Ben Koslowski: Harmonisierung der Geldwäschestrafbarkeit in der Europäischen Union

von Rechtsanwalt Jürgen Krais

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2016, Nomos Verlag, Baden-Baden, ISBN: 978-3-8487-2540-3, S. 464, Euro 119,00.

Die als Band 5 der Reihe Studien zum Wirtschaftsstrafrecht – Neue Folge veröffentliche Dissertation untersucht und bewertet die Möglichkeit, im Wege einer europäischen Richtlinie die Strafbarkeit wegen Geldwäsche in den Mitgliedsstaaten zu harmonieren.

Dazu wird zunächst anhand der beispielhaften Darstellung der Geldwäsche-Strafbarkeit in vier europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien) die Notwendigkeit einer solchen Harmonisierung herausgearbeitet (Erstes Kapitel). Der Autor widmet darin der begrifflichen und funktionellen Erläuterung der Geldwäsche Raum (Stichwort: Drei-Phasen-Modell). Greifbar wird die Erkenntnis, dass Stand heute ein und dasselbe (grenzüberschreitende) Verhalten in dem einen Mitgliedstaat strafbar und in einem anderen straffrei sein kann, mithin gerade im Fall der Geldwäsche Strafbarkeitslücken bestehen. Privatrechtliche Ansprüche z.B. auf Schadenersatz („private enforcement“) bieten hierfür keine ausreichend effektive Lösung. Gerade bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ließe sich aber im Wege der europäischen Harmonisierung der Strafbarkeit der Geldwäsche viel an Effektivität der Strafverfolgung gewinnen.

Im Anschluss hieran (Zweites Kapitel) wird daher untersucht, welchen Spielraum für eine Harmonisierung diverse internationale Konventionen und die Vorgaben z.B. der FATF bei der Ausgestaltung der Strafbarkeit der Geldwäsche noch lassen. Tatsächlich weist das Werk nach, dass durchaus Räume für die EU bestünden, um eine entsprechende europäische Vorgabe zu entwickeln. Bliebe daher noch die Frage nach der Rechtssetzungskompetenz der EU im Bereich des Strafrechts bzw. der Geldwäsche-Strafbarkeit. Insofern gelingt dem Autor gut herauszuarbeiten, dass es im Fall einer europaweit harmonisierten Vorgabe für die Geldwäsche-Strafbarkeit gerade nicht um die vielfach abgelehnte Europäisierung des Strafrechts geht. Ausgehend von den praktisch relevanten Fällen grenzüberschreitender Geldwäsche, die auch den Anlass für den Erlass der entsprechenden EU-Geldwäsche-Richtlinien bot, kommt er zu dem Schluss, dass die üblicherweise gegen die Rechtsetzungskompetenz der EU im Bereich des Strafrechts vorgebrachten Argumente jedenfalls im Fall der Geldwäsche nicht durchdringen. Vielmehr sieht der Autor eine Rechtsgrundlage zur Rechtssetzung der EU ohne den Mitgliedsstaaten dadurch die Möglichkeit zu nehmen, selbst tätig zu werden. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität wäre demnach eine europäisch harmonisierte Vorgabe für die Strafbarkeit der Geldwäsche jedenfalls bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zulässig.

Im folgenden Kapitel (Drittes Kapitel) wird die Umsetzung der bestehenden internationalen Vorgaben anhand bestimmter Tatbestandsmerkmale der Geldwäsche in vier Beispielländern (Deutschland, Österreich, Frankreich und Belgien) dargestellt und verglichen. Dabei zeigt sich plastisch die ganze Bandbreite und europäische Vielfalt der Ansätze, Auslegung und Handhabung – trotz oder gerade wegen der vielfältigen internationalen Vorgaben. Während zum Beispiel einige Staaten einen abschließenden Vortatenkatalog der Geldwäsche kennen – und konsequenterweise auch Kenntnis oder zumindest leichtfertige Unkenntnis der Herkunft eines Vermögensgegenstands aus einer dieser Vortaten zur Strafbarkeit der Geldwäsche fordern – setzen andere darauf, dass der Nachweis der illegalen Herkunft eines Vermögensgegenstands ausreicht, egal aus welcher Straftat der Vermögensgegenstand konkret stammt. Unterschiede finden sich des Weiteren auf der Ebene der Ausgestaltung der Tathandlungen, der Tatobjekte, des subjektiven Tatbestands und der Frage, ob der Täter oder Teilnehmer einer Vortat als Täter der Geldwäsche in Frage kommt (Eigengeldwäsche). Die Strafbarkeit juristischer Personen bei Geldwäsche wird ebenfalls unterschiedlich beantwortet. Spätestens damit liegt die Sinnhaftigkeit einer europäischen Harmonisierung auf der Hand!

Im folgenden Kapitel (Viertes Kapitel) werden die Vor- und Nachteile der jeweiligen nationalen Ansätze in den Beispielsländern für eine europäische Harmonisierung analysiert. Dies beginnt mit der Frage, ob im Ausland begangene Straftaten ein taugliches Tatobjekt für strafbare Geldwäsche in einem anderen Land hervorbringen, geht weiter mit der Erörterung, ob Vermögen aus einer Straftat unbelastetes Vermögen „teilweise“ oder „vollständig“ inkriminiert, wenn es vermischt wird, ob auf subjektiver Seite schon bestimmte Formen der Leichtfertigkeit mit Blick auf die Herkunft des Tatobjekts aus einer Straftat zur Strafbarkeit der Geldwäsche genügen sollen.

Die Analyse gipfelt in einem Vorschlag für Tatbestandsmerkmale, die im Wege einer europäischen Harmonisierungsrichtlinie – unter Berücksichtigung der bestehenden internationalen Vorgaben – eingeführt werden könnten (Fünftes Kapitel). Der Autor wägt Vor- und Nachteile einer solchen Regelung gegeneinander ab, indem er die im vorherigen Kapitel dargelegten Erfahrungen der Mitgliedsstaaten mit den unterschiedlichen Regelungen zu jedem Tatbestandsmerkmal aufgreift. Vorgeschlagen wird nach eingehender Diskussion eine Regelung auf Europäischer Ebene die unter anderem die Abschaffung des in Deutschland und Österreich üblichen Vortatenkatalogs zur Geldwäsche vorsieht. Die Tathandlungen sollten nach Ansicht des Autors von der EU nicht umfassend vorgegeben werden, ein Erwerbs- und Besitztatbestand sollte der Straftatbestand dagegen umfassen. Von einer Vermutungsregelung, dass Tatobjekte der Geldwäsche aus einer Straftat stammen, sofern nicht das Gegenteil bewiesen werden kann, wird mit Blick auf die Unschuldsvermutung abgeraten.

Die Strafbarkeit der Selbst- oder Eigengeldwäsche wird dagegen befürwortet, soweit eine räumliche und zeitliche Zäsur zwischen Vortat und Geldwäsche liegt, wenn die Eigengeldwäsche also einen neuen Tatentschlusses aufweist und daher gesondert strafwürdiges Unrecht, nicht einfach mitbestrafte Nachtat ist. Des Weiteren plädiert der Autor dafür, dass Einsparungen aus Steuerhinterziehungen nicht für geldwäschefähig erklärt werden. Teilinkriminierte Vermögenswerte sollen nach der Lehre von der Totalkontamination behandelt werden, wobei Bagatellfälle durch die Definition eines Schwellenwerts ausgeschlossen werden. Die Verhältnismäßigkeit der Ausdehnung der Strafbarkeit auf Fälle der leichtfertigen oder fahrlässigen Unkenntnis von der illegalen Herkunft des Tatobjekts wird in Frage gestellt. Dass Vorgaben zur Strafbarkeit juristischer Personen wegen Geldwäsche grundsätzlich auch auf EU-Ebene möglich und rechtlich zulässig wären, wird von dem Autor zutreffend herausgearbeitet.

Insgesamt nimmt das Werk eine durchgehend europafreundliche, aber nicht unkritische Perspektive ein und hat erkennbar zum Ziel vorhandene Rechtsräume zugunsten einer Harmonisierung und besseren praktischen Anwendung der Geldwäsche-Strafbarkeit auf Ebene der EU-Mitgliedsstaaten aufzuzeigen. Der Autor hält dabei eine gute Balance zwischen Argumenten für eine effektive Strafverfolgung auf der einen und Rechtsstaatlichkeit auf der anderen Seite. Mit den Ausführungen zur Strafbarkeit juristischer Personen wegen Geldwäsche führt die Diskussion genau genommen etwas über den Tellerrand der Geldwäsche-Strafbarkeit hinaus. Die Frage der Verbandsstrafbarkeit bei Rechtsverletzungen ist hochaktuell und höchst umstrittenen. Sie kann nicht allein aus geldwäscherechtlichen Gesichtspunkten heraus beantwortet werden. Denn selbst wenn es zutrifft, das bei Geldwäsche-Aktivitäten oft juristische Personen zwischengeschaltet werden, sind diese erfahrungsgemäß aus rechtlichen (Sitz in einem Drittland) oder tatsächlichen (Briefkastenfirma ohne Substanz) Gründen mit der eher abstrakten Strafbarkeitsandrohung nicht zu abzuhalten. Ähnlich schwierige Diskussionen kann es um die Frage der Teilkontamination von Vermögensgegenständen oder der Frage geben, ob das Ergebnis einer Steuerhinterziehung Tatobjekt der Geldwäsche sein kann. Das Werk begibt sich dabei aber nicht auf das politische Glatteis, das mit jeder dieser Fragen verbunden sein kann. Letztlich geht es konkret um die Analyse der allgemeineren Frage, ob eine europäische Harmonisierung notwendig bzw. zulässig wäre und wie diese ggf. aussehen könnte.

Gerade wegen der umfänglichen Darstellung der wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Strafbarkeit in den vier Beispielländern eignet sich das Werk letztlich nicht nur als anregende Lektüre für die Diskussion um eine effektivere Ausgestaltung der Geldwäsche-Strafbarkeit im europäischen Rahmen, sondern auch als Orientierung über die bestehenden Ansätze bei der Strafbarkeit auf nationaler Ebene. Ausblicke auf die Geldwäsche-Präventionsvorschriften der Länder sind streng genommen nicht Teil der Abhandlung über mögliche Vorgaben zur Strafbarkeit der Geldwäsche auf europäischer Ebene. Trotzdem bieten auch sie einen hilfreichen Ausblick auf die Regelungen in den vier Beispielländern. Insgesamt bietet das Werk hierdurch einen wichtigen Denkanstoß für die Verbesserung der Effektivität der Geldwäsche-Bekämpfung insgesamt, nicht nur begrenzt auf die Frage der europaweiten Harmonisierung der Geldwäsche-Strafbarkeit.

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