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Über die Notwendigkeit einer Reform des Mordtatbestands (§ 211 StGB) aus rechtsgeschichtlicher Sicht

von Philipp Preschany

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Abstract
Der Beitrag setzt sich mit der Frage der Notwendigkeit einer Reform des Mordtatbestands allein aus rechtsgeschichtlicher Perspektive auseinander. Hierfür werden die zwei grundlegenden Fassungen für die Rechtsentwicklung des heutigen Mordtatbestands beleuchtet, um abschließend aufzuzeigen, dass die heutigen Kritikpunkte sich durch die Rechtsgeschichte ziehen und seit der Urkonzeption des Mordtatbestands von 1871 fortbestehen.

The article deals with the question of the necessity of a reform of the offense of murder based solely from the perspective of legal history. For this purpose, the two fundamental versions for the legal development of today’s murder offense are examined in order to finally show that today’s points of criticisms run through legal history and have persisted since the original conception of the murder offense in 1871.

I. Thematische Einführung

„Mord ist, wenn man mit Vorsatz handelt und Totschlag, wenn man im Affekt handelt?“ So oder so ähnlich grenzt auch heute noch ein Teil der Bevölkerung landläufig Mord und Totschlag voneinander ab.[1] Auch wenn diese laienhaft formulierte Rechtsaufassung nicht der geltenden Rechtslage entspricht, so lässt sie sich doch zumindest in ihrem Kern auf die Konzeption desjenigen Mordparagrafen zurückführen, der im Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches von 15.5.1871[2] (im Folgenden RStGB [1871]) enthalten war. Denn mit „Vorsatz“ meint der Laie nicht das in § 15 StGB genannte subjektive Tatbestandselement, sondern er setzt Vorsatz inhaltlich mit Vorbedacht und damit mit dem in der Fassung von 1871 terminologisch identischen Begriff der Überlegung gleich.[3] Die Abgrenzung von Mord und Totschlag entspricht dabei nicht nur langer deutscher Rechtstradition,[4] denn sie reicht bis ins römische Recht[5], sondern beschäftigt Rspr. und Literatur bis zum heutigen Tag. Immer wieder kam es zu Anläufen, die Tötungsdelikte (§§ 211 ff. StGB) generell zu reformieren[6] und speziell die Mord-Totschlag-Thematik einer überzeugenden Lösung zuzuführen. Alle diese Bestrebungen verliefen bisher jedoch im Sande – zuletzt im Jahre 2015.[7]„Bei einer Norm, die in ihrer Abgrenzung zum Totschlag über zwei Jahrtausende in der Geschichte“[8] zurückreicht, sollte im Hinblick auf die immer wieder aufkommenden Reformdiskussionen deshalb ein Blick auf die Entwicklungsgeschichte des Mordtatbestands geworfen werden. Der vorliegende Aufsatz nimmt dies zum Anlass, die Frage zu untersuchen, ob eine Reform aus rechtshistorischer Sicht notwendig ist.

Als Anknüpfungspunkt wird die tatbestandliche Fassung des § 211 RStGB (1871) gewählt, auf welche das heutige StGB[9] zurückgeht.[10] In diesem ersten Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches wurde der Mordtatbestand im Jahr 1871 erstmalig reichseinheitlich geregelt. Zuvor war das Strafrecht überwiegend in Partikular- und Landesrecht enthalten.[11] § 211 RStGB (1871) ist daher nicht nur aus rechtsgeschichtlicher Sicht der passende Ausgangspunkt der Untersuchung, sondern auch für ein besseres Verständnis der gegenwärtigen Bestimmung unentbehrlich.[12]

Für die Entwicklung des aktuellen Mordtatbestands sind zwei Gesetzesvorläufer entscheidend – die ursprüngliche Fassung von 1871[13] und die tatbestandlich noch heute geltende Fassung von 1941.[14] Beide Fassungen stehen jeweils charakteristisch für die zwei Konzeptionen zur Unterscheidung von Mord und Totschlag, die im Laufe der Zeit entwickelt wurden und noch immer vertreten werden.[15] Auf der einen Seite der Mordtatbestand von 1871, der eine Abgrenzung von Mord und Totschlag anhand des psychologischen Merkmals der sog. Überlegung vornahm und demgegenüber der Mordtatbestand von 1941, der diese Abgrenzung anhand kasuistischer tat- und täterbezogenen Verwerflichkeitsmerkmalen vornimmt und insoweit von dem geltenden § 211 StGB übernommen wurde.[16]

II. § 211 RStGB vom 15.5.1871

§ 211 RStGB (1871) „Mord“ lautete:

„Wer vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird, wenn er die Tödtung mit Ueberlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft.“[17] In Abgrenzung hierzu wurde der „Todtschlag“ in § 212 RStGB (1871) wie folgt beschrieben: „Wer vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird, wenn er die Tödtung nicht mit Ueberlegung ausgeführt hat, wegen Todtschlages mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.“[18]

Bei der Tötung eines Menschen zur Verwirklichung eines Mordes kam auf der Tatbestandsseite im RStGB (1871) dem psychologischen Merkmal der sog. Überlegung die entscheidende Abgrenzungsfunktion zu „Todtschlag“ zu. § 211 RStGB (1871) war diesbezüglich vom preußischen Strafgesetzbuch von 1851[19] sowie vom Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern von 1813[20] beeinflusst.[21] Das im bayStGB durch von Feuerbach kodifizierte Prämeditationskonzept wurde für die Regelung der Tötungsdelikte zum maßgeblichen Vorbild.[22] Art. 146 bayStGB differenzierte dem Wortlaut nach zwischen Vorbedacht und Überlegung. Es handelte sich hierbei lediglich um eine terminologische Unterscheidung, die sich allein in zeitlicher Hinsicht unterschied.[23] Diese Unterscheidung beruhte auf der Beeinflussung durch den französischen Code Pénal von 1810, der allein von préméditation, d.h. einer mit Prämeditation ausgeführten Tötung sprach. Préméditation, verstanden als Vorentschluss, konnte aber – nimmt man den Wortlaut ernst – nicht die Ausführung der Tat begleiten, weil ein vorab gefasster Entschluss notwendigerweise der Tatbegehung zeitlich vorausgeht. Dieses zeitliche Kriterium sollte im bayStGB sprachlich mit Vorbedacht und

Überlegung zum Ausdruck gebracht werden.[24] Das preußStGB sprach allein von Überlegung, ließ hierfür aber genügen, dass entweder „bei Fassung des Entschlusses oder überhaupt in irgendeinem Momente von Beschließung der That [sic!] bis zu ihrer aktuellen Verwirklichung Überlegung“[25] vorgelegen hat. Das RStGB (1871) stellte demgegenüber klar, dass „die Tödtung mit Ueberlegung ausgeführt [Hervor. d. Verf.]“[26] werden musste und begrenzte somit ausdrücklich den zeitlichen Bezugspunkt der Überlegung.[27] Damit war auch der langjährige Streit über den maßgeblichen Zeitpunkt des Vorliegens der Überlegung beendet.[28] Auf Rechtsfolgenseite wurde Mord mit der Todesstrafe bestraft.

Unter Überlegung verstand man das „Abwägen des Für und Wider die [sic!] Tat sprechende Umstände“[29]. Die Überlegung musste zum Vorsatz hinzutreten, über diesen hinausgehen sowie unabhängig und selbstständig festgestellt werden.[30] Überlegung musste bei der Tatausführung, d.h. während der gesamten für den Tod ursächlichen oder mitursächlichen Handlung vorliegen.[31] Ob Überlegung bei Tatentschluss oder Planung der Tat vorlag, war nicht entscheidend oder erforderlich.[32] Eine besonnene, bedachte und planmäßige Tatvorbereitung war aber ein Indiz für eine mit Überlegung ausgeführte Tötung.[33]

Handeln im Affekt, verstanden als eine Gefühlserregung, die über die normale übliche Aufregung hinaus geht und so gesteigert ist, dass ein Abwägen des Für und Wider der Tatumstände unmöglich oder ausgeschlossen ist, schloss eine mit Überlegung ausgeführte Tötung aus.[34] Entscheidend in Fällen „gesteigerte[r] seelische[r] Erregung“[35] war, ob der Täter bei Tatausführung immer „noch so sehr Herr seines Denkens, Wollens und Tuns war“[36], dass sein Handeln nicht oder jedenfalls nicht überwiegend auf seiner gefühlsmäßigen Erregung beruhte, sondern Ausdruck klarer Erwägung und einer besonnenen und bedachten Abwägung der den Täter zum Handeln drängenden und davon abhaltenden Beweggründen war. Eine „ruhige“ Überlegung war keinesfalls erforderlich. Die demnach tatbestandsrelevante Grenzziehung zwischen einerseits „erregt, aber noch in genügend klarerer Erwägung“ (Mord) zu andererseits „erregt und nicht mehr überlegt“ (Totschlag), stellte die Rechtsanwender vor erhebliche Probleme.

III. § 211 RStGB vom 4.9.1941

Durch § 2 lit. a des Gesetzes zur Änderung des Reichsstrafgesetzbuch von 4.9.1941 (im Folgenden RStGB [1941]) wurde § 211 RStGB (1871) geändert. § 211 RStGB (1941) hat den noch heute im Wesentlichen[37] geltenden Wortlaut.

㤠211

(1) Der Mörder wird mit dem Tode bestraft.

(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

(3) Ist in besonderen Ausnahmefällen die Todesstrafe nicht angemessen, so ist die Strafe lebenslanges Zuchthaus.“

㤠212

Wer einen Menschen vorsätzlich tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.“[38]

Das in der Vorläuferbestimmung enthaltene Merkmal der Überlegung wurde durch eine Kasuistik von Mordmerkmalen ersetzt, die die besondere Verwerflichkeit der Tatausführung bzw. des Tatmotivs kennzeichnen.[39] Der nationalsozialistische Gesetzgeber regelte aber nicht, was einen Mord kennzeichnete, sondern wer „als Mörder“anzusehen war.[40] Es wurde nicht zwischen Mord und Totschlag unterschieden, sondern zwischen Mörder und Totschläger.[41] Dieses Rechtsverständnis war Ausfluss einer Tätertypenlehre.[42] Die Mordmerkmale sollten den Tätertypen „Mörder“ lediglich beschreiben. Dabei waren die Mordmerkmale weder zwingend noch abschließend.[43] Der Täter musste „seinem Wesen nach“ ein Mörder sein. So konnte trotz Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen  eines  Mordmerkmals  der  Tätertypus „Mörder“ verneint werden. Umgekehrt hieß dies aber auch, dass als „Mörder“ bestraft werden konnte, wer tatbestandlich zwar kein Mordmerkmal verwirklicht hatte, aber dem „Tätertypus“ Mörder entsprach. „Mörder sein“ wirkte strafbegründend.[44] Ein solches Vorgehen war nach damaligem Verständnis möglich, weil die Gesetzesbindung nach Art. 116 WRV durch Aufhebung des Analogieverbots gem. § 2 RStGB entfallen war.[45] Damit war der Wandel von einem Tatstrafrecht zu einem Täter- oder Willensstrafrecht eingeleitet.[46] Das Gericht sollte sich mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzen und prüfen, ob dieser den Willen hatte, der Allgemeinheit zu schaden.[47] Die Verwerflichkeit konnte sich „aus der Ausführung der Tat und aus der sie beherrschenden Gesinnung ergeben“[48]. „Beweggrund, die Ausführung und der Zweck der Tat […] sollen […] darüber entscheiden, ob der Täter als Mörder oder Totschläger anzusehen ist.“[49] Nach einer sog. „lebens- und volksnahen Rechtsprechung“[50] war entscheidend, „wie Tat und Täter vom Standpunkte des gesunden Volksempfindens aus sittlich zu bewerten sind“,[51] da der Täter als Teil der Volksgemeinschaft auch nur aus dieser Sicht beurteilt werden konnte.[52] Erforderlich war, „dass es [das Gericht – Anm. d. Verf.] nach gesundem Volksempfinden zu einem gerechten Urteil kommt.“[53]

Auf Rechtsfolgenseite wurde Mord (weiterhin) mit dem Tod bestraft. In Ausnahmefällen konnte gem. § 211 Abs. 3 RStGB (1941) als „mildere“ Strafe auf lebenslange Zuchthausstrafe erkannt werden. Dadurch wurde der Sanktionssprung von Totschlag zu Mord „aufgeweicht“, da nach § 212 RStGB (1941) anstelle einer zeitigen auch eine lebenslange Zuchthausstrafe verhängt werden durfte.[54]

IV. § 211 StGB von 1945 bis heute

Nach 1945 sollte das gesamte Recht des Reiches und der Länder fortgelten, welches nicht durch nationalsozialistisches Gedankengut geprägt war.[55] Das RStGB galt somit im Wesentlichen[56] nach 1945 (bis 1949) fort, insbesondere auch der Mordparagraf, denn der OGHBrZ bescheinigte dem Mordtatbestand kein nationalsozialistisches Gedankengut.[57] Auch mit Inkrafttreten des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949[58] (GG) galt § 211 RStGB (1941)[59] fort, denn Art. 123 Abs. 1 GG bestimmte, dass das „Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestages […] [fort gilt], soweit es dem Grundgesetze nicht widerspricht.“[60] Dieser Fortgeltungsanordnung bedurfte es ab dem Zeitpunkt nicht mehr, ab dem das vorkonstitutionelle Recht vom nachkonstitutionellen Gesetzgeber in seinen Willen aufgenommen worden ist.[61] Dieser Gesetzgeberwille kam für § 211 Abs. 1 StGB mit der Streichung der Androhung der Todesstrafe durch das 3. StrÄG vom 4.8.1953[62] sowie mit der Ersetzung der lebenslangen Zuchthausstrafe durch lebenslange Freiheitsstrafe durch das 1. StrRG vom 25.6.1969[63] und für § 211 Abs. 2 StGB mit der (Neu)Bekanntmachung der Neufassung des gesamten StGB vom 2.1.1975[64] zum Ausdruck.[65]

1. Entwicklung in Gesetzgebung und Rspr.

Die seit 1945 an § 211 StGB vorgenommenen Änderungen betrafen ausschließlich die Strafandrohung. Mit Inkrafttreten des GG vom 23.5.1949 wurde die Todesstrafe gem. Art. 102 GG abgeschafft.[66] Infolge des 3. StrÄG vom 4.8.1953 wurde die Todesstrafe sodann auch aus dem StGB gestrichen und Mord mit lebenslangem Zuchthaus bestraft und in diesem Zuge § 211 Abs. 3 StGB (minder schwerer Fall des Mordes) gestrichen.[67] Nach Art. 5 Abs. 1 des 1. StrRG vom 25.6.1969 trat an die Stelle der lebenslangen Zuchthausstrafe die lebenslange Freiheitsstrafe.[68] Art. 19 Nr. 207 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2.3.1974 teilte § 211 StGB die neue Überschrift „Mord“ zu.[69] Da sich seit Bekanntmachung der Neufassung des Strafgesetzbuches vom 2.1.1975[70] an der tatbestandlichen Fassung des § 211 StGB nichts geändert hat, ist auch ein Blick auf die Entwicklung der höchstrichterlichen Judikatur zu § 211 StGB nach 1945 zu werfen.

Der BGH stellte zunächst mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG klar, dass die in § 211 StGB enthalteneTatbestandsbeschreibung abschließend sei.[71] In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass nach 1945 und aufgrund des Wiederauflebens des Analogieverbots[72] der Wortlaut nunmehr als maßgeblich galt, gelten musste und entsprechend auch als abschließend angewendet wurde. Man könnte deshalb sagen, dass durch Rückgängigmachen  der  Aufhebung  des  Analogieverbots – einem  unerträglich ungerechten Gesetz der NS-Zeit – der BGH dem Mordparagrafen das „richtige“ Verständnis im Hinblick auf dessen Abgeschlossenheit zugrunde gelegt hat. Nach Ansicht des BGH handelt es sich bei den in § 211 Abs. 2 StGB genannten Fällen um solche, die als besonders verwerflich beurteilt werden.[73] Er attestierte – wie zuvor bereits der OGHBrZ – indirekt dem Mordparagrafen kein spezifisch nationalsozialistisches Recht, indem er Bezug auf die schweizerischen Vorentwürfe Stooss´ nahm. Ebenfalls lehnte er in diesem Zuge auch die in der Literatur vertretene Auffassung ab, dass neben der Verwirklichung der Mordmerkmale der Täter zusätzlich auch besonders verwerflich gehandelt haben muss.[74]

Das BVerfG bescheinigte sodann der lebenslangen Freiheitstrafe ihre Verfassungsmäßigkeit.[75] Dabei betonte es, dass eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte restriktive Auslegung der Mordmerkmale geboten sei und wies darauf hin, dass die Mordmerkmale mit Blick auf eine (bisher) nicht vorzunehmende Verwerflichkeitsprüfung einer Überprüfung bedürfen. Die strafrechtliche Behandlung heimtückisch begangener Tötungen wurde daraufhin durch den BGH im Wege richterlicher Rechtsfortbildung durch die sog. „Rechtsfolgenlösung“ weiterentwickelt.[76] Liegen demnach in Fällen eines Heimtückemordes außergewöhnliche Umstände vor, aufgrund welcher die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe als unverhältnismäßig erscheint, ist zwar wegen Mordes zu verurteilen, es ist jedoch der Strafrahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB anzuwenden. Die Rechtsfolgenlösung ist (bisher) auf das Merkmal der Heimtücke begrenzt.[77]

2. Kritikpunkte gegen die heutige Fassung des Mordtatbestands

Auch heute finden sich keine Stimmen, die die §§ 211 ff. StGB als vollständig geglückt ansehen.[78]

Einheitlich wird die Formulierung „Mörder ist…“ und „wird als Totschläger […] bestraft“ kritisiert, da dieser Wortlaut jeweils mit der NS-Tätertypenlehre verbunden wird.[79]

Ferner ist das (dogmatische) Verhältnis der Tatbestände der §§ 211, 212 StGB zueinander nach wie vor umstritten.[80] Die dogmatische Einordnung ist nicht nur akademischer Natur, sondern hat erhebliche praktische Auswirkungen auf Täterschaft und Teilnahme.[81]

Auch die Rechtfertigung des „exorbitante[n] Sanktionensprung[s] von zeitiger zu lebenslanger Freiheitsstrafe“[82] wird bezweifelt.[83] Es stellt sich die Frage, wieso bei Verwirklichung eines Mordmerkmals allein die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe in Betracht kommen muss, wohingegen bei Fehlen eines Mordmerkmals für Totschlag im Regelfall eine zeitliche Begrenzung von 15 Jahren Freiheitsstrafe feststeht.[84] „Dieser gewaltige Sanktionssprung […] wäre leichter zu legitimieren, wenn […] auf Tatbestandseite eine vergleichbare Steigerung […] [des] Unrecht[s] […] erfassbar wäre.“[85] Demgegenüber ist Tötungsdelikten aber bereits von Natur aus ein hoher Unwertgehalt immanent, sodass für eine Unwertsteigerung wenig Raum bleibt.[86] Denn beide Tatbestände richten sich gegen dasselbe Rechtsgut – menschliches Leben. Daran ändert auch nichts, dass der BGH bei Mord und Totschlag von „zwei selbstständige[n] Tatbestände[n] mit verschiedenem Unrechtsgehalt“[87] spricht.

In diesem Zusammenhang und hieran anknüpfend steht auch die Rüge am „Exklusivitäts-Absolutheitsmechanismus“.[88] Hierunter versteht man, dass die Mordmerkmale abschließend und zwingend an die lebenslange Freiheitsstrafe gekoppelt sind.[89] Die Exklusivität der Mordmerkmale in Kombination mit der Absolutheit der lebenslangen Freiheitsstrafe schließe richterliches Ermessen aus. Dies verstoße gegen den Grundsatz „sinn- und maßvollen Strafens“[90] und widerspreche der Einzelfallgerechtigkeit.[91] Auch die Rechtsfolgenlösung relativiert diesen Befund nur teilweise, da sie nur für das Mordmerkmal der Heimtücke und auch dort nur in extremen Ausnahmefällen zur Anwendung gelangt. Auch durch Einführung des § 57a StGB wird dieses Problem kaum entschärft, denn zum einen ändert diese Bestimmung nichts an der grundsätzlichen Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe, zum anderen ist bei Feststellung der Schwere der Schuld gem. § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB i.d.R. eine Strafrestaussetzung zur Bewährung auch nach Verbüßung von 15 Jahren Freiheitsstrafe nicht möglich. Dies führt zu einer weit verbreitenden Umgehungsstrategie der Gerichte, insbesondere indem sie §§ 20, 21 StGB anwenden, um von lebenslanger Freiheitsstrafe absehen zu können.[92]

Erschwerend kommt hinzu, dass die Mordmerkmale sowohl teilweise zu unbestimmt als auch teilweise zu rigide sind. Dies zeigt sich an den beiden in der Praxis am häufigsten vorkommenden Mordmerkmalen der niedrigen Beweggründe und der Heimtücke.[93] So wird das Merkmal der niedrigen Beweggründe aufgrund der „Ethisierung des Tatbestandes durch sittlich verachtenswerte Motive“[94] immer wieder als zu unbestimmt angesehen.[95] Das Merkmal der Heimtücke ist in seiner Anwendung zu starr. Diesbezüglich sind die sog. „Haustyrannenfällen“[96] charakteristisch, in denen das tyrannische Familienmitglied etwa im Schlaf getötet wird. Hierbei handelt es sich bei wortgetreuer Anwendung der Standarddefinition um einen „klassischen“ Fall der Heimtücke. In diesen Fällen erscheint es aber höchst zweifelhaft, ob die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe die gerechte Strafe darstellt, da die Schuld hier aufgrund der notstandsnahen, ausweglos erscheinenden Situation erheblich gemindert ist. Dies sah auch der BGH so und reagierte auf diese Problematik deshalb mit der Rechtsfolgenlösung,[97] die neben Zustimmung in der Literatur[98] auch starker Kritik ausgesetzt ist.[99] So wird darin mitunter auch eine Überschreitung der Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung contra legem gesehen.[100]

V. Stellungnahme

Seit über 80 Jahren gibt es nun (mit leichten Änderungen bzgl. der Strafandrohung) den Mordparagrafen in seiner geltenden Fassung. Es herrscht heute ein breiter Konsens darüber, dass Reformbedarf besteht.[101]

1. Sanktionsgefälle zwischen Mord und Totschlag

Noch heute besteht eine Sanktionskluft zwischen Mord und Totschlag. Diese war in der Fassung von 1871 präsenter, da der Sanktionssprung von zeitiger Zuchthausstrafe hin zur Todesstrafe – im wahrsten Sinne – endgültig war. Hieran änderte grundsätzlich auch die Fassung von 1941 nichts, da dieser „Sprung“ weiterhin von lebenslanger Zuchthausstrafe hin zur Todesstrafe war. Das Sanktionsgefälle näherte sich aber an, da sowohl bei Mord als auch bei Totschlag lebenslange Zuchthausstrafe angeordnet werden konnte. Durch Wegfall der Todesstrafe hat sich dieses Sanktionsgefälle zwar formal noch einmal weiter angenähert. Nach wie vor besteht aber eine Sanktionskluft zwischen zeitiger und lebenslanger Freiheitsstrafe, da der besonders schwere Fall des Totschlags nach § 212 Abs. 2 StGB, der wie Mord lebenslange Freiheitsstrafe vorsieht, in der Praxis nahezu bedeutungslos ist.[102]

2. Die Problematik des „Exklusivitäts-Absolutheitsmechanismus“

In der rechtshistorischen Betrachtung zeigt sich ferner ein immer wiederkehrender Kritikpunkt, der mit der Sanktionskluft verbunden ist und heute unter dem Schlagwort „Exklusivitäts-Absolutheitsmechanismus“[103] zusammengefasst werden kann. Die Mordmerkmale sind nach heutigem Verständnis abschließend und somit (auch) exklusiv. Sprach man in der Fassung von 1871 zwar nicht von einem Mordmerkmal, so war doch das Kriterium der Überlegung das entscheidende und alleinige Merkmal, das die Mordtat charakterisierte. Es war insoweit also auch abschließend bzw. exklusiv. Ein solches Verständnis hatte der NS-Gesetzgeber entgegen des Wortlauts und des heutigen Verständnisses nicht. Die Mordmerkmale sollten allein der beispielhaften Veranschaulichung des Tätertypus „Mörder“ dienen, sodass der Mordtatbestand nicht abschließend war. Dies war dem Umstand geschuldet, dass das rechtsstaatliche Analogieverbot aufgehoben war. Ein solcher „weiter“ Tatbestand ermöglichte es zwar grundsätzlich, einzelfallbezogen entscheiden zu können. Durch eine solche Ausgestaltung ließ man aber – wie von vorneherein beabsichtigt und entsprechend umgesetzt – Tür und Tor für willkürliche, NS-ideologisch geprägte Entscheidungen offen.[104]

Die zwingende Verknüpfung, bei Vorliegen eines Mordmerkmals auf eine ausschließliche bzw. absolute Strafrechtsfolge zu erkennen, bestand bereits in der Fassung von 1871, denn Mord sah – damals noch – allein die Todesstrafe vor. Das ist mit der von § 211 StGB angedrohten lebenslangen Freiheitsstrafe auch heute nach wie vor der Fall. Auch zur NS-Zeit lässt sich der Kritikpunkt der „Absolutheit“, wenn auch in leicht abgeschwächter Form, finden. So sah § 211 Abs. 3 RStGB (1941) zwar vor, dass anstelle von Todesstrafe auf lebenslange Zuchthausstrafe erkannt werden konnte. Von dieser Regelung machte man in der Praxis aber kaum Gebrauch,[105] sodass es faktisch bei einer absoluten Strafrechtsfolge blieb. Dieses Strafzumessungsventil fiel 1953 weg,[106] was insoweit konsequent war, als man allein auf die Zuchthausstrafe abstellte, denn diese war bis 1969 Hauptstrafe. In diesem Zuge hat man aber den Grundgedanken des § 211 Abs. 3 StGB – einzelfallgerecht urteilen und reagieren zu können – bedauerlicherweise mitgestrichen.[107] Die Streichung des Tatbestands des Sonderstrafrahmens für besondere Ausnahmefälle hat somit nach wie vor eine Lücke hinterlassen, die durch die Rechtsfolgenlösung des BGH nur – beim Heimtückemord – teilweise und insoweit contra legem geschlossen wurde.[108] Der heutige „Absolutheitsmechanismus“ ist zwar durch die Möglichkeit der Strafrestaussetzung gem. § 57a StGB und bzgl. des Heimtückemordes durch die Rechtsfolgenlösung teilweise relativiert,[109] „gelöst“ ist die Problematik dadurch aber nicht,[110] denn es handelt sich lediglich um temporäre „ad-hoc-Lösungen“[111]. Dies zeigt sich auch an den noch heute praktizierten Vermeidungsstrategien, die eine Umgehung der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe bezwecken. Im Jahre 1871 tendierte man zu einer restriktiven Anwendung des Überlegungsmerkmals, weil die Geschworenen die Todesstrafe als zu hart empfanden.[112] Heute bedient man sich einer großzügigen Annahme der §§ 20, 21 StGB.[113]

3. „Zu weit und zu eng“

Ein weiterer Kritikpunkt, der sich teilweise mit dem vorherigen überschneidet, zieht sich durch die Rechtsgeschichte und findet sich in der prägnanten Aussage von Eser zur Fassung des RStGB von 1871 wieder. Der Mordtatbestand ist „sowohl zu weit als auch zu eng“[114].

Das Überlegungskriterium war insbesondere bezogen auf die Strafrechtsfolge zu weit, weil derjenige wegen Mordes bestraft werden musste, der seinen totkranken Angehörigen aus Mitleid tötete, nachdem er verständlicherweise das Für und Wider der Tat abgewogen hatte.[115] Gleiches musste demjenigen widerfahren, der sich aus einer ausweglosen Konfliktlage „befreite“, indem er seinen Peiniger oder Haustyrannen letztlich tötete.[116] Unter der Geltung der Fassung von 1941 stand man vor demselben Problem und versuchte dieses durch die Anwendung der normativen Tätertypenlehre juristisch in den Griff zu bekommen. So wollte man dem Rechtsanwender ein Instrument an die Hand geben, um einzelfallbezogen entscheiden zu können, da man erkannte, dass eine Verurteilung wegen Mordes nicht in allen Fällen auch der Gesinnung des Täters entsprach und schuldangemessen war, obwohl tatbestandlich ein Mordmerkmal bejaht werden musste. Dahm selbst führt hierfür den Haustyrannenfall[117] an, der dieses Bedürfnis eindrücklich verdeutlicht.[118] So wird man zustimmen dürfen, dass im Haustyrannenfall die Verurteilung wegen Mordes, insbesondere bezogen auf die Rechtsfolgen i.d.R. unangemessen ist. Verneint man in diesem Fall die Strafbarkeit wegen Mordes, weil dieser Täter nicht dem gesetzlichen Leitbild eines „Mörders“ entspricht, so entspricht dies am Ende der Systematik von Regelbeispielen[119] oder der Lehre der negativen Typenkorrektur[120]. In beiden Fällen ist grundsätzlich objektiv der Tatbestand zu bejahen, dennoch wird im Ergebnis – im Fall der Regelbeispiele – der besonders schwere und minder schwere Fall oder – im Fall der negativen Typenkorrektur – der Mord verneint, weil Umstände vorliegen, die der Gesetzgeber nicht bedacht hatte oder die gegen eine besonders verwerfliche Tötung sprechen. Heute kann man diese „Weite“ an der Starrheit des Heimtückemordmerkmals festmachen, denn der BGH macht mit seiner Rechtsfolgenlösung deutlich, dass der Mordtatbestand in manchen Fällen zu weit geht. Auch dem Auffangtatbestand der niedrigen Beweggründe, der als zu unbestimmt kritisiert wird,[121] haftet eine „Weite“ an, die zu erheblichen Auslegungsproblemen führt.[122]

Auf der anderen Seite ist der Mordtatbestand auch heute noch teilweise zu eng. Bei der Tatbestandsfassung von 1871 wurde kritisiert, dass nicht annähernd alle verwerflichen Tötungen über das Überlegungsmerkmal erfasst werden konnten.[123] So wurde der unüberlegt und spontan handelnde Täter „nur“ wegen Totschlags bestraft. Hier stellte sich die Frage, wieso derjenige, der aus geringfügigem Anlass einen anderen tötete, die „Milde“ des Gesetzes verdiente?[124] Diese „Enge“ der Tatbestandsfassung bestand auf der Grundlage einer normativen Tätertypenlehre zwar nicht. Heute hat man mit einem abschließenden Mordmerkmalekatalog aber teilweise wieder „schwarze Felder nicht erfasster Fälle“[125], z.B. bei politischen Terrorakten, die nur teilweise vom Auffangtatbestand der niedrigen Beweggründe erfasst werden.[126] Diese Fälle können theoretisch durch § 212 Abs. 2 StGB „aufgefangen“ werden, der für Totschlag im besonders schweren Fall – wie beim Mord – lebenslange Freiheitsstrafe vorsieht. In der Praxis wird hiervon jedoch wenig Gebrauch gemacht.[127]

4. Das fehlende Leitprinzip

Das damit ebenfalls zusammenhängende Problem ist das Fehlen eines verbindlichen Leitprinzips von Mord. Bereits bei der Fassung von 1871 fragte man, worin die Rechtfertigung des Sanktionssprungs von Totschlag zu Mord lag. Das Merkmal der Überlegung ließ diese Frage unbeantwortet.[128] Es war wertneutral, da es über die Verwerflichkeit der Tat und die Gefährlichkeit des Täters unmittelbar nichts aussagen und den Unwertgehalt der Tat nicht vollständig erfassen konnte.[129] Die Verwerflichkeit der Tat und die Gefährlichkeit des Täters mögen im Ergebnis zwar häufig mit dem Merkmal der Überlegung übereingestimmt haben,[130] die Art und Stärke der Tatmotive sowie die tatumstandsbedingten Gefährlichkeitsindizien konnten aber vom Überlegungsmerkmal nicht erfasst werden. Naheliegend dürfte deshalb sein, dass eine Verurteilung nicht allein wegen des Überlegungsmerkmals als gerechtfertigt angesehen wurde, sondern aufgrund der i.d.R. daneben bestehenden weiteren Motive. Insoweit muss man berücksichtigen, dass das Überlegungskriterium anfangs ausschließlich dazu dienen sollte, eine Affekttötung aus dem Anwendungsbereich des Mordtatbestands zu nehmen. Demgegenüber verlieh das RStGB (1871) dem Überlegungsmerkmal die Funktion eines strafbegründenden Mordmerkmals.[131] Zur Übernahme einer solchen Funktion war das Merkmal jedoch nicht ausgelegt. Heute werden als Leitprinzip vorwiegend die besondere Verwerflichkeit[132] sowie die besondere Gefährlichkeit der Tat[133] oder des Täters[134] angesehen.[135] Während der NS-Zeit stand zwar auch bereits die besondere Verwerflichkeit im Mittelpunkt, die sich damals aber allein auf die verwerfliche Gesinnung des Täters bezog.[136] Auch wenn man heute wohl zumindest zwischen den drei Gruppen der Mordmerkmale differenzieren muss, da „angesichts der Heterogenität der Mordmerkmale eine monistische Deutung nicht in Betracht kommen [wird]“[137], so zeigt sich, dass man sich nach wie vor nicht auf ein Leitprinzip einigen konnte. Der Gesetzgeber hat nie zum Leitprinzip der Strafwürdigkeit von Tötungsdelikten Stellung genommen und somit auch nicht geklärt, nach welchen Prinzipien die Mordmerkmale auszulegen sind.[138] Dies mag u.U. einer der Gründe sein, wieso nach wie vor das dogmatische Verhältnis zwischen Mord und Totschlag nicht geklärt ist.

5. „Nazi-Vergangenheit“

An dem Vorwurf, dass § 211 StGB der Ruf eines „Nazi-Paragrafen“ anhafte,[139] ist zwar richtig, dass die heutige Tatbestandsfassung formal auf ein NS-Gesetz zurückgeht.[140] Die heutige Fassung als ein vor „braunem“ Gedankengut triefenden Paragrafen abzustempeln,[141] ist jedoch in dieser Pauschalität rechtsgeschichtlich nicht korrekt und nicht zu Ende gedacht.[142] So entspringen die Mordmerkmale materiell nicht aus einer „Nazi-Feder“ und enthalten kein spezifisches NS-Gedankengut.[143] Denn man wird nicht umhinkommen, die Rechtsentwicklung in der Schweiz, insbesondere die Vorentwürfe von Carl Stooss zum schweizerischen StGB als Inspirationsquelle anzusehen und daraus ableiten können, dass der deutsche Gesetzgeber von 1941 sich an diesem schweizerischen Modell orientiert hat.[144] Bereits in den Entwürfen von Stooss finden sich die Merkmale „Mordlust“, „Habgier“ oder „andere gemeinen Beweggründe“ ebenso wie „Grausamkeit“, „Heimtücke“ und „andere Mittel, die geeignet sind, Leib und Leben vieler Menschen zu gefährden“ sowie „Verdeckungs- und Ermöglichungsabsicht“.[145] Auch die häufig dem NS-Gesetzgeber zugeschriebene Generalklausel der „niedrigen Beweggründe“ ist nur scheinbar deren Erfindung,[146] denn auch der Vorentwurf Stooss´ von 1916 sah bereits eine Generalklausel mit sog. „anderen gemeinen Beweggründen“ vor.[147] Die Gesetzesmaterialien zur Fassung von 1941 vermeiden es zwar, auf die Vorentwürfe von Stooss zum schweizerischen StGB Bezug zu nehmen.[148] In den Sitzungen der Strafrechtskommission wurden die schweizerischen Entwürfe aber erwähnt.[149] Der Urentwurf zum schweizStGB von Stooss aus dem Jahr 1893 verdeutlicht folglich, dass bereits vor der NS-Zeit eine Bewertung anhand einer verwerflichen Gesinnung des Täters und Gefährlichkeit der Tat orientierten Mordkasuistik vorgenommen wurde.[150] Ein solches Verständnis findet seine Wurzeln zudem in der germanischen Tradition, also lange vor 1941.[151]

Auch die mit dem Wortlaut „Mörder ist…“ nach wie vor verbundene (normative) Tätertypenlehre,[152] die während der NS-Zeit (teilweise) vertreten wurde, war bereits mit Ende des 2. Weltkriegs – zu Recht – gegenstandlos und hatte in der Praxis nach 1945 i.R.v. § 211 StGB keine Bedeutung.[153] Indes kann der teilweise vertretenen Auffassung, dass es eine Tätertypenlehre generell nicht gegeben habe,[154] jedenfalls in dieser Pauschalität, nicht zugestimmt werden. Die Formulierung „Mörder ist…“ lässt nicht nur den Schluss zu, sondern drängt förmlich dazu, dass die Tatbestandsfassung von 1941 Ausprägung einer Tätertypenlehre war. 1941 konnte man die normative Tätertypenlehre „stimmig“ auf den Wortlaut anwenden. Aufgrund der Kommentierung Freislers darf man sagen, dass eine Tätertypenlehre nach dem Wortlaut „Mörder ist…“ ins Gesamtbild der NS-Zeit passt. Es soll dabei aber nicht der Eindruck entstehen, dass es zu dieser Zeit „die“ eine Tätertypenlehre gab. So existierten verschiedene Begriffe, Definitionen und Theorien von Tätertypenlehren.[155] Auf die einzelnen Theorien kann und muss vorliegend nicht eingegangen werden, da die normative Tätertypenlehre bereits während der NS-Zeit umstritten war und nicht einheitlich vertreten wurde.[156] Im Hinblick auf die Fassung von 1941 muss zudem berücksichtigt werden, dass diese auf einem Entwurf aus dem Jahr 1936 beruht. Zu dieser Zeit war der Begriff des Tätertypen noch unausgereift und steckte in seinen „Kinderschuhen“. Wie den Protokollen der Strafrechtskommission entnommen werden kann, wollte man erreichen, dass der Persönlichkeit des Täters mehr Gewicht verliehen und sich mit der Täterpersönlichkeit auseinandergesetzt wurde.[157] Auch die Äußerung Freislers „man kann den Mord nicht beschreiben, sondern […] nur den Mörder durch Wertung kennzeichnen“[158] bestätigt das. Ob dies an dieser Stelle im Jahre 1936 zwingend mit einer Tätertypenlehre gleichgesetzt werden darf, die Dahm und Freisler Anfang 1940 dem Mordparagrafen attestierten, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es muss berücksichtigt werden, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der Fassung von 1941 erst nach Kriegsende erfolgte und eine Tätertypenlehre sich damit nicht außerhalb von Kriegszeiten bewähren konnte.[159] Auch das RG lehnte eine Tätertypenlehre anfangs – anders im Kriegsstrafrecht[160] – bei Mord ab.[161] Diese Rechtsprechung gab das RG später auf und stand jedenfalls „weniger streng“[162] als zuvor zur Tätertypenlehre.[163] Die Tätertypenbezeichnung „Mörder“ und „Totschläger“ sind heute aber systemfremde Elemente in dem von Tatstrafrecht und nicht von einem Täterstrafrecht ausgehenden StGB.[164] Im Sprachgebrauch nennt man einen wegen Mordes Verurteilten zwar „Mörder“, ohne dies aber – zumindest bewusst – mit einer Tätertypenlehre zu verbinden. Zusammengefasst lässt sich sagen: Der Wortlaut wird so lange mit der NS-Zeit verbunden sein bis die Formulierung „Mörder ist…“ gestrichen wird.[165] Aber die seit 1945 bis heute praktizierte Judikatur hatte nie etwas mit dem Verständnis während der NS-Zeit gemein. Unser Rechtsstaat kann den heutigen Wortlaut zwar aushalten, jedoch wäre eine „Wortlautkosmetik“[166] wünschenswert und zu empfehlen.

6. Fazit

Abschließend lässt sich sagen, dass eine Reform des Mordtatbestands (auch) aus rechtsgeschichtlicher Sicht notwendig ist. Es hat sich gezeigt, dass seit 1871 bis heute dieselben oder ähnliche Kritikpunkte gegen den Mordtatbestand vorgebracht werden (können). Hatte man 1871 bereits Probleme mit einem „Mordmerkmal“, so hat sich daran auch heute nichts geändert. Der Mordtatbestand ist weiterhin teilweise zu weit und teilweise zu eng gefasst. Auch gilt der Kritikpunkt der Kopplung der abschließenden Mordmerkmale mit der absoluten Sanktionsfolge fort (Exklusivitäts Absolutheitsmechanismus-Problematik). Die Rechtfertigung des damit zusammenhängenden Sanktionssprungs bzw. der Sanktionskluft zwischen Mord und Totschlag ist dadurch auch heute noch nicht zufriedenstellend geklärt, zumal Uneinigkeit über ein allen Mordmerkmalen immanentes Leitprinzip besteht.

VI. Reformvorhaben

Über das „Ob“ einer Reform besteht heute weitgehend Einigkeit,[167] auf das „Wie“ konnte man sich bisher noch nicht verständigen.[168] An Reformvorschlägen mangelt es diesbezüglich nicht.[169]

Abschließend soll deshalb auf diskutierte Reformvorhaben eingegangen werden. Dabei zeigt sich, dass man sich im Einzelnen mit vier Hauptpunkten auseinandersetzt.[170] Es ist zum einen der Wortlaut „Mörder“ und „Totschläger“ sowie das umstrittene systematische Verhältnis von Mord und Totschlag zueinander, über das diskutiert wird. Zum anderen sind es die Motivgeneralklausel sowie die heimtückische Tötung und letztlich das ambitionierte, aber notwendige Vorhaben der Auflösung des Exklusivitäts-Absolutheitsmechanismus.

1. Änderung des Wortlauts

Die Entfernung des Wortlauts „Mörder“ und „Totschläger“ ist im Hinblick auf die nationalsozialistische erinnernde Tätertypenlehre allgemein konsensfähig.[171] Zuletzt stellte das Land Schleswig-Holstein 2014 einen entsprechenden Antrag auf Änderung des Wortlautes.[172]

2. Systematik der Tötungsdelikte

Bei Beibehaltung eines dreistufigen Aufbaus (§ 216 StGB, § 212 StGB und § 211 StGB) wird eine gesetzgeberische Klarstellung dahingehend angeregt, dass Totschlag das Grunddelikt und Mord hierzu als Qualifikation anzusehen sei, so wie es die h.M. in der Literatur seit jeher vertritt.[173] Auch der BGH, der Mord und Totschlag bisher eisern als selbstständige Tatbestände ansieht, hat vorsichtig ein Umdenken in die Richtung der Literatur in einem obiter dictum angedeutet.[174] Teilweise wird in der Literatur auch eine Privilegierung „nach unten“ in Erwägung gezogen, dergestalt, dass eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt wird, wenn eine vorsätzliche Tötung und keine täterbegünstigende Merkmale vorhanden sind.[175]

3. Streichung von Mordmerkmalen

Zudem wird überlegt, die Mordmerkmale der niedrigen Beweggründe sowie der Heimtücke aufgrund der zuvor angesprochenen Kritikpunkte zu streichen.[176] Durch Streichung dieser Mordmerkmale wäre der Einzugsbereich des Mordtatbestands deutlich reduziert, da es sich bei der Generalklausel und der Heimtücke um die in der Praxis am häufigsten vorkommenden Mordmerkmale handelt.[177] Die Frage, die sich stellt, ist, ob durch Streichung dieser Mordmerkmale Handlungen aus dem Mordtatbestand herausgenommen würden, die wertungsmäßig nicht einem Mord zuzuordnen sind. Für das Mordmerkmal der Heimtücke hieße dies bspw., dass das Töten Schlafender ebenso wie die Tötung aus dem Hinterhalt oder mittels Gifts nicht mehr wegen Mordes bestraft werden könnte. Diese Verhaltensweisen gelten aber als höchst strafwürdig. Selbiges gilt für die Generalklausel, der eine Art Auffangfunktion zukommt. Zugegeben: Dieser haftet eine Unschärfe an. Andererseits „könnten fortan zahlreiche höchststrafwürdige Fälle – erwähnt seien pars pro toto Ehrenmorde, Blutrachefälle, rassistisch oder ausländerfeindlich motivierte Tötungsdelikte sowie Taten zur ‚bloßen Erregung‘ des Geschlechtstriebs – nicht mehr ohne Weiteres als Mord geahndet werden.“[178]

4. Auflösung des Exklusivitäts-Absolutheitsmechanismus

Die Auflösung des Exklusivitäts-Absolutheitsmechanismus ist der größte und gravierendste Punkt von Reformvorhaben, denn hiervon „hängt der zukünftige Stellenwert der lebenslangen Freiheitsstrafe für höchststrafwürdige Tötungsverbrechen ab.“[179] Es haben sich hierbei drei Regelungsalternativen herausgebildet.

a) Qualifikationsmodell mit Möglichkeit der Absenkung auf zeitige Freiheitsstrafe, sog. (eng umgrenzte) Öffnungsklausel

Soweit man Mord als eine Qualifikation zum Totschlag ansieht, wird vorgeschlagen, dass in Ausnahmefällen auf zeitige Freiheitsstrafe erkannt werden kann.[180] Die Umsetzung eines sog. Qualifikationsmodells soll mittels eines zusätzlichen Absatzes in § 211 StGB erfolgen, nach dem bei erheblicher Absenkung des Unrechts zeitige Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren vorgesehen ist. Diese auf die Rechtsfolgenseite begrenzte Öffnungsklausel soll dabei keine i.S. eines minder schweren Falls des Mordes sein. Mord soll weiterhin im Grundsatz mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet werden. Es bieten sich hierzu Merkmale wie „außergewöhnliche Milderungsgründe“ oder „erhebliche Unrechtsminderung“ an, sodass sichergestellt ist, dass tatgelöste Strafzumessungserwägungen von vornherein keinen Einfluss gewinnen können.

b) Regelbeispielsmodell

Andererseits wird auch eine Umwandlung der tatbestandlichen Mordmerkmale in strafzumessungsrechtliche Regelbeispiele vorgeschlagen.[181]„Verwirklicht der Täter eines von ihnen, hat er grundsätzlich lebenslange Freiheitsstrafe verwirkt, es sei denn, dass die für die Verhängung der Höchststrafe streitende Indizwirkung der Regelbeispiele durch Besonderheiten des Einzelfalles widerlegt wird.“[182]

c) Strafzumessungslösung

Im Vergleich zu den vorherigen Ansätzen gehen die Anhänger einer reinen Strafzumessungslösung noch einen Schritt weiter.[183] Als Grundtatbestand der Tötungsdelikte ist für alle nichtprivilegierten Fälle der Tatbestand der vorsätzlichen Tötung vorgesehen, der neben zeitiger auch lebenslange Freiheitsstrafe bestimmt. Die Bestrafung nach der Höchststrafe soll auf Ebene der Strafzumessung neben den allgemeinen Strafzumessungskriterien auch anhand der bisherigen Mordmerkmalen vorgenommen werden, die weiterhin als Orientierungshilfe dienen sollen.

d) Stellungnahme

Die Strafzumessungslösung hat zunächst den Vorteil, dass die umstrittene Systematik von Mord und Totschlag aufgelöst wird. Als Pendant zur fahrlässigen Tötung wird allein die vorsätzliche Tötung gegenüberstellt, sodass dadurch in der Theorie das Rechtsgut Leben – entgegen teilweiser vertretener Ansicht[184] – in den Vordergrund gestellt werden kann. Sie verlagert dadurch aber die Abgrenzung von Mord und Totschlag auf die Strafzumessungsebene, denn es bleibt unklar, wann die höchste Strafe verhängt werden soll. Es darf den Gerichten zwar ohne Zweifel zugetraut werden, dass sie das „richtige“ Ergebnis finden werden. Es ist aber Aufgabe des Gesetzgebers, höchststrafwürdige Fälle zu umschreiben und dem Rechtsanwender einen Maßstab oder eine Leitlinie an die Hand zu geben. Dies ist unerlässlich. Eine reine Strafzumessungslösung gäbe den Gerichten einen zu weiten und somit unüberschaubaren Gestaltungsspielraum und „untergräbt nachhaltig sowohl die Rechtssicherheit als auch die Gleichförmigkeit gerechten Strafens auf einem besonders sensiblen Feld des Strafrechts, zumal da Akte der Strafzumessung revisionsgerichtlicher Kontrolle nur eingeschränkt unterliegen.“[185] Auch ist zu berücksichtigen, dass Gerichte dazu neigen, gesetzliche Höchststrafen selten zu verhängen und eher Abstand hiervon nehmen, sodass eine Absenkung des Sanktionsrahmens zu erwarten ist und die auf den ersten Blick ansprechende Strafzumessungslösung abzulehnen ist.

Mit Blick auf die Verwirklichung einer Einzelfallgerechtigkeit scheint somit eine Ausgestaltung des Mordtatbestands i.S.v. Regelbeispielen naheliegend, wenn man sich deren grundsätzliche Konzeption von Indiz-, Gegenschluss- und Analogiewirkung[186] ansieht.[187] Nicht übersehen werden darf aber die der Regelbeispielstechnik anhaftende Gefahr ihres Abgleitens in konturenlose Zuschreibungen und einer möglichen Umgehung von Art. 103 Abs. 2 GG.[188] Diese ist es auch, weshalb die Lösung über Regelbeispiele ebenfalls abzulehnen ist. In die Gesamtbetrachtung fließen gerade neben schuldrelevanten Umständen auch allgemein strafzumessungsrelevanten Umstände mit ein, wie bspw. Vorstrafen, Geständnisbereitschaft und Nachtatverhalten. Es darf nicht dazu kommen, dass das Absehen von lebenslanger Freiheitsstrafe von solchen unrechts- und schuldgelösten Strafzumessungskriterien abhängig gemacht wird. Es besteht aber auch kein Bedarf, die Mordmerkmale generell in Regelbeispiele umzuwandeln, denn die Tötungen aus Habgier, aus sexuellen Motiven und zur Ermöglichung einer anderen Straftat sowie in grausamer Weise oder mit gemeingefährlichen Mitteln sind durchgängig höchst strafwürdig.[189]

Insoweit ist dem Qualifikationsmodell der Vorzug zu geben, das für Rechtssicherheit sorgt, indem der Gesetzgeber präzise vorgibt, unter welchen Gesichtspunkten lebenslange Freiheitsstrafe verhängt wird. Es besteht bei diesem Modell jedoch auch die Gefahr einer Aushöhlung der lebenslangen Freiheitsstrafe. Gestaltet man die Öffnungsklausel aber restriktiv aus und nicht im Sinne eines minder schweren Falles, so würde man diese latente Gefahr in den Griff bekommen. Erforderlich ist dafür, dass man die Öffnungsklausel auf Sachverhalte begrenzt, in denen das Unrecht der Tat durch außergewöhnliche Umstände des Einzelfalles erheblich gemildert ist.

5. Abschließende Stellungnahme zu Reformvorhaben

Die Änderung des Wortlautes dürfte bei der nächsten Umsetzung einer Reform beschlossene Sache sein. Dies zeigt sich aktuell auch wieder am Vorstoß von Justizminister Marco Buschmann, der die Gesetzestexte von noch vorhandener Nazi-Sprache befreien möchte.[190] Diese Wortlautkosmetik bliebe im Zuge einer Reform aber allein Nebenprodukt und Anhängsel einer Reform.

Die Ausgestaltung des systematischen Verhältnisses von Totschlag zu Mord als Grunddelikt und Qualifikation dürfte – unabhängig davon, dass es die sachlich „richtige“ Ansicht ist – naheliegend sein, letztlich aber auch ohne gesetzgeberischen Eingriff Anerkennung finden. Es würde jedenfalls die sehr komplexen Lösungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschlacken. Zu denken ist hierbei u.a. an die Handhabung bei sog. gekreuzten Mordmerkmalen, um nur eines von vielen Beispielen zu nennen.[191]

Dagegen wird wohl mangels einer Alternative die Generalklausel als auch die Heimtücke im Kern weiterhin Bestand haben. Es ist aber denkbar, die Generalklausel um weitere Beweggründe wie bspw. Abstammung, ethnische oder sonstige Herkunft, Glauben oder religiöse Abstammung oder rassistischen Beweggründe zu ergänzen, um somit dieser mehr Bestimmtheit zu verleihen.[192] Diese Vorgehensweise ist auch bei der Heimtücke notwendig. So kann bei Heimtücke ein Merkmal der Schutzlosigkeit aufgenommen werden, um zukünftig auch Kleinstkinder und bewusstlose Personen zu erfassen.[193]

Es wäre natürlich generell zu begrüßen, anhand eines einzigen Merkmales – wie in der Fassung von 1871 – einen Mord begründen zu können. Eine solche Definition müsste zum einen im Ausgangspunkt bereits so konkret sein, dass sie jeden im Grundsatz als strafwürdig anzusehenden Mord erfasst, aber zum anderen gleichzeitig die Möglichkeit offenlassen, im Einzelfall und im Hinblick auf eine gerechte und schuldangemessene Strafe hiervon abweichen zu können. Dies käme wohl einem deus ex machina gleich.

Zu einer wie auch immer ausgestalteten Auflösung des Exklusivitäts-Absolutheitsmechanismus wird es sicher auch kommen.[194] Im Ausgangspunkt ist aber noch einmal festzuhalten, dass Mord grundsätzlich zu Recht mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet wird. Dennoch wäre eine Auflösung zu begrüßen. Dies zeigt nicht nur der vorliegende Beitrag aus rechtsgeschichtlicher Sicht, sondern wird auch durch die heutigen geführten Reformvorhaben bestätigt. Insoweit wird hier die Ausgestaltung im Sinne des Qualifikationsmodells mit restriktiver Öffnungsklausel bevorzugt.

Unabhängig davon, wie eine Neufassung des Mordtatbestands oder der Tötungsdelikte aussehen wird, wird auch diese wiederum Kritik ausgesetzt sein. Eine Lösung, mit der „alle“ zufrieden sein werden, wird es nicht geben (können), darf aber auch nicht Anspruch einer Reform sein. Es sollte jedoch eine Lösung sein, die so ausgestaltet ist, dass in diesem Zuge jedenfalls auch eine Abgrenzung von Mord und Totschlag anhand des Überlegungsmerkmals nicht weitere 150 Jahre in den Köpfen der Bevölkerung präsent ist.

 

[1]      Vgl. Rotthaus, NStZ 2005, 482 (485); diesen Eindruck bestätigt Böttner, in: strafrecht-bundesweit.de, https://www.strafrecht-bundesweit.de/strafrecht-kanzlei-verzeichnis/toetungsdelikte-und-kapitalstrafsachen-wie-mord-totschlag/ (zuletzt abgerufen am 28.12.2022).
[2]      RGBl. 1871, S. 166.
[3]      Zum Begriff Vorbedacht und Überlegung siehe III.
[4]      Rissing-van Saan, in: LK-StGB, 12. Aufl. (2019), Vorb. §§ 211 ff. Rn. 110; Schneider, in: MüKo-StGB, 4. Aufl. (2021), § 211 Rn. 2.
[5]      Lex Numae etwa 700 v. Chr. Vgl. hierzu Thomas, Die Geschichte des Mordparagraphen – eine normgenetische Untersuchung bis in die Gegenwart, 1985, S. 5.
[6]      Exemplarisch der 53. DJT 1980. Vgl. hierzu Eser, DJT-Gutachten, 1980.
[7]      Safferling, in: Matt/Renzikowski, StGB, 2. Aufl. (2020), Vorb. § 211 Rn. 8-9; zum Reformvorhaben 2015 siehe Abschlussbericht der Expertengruppe zur Reform der Tötungsdelikte (§§ 211-213, 57a StGB) dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas im Juni 2015 vorgelegt, online abrufbar unter: bit.ly/3JgFaJw(zuletzt abgerufen am 28.12.2022).
[8]      Thomas, S. 2 f.
[9]      In der Fassung der Bekanntmachung vom 13.11.1998 (BGBl. I, S. 3322).
[10]    Vgl. BGBl. I 1975, S. 1; Fischer, StGB, 70. Aufl. (2023), Einl. Rn. 3; Bechtel, JSE 2014, 267 (271). Das RStGB (1871) ist inhaltsgleich mit dem Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes (BGBl. NDB 1870, S. 197-273). Mit Gesetz v. 15.5.1871 (RGBl. S. 127) wurde aus dem Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund namentlich das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. Nach der Verfassung des Deutschen Reiches v. 16.4.1871, einer revidierten Version der Verfassung des Deutschen Bundes v. 1.1.1871, galt das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund im Deutschen Reich fort, denn nach § 2 des Gesetzes betreffend die Verfassung des Deutschen Reiches v. 16.4.1871 blieb Art. 80 der Verfassung des Deutschen Bundes in Kraft (RGBl. S. 63). Art. 80 Abs. 2 Nr. 3 der Verfassung des Deutschen Bundes regelte, dass das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund im Deutschen Reich fort gilt (BGBl. NDB 1870, S. 646).
[11]    Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, StrafR AT, 13. Aufl. (2021), § 4 Rn. 3.
[12]    Vgl. Eser, D 24.
[13]    RGBl. I 1871, S. 166.
[14]    RGBl. I 1941, S. 549.
[15]    Müssig, Mord und Totschlag: Vorüberlegungen zu einem Differenzierungsansatz im Bereich des Tötungsunrechts, 2005, S. 9.
[16]    Schneider, in: MüKo-StGB, § 211 Rn. 2.
[17]    RGBl. I 1871, S. 166.
[18]    RGBl. I 1871, S. 167.
[19]    § 175 preußStGB: „Wer vorsätzlich und mit Überlegung einen Menschen tödtet, begeht einen Mord“. Zit. nach RGSt 8, 276 (277).
[20]    § 146 bayStGB: „Ein Todschläger, welcher die von ihm verursachte Entleibung mit Vorbedacht beschlossen oder mit Überlegung ausgeführt hat, soll als Mörder mit dem Tode bestraft werden.“ Zit. nach Müssig, S. 38.
[21]    Eser, D 24.
[22]    Müssig, S. 55.
[23]    Hierzu Wachenfeld, Die Begriffe von Mord und Totschlag sowie vorsaetzlicher Koerperverletzung mit toedlichem Ausgange in der Gesetzgebung seit der Mitte des 18. Jahrhunderts: ein Beitrag zur vergleichenden Geschichte der Strafgesetzgebung, 1890, S. 69; ders., Die Tötungsdelikte, 1909, S. 27 f.
[24]    Nach dem bayStGB war ausreichend, dass die Tötung entweder mit Vorbedacht beschlossen oder alternativ mit Überlegung ausgeführt wurde.
[25]    RGSt 8, 276 (278).
[26]    RGBl. I 1871, S. 166.
[27]    RGSt 8, 276 (277 f.).
[28]    Eser, D 24.
[29]    RGSt 62, 196.
[30]    RGSt 42, 260 (261).
[31]    RGSt 70, 257 (259); 32, 253 (254); 8, 276 (277).
[32]    RGSt 62, 196 (197); 32, 253 (254); 8, 276 (278).
[33]    RGSt 62, 196 (197); 42, 260 (262).
[34]    Vgl. RGSt 42, 260 (262).
[35]    RGSt 62, 196 (197).
[36]    RGSt 62, 196 (197).
[37]    Änderungen ausschließlich im Hinblick auf die Strafandrohung. Siehe hierzu IV. 1.
[38]    RGBl. I 1941, S. 549.
[39]    Jähnke, in: LK-StGB, 11. Aufl. (2005), Vorb. § 211 ff. Rn. 36.
[40]    Rissing-van Saan, in: LK-StGB, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 116.
[41]    Freisler, DJ 1941, 929 (932).
[42]    Schneider, in: MüKo-StGB, § 211 Rn. 4.
[43]    Eser, D 33.
[44]    Vgl. Dahm, DR 1942, 401 (404 f.); Freisler, DJ 1941, 929 (935).
[45]    RGBl. I 1935, S. 839.
[46]    Rissing-van Saan, in: LK-StGB, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 118.
[47]    Plüss, Der Mordparagraf in der NS-Zeit, 2018, S. 49.
[48]    RGSt 77, 41 (43).
[49]    RGSt 77, 41 (43).
[50]    RGSt 77, 41 (43).
[51]    RGSt 77, 41 (44).
[52]    RGSt 77, 41 (43 f.).
[53]    RGSt 77, 41 (45).
[54]    Vgl. Eser, D 33.
[55]    Giegerich, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 95. Lief. (Juli 2021), Art. 123 Rn. 11.
[56]    Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 11 des Alliierten Kontrollrates v. 30.8.1946 (abgedruckt in: Vormbaum/Welp, Das Strafgesetzbuch, Sammlungen der Änderungsgesetze und Neubekanntmachungen, Band 1: 1870 bis 1953, 1999, S. 369-371) wurden einzelne Bestimmungen im deutschen Strafrecht aufgehoben.
[57]    OGHSt 1, 95 (98); 1, 74 (76 f.).
[58]    BGBl. I 1949, S. 1-20.
[59]    Am 25.8.1953 wurde der Wortlaut des Strafgesetzbuchs unter der Überschrift „Strafgesetzbuch“ bekanntgemacht (BGBl. I, S. 1083).
[60]    BGBl. I 1949, S. 16. Nicht erfasst waren das vom Kontrollrat aufgehobene NS-Recht, NS-Verfassungsrecht und das nach Maßgabe der Radbruch’schen Formel als von Anfang nichtig angesehene NS-Recht. Vgl. hierzu Giegerich, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 123 Rn. 35. Zur Radbruch’schen Formel siehe Radbruch, SJZ 1946, 105 (107).
[61]    Giegerich, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 123 Rn. 36.
[62]    BGBl. I 1953, S. 735.
[63]    BGBl. I 1969, S. 645.
[64]    BGBl. I 1975, S. 1.
[65]    BVerfGE 45, 187 (221 f.).
[66]    BGBl. I 1949, S. 13.
[67]    BGBl. I 1953, S. 735.
[68]    BGBl. I 1969, S. 657.
[69]    BGBl. I 1974, S. 500.
[70]    BGBl. I 1975, S. 1.
[71]    BGHSt 9, 385 (388) = NJW 1957, 70.
[72]    Gem. Art. 1 des Kontrollratsgesetz Nr. 11 des Alliierten Kontrollrates v. 30.8.1946 (abgedruckt in: Vormbaum/Welp, S. 369).
[73]    BGHSt 9, 385 (389) = NJW 1957, 70 (71).
[74]    BGHSt 9, 385 (388 f.) = NJW 1957, 70.
[75]    BVerfGE 45, 187 = NJW 1977, 1525.
[76]    BGHSt 30, 105 = NJW 1981, 1965.
[77]    Für die Habgier ausdrücklich abgelehnt BGHSt 42, 301 (304) = NJW 1997, 807 (809); für die Verdeckungsabsicht erwogen BGHSt 35, 116 (127 f.) = NJW 1988, 2679 (2681).
[78]    So Eser, D 34.
[79]    Bundesratsinitiative des Landes Schleswig-Holstein, BR-Drs. 54/14; Walter, NStZ 2014, 368 (373); Dölling, in: FS Streng, 2017, S. 3.
[80]    Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (10); zur Rspr. BGHSt 6, 329 (330) = NJW 1954, 1896 (1897); BGHSt 1, 368 (370) = NJW 1952, 110; siehe aber auch obiter dictum BGH, NJW 2006, 1008 (1013); zur Literatur Fischer, StGB, § 211 Rn. 6; Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl. (2023), Vorb. §§ 211-222 Rn. 22; Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. (2019), Vorb. §§ 211 ff. Rn. 5 und § 211 Rn. 1; Maurach/Schröder/Maiwald/Hoyer/Momsen, Strafrecht BT I, 11. Aufl. (2019), § 2 Rn. 5.
[81]    Hierzu ausführlich Gropp, in: FS Seebode, 2008, S. 125.
[82]    Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 199.
[83]    Am generellen Erfordernis einer lebenslangen Freiheitsstrafe wird dagegen nicht gezweifelt. Vgl. hierzu Kinzig, in: Abschlussbericht der Expertengruppe zur Reform der Tötungsdelikte (§§ 211-213, 57a StGB) dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas im Juni 2015 vorgelegt, S. 529 ff.; a.A. Höffler/Kaspar, GA 162 (2015), 453.
[84]    Eser, D 37.
[85]    Vgl. Eser, D 37.
[86]    Eser, D 37.
[87]    BGHSt 1, 368 (370) = NJW 1952, 110; BGHSt 6, 329 (330) = NJW 1954, 1896 (1897).
[88]    Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 199.
[89]    Safferling, in: Matt/Renzikowski, StGB, Vorb. § 211 Rn. 10.
[90]    BVerfGE 45, 187 (253) = NJW 1977, 1525 (1531)
[91]    Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 199; Arbeitskreis AE, GA 155 (2008), 193 (196).
[92]    So Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (12).
[93]    Dölling, in Abschlussbericht 2015, S. 72; Heine, JR 1990, 299 (300); Fahlbusch, Über die Unhaltbarkeit des Zustands der Mordmerkmale, 2008, S. 78.
[94]    Fahlbusch, S. 153.
[95]    Eschelbach, in: BeckOK-StGB, 56. Ed. (Stand 1.2.2023), § 211 Rn. 2.
[96]    Hierzu BGHSt 48, 255 = NStZ 2003, 482 und vertiefend Haverkamp, GA 153 (2006), 586.
[97]    BGHSt 30, 105 = NJW 1981, 1965.
[98]    Fischer, StGB, § 211 Rn. 47, 101; Börgers, JR 2004, 139 (144 f.); Reichenbach, Jura 2009, 176 (182 f.).
[99]    Ablehnend Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, Vorb. §§ 211-222 Rn. 20; Neumann, in: NK-StGB, 5. Aufl. (2017), Vorb. § 211 Rn. 162; Köhler JuS 1984, 762 (769 f.).
[100]   Fahlbusch, S. 199; Dölling, in: FS Streng, 2017, S. 3 (4) „Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage […] gibt es nicht“.
[101]   Neumann, in: NK-StGB, Vorb. § 211 Rn. 169; Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, Vorb. §§ 211-222 Rn. 25; Grünewald, Das vorsätzliche Tötungsdelikt, 2010, S. 1; Otto, ZStW 83 (1971), 39; Rotthaus, NStZ 2005, 482; Mitsch, JZ 2008, 336 hält § 211 StGB für verfassungswidrig.
[102]   Vgl. Arbeitskreis AE, GA 155 (2008), 193 (196).
[103]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 199.
[104]   Heine, Tötung aus „niedrigen Beweggründen“ – Eine erfahrungswissenschaftlich-strafrechtsdogmatische Untersuchung zur Motivgeneralklausel bei Mord, 1988, S. 25 „Programmatische Unverbindlichkeit und Dezisionismus“.
[105]   Vgl. Freisler, DJ 1941, 929 (932).
[106]   BGBl. I 1953, S. 735.
[107]   Schneider, in: MüKo-StGB, § 211 Rn. 7.
[108]   Vgl. Eschelbach, in: BeckOK-StGB, § 211 Rn. 1.8.
[109]   Kubiciel, ZRP 2015, 194.
[110]   Arbeitskreis AE, GA 155 (2008), 193 (196).
[111]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 203.
[112]   Vgl. Heine, S. 21; Grünewald, Tötungsdelikt, S. 77 f.
[113]   Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (12).
[114]   Eser, D 29.
[115]   Eser, D 29.
[116]   Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 4; Rissing-van Saan, in: LK-StGB, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 114. Zum Haustyrannenfall siehe IV. 2.
[117]   Allgemein zum Haustyrannenfall siehe IV. 2.
[118]   Dahm, DR 1942, 401 (404).
[119]   Hierzu Heinrich, Strafrecht AT, 6. Aufl. (2019), Rn. 184.
[120]   Hierzu Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 211 Rn. 10.
[121]   Vgl. Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (15).
[122]   BVerfGE 54, 100 (112) = NJW 1980, 1943 (1944) hält den Tatbestand mit dem GG vereinbar.
[123]   Maurach/Schröder/Maiwald/Hoyer/Momsen, Strafrecht BT I, § 2 Rn. 3.
[124]   von Liszt, in: Vergleichende Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Vorarbeiten zur deutschen Strafrechtsreform, Besonderer Teil, V. Band, 1905, S. 63; Otto, ZStW 83 (1971), 39 (54).
[125]   Eser, D 53.
[126]   Ausführlich Geilen, in: FS Bockelmann, 1978, S. 613 ff.
[127]   Vgl. hierzu Eser, D 52.
[128]   Eser, D 27 „vielleicht glaubte man sich damals die ausdrückliche Legitimierung […] ersparen zu können, weil man in der Prämeditation ein Merkmal gefunden zu haben meinte, das sich auf eine lange römisch- und gemeinrechtliche Tradition berufen konnte und […] anerkannt war.“
[129]   Rissing-van Saan, in: LK-StGB, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 114; Eser, D 29.
[130]   Heine, S. 20.
[131]   Eser, D 27.
[132]   BVerfGE 45, 187 (266) = NJW 1977, 1525 (1533); BVerfGK 14, 295 (304 f.) = NJW 2009, 1061 (1063); Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 4, § 211 Rn. 5 differenziert zwischen der besonderen Verwerflichkeit des Beweggrunds, der Art der Tatausführung und des Tatzwecks.
[133]   Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, Vorb. §§ 211-222 Rn. 18.
[134]   Arzt, ZStW 83 (1971), 1 (16-24); Rüpping, JZ 1979, 617 (619); Beckmann, GA 126 (1979), 441 (449).
[135]   Ausführlich Haas, ZStW 128 (2016), 316 (324-346).
[136]   Heine, S. 23; Eser, D 33.
[137]   Neumann, in: NK-StGB, Vorb. § 211 Rn. 152.
[138]   Heine, S. 29 f.
[139]   Vgl. Mitsch, ZRP 2014, 91.
[140]   Siehe III.
[141]   Vgl. Wolf, JuS 1996, 189 (192 f.); Höhne, KJ 2014, 283 (284).
[142]   So auch Schneider, in: MüKo-StGB, § 211 Rn. 5.
[143]   Schneider, in: MüKo-StGB, § 211 Rn. 5; Köhne, ZRP 2014, 21 (22).
[144]   BGHSt 9, 385 (387) = NJW 1957, 70 nimmt Bezug auf den Vorentwurf v. 1896 und 1908; Thomas, S. 240 nimmt Bezug auf den Vorentwurf v. 1893, nennt aber auf S. 242 auch die weiteren Vorentwürfe v. 1894, 1896, 1903, 1908 und 1916; Müssig, S. 79; Eser, D 32 nehmen Bezug auf den Vorentwurf v. 1894.
[145]   Stooss, Schweizerisches Strafgesetzbuch Vorentwurf mit Motiven, 1894, S. 38; ders., Schweizerisches Strafrecht, Verhandlungen der Expertenkommission über den Vorentwurf zu einem Schweizerischen Strafgesetzbuch, I. Band, 1896, S. 317; Art. 50 Vorentwurf (1896): „Tötet der Thäter aus Mordlust, aus Habgier, unter Verübung von Grausamkeit, heimtückisch oder mittelst Gift, Sprengstoffen oder Feuer, oder um die Begehung eines anderen Verbrechens zu verdecken oder zu erleichtern, so wird er mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft.“ Art. 104 Vorentwurf (1916) nahm erst die „anderen gemeinen Beweggründe“ und die „gemeingefährlichen Mittel“ auf. Vgl. hierzu Thomas, S. 242 f; Blei, Strafrecht BT II, 12. Aufl. (1983), S. 8 f. Der Vorentwurf v. Stooss ging selbst nicht in die Fassung des schweizStGB ein. Vgl. hierzu BGHSt 9, 385 (387) = NJW 1957, 70.
[146]   So aber Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (10); Müssig, in: FS Paeffgen, 2015, S. 301 (305).
[147]   Votteler, Das Mordmerkmal der „sonst niedrigen Beweggründe“ gem. § 211 Abs. 2 1. Gruppe 4. Variante StGB – im Spiegel gesellschaftlicher Moralvorstellungen, 2014, S. 17; Blei, StrafR BT II, S. 8 f.; Stooss, schweizStGB, S. 147 spricht von „niederträchtigen Motiven“.
[148]   Eser, D 31.
[149]   Hierzu Plüss, S. 167 f.
[150]   Vgl. Stooss, schweizStGB, S. 38, 147; Schröder, JuS 1984, 275.
[151]   Rissing-van Saan, in: LK-StGB, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 111; vgl. auch Thomas, S. 30 ff.; Maurach/Schröder/Maiwald/Hoyer/Momsen, Strafrecht BT I, § 2 Rn. 1; Allfeld, Die Entwicklung des Begriffes Mord bis zur Carolina, 1877, S. 51 ff.
[152]   Rissing-van Saan, in: LK-StGB, §§ 211 ff. Rn. 118.
[153]   Haas, ZStW 128 (2016), 316 (324); Bechtel, JSE 2014, 267 (272); Köhne, ZRP 2014, 21.
[154]   So Schönke, Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 1. Aufl. (1942), S. 434.
[155]   Ausführlich zu Tätertypenlehre in der NS-Zeit Plüss, S. 48-74.
[156]   Plüss, S. 212.
[157]   Vgl. Plüss, S. 50.
[158]   Protokoll v. 29.10.1935 zit. nach: Schubert/Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, II. Abteilung, Bd. 2 Protokolle der Strafrechtskommission des Reichsjustizministeriums, 4. Teil, S. 161.
[159]   So Plüss, S. 263.
[160]   RGSt 76, 313.
[161]   RGSt 76, 297 (299).
[162]   Rüpping, JZ 1979, 617 (618 Fn. 25).
[163]   RGSt 77, 41; Eschelbach, in: BeckOK-StGB, § 211 Rn. 1.7 spricht davon, dass das RG die Tätertypenlehre befolgt hat; Rüpping, JZ 1979, 617 (618 Fn. 25) spricht davon, dass RGSt 77, 41 „weniger streng“ als RGSt 76, 297 zur Lehre vom Tätertypen stehe; Jähnke, in: LK-StGB, 11. Aufl. (2005), Vorb. § 211 Rn. 36 Fn. 255 spricht von „unklar“; Thomas, S. 273 spricht von „Widersprüchlichkeiten“; a.A. Plüss, S. 262.
[164]   Jugendstrafrecht ist dagegen Täterstrafrecht. Vgl. hierzu Laubenthal/Baier/Nestler, Jugendstrafrecht, 3. Aufl. (2015), Rn. 3 ff., 425.
[165]   Vgl. auch BR-Drs. 54/14
[166]   Rissing-van Saan, in: LK-StGB, §§ 211 ff. Rn. 120; Mitsch, ZRP 2014, 91.
[167]   Neumann, in: NK-StGB,
Vorb. § 211 Rn. 169; Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, Vorb. §§ 211-222 Rn. 25; Grünewald, Tötungsdelikt, S. 1; Otto, ZStW 83 (1971), 39; Mitsch, JZ 2008, 336 hält § 211 StGB für verfassungswidrig.
[168]   Safferling, in: FS Rössner, 2015, S. 910 (927).
[169]   Überblick siehe Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 199-221; Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (11-13, 16).
[170]   So auch Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 199.
[171]   Fischer, StGB, Vorb. §§ 211-217 Rn. 3; vgl. auch Abschlussbericht 2015, S. 27.
[172]   Vgl. BR-Drs. 54/14
[173]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 201.
[174]   BGH, NJW 2006, 1008 (1013).
[175]   Grünewald, Tötungsdelikt, S. 378 ff.
[176]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 202.
[177]   Dölling, in: Abschlussbericht 2015, S. 72.
[178]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 202.
[179]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 203.
[180]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 207; Dölling, in: Abschlussbericht 2015, 94 (94 f).
[181]   Rissing-van Saan, Abschlussbericht 2015, 773 (783 ff.); Kubic/Zimmermann, StV 2013, 582 (588); Mitsch, JR 2015, 122 (127 f.).
[182]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 208.
[183]   Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (16 f.); Grünewald, Reform der Tötungsdelikte, 2016, S. 57.
[184]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 214.
[185]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 211.
[186]   Hierzu Heinrich, Rn. 184.
[187]   Exemplarisch Eser, D 199-201; Thomas, S. 325.
[188]   Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (11).
[189]   Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 217.
[190]   Vgl. „Buschmann will Nazi-Begriffe aus Gesetzestexten entfernen“, in: welt.de v. 22.2.2023, online abrufbar unter: https://www.welt.de/politik/deutschland/article243904217/Bundesjustizminister-Buschmann-will-Nazi-Begriffe-aus-Gesetzestexten-entfernen-lassen.html (zuletzt abgerufen am 25.4.2023).
[191]   Vgl. hierzu BGHSt 50, 1 (5 f.) = NJW 2005, 996 (997); Safferling, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 211 Rn. 88.
[192]   Vgl. Abschlussbericht 2015, S. 18.
[193]   Abschlussbericht 2015, S. 19.
[194]   Vgl. hierzu Abschlussbericht 2015, S. 56 ff.

 

 

 

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