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BGH, Urt. v. 24.11.2022 – 3 StR 64/22: Zur Anwendung deutschen Strafrechts
Amtlicher Leitsatz:
Eine Inlandstat im Sinne der §§ 3, 9 StGB ist nicht allein tatbestandsbezogen zu verstehen, sondern umfasst regelmäßig die im Rahmen desselben Lebensvorgangs verwirklichten Delikte und führt auch für diese zur Anwendung deutschen Strafrechts.
Sachverhalt:
Die Angeklagten wurden vom LG Düsseldorf u.a. wegen Geiselnahme zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen trafen sich die Angeklagten mit dem Geschädigten in den Niederlanden, um Gegenstände von diesem abzunehmen. Hierzu griff einer der Angeklagten den Geschädigten aus dem Hinterhalt an. Der Geschädigte wurde sodann in den Pkw befördert, unter Gewaltanwendung eine Bankkarte und Bargeld entwendet und aufgefordert seine in den Niederlanden lebende frühere Ehefrau zu kontaktieren, um Uhren an die Angeklagten auszuhändigen. Nach erfolgter Übergabe fuhren die Angeklagten den Geschädigten wieder zurück. An verschiedenen Geldautomaten in den Niederlanden und Deutschland hoben die Angeklagten mit der Bankkarte des Geschädigten Geld ab. Die Angeklagten legten Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein.
Entscheidung des BGH:
Die Revisionen und Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Es liege kein Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 250 Abs. 2 StPO), beweisantragsrechtliche Vorschriften (§ 244 Abs. 3 und 5 StPO) und das Konfrontationsrecht (Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK) vor.
Auch bezogen auf die Sachrügen seien keine Rechtsfehler ersichtlich. Die Beweiswürdigung und die rechtliche Bewertung durch das LG Düsseldorf sei nicht zu beanstanden. Der BGH erörtert, dass die abgeurteilten Delikte deutschem Strafrecht unterfallen, weshalb kein Verfahrenshindernis bestehe. Der Anwendungsbereich des §§ 3, 9 Abs. 1, 2 S. 1 StGB sei eröffnet, denn Vorbereitungshandlungen hätten schon in Deutschland stattgefunden und die Tatbegehung sich über die niederländische Grenze nach Deutschland gezogen. Im Hinblick auf die allein in den Niederlanden verwirklichten Taten gelte nichts anderes. Denn entscheidend sei der Lebensvorgang und nicht allein der Tatbestand. Liege eine Tatbestandsverwirklichung „im Rahmen desselben Lebensvorgangs“, sei ebenso deutsches Strafrecht anzuwenden.