § 18 Abs. 3 S. 2 verhindert. Abs. 3 S. 3 schützt wiederum die Stellung der Verletzten.
Zu 2. (Änderungen in StGB, StPO und weiteren Vorschriften)
Zu a) (Streichung der Vorschriften über die erweiterte selbständige Einziehung)
Die erweiterte selbständige Einziehung von Taterträgen ist zwar ein legitimes Präventionsinstrument, bildet aber als sog. non-conviction-based confiscation seit jeher einen konfliktträchtigen Fremdkörper im strafrechtlichen Einziehungsrecht.[36] Da in allen bislang von § 76a Abs. 4 StGB erfassten Konstellationen nunmehr eine Einziehung nach VEG möglich ist, soll das strafrechtliche Einziehungsrecht vollständig von der erweiterten selbständigen Einziehung entlastet werden. Damit entfällt zugleich die Existenzberechtigung für den bisherigen § 437 StPO;[37] dessen Funktion wird im VEG-Einziehungsverfahren von § 14 Abs. 1 S. 2 übernommen.
Demgegenüber bleibt die im subjektiven Verfahren anordenbare erweiterte Einziehung nach § 73a StGB weiterhin im StGB verankert. Denn das objektive Einziehungsverfahren nach dem VEG soll nur dann zur Anwendung kommen, wenn eine Einziehung im subjektiven Verfahren nicht in Betracht kommt.
Zu b) (Neufassung von § 76a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und § 76b StGB)
Durch die Änderungen in §§ 76a Abs. 1 und 2 sowie § 76b StGB wird die objektive Einziehung von Taterträgen aus dem strafrechtlichen Einziehungsrecht getilgt. Der bisherige § 76a Abs. 1 und 2 StGB ermöglicht u.a. die quasi-kondiktionelle Einziehung von Taterträgen (§§ 73–73e StGB) im selbständigen Einziehungsverfahren nach § 435 StPO. Mit Einführung des VEG fällt der Bedarf hierfür weg, da in jenen Konstellationen nunmehr stets das mit derselben Zielrichtung betriebene Einziehungsverfahren nach §§ 12 ff. VEG möglich ist.
§ 76a Abs. 1 und 2 StGB wird deshalb so geändert, dass das strafrechtliche objektive Einziehungsverfahren künftig auf die gefahrenabwehrrechtliche Sicherungseinziehung nach § 74b StGB und auf die (überwiegend) pönale Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten nach §§ 74, 74a, 74c–74f StGB beschränkt ist.
Eine gänzliche Streichung des selbständigen Einziehungsverfahrens nach § 76a StGB, §§ 435 f. StPO kommt demgegenüber nicht in Betracht. Da die Konfiskation gem.
§ 74 StGB nach h.M. auch im objektiven Einziehungsverfahren ihren Strafcharakter nicht verliert,[38] kann diese Funktion nicht von dem auf die Einziehung von Taterträgen ausgerichteten und daher zivilprozessual ausgestalteten VEG-Verfahren übernommen werden.
Zu c) (Ergänzung von § 477 Abs. 2 StPO)
Die Vorschrift stellt klar, dass Spontanübermittlungen von einer Staatsanwaltschaft an eine andere, etwa bei Zufallsfunden aus einem subjektiven Verfahren, zulässig sind.
Zu d) (Ergänzung von § 479 Abs. 2 StPO)
Diese Ergänzung ermöglicht es, im in-rem-Verfahren nach dem VEG auch solche personenbezogenen Daten zu verwenden, die zuvor in einem Strafverfahren durch eingriffsintensive Maßnahmen mit besonderen Anordnungsvoraussetzungen (z.B. TKÜ) gewonnen worden sind. Ohne die Ergänzung bestünde ein Übermittlungsverbot bzw. eine Verwendungsbeschränkung, da die bisher bestehenden Datenübermittlungsbefugnisse nicht greifen: Weder ist das VEG-Verfahren ein „anderes Strafverfahren“ i.S.v. § 479 Abs. 2 S. 1 StPO, noch lässt es sich unter die in § 479 Abs. 2 S. 2 Nrn. 1-4 StPO genannten Verwendungszwecke subsumieren. Das Verwendungsverbot nach § 6 Abs. 3 VEG für ganz besonders eingriffsintensive Ermittlungsmaßnahmen (u.a. Online-Durchsuchung) bleibt davon allerdings unberührt.
Zu 3. (Änderungen in der AO) und 4. (Änderungen im GwG)
Siehe hierzu die obige Begründung zu § 5.
[1] Zu den Gefahren, die für die Allgemeinheit aus finanzieller Intransparenz erwachsen, s. bereits El-Ghazi/Wegner/Zimmermann, Legal Tribune Online v. 1.4.2022, online abrufbar unter: https://t1p.de/vevy (zuletzt abgerufen am 17.11.22).
[2] S. hierzu zuletzt die Untersuchung von Bussmann/Veljovic, NZWiSt 2020, 417 ff.
[3] FATF, Mutual Evaluation Report, August 2022, (online abrufbar unter: https://t1p.de/sb0qh), S. 11: „Germany takes a reactive rather than a proactive approach to the identification of ML and it is not clear that ML involving professional ML networks, cash smuggling, foreign predicates, complex ML and cases involving legal persons are being detected. In practice, there is a focus on prosecuting for the predicate offence and barriers to pursuing ML in cases where there is no clear link to a predicate offence.“ (zuletzt abgerufen am 17.11.22).
[4] Vgl. hierzu abermals FATF, Mutual Evaluation Report (Fn. 3), der auf S. 11 mit bemerkenswerter Schärfe konkludiert: „There is no clear policy or strategy for disrupting and sanctioning ML in a consistent and comprehensive manner.“
[5] Vgl. BMF/BMWK, Verbändeanschreiben zum Referentenentwurf eines Sanktionsdurchsetzungsgesetzes II v. 18.10.2022, S. 5 f.: „Es besteht […] Einigkeit, dass weitere Befugnisse für Fälle, die besondere Risiken in Bezug auf Geldwäsche oder Sanktionen aufweisen […] geschaffen werden sollen, wenn unklar ist, wer die faktische Kontrolle über das Vermögen ausübt.“
[6] Ein gefahrenabwehrrechtlich konzipiertes allgemeines Vermögenseinziehungsgesetz setzte demgegenüber zunächst die Schaffung einer neuen Kompetenznorm im Grundgesetz voraus, vgl. Art. 1 des Entwurfs für ein 2. OrgKG (BT-Drs. 12/6784, S. 3).
[7] Dazu Saliger, ZStW 2017 (129), 995 (1000 ff.); Meyer, NZWiSt 2018, 246; Marstaller, Grenzüberschreitende Einziehung, 2022,
S. 119 ff., jew. m.w.N.
[8] S. nur BVerfGE 156, 354 (394 ff.).
[9] Für eine solche Beweislastumkehr hat sich kürzlich u.a. die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag ausgesprochen, s. dazu den in BT-Drs. 20/4314, S. 2 f. abgedruckten Antrag: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, dass […] verfassungskonform geregelt wird, dass bei Vermögen unklarer Herkunft künftig eine vollständige Beweislastumkehr gilt.“
[10] Grundlegend dazu der sog. Gemeinschuldnerbeschluss BVerfGE 56, 37 ff.
[11] BVerfG, NJW 2005, 352 (353); BVerfG, NStZ 1995, 599 f.
[12] BVerfG, NJW 2005, 352 (353).
[13] Etwa Breunig, in: BeckOK-VwGO, 62. Ed. (2022), § 86 Rn. 8; auf § 76a Abs. 4 StGB und § 437 StPO bezogen Kraußhaar, NZWiSt 2019, 288 (292).
[14] Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 92. EL (2020), Art. 19 Abs. 4 Rn. 219.
[15] Damit ging der Gesetzgeber über die Rechtswegzuweisung aus Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG hinaus, was jedoch in der verfassungsrechtlichen Literatur als unproblematisch angesehen wird – etwa Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 83. EL (2018), Art. 14 Rn. 754.
[16] Kalb/Külpmann, in: EZBK, BauGB, 146. EL (2022), § 221 Rn. 9.
[17] Dawin/Panzer, in: Schoch/Schneider, VwGO, 42. EL (2022), § 86 Rn. 16; Rixen, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. (2018), § 86 Rn. 29 ff., 60 ff.
[18] Dawin/Panzer, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 86 Rn. 17 m.w.N.; auf die Sachrichtigkeit der Entscheidung als entscheidenden Aspekt weist im Ergebnis auch Breunig, in: BeckOK-VwGO, § 86 Rn. 8 hin.
[19] Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen vom 25.8.2022, online abrufbar unter https://t1p.de/ijfbh (zuletzt abgerufen am 17.11.22).
[20] BGH, NJW 2015, 3254.
[21] Zum Problem Rönnau/Begemeier, JZ 2018, 443 (446 ff.).
[22] Vgl. etwa BGH, NStZ 2018, 526.
[23] Zu Regelungsgehalt und Funktionsweise dieser Vorschrift s. Beckemper, ZStW 134 (2022), 456; Marstaller/Zimmermann, Non-conviction-based confiscation in Deutschland?, 2018, S. 53 ff.
[24] Vgl. BT-Drs. 18/11555, S. 144; Barreto da Rosa, in: Herzog, GwG, 4. Aufl. (2020), § 32 Rn. 10; Ziegner, in: BeckOK-GwG, 9. Edition (Stand: 1.3.2022), § 32 Rn. 3.
[25] BVerfGE 141, 220 Rn. 284 ff.; BVerfG, NJW 2022, 1583 Rn. 225 ff.
[26] Vgl. BT-Drs. 19/27654, S. 110.
[27] BGBl. I 2022, S. 754.
[28] Vgl. BR-Drs. 541/22, S. 5 f.
[29] BT-Drs. 20/1740, S. 17 und BR-Drs. 541/22, S. 61.
[30] BGH, NJW 2006, 1729 (1731).
[31] Vgl. die entsprechende Argumentation zum erweiterten Verfall in BVerfGE 110, 1 ff.
[32] Ganz h.M., s. nur Eser/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. (2019), § 76a Rn. 1, 5.
[33] Vgl. BGH, NJW 2022, 2701 Rn. 17.
[34] Vgl. Neuheuser, in: MüKo-StGB, Bd. 4, 4. Aufl. (2021), § 261 Rn. 150; Bittmann, NStZ 2022, 577 (583 f.).
[35] El-Ghazi, GWuR 2022, 49 (53); zur Begr. s. BT-Drs. 19/24180, S. 37.
[36] Vgl. Marstaller/Zimmermann, Non-conviction-based confiscation in Deutschland?, 2018, S. 30 ff.
[37] Auf die in § 73a StGB verbleibende erweiterte Einziehung kann § 437 StPO ohnehin nicht unmittelbar angewendet werden, vgl. BGH, NZWiSt 2021, 356 (357 f.).
[38] Vgl. RGSt 53, 124 (126); Joecks/Meißner, in: MüKo-StGB, Bd. 2, 4. Aufl. (2020), § 76a Rn. 3.
1 Gedanke zu „Vorschlag zur Einführung eines Gesetzes über das Aufspüren verdächtiger Vermögensgegenstände und über die selbständige Vermögenseinziehung (Vermögenseinziehungsgesetz)“