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Staatliche Opferentschädigung und Adhäsionsverfahren Reformbedarf in Deutschland und China

von Prof. Dr. Daoqian Liu und Prof. Dr. Anja Schiemann

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Abstract
Die Diskussion um eine Reform des in Deutschland geltenden Opferentschädigungsgesetz (OEG) ist nach dem Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz neu entfacht. Der aktuelle Koalitionsvertrag hat die Forderung nach einer Neuregelung der Opferentschädigung wieder aufgegriffen. In China gibt es nur ganz ausnahmsweise staatliche Opferentschädigung. Die Opfer in China haben aber – genau wie die Opfer in Deutschland – die Möglichkeit, ihre Ansprüche gegen den Schädiger in einem dem Strafverfahren angegliederten Adhäsionsverfahren oder im Zivilklageweg zu verfolgen. Anders als in Deutschland hat in China hier die Entscheidung des Strafgerichts Bindungswirkung, d.h. ein freigesprochener Angeklagter kann vor einem chinesischen Zivilgericht nicht mehr belangt werden. Der Beitrag geht den derzeitigen Reformbemühungen eines modernen Opferentschädigungsrechts in Deutschland und den Implikationen für ein zu konzipierendes Opferentschädigungsrecht in China nach. Daneben werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Regressansprüche gegen den Täter im Rahmen des Adhäsionsverfahrens herausgearbeitet und auch hier Reformbedarf analysiert.

I. Die staatliche Opferentschädigung

1. Staatliche Opferentschädigung in Deutschland

a) Praktische Bedeutung der Opferentschädigung

Die praktische Bedeutung staatlicher Opferentschädigung ist in Deutschland eher gering.[1] Der Weiße Ring veröffentlicht jährlich die Zahl der Anträge, die nach dem OEG gestellt werden. In den letzten Jahren haben danach nur zwischen 10,55 % und 9,57 % aller Opfer polizeilich registrierter Gewalttaten einen Antrag auf staatliche Opferentschädigung gestellt – mit fallender Tendenz.[2] Bereits 2009 wollte der Gesetzgeber mit dem 2. Opfer-rechtsreformgesetz den Bekanntheitsgrad des OEG erhöhen und hat eine Hinweispflicht auf die Möglichkeit eines Versorgungsanspruchs nach OEG für den Verletzten normiert.[3] Dieses Ansinnen der Steigerung des Bekanntheitsgrads ist ihm angesichts der Zahlen wohl nicht gelungen.[4]

Allerdings kann das Nichtstellen eines Antrags auf staatliche Entschädigung auch andere Ursachen haben. Zum einen sind die Erfolgsaussichten einer Anerkennung staatlicher Entschädigung mit nur ca. 1/3 aller Fälle auch nicht gerade bestens.[5] Dies liegt an den engen Voraussetzungen, unter denen eine Opferentschädigung überhaupt nur gewährt wird. Zum anderen sind auch nur bestimmte Entschädigungsarten vorgesehen. Des Weiteren handelt es sich bei dem Opferentschädigungsverfahren um ein eng mit dem Strafverfahren verbundenes, sehr bürokratisches Verfahren.[6]

b) Grundzüge des derzeitigen Opferentschädigungsgesetzes

Das Opferentschädigungsgesetz trat im Mai 1976 in Kraft, um der besonderen Verantwortung des Staates für Opfer vorsätzlicher Gewalttaten Rechnung zu tragen. In der Gesetzesbegründung wird dazu konkretisierend ausgeführt, dass es die Aufgabe des Staates sei, seine Bürger vor Gewalttaten zu schützen. Könne der Staat diese Pflicht nicht erfüllen und komme es zu einer Gewalttat, so sei der Staat für die Entschädigung des Opfers verantwortlich, um ein soziales Absinken des Betroffenen zu verhindern.[7]

Zentrale Anspruchsnorm ist § 1 OEG, nach dem grundsätzlich diejenigen einen Versorgungsanspruch haben, die infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Neben den unmittelbar Geschädigten sind auch sog. Sekundäropfer erfasst.[8] In einer Grundsatzentscheidung stellte das BSG fest, dass einer Mutter auf Grund der Nachricht von der Ermordung ihres Kindes ein Schockschaden entstanden sei, da die Nachrichtenübermittlung von dem besonders schrecklichen Geschehen mit dem Gewaltvorgang eine natürliche Einheit gebildet habe.[9] In einem Entschädigungsverfahren sind daher umfassende Feststellungen zum Unmittelbarkeitserfordernis zu treffen,[10] was ggf. zu Schwierigkeiten in der Anspruchsbegründung führen kann.

Der räumliche Geltungsbereich des OEG ist 2009 durch Inkrafttreten des 3. OEG-ÄndG über das Hoheitsgebiet Deutschlands[11] hinaus erweitert worden.[12] In § 3a OEG können auch bei Auslandstaten Ansprüche nach dem OEG begründet sein, wenn die Opfer ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Insoweit wurde neben dem Territorialitätsprinzip das Personalitätsprinzip im OEG verankert.[13]

Zentrale Anspruchsvoraussetzung des § 1 OEG ist das Vorliegen eines tätlichen Angriffs. Der Gesetzgeber versteht darunter eine „unmittelbare auf den Körper eines Menschen zielende feindselige Einwirkung“[14] und wollte durch dieses Merkmal den „wesentlichen  Bereich der sogenannten Gewaltkriminalität“ erfassen.[15] Opfer reiner Vermögensschäden sind daher von staatlicher Entschädigung nach dem OEG ausgenommen.[16] Insofern wurde vom Weissen Ring gefordert, den Anwendungsbereich des OEG zu erweitern und zum Beispiel auch Opfer von Wohnungseinbruchsdiebstählen wegen der psychischen Folgeschäden mit einzubeziehen.[17]

§ 2 OEG normiert Versagungsgründe, die Leistungen ausschließen, wenn das Opfer die Schädigung verursacht hat oder es unbillig wäre, eine Entschädigung zu gewähren. Darüber hinaus sind Leistungen zu versagen, wenn das Opfer in organisierte Kriminalität verwickelt ist oder aktiv an politischen oder kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt ist, sofern die Schädigung darauf beruht oder im Zusammenhang damit steht.[18] In Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Unbilligkeit hat das BSG in ständiger Rechtsprechung Fallgruppen gebildet.[19]

Kritisiert wird vor allem der Versagungsgrund des § 2 Abs. 2 OEG. Danach können Leistungen versagt werden, „wenn der Geschädigte es unterlassen hat, das ihm Mögliche zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Verfolgung des Täters beizutragen, insbesondere unverzüglich Anzeige bei einer für die Strafverfolgung zuständigen Behörde zu erstatten.“ Zwar hat das SG Frankfurt entschieden, dass eine Entschädigung nicht zu versagen ist, wenn sich aus den medizinischen Unterlagen ergäbe, dass eine Strafanzeige für das Opfer unzumutbar war. In dem zu beurteilenden Fall handelte es sich um ein durch sexuellen Missbrauch erlittenes psychisches Trauma.[20] Von solchen Extremfällen abgesehen, ist eine Anzeigenerstattung aber dringend anzuraten. Denn wer sichergehen will, Leistungen zu erhalten, wird es nicht darauf ankommen lassen, ob in seinem Fall eine Ausnahme von der Anzeigepflicht vorliegt oder nicht. Dieser Umstand kann dazu führen, dass ein Opfer, dass sich eigentlich einem Strafprozess nicht aussetzen will, dies entgegen seiner Intention tut und sich zu einer Strafanzeige entschließt, nur um eine Entschädigung zu erhalten.[21]

Art und Umfang der Entschädigung werden nicht direkt im OEG geregelt, sondern auf den Leistungskatalog des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) verwiesen. Dieser Leistungskatalog ist allerdings ursprünglich für die Opfer der Weltkriege entwickelt worden und beruht auf dem sog. Aufopferungsgedanken. Das BVG enthält sehr differenzierte Einzelleistung, deren Gewährung mit schwierigen Entscheidungen im Einzelfall verbunden ist.[22] Gewährt werden können z.B. Heil- und Behandlungskosten, Renten- und Fürsorgeleistungen, Hilfsmittel, Rehabilitationsmaßnahmen und Bestattungs- sowie Sterbegeld bei Tod des Opfers.[23] Schadensersatz und Schmerzensgeld sind dagegen nicht vorgesehen.[24]

c) Reformbedarf

Bereits die große Koalition der letzten Legislaturperiode hatte im Koalitionsvertrag eine Reform des Opferentschädigungsgesetzes angekündigt und wollte das Recht der Opferentschädigung in einem zeitgemäßen Regelwerk neu ordnen.[25] Da dieses zeitgemäße Regelwerk in der 18. Legislaturperiode nicht umgesetzt wurde, sieht auch der neue Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode eine Änderung – wenn auch kein gänzlich neues Regelungswerk – vor. Vielmehr sollen die Regelungen an den Bedarfen der Opfer von Gewalt-, einschließlich Terrortaten, ausgerichtet und psychische Gewalt in den Gewaltbegriff mit einbezogen werden. Zudem sollen neue Leistungen der Sofort- bzw. Akuthilfen gewährt werden.[26]

Neben den schon im alten Koalitionsvertrag geplanten Änderungen im Hinblick auf Leistungsumfang und Berücksichtigung von Opfern psychischer Gewalt, hat wegen des Terroranschlags auf dem Breitscheitplatz in Berlin eine weitere Modifizierung des Opferentschädigungsrechts Einzug in die Reformüberlegungen erhalten. Nach § 1 Abs. 11 OEG ist das Gesetz nicht auf Schäden aus einem tätlichen Angriff mit einem Kraftfahrzeug oder Anhänger anwendbar. Insofern können Opfer zwar Schadensersatzansprüche gegen den Straftäter und dessen Rechtsnachfolger geltend machen,[27] derzeit aber wegen der klaren gesetzlichen Ausnahmevorschrift nicht auf staatliche Entschädigung hoffen.

Diese nicht hinzunehmende Schlechterstellung von Opfern, die infolge eines mittels Kraftfahrzeug begangenen Terroranschlags geschädigt werden, führt zu einer Verstärkung des Reformdrucks im Bereich der Opferentschädigung.[28] Insofern ist in dieser Legislaturperiode mit einem entsprechenden Gesetzentwurf und einer schnellen Umsetzung zu rechnen. So forderte im Dezember 2017 auch die Fraktion Bündnis 90/die Grünen im Bundestag eine Verbesserung der Opferentschädigung.[29]

Nicht zu erwarten ist wegen des Reformdrucks in Bezug auf die Opfer von Terroranschlägen, dass das OEG im Sinne einer im Koalitionsvertrag der letzten Legislaturperiode angedachten Neuregelung systematisch verbessert und als neues eigenständiges Regelungswerk auch die Verweise auf das BVG streicht und den Leistungskatalog selbst regelt. Neben der im neuen Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode angedachten marginalen Erweiterungen der Leistungen auf Sofort- und Akuthilfen, werden Schmerzensgeld und erweiterte Schadensersatzleitungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht Einzug in das staatliche Entschädigungsrecht erhalten.

Mit einer Ausweitung des Gewaltbegriffs auf Opfer psychischer Gewalt ist dagegen zu rechnen. Diese Ausweitung ist auch folgerichtig, wenn man auf das weite Begriffsverständnis im Strafrecht zurückgreift und den tätlichen Angriff unter Nutzung der umfangreichen strafrechtlichen Dogmatik unter Einbeziehung psychischer Gewalt überarbeitet und die Grenzen klar definiert.[30]

2. Staatliche Opferentschädigung in China

Opferentschädigung ist ein altes, immer wiederkehrendes Thema für chinesische Juristen. Es gibt derzeit kein spezielles Gesetz für die Opferentschädigung. Fragen der Opferentschädigung in China betreffen ausschließlich das Verhältnis zwischen Opfer und Täter und sind im chinStGB und der chinStPO geregelt.[31] Nur ganz ausnahmsweise wird einem Opfer eine Hilfe vom Staat nach der Verordnung zur Verstärkung und Anordnung der Justizhilfsleistung durch das Volksgericht gewährt.[32] Die Hilfsleistung ist mit der Sozialhilfe im deutschen Recht vergleichbar.

Vor Erlassung dieser Verordnung gab es keine einheitliche Regelung, einem Opfer die Finanzhilfe vom Staat zu gewähren. Nur wenn das Opfer aufgrund der Straftat vermögenslos geworden ist, leisteten einige Provinzen bzw. Städte in China Sozialhilfe. Mit Erlassung der Verordnung kann ein Opfer einen Antrag auf staatliche Hilfsleistung vor dem für die Straftat zuständigen Gericht einreichen. Dabei müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen, damit das Opfer die Hilfsleistung vom Staat erhält: zunächst muss sein Leben aufgrund der Straftat derart eingeschränkt sein, dass er und seine Familienangehörige nicht mehr selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Zusätzlich muss das Opfer beweisen, dass es vom Täter oder von Familienangehörigen des Täters sowie Hilfsorganisationen keine Entschädigung bzw. Hilfsleistung bekommen hat.

Ist nach diesen Voraussetzungen ein Anspruch entstanden, so darf die staatliche Hilfsleistung die Schäden des Opfers nicht überschreiten. In dem Fall, dass ein Opfer infolge einer Straftat gestorben ist, kann einer seiner Familienangehörigen den Antrag auf staatliche Hilfsleistung einreichen. Soweit die o.g. Voraussetzungen erfüllt sind, sind dann auch die Hinterbliebenen anspruchsberechtigt. Es hängt demnach primär von der Vermögenslage des Opfers ab, ob es staatliche Hilfeleistung in Anspruch nehmen kann oder nicht. Ist das Opfer vermögend, erhält es keine Hilfeleistung für die durch die Straftat verursachten Schäden, ist es vermögenslos, entsteht ein Anspruch auf staatliche Hilfeleistung. Daher gibt es in China zur Zeit noch keine dem deutschen Recht vergleichbare staatliche Opferentschädigung unabhängig von der Vermögenslage des Opfers. Die chinesische Regelung ist daher eher mit der Sozialhilfe, als mit der staatlichen Opferhilfe in Deutschland vergleichbar.

3. Zwischenfazit

Die staatliche Opferentschädigung in Deutschland und China unterscheidet sich eklatant. Während Deutschland bereits ein eigenständiges Opferentschädigungsgesetz hat, fehlt ein solches in China. Ein Anspruch auf staatliche Opferentschädigung kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn das Opfer und die Hinterbliebenen durch die Straftat mittellos geworden sind. In Deutschland dagegen ist ein Anspruch auf staatliche Opferentschädigung nicht von den Vermögensverhältnissen des Opfers abhängig. Allerdings sind auch der deutschen staatlichen Opferentschädigung Grenzen gesetzt. Insbesondere werden Opfer psychischer Gewalt nur unzureichend vom Opferentschädigungsgesetz erfasst und Opfer von mit Kraftfahrzeugen begangenen Terroranschlägen derzeit gar nicht geschützt. Diesbezügliche Änderungen im OEG sind aber in Planung.

II. Das Adhäsionsverfahren

1. Deutschland

a) Grundzüge des Adhäsionsverfahrens

Das Adhäsionsverfahren ist in den §§ 403 – 406c StPO geregelt und ermöglicht dem Opfer einer Straftat die Möglichkeit, seine zivilrechtlichen Ersatzansprüche gegen den Täter bereits im Strafverfahren geltend zu machen.[33] Hauptzweck ist zum einen die Vermeidung mehrerer Gerichtsverfahren in derselben Sache und zum anderen der Opferschutz, da ihm durch das Adhäsionsverfahren ermöglicht werden soll, schneller und einfacher an den Ersatz seines Schadens zu gelangen.[34] Trotz mehrfacher Reformen fristet das Adhäsionsverfahren im Rechtsalltag ein Schattendasein. Der prozentuale Anteil von Adhäsionsentscheidung liegt im einstelligen Prozentbereich. Bedenkt man aber, dass ca. rund 50% der nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten wegen Delikten sanktioniert wurden, in denen individualisierbare Opfer betroffen waren, wird das Potenzial für Adhäsionsverfahren nur in sehr geringem Maße ausgeschöpft.[35]

Antragsberechtigt zur Geltendmachung eines Anspruchs im Adhäsionsverfahren ist der Verletzte oder sein Erbe gem. § 403 StPO. In Betracht kommen nur vermögensrechtliche Ansprüche, die aus der Straftat erwachsen sind und noch nicht anderweit gerichtlich geltend gemacht worden sind. Wegen der ausdrücklichen Beschränkung des § 403 StPO auf die ordentliche Gerichtsbarkeit können keine Ansprüche geltend gemacht werden, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses begangen wurden.[36] Geltend gemacht werden können typischer Weise Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche, aber auch Herausgabe-, Bereicherungs- und Unterlassungsansprüche, sofern mit ihnen wirtschaftliche Interessen verfolgt werden.[37]

Der Verletzte ist stets antragsberechtigt, auch wenn er keinen Strafantrag wegen der Tat gestellt hat und am Verfahren auch sonst nicht – bspw. im Rahmen der Nebenklage – beteiligt ist.[38] Antragsgegner ist der Beschuldigte selbst. Wer lediglich zivilrechtlich mithaftet, kann in den Adhäsionsprozess nicht einbezogen werden.[39]

Unterschiede zwischen der Geltendmachung zivilrechtlicher Ersatzansprüche im Zivilprozess und im Adhäsionsverfahren zeigen sich insbesondere im Verfahrensablauf sehr deutlich.[40] Während es im Zivilprozess gemäß des Beibringungsgrundsatzes Aufgabe der Parteien ist, den Tatsachenstoff einzubringen, den sie für entscheidungsrelevant halten, gilt im Strafverfahren und ebenfalls im Adhäsionsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz.[41] Dies ist ein eindeutiger Vorteil gegenüber der Zivilklage.[42] Vorteil ist darüber hinaus, dass das Opfer im Adhäsionsverfahren aktiv mitwirken und als Zeuge auftreten kann, während es im Zivilprozess Partei ist.[43]

Nachteile ergeben sich aber insbesondere dadurch, dass für den Beschuldigten auch im Adhäsionsverfahren uneingeschränkt die Aussagefreiheit gilt. Schweigt er, so darf dies im Rahmen der Beweiswürdigung nicht zu seinen Lasten gewertet werden, während sich der Beschuldigte als Beklagter eines Zivilprozesses vollständig und wahrheitsgemäß erklären muss.[44]

Die Entscheidungsformen im Adhäsionsprozess orientieren sich an den Möglichkeiten der Zivilgerichte, insbesondere ist seit dem 1. Opferrechtsreformgesetz mit § 405 StPO die bis dahin umstrittene Möglichkeit gesetzlich geregelt worden, das Verfahren mittels vollstreckbaren Prozessvergleichs zu beenden.[45] In Abweichung zum Zivilprozess kommt im Adhäsionsverfahren eine Klageabweisung nicht in Betracht, sofern das Gericht den Antrag als unzulässig oder unbegründet ansieht. Der Adhäsionskläger kann seinen Anspruch dann immer noch vor den Zivilgerichten geltend machen.[46]

Größte Schwäche des deutschen Adhäsionsverfahrens ist es aber, dass der Strafrichter die Entscheidung über einen Adhäsionsantrag aus Gründen ablehnen kann, die in weitem Umfang in seinem Ermessen liegen und von denen in der Praxis auch umfangreich Gebrauch gemacht wird.[47] Zwar hat das 1. Opferrechtsreformgesetz eine Modifizierung des § 406 StPO bewirkt, jedoch ist das Absehen von einer Entscheidung immer noch möglich, „wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet“. Während das Gesetz hier ursprünglich beispielhaft eine Verzögerung des Verfahrens aufzählte, ist nach der Reform eine erhebliche Verzögerung notwendig. Damit ist klargestellt, dass kurzfristige Unterbrechungen ein Absehen von der Entscheidung nicht rechtfertigen können. Dagegen ist ein Absehen bei schwierigen bürgerlich-rechtlichen Rechtsfragen möglich. Prinzipiell handelt es sich bei der Entscheidung über die Geeignetheit um eine Ermessensentscheidung.[48] 

Es ist aber zu konstatieren, dass das Adhäsionsverfahren gerade wegen seiner Schnittstellenfunktion zwischen Straf- und Zivilverfahren die Gerichte vor große Herausforderungen stellt. Die Widerstände, diese Schnittstelle nachhaltig zu schließen, sind groß und häufig ganz praktischer, menschlicher Natur. Sie liegen nämlich zum einen an der Abneigung vieler Strafrichter gegen eine Befassung mit dem Zivilrecht, unzureichenden Zivilrechtskenntnissen und der fehlenden Berücksichtigung des Adhäsionsverfahrens in den Pensenschlüsseln.[49] Zum anderen liegen die Gründe in fehlenden Schulungs- und Fortbildungsangeboten für die Justizangehörigen, um die Möglichkeiten, die das Adhäsionsverfahren bietet, besser nutzbar zu machen.[50]

b) Reformbedarf

Während sich die Koalition der 19. Legislaturperiode im Koalitionsvertrag zu Reformen in Bezug auf die staatliche Opferentschädigung bekannt hat, ist eine Reform des Adhäsionsverfahrens nicht vorgesehen. Allerdings hat der zweite deutsche Strafkammertag sich im letzten Jahr kritisch zum Adhäsionsverfahren geäußert und die Frage aufgeworfen, ob es nicht sinnvoller sei, das komplizierte Adhäsionsverfahren durch eine Vorschrift zur Bindungswirkung strafprozessualer Urteile im anschließenden Zivilprozess zu ersetzen.[51] Dies mündete in folgende Forderung: „Die Tatsachenfeststellungen und der Schuldspruch im Strafverfahren sollen eine Bindungswirkung im nachfolgenden Zivilverfahren entfalten“.[52]

Ob neben dieser Bindungswirkung auch das Adhäsionsverfahren gänzlich gestrichen werden soll, lässt sich der Dokumentation nicht entnehmen. Zwar wird auf die mangelnde Praxistauglichkeit des Adhäsionsverfahrens verwiesen, nicht aber eine komplette Aufgabe gefordert. Bereits 2016 hatte Heese herausgearbeitet, dass eine Bindungswirkung aus historischer, vergleichender, verfassungsrechtlicher sowie international-verfahrensrechtlicher Perspektive kritisch ist und hat die Vorzüge einer begrenzten Effektuierung des Adhäsionsverfahren in den Vordergrund gestellt.[53]

Während sich die geringe Zahl der Adhäsionsverfahren anhand der Statistiken nachprüfen und nachvollziehen lässt, ist nicht überprüfbar, wie viele Opfer ihre Ansprüche stattdessen auf dem Zivilrechtswege geltend machen. Insofern können keine Aussagen zur Häufigkeit von Zivilrechtsklagen getroffen werden.

Eine Bindungswirkung der Strafurteile für den Zivilprozess ist jedoch in jedem Fall abzulehnen. Den Vorzügen, dass der Zivilrichter sich bei festgestellter Straftat allein auf die zivilrechtlichen Folgen der Tat konzentrieren kann und so Unabwägbarkeiten für das Opfer beseitigt werden,[54] stehen Nachteile gegenüber, die aufgrund des Opferschutzes eine Bindungswirkung geradezu verbieten. Denn das Opfer kann derzeit auch bei abgelehntem Antrag auf Adhäsionsverfahren Zivilrechtsklage erheben. D.h. es erfolgt keine Schlechterstellung des Opfers, ganz im Gegenteil.

Das Adhäsionsverfahren bietet die Möglichkeit, die prozessualen Vorteile eines Strafverfahrens zu nutzen und Strafverfahren und Entschädigungsverfahren wirkungsvoll zu verbinden. Die Tatsache, dass das Adhäsionsverfahren in der Praxis kaum eine Rolle spielt, liegt weniger an den Regeln der §§ 403 ff. StPO, als vielmehr an dem Unwillen der Strafrichter, sich mit zivilrechtlichen Fragen auseinanderzusetzen und insoweit vielleicht auch am fehlenden Vertrauen der Opfer in die fachlichen Kompetenzen der Strafrechtler. Stellschraube, um dem Adhäsionsverfahren mehr praktische Relevanz zukommen zu lassen, wäre eine Modifizierung des § 406 StPO und insbesondere die – weitere – Einschränkung der Ermessensentscheidung des Strafrichters, die Ungeeignetheit eines Antrags auf Adhäsionsverfahren festzustellen.

Die Bindungswirkung des Strafurteils für das Zivilgericht, so wie der 2. Strafkammertag es fordert, ist abzulehnen. Entfaltet ein Urteil des Strafgerichts Bindungswirkung, wird dem Opfer ein Rechtsweg dann abgeschnitten, wenn ein Freispruch des Angeklagten erfolgt. Dann nämlich hätte auch der Freispruch Bindungswirkung für das Zivilgericht und das Opfer könnte seine Ansprüche nicht mehr geltend machen. Es erscheint unbillig, dem – wenn auch nur mutmaßlichem – Opfer einer Straftat hier weniger zivilrechtliche Klagemöglichkeiten zu gewähren, als dem – ebenfalls zunächst nur mutmaßlich – Verletzten einer unerlaubten Handlung, die sich nicht zugleich als Straftat darstellt.

2. China

a) Überblick der Regelungen im chinesischen Strafgesetzbuch und der Strafprozessordnung

Das im Jahr 1979 vom Nationalvölkerkongress[55] erlassene chinesische Strafgesetzbuch und die chinesische Strafprozessordnung enthalten Regelungen zur Opferentschädigung durch den Täter.

aa) Regelungen im chinesischen Strafgesetzbuch
Das chinStGB sieht im allgemeinen Teil zwei Arten von Entschädigungsrechten eines Opfers vor. Nach § 36 Abs. 1 chinStGB soll das Gericht neben einer Strafe auch einen Entschädigungsanspruch des Opfers aussprechen, sofern dem Opfer durch die Straftat ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Gemäß Abs. 2 soll der Täter das Opfer vorrangig entschädigen, wenn der entschädigungsverpflichtete Täter auch zu einer Vermögensstrafe[56] verurteilt wurde und sein Vermögen für Entschädigung und Geldstrafe nicht ausreicht. Eine Entschädigung des Opfers ist somit gesichert, sofern noch Vermögen beim Täter vorhanden ist.

§ 64 chinStGB schreibt die Pflicht der strafverfolgenden Behörde vor, die erlangten Vermögensgegenstände eines Täters zu beschlagnahmen oder die Herausgabe bzw. Entschädigung an das Opfer anzuordnen, sofern nachweisbar ist, dass das Opfer Berechtigter dieser Vermögensgegenstände ist. Die Entschädigung soll dann aber den Wert der Vermögensgegenstände nicht überscheiten. Ein darüber hinausgehender Schadensersatzanspruch steht dem Opfer nicht zu.[57]

Seit Inkrafttreten des Strafgesetzbuchs 1980 sind die Paragrafen, die die Pflicht des Gerichts und der Strafverfolgungsbehörden normieren, den Täter zur Entschädigung der Vermögensgegenstände des Opfers zu verurteilen und die Vermögensgegenstände herauszugeben bzw. deren Wert zu versetzen, nicht geändert worden.

bb) Regelungen in der chinesischen Strafprozessordung und ihrer Durchführungsverordnung
Nach der Strafprozessordnung steht einem Opfer das Recht zu, im Wege eines Adhäsionsverfahrens gem. §§ 99 ff. chinStPO, Schadensersatz- und Herausgabeansprüche wegen Entziehung eines Vermögensgegenstandes oder Wertersatzanspruch wegen Unmöglichkeit eines Herausgabeanspruchs nach § 234 Abs. 1 chinStPO i.V.m. § 64 chinStGB geltend zu machen. Dabei regeln die §§ 99 ff. chinStPO nicht nur, in welchen Fällen das Adhäsionsverfahren zulässig ist, sondern auch, welche Schäden eines Opfers ersetzt werden können. Nach chinesischem Recht steht dem Opfer einer Straftat grundsätzlich kein separater Zivilrechtsweg für seine Schadensersatzforderung zu, so dass eine Geltendmachung nur über das Adhäsionsverfahren in Betracht kommt. Folglich spielt das Adhäsionsverfahren in China für die Opferentschädigung eine ganz entscheidende Rolle.

Im Gegensatz zu den unverändert fortbestehenden Regelungen im Strafgesetzbuch, sind die einschlägigen Rechtsvorschriften in der Strafprozessordnung zweimal durch den Nationalen Volkskongress geändert worden. In den Fassungen von 1979 und 1996 gab es nur zwei Rechtsvorschriften in der Strafprozessordnung, die die Fälle festlegten, in denen ein Adhäsionsverfahren zulässig ist und in welchen Fällen das Gericht von einer gleichzeitigen Entscheidung der Straf- und Zivilsache absehen kann. Letzteres ist der Fall, wenn das Strafverfahren durch gleichzeitig durchgeführtes Adhäsionsverfahren erheblich verzögert würde. Wird diese erhebliche Verzögerung festgestellt, so darf nach Abschluss des Strafverfahrens ausschließlich das Gericht der Strafsache die Zivilsache entscheiden.

Vor der letzten Änderung der Strafprozessordnung war allein das Opfer Antragsberechtigter eines Adhäsionsverfahrens.[58] Das Gesetz bestimmte auch nicht eindeutig, in welchem Umfang bei erfolgreichem Adhäsionsverfahren eine Schadensersatz gewährt werden sollte. Zudem war die Entschädigung des Opfers auf materielle Schäden beschränkt und Vermögensarrest und Beschlagnahme zur Sicherung des Schadensersatzes waren lediglich im Hauptverfahren durch das zuständige Gericht möglich. Dies führte dazu, dass die Vollstreckung des zivilrechtlichen Urteils ins Leere lief. Wegen dieser lückenhaften Regelung machte das Adhäsionsverfahren in der praktischen Umsetzung wenig Sinn.

Daher erließ das chinesische oberste Volksgericht eine Durchführungsverordnung der Strafprozessordnung und anderer Gerichtsvorschriften, um die Ansprüche aus dem Adhäsionsverfahren auch wirksam durchsetzen zu können und so die Regelungen des Adhäsionsverfahrens zu vervollständigen.[59] Nach heftiger Diskussion wurde die Strafprozessordnung im Jahr 2012 durch den Nationalen Volkskongress geändert und neben anderen Bestimmungen auch drei neue Rechtsvorschriften für das Adhäsionsverfahren geschaffen. Erstens ist nicht mehr nur das Opfer Antragsberechtigter des Adhäsionsverfahrens, sondern auch sein gesetzlicher Vertreter und Familienangehöriger, falls das Opfer verstorben oder prozessunfähig ist. Zweitens kann das Opfer eine Vermögenssicherstellung des Täters bereits im Ermittlungsverfahren beim zuständigen Gericht beantragen. Drittens kann das Volksgericht einen Vergleich im Adhäsionsverfahren vorschlagen. Wenn Opfer und Täter mit dem Vergleichsvorschlag einverstanden sind, kommt der Vergleich zustande. Das Gericht kann den Täter auch zum Ersatz des materiellen Schadens des Ofers verurteilen.

Nach Änderung der Strafprozessordnung im Jahr 2012 erließ das chinesische Oberste Volksgericht im Dezember desselben Jahres die Durchführungsverordnung zur neuen Strafprozessordnung (chinDVN-StPO), die zum 1.1.2013 in Kraft getreten ist. Die Durchführungsverordnung wurde zur Ergänzung und Erläuterung der Anwendung der Rechtsvorschriften der Strafprozessordnung für alle Volksgerichte erlassen, um eine einheitliche Anwendung der Strafprozessordnung zu erreichen. Sie hat in der Praxis eine große Bedeutung. Die §§ 138-164 chinDVN-StPO regeln das Adhäsionsverfahren. Nach § 138 chinDVN-StPO lässt das zuständige Gericht nur für solche Straftaten ein Adhäsionsverfahren zu, in denen das Opfer in seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt oder Vermögensgegenstände durch die Tathandlung zerstört oder beschädigt sind und dadurch ein materieller Schaden entstanden ist. Ein Antrag auf immateriellen Schadensersatz ist gem. § 138 Abs. 2 chinDVN-StPO im Adhäsionsverfahren nicht zulässig.

Die Geltendmachung eines aus einer Straftat erwachsenden vermögensrechtlichen Anspruchs des Opfers außerhalb des Adhäsionsverfahrens kommt in zwei Fällen in Betracht. Zum einen, wenn bei Durchführung des Adhäsionsverfahrens die Gefahr einer erheblichen Verzögerung des Strafverfahrens besteht. Zum anderen, wenn der Antragsberechtigte im Strafverfahren kein Adhäsionsverfahren beantragt hat. In beiden Fällen gelten dann die oben genannten Zulässigkeitsgrundsätze auch für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs vor den Zivilgerichten. Dann ist auch der Zivilrechtsklageweg eröffnet, allerdings ist das Zivilgericht an die Entscheidungen des Strafgerichts gebunden. Ein separates Zivilverfahren für einen aus derselben Straftat erwachsenden vermögensrechtlichen Anspruch in den übrigen Fällen kennt das chinesische Recht nicht.

Weiterhin regelt § 155 chinDVN-StPO, was unter einem materiellen Schaden zu verstehen ist. Zudem wird in den §§ 155 ff. chin DVN-StPO auch geregelt, welche Wirkung die Entschädigung des Opfers auf die Strafzumessung des Täters hat. Geregelt ist weiterhin das Sicherstellungsverfahren bzgl. des Vermögens des Täters um die Entschädigungsrechte des Opfers zu realisieren. § 162 chinDVN-StPO legt fest, dass das Adhäsionsverfahren mit keinen Kosten des Opfers verbunden ist, also keine Gerichtskosten für das Opfer anfallen.

cc) Zusammenfassung
Entschädigung ist eines der wichtigsten und wirkungsvollsten Mittel des Opferschutzes, um das zerstörte Rechtsverhältnis zwischen Täter und Opfer wieder gut zu machen. Im chinesischen Recht gibt es aus zwei Gründen Besonderheiten. Erstens gibt es in China kein Opferentschädigungsgesetz und das Opfer bekommt ausschließlich vom Täter oder seinen Familienangehörigen Entschädigung, sofern nicht ein Ausnahmefall staatlicher Hilfeleistung – s. Gliederungspunkt I.2. – vorliegt. Zweitens kann ein Opfer seinen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch im Prinzip nur im Wege des Adhäsionsverfahrens geltend machen. Somit hängt das Entschädigungsrecht des Opfers vom Adhäsionsverfahren ab.

Zwar regelt § 36 Abs. 1 chinStGB, dass wirtschaftliche Schäden eines Opfers zu entschädigen sind, diese Vorschrift ist aber keine Anspruchsgrundlage. Sie erkennt nur zivilrechtliche Ansprüche des Opfers an, die dann noch in der Strafprozessordnung und einschlägigen Gerichtsvorschriften umgesetzt werden müssen. Ob das Adhäsionsverfahren die Entschädigungsrechte des Opfers entsprechend schützen kann, ist sowohl in der Theorie als auch in der Praxis sehr umstritten.

b) Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten

Die Änderungen der chinesischen Strafprozessordnung und das Inkrafttreten der Durchführungsverordnung sollten das Adhäsionsverfahren als wichtigstes Mittel der Opferentschädigung entscheidend verbessern. Um die Wirksamkeit zu überprüfen, wurde eine Studie vom Obersten Volksgericht der Stadt Ma´anshan im Auftrag des chinesischen Obersten Volksgerichts über die rechtliche und praktische Bedeutung des Adhäsionsverfahrens durchgeführt.[60] Die Studie sowie nach der Studie veröffentlichte Daten zeigen die Zahl der gesamten in erster Instanz verurteilter Straftäter sowie die Zahl der durchgeführten Adhäsionsverfahren.[61]

 

Jahr

2013

2014

2015

2016

2017

Straftat

954.086

1.023.013

1.094.090

880.241

906.108

Adhäsionsverfahren

52.071

45.556

38.398

22.476

20.811

Quote

5.46%

4.45%

3.51%

2.55%

2.30%

Tabelle 1: in erster Instanz verurteilte Straftäter und Adhäsionsverfahren

 

Während die in erster Instanz verurteilten Straftäter von 2013-2015 kontinuierlich zunehmen und dann nach einem Abfall im Jahr 2016 im Jahr 2017[62] auch wieder leicht ansteigen, sind die mit einem Adhäsionsverfahren verbundenen Strafverfahren mit einer stark rückläufigen Quote im einstelligen Prozentbereich. Bedenkt man, dass das Adhäsionsverfahren in China praktisch die einzige Möglichkeit des Opfers ist, eine Entschädigung zu erhalten, sind diese Zahlen ernüchternd.

Da aufgrund des steigenden Anstiegs von verurteilten Straftätern auch von steigenden Opferzahlen auszugehen ist, ist aufgrund der geringen Fallzahlen von Adhäsionsverfahren zu vermuten, dass entweder das Gericht einen Antrag des Opfers auf Adhäsionsverfahren nicht zulässt oder er aus sonstigen Gründen sein Recht auf Opferentschädigung nicht geltend macht. In der Praxis verurteilen die Gerichte auch nicht einheitlich in Bezug auf die Opferentschädigung.[63] Teilweise verurteilen die Gerichte auch nach der Leistungsfähigkeit des Täters zur Opferentschädigung.[64] Andererseits müssen der Täter oder seine Familienangehörigen nur dann Entschädigungszahlungen leisten, wenn das Gericht eine milde Strafe für den Täter ausgesprochen hat.[65] Diese uneinheitliche Entscheidungspraxis der Gerichte wird von den Opfern und anderen Antragsberechtigten kritisiert. Es sei nicht einzusehen, warum das Adhäsionsverfahren auf bestimmte Straftaten und materielle Schäden beschränkt sei. Zudem ergäbe sich durch die unterschiedliche Spruchpraxis eine Diskriminierung und Ungleichbehandlung der Opfer je nach Gerichtsort und Spruchkörper.

Doch worin liegen die Probleme der Opferentschädigung begründet? Während § 36 Abs. 1 chinStGB von wirtschaftlichen Schäden des Opfers spricht, die gleichzeitig mit dem Strafurteil beglichen werden sollen, beschränkt § 99 chinStPO den Schadensersatzanspruch im Adhäsionsverfahren auf materielle Schäden. Nun gibt es einen Unterschied zwischen wirtschaftlichen und materiellen Schäden. Wirtschaftliche Schäden kann man als eine Art Oberbegriff von materiellen Schäden begreifen, so dass das Verfahrensrecht den Schadensersatzanspruch zwangsläufig einschränkt, indem es nur materielle Schäden betrifft.

Zudem kennen sowohl § 36 Abs. 1 chinStGB als auch § 99 chinStPO keine Beschränkung auf bestimmte Straftaten, wohingegen die chinDVN-StPO das Gericht nur dazu ermächtigt, ein Adhäsionsverfahren auf Antrag zuzulassen, sofern es sich bei der Straftat um Körperverletzung bzw. Gesundheitsbeeinträchtigung oder die Beschädigung oder Zerstörung eines Vermögensgegenstandes handelt und dadurch der materielle Schaden des Opfers verursacht wurde. D.h. auch die chinDVN-StPO beschränkt das Entschädigungsrecht des Opfers wieder. Die chinDVN-StPO hat allerdings ebenso wie die chinStPO mehr Bedeutung in der Praxis als das materielle Strafgesetzbuch.

Andere Gründe der uneinheitlichen Entscheidungspraxis der verschiedenen Volksgerichte sind, dass im Gegensatz zum Adhäsionsverfahren das Zivilgesetz[66] und der Beschluss für die Entschädigung einer Körperverletzung bzw. Gesundheitsbeeinträchtigung vom obersten Volksgericht[67] einen immateriellen Schaden eines Verletzten in der Zivilsache anerkennen. Daher wurden im Zeitraum zwischen Mai 2004 und November 2006 auch im Adhäsionsverfahren dem Opfer immaterielle Schäden zugesprochen. Danach änderte das oberste Volksgericht aufgrund seiner Beschlüsse und später durch Inkrafttreten der Durchführungsverordnung und der einschlägigen Gesetze seine Spruchpraxis[68] und erkannte immaterielle Schäden nicht mehr an. Argumentiert wurde zum einen damit, dass es eine doppelte „Bestrafung“ des Täters sei, wenn er neben seiner Strafe noch die Schadensersatzforderung des Opfers erfüllen müsse.[69] Nach der chinesischen Rechtskultur gelte das Prinzip „entweder eine Strafe oder Schadensersatz“.[70] Zum anderen, würde dann, wenn das Gericht auch zum Ersatz der immateriellen Schäden des Opfers verurteilen würde, dass Urteil faktisch „ins Leere laufen“ und das Opfer wahrscheinlich keine Entschädigung bekommen. Daher sei es besser, wenn das Gericht dem Opfer nur einen beschränkten materiellen Schaden zuspräche und dieser dann auch erfüllbar sei.[71] Darüber hinaus sei ein Schadensersatz nach den Zivilgesetzen nur dann zu erstatten, sofern dieser explizit auch in den gesetzlichen Regelungen der chinStPO und chinDVN-StPO vorgegeben sei.

Gegen die Ansicht des Obersten Volksgerichts spricht die Tatsache, dass eine Entschädigung keine Strafe ist und die gleiche Bedeutung hat wie eine Haftung aus unerlaubter Handlung. Der Schädiger ist verpflichtet, dem Geschädigten durch Naturalrestitution oder Schadensersatz seinen Schaden wiedergutzumachen. Der Schädiger ist dann zum Täter geworden, wenn seine Handlung und/oder die verursachte Folge strafbar ist. Der staatliche Strafanspruch bezieht sich nur auf die vom Strafgesetz geschützten Rechtsgüter des Opfers. Die Entschädigung bezieht sich demgegenüber auf die Wiedergutmachung des Rechtsverhältnisses zwischen Opfer und Täter. Daher ist die Entschädigung keine Strafe. Ist ein Geschädigter nicht durch eine Straftat verletzt worden, so ist er demzufolge bessergestellt, als wenn er Opfer einer Straftat geworden wäre. Denn im ersten Fall hat er Anspruch auf Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden, im zweiten Fall – also bei schwerwiegender, strafwürdiger Rechtsgutsverletzung – hat er lediglich Anspruch auf den materiellen Schaden. Das ist gegen den Sinn und Zweck des Gesetzes. Denn seit Inkrafttreten des § 36 Abs. 1 chinStGB soll das Gericht neben der Strafe eine Entschädigung für das Opfer aussprechen. Somit hat das Opfer einen unbeschränkten Schadensersatzanspruch nach dem Zivilrecht. Außerdem ist die Behauptung, eine Erfüllung des materiellen Schadensersatzanspruchs sei bei zusätzlicher Verurteilung zum Ersatz der immateriellen Schäden schlechter möglich, empirisch nicht belegt. Eine entsprechende Studie gibt es nicht. Darüber hinaus steht bei der Verurteilung noch überhaupt nicht fest, ob ein Urteil ins Leer läuft, dies kann erst bei der Vollziehung bzw. Vollstreckung nachweisbar sein.[72]

Die gesetzlichen Kollisionen sind die Hauptgründe der uneinheitlichen Opferentschädigung in China. Um eine ausgewogene, verfassungsgemäße Opferentschädigung zu erreichen, muss eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage geschaffen werden, die das Adhäsionsverfahren mit dem zivilrechtlichen Entschädigungskatalog verknüpft und dem Opfer alle ihm zustehenden Rechte ohne Einschränkungen zukommen lässt.

Ein weiteres Problem ist darin zu sehen, das Opferentschädigung und Strafzumessung des Täters sich gegenseitig bedingen. Theoretisch könnten Strafe und Entschädigung unabhängig voneinander sein, da der Staat die Strafe ausspricht und das Opfer die Entschädigung verlangt. Wenn der Täter aber das Opfer entschädigt, wird das zerstörte Rechtsverhältnis wiedergutgemacht und zudem die Vorwerfbarkeit auf der einen Seite indiziert, auf der anderen Seite aber durch die Wiedergutmachung gemildert. Daher soll die Entschädigung nach chinesischem Recht auch auf die Strafe des Täters Einfluss nehmen und eine Strafmilderung herbeiführen. Kann der Täter aber den Schadensersatzanspruch des Opfers nicht erfüllen, so wird der Täter nicht härter als üblich bestraft, so dass die Entschädigungsfähigkeit des Täters keinen Einfluss auf die Strafe hat. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, dass § 101 chinStPO und § 155 Abs. 1 chinDVN-StPO so zu verstehen sind, dass das Gericht bei Festlegung des Strafmaßes die Entschädigungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen hat.[73] Dies führt aber zu einer ungleichen Bestrafung der gleichen Tat allein aufgrund der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit des Täters. Ob und wie der Täter seiner Pflicht zum Schadensersatz nachkommt, kann sich aber nur nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten lösen lassen.

c) Zusammenfassung und Ausblick

Intention des Obersten Volksgerichts war es, durch Erlass der chinDVN-StPO ein einheitliches Adhäsionsverfahren zu schaffen und durch Einschränkung des vermögensrechtlichen Anspruchs den Urteilsspruch und die Entschädigung des Opfers nicht ins Leere laufen zu lassen. Die Umsetzung stößt aber nicht nur auf verfassungsrechtliche Bedenken, sondern bringt auch Probleme in der Strafzumessung mit sich und führt zu Ungleichbehandlungen der Täter. Für das Opfer führen Kollisionen der unterschiedlichen Rechtsgebiete ebenfalls zu nicht hinnehmbaren Ungleichbehandlungen alleine danach, ob eine deliktische Handlung zugleich Strafgesetze verletzt oder nicht. Daher sollte das Gericht einem Opfer dessen in einer Strafsache erwachsenden vermögensrechtlichen Anspruch nicht nur nach den in der chinStPO und chinDVN-StPO Rechtsgrundlagen zusprechen, sondern weitreichender und umfassender nach dem geltenden Zivilrecht.

Insofern lässt sich festhalten, dass die neuen Gesetzesänderungen die Opferentschädigung im Adhäsionsverfahren verbessert haben und den Grundstein für deren Weiterentwicklung legen. Eine Weiterentwicklung sollte in zwei Schritten erfolgen. Als erstes müssen verfassungskonforme Rechtsvorschriften den vermögensrechtlichen Anspruch eines Opfers und das Verhältnis zwischen Entschädigung auf der einen und Strafzumessung auf der anderen Seite eindeutig klären und einheitlich festlegen. In einem zweiten Schritt ist die Frage der Durchsetzung des Schadenersatzes gegen den Täter besser zu regeln. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass der Opferschutz und das Entschädigungsrecht des Opfers zwar wichtig sind, jedoch nicht das einzige Ziel eines Strafverfahrens darstellen. Daneben sind auch die Rechte des Täters, seine Resozialisierung und der staatliche Strafanspruch zu sichern.

3. Zwischenfazit

Sowohl China als auch Deutschland haben Regelungen zum Adhäsionsverfahren. In beiden Ländern erweist sich das Adhäsionsverfahren als wenig wirkungsvoll. Dies ist in China den unterschiedlichen Regelungswerken geschuldet, die nicht harmonieren oder verfassungsrechtlich fragwürdig Schadensersatz in ganz unterschiedlichem Umfang gewähren, je nachdem, ob der Verletzte zugleich Opfer einer Straftat ist oder eben nicht. Dieser Wertungswiderspruch ist durch eine Neuregelung aufzulösen.

In Deutschland dagegen richtet sich der Schadensersatzanspruch im Adhäsionsverfahren ganz überwiegend nach den zivilrechtlichen Regelungen. Im Gegensatz zu China wird auch Schmerzensgeld gewährt. In Deutschland krankt die praktische Bedeutung des Adhäsionsverfahrens an der Ermessensentscheidung des Gerichts bei fehlender Eignung. Hier sind Schulungen geboten, um den Richter nicht wegen mangelnder Zivilrechtskenntnis von vornherein in seiner Ermessensentscheidung negativ zu beeinflussen. 

III. Ausblick

Bei allen Unterschieden kennt sowohl das chinesische als auch das deutsche Recht staatliche Opferentschädigung und eine Entschädigung des Opfers durch den Täter im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens. Deutschland hat ein eigenes Gesetz zur staatlichen Opferentschädigung, das lediglich im Hinblick auf die Gefährdungen durch den Terrorismus und die Aufnahme auch psychischer Gewalt als ausreichender Anknüpfungspunkt für eine staatliche Entschädigungsleistung modifiziert werden muss. China dagegen  benötigt eine  umfassende Reform und Entwicklung eines eigenständigen Rechts staatlicher Opferentschädigung. Insbesondere ist unzureichend, dass nur vermögenslose Opfer staatliche Hilfsleistungen in Anspruch nehmen können.

Das Adhäsionsverfahren ist in beiden Ländern – wenn auch unterschiedlich – geregelt. Hier ist in China vor allem eine Ausweitung des Umfangs der Schadensersatzansprüche im Adhäsionsverfahren zu fordern und eine Angleichung zum Zivilprozess vorzunehmen. Insofern ist wünschenswert, dass, genau wie in Deutschland, auch die Geltendmachung von Schmerzensgeldforderungen im Adhäsionsverfahren möglich wird. Während in China bei Freispruch des Täters eine zivilrechtliche Klage des – mutmaßlichen – Opfers ausgeschlossen ist, ist dies in Deutschland derzeit aufgrund der fehlenden Bindungswirkung des strafrechtlichen Urteils für das Zivilgericht unproblematisch möglich. Hier wie vom zweiten Strafkammertag gefordert eine Bindungswirkung einzuführen, beschneidet die Rechte des wenn auch mutmaßlichen Opfers einer Straftat gegenüber dem – ebenfalls mit Prozessbe-ginn nur mutmaßlichen – Verletzten einer unerlaubten Handlung. Dies würde einen Rückschritt in Deutschland bedeuten, während die Überlegungen in China gerade dahin gehen, den Zivilrechtsweg auch für das Opfer von Straftaten zu stärken.

 

[1]     Anders Loytved, NZS 2004, 516, der dem OEG eine „erhebliche praktische Bedeutung“ zuspricht.
[2]     Statistiken zwischen 2014-2016, im Jahr 2014 mit 10,55 % am höchsten, im Jahr 2016 mit 9,57 % am niedrigsten. Diese und weitere Statistiken zur Opferentschädigung abrufbar unter: https://weisser-ring.de/media-news/publikationen/statistiken-zur-staatlichen-opferentschaedigung (zuletzt abgerufen am 15.5.2018).
[3]     Dieser war zunächst in § 206h Abs. 1 Nr. 3 StPO verankert und wurde 2015 in § 406j Nr. 3 StPO überführt.
[4]     Hellmann/Bartsch ziehen sogar den Schluss, dass die geringen Antragsquoten darauf hindeuten, dass die Polizei und Staatsanwaltschaft der ihr obliegenden Informationspflicht nicht in ausreichendem Maß nachkommen, s. dies., MschrKrim 2014, 131 (134).
[5]     Auch hier zeichnet sich eine leicht rückläufige Tendenz ab, im Jahr 2014 erfolgte in 33,72 % der Fälle eine Anerkennung, 2015 waren es dann nur noch 30,85 % und 2016 28,92 % der Fälle, vgl. wiederum: https://weisser-ring.de/media-news/publikationen/statistiken-zur-staatlichen-opferentschaedigung (zuletzt abgerufen am 15.5.2018).
[6]     Zu den Unzulänglichkeiten des OEG s. von Galen, StV 2013, 171 (178); zu den unterschiedlichen Zuständigkeiten bei auf mehrere Bundesländer verteilten Verfahren nach dem OEG und entsprechendem Abstimmungsbedarf vgl. Gelhausen/Weiner, OEG, 6. Aufl. (2015), § 4 Rn.1.
[7]     S. BT-Drs. 7/2506, S. 7.
[8]     Gelhausen/Weiner, § 1 Rn. 5.
[9]     BSGE 49, 98 (103). Zur Kritik Loytved, NZS 2004, 516 (518); ausf. zu den Differenzierungen Gelhausen/Weiner, § 1 Rn. 5.
[10]   Brettel, ZRP 2017, 73 (75).
[11]   Klassisch dem Territorialitäts- und Flaggenprinzip des StGB folgend normiert § 1 OEG als Ort der Straftat Deutschland oder ein Schiff oder Luftfahrzeug unter deutscher Flagge.
[12]   BGBl. I, S. 1580.
[13]   Gelhausen/Weiner, § 1 Rn. 6; § 3a Rn. 1; Bock, ZRP 2009, 148 (149).
[14]   BT-Drs. 7/2506, S. 13.
[15]   BT-Drs. 7/2506, S. 10.
[16]   S. Rademacker, in: Knickrehm, Gesamtes soziales Entschädigungsrecht, 2012, OEG, § 1 Rn. 39
[17]   Hierzu kritisch Löbner, SRa 2015, 182 (186). Für die Einbeziehung auch psychischer Gewalt in das OEG Brettel, ZRP 2017, 73 (74).
[18]   Zur Mitverursachung und den Fallgruppen ausführlich Gelhausen/Weiner, § 2 Rn. 10 ff., 40 ff.
[19]   Hierzu unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung Gelhausen/Weiner, § 2 Rn. 28 ff.; Rademacker, in: Knickrehm, OEG, § 2 Rn. 20 ff.
[20]   SG Frankfurt a.M., Urt. v. 10.7.2002 – S 24/VG 886/01, BeckRS 2002, 29344 – Rn. 28.
[21]   So bereits von Galen, StV 2013, 171 (178).
[22]   Hierzu Löbner, SRA 2015, 182 (188).
[23]   Ausf. zum Leistungskatalog und Umfang Rademacker, in: Knickrehm, OEG § 1 Rn. 96, sowie Knickrehm, in: Knickrehm, BVG, § 9 Rn. 3 ff.
[24]   Kritisch von Galen, StV 2013, 171 (178).
[25]   So unter https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf, S. 53 (zuletzt abgerufen am 25.5.2018).
[26]   Vgl.  hierzu https://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2018/03/2018-03-14-koalitionsvertrag.pdf;jsessionid=4865EBBADE4F90119642FBDCA32F1E32.s3t1?__blob=publicationFile&v=5, S. 96 (zuletzt abgerufen am 25.5.2018).
[27]   Vgl. hierzu Schwab, DAR 2017, 168 f.; sowie Brettel, ZRP 2017, 73.
[28]   So auch bereits Brettel, ZRP 2017, 73 (75).
[29]   Vgl. unter https://www.gruene-bundestag.de/soziales/schutz-fuer-opfer-von-gewalttaten-12-12-2017.html (zuletzt abgerufen am 25.5.2018)
[30]   So bereits Löbner, SRA 2015, 182 (186).
[31]   Hierzu ausführlich unter II.2.
[32]   Die Verordnung ist am 1.7.2016 vom chinesischen Obersten Volksgericht erlassen worden.

[33]   Ausführlich zum Adhäsionsverfahren vgl. Werner/Ferber (Hrsg.), Handbuch des Adhäsionsverfahrens, 2. Aufl. (2016); Zander, Das Adhäsionsverfahren in neuem Gewand, 2011 sowie Dauer, Das Adhäsionsverfahren im Rechtsvergleich, 2018.
[34]   Dallmeyer, JuS 2005, 327 (328).
[35]   Vgl. hierzu die Zahlen aus den Jahren 2002-2009 bei Haller, NJW 2011, 970 (971) sowie darüber hinaus unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Rechtspflege/GerichtePersonal/Strafgerichte2100230167004.pdf?__blob=publicationFile für das Jahr 2016, andere Jahre auch abrufbar unter www.destatis.de (beides zuletzt abgerufen am 26.5.2018)..
[36]   S. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. (2016), § 403 Rn. 11.
[37]   Zu diesen und weiteren Möglichkeiten vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 403 Rn. 10; Schöch, in: Satzger/Schluckebier/Widmeyer, StPO, 3. Aufl. (2018), § 403 Rn. 11.
[38]   Meyer-Goßner/Schmitt, § 403 Rn. 2; Burhoff, Hdb. für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 8. Aufl. (2015), A Rn. 261.
[39]   Schöch, in: Satzger/Schluckebier/Widmeyer, § 403 Rn. 6 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 403 Rn. 7.
[40]   Dallmeyer, JuS 2005, 327 (329).
[41]   Eine Einschränkung erfährt der Amtsermittlungsgrundsatz allerdings im Hinblick auf Ursachenzusammenhang zwischen Haftgrund und Schaden sowie Schadenshöhe. Hier darf das Gericht entsprechend § 287 ZPO eine Schätzung vornehmen, s. Meyer-Goßner/Schmitt, § 404 Rn. 11; Schöch, in: Satzger/Schluckebier/Widmexer, § 404 Rn. 10.
[42]   So Burhoff, A Rn. 259; Dallmeyer, JuS 2005, 327 (329); Haller, NJW 2011, 970.
[43]   Dallmeyer, JuS 2005, 327 (329); Burhoff, A Rn. 259.
[44]   Dallmeyer, JuS 2005, 327 (329).
[45]   Hierzu Ferber, NJW 2004, 2562 (2565 f.).
[46]   Burhoff, A Rn. 275.
[47]   S. hierzu Emmert, ZRP 2018, 82 (83) und Dallmeyer, JuS 2005, 327 (329).
[48]   Meyer-Goßner/Schmitt, § 406 Rn. 12; Burhoff, A Rn. 275.
[49]   Zu diesen und weiteren Gründen s. Dallmeyer, JuS 2005, 327 (330).
[50]   Zum Ausbildungsstand der Strafjustiz s. Haller, NJW 2011, 970 (971).
[51]   S. Zweiter bundesweiter Strafkammertag am 26. September 2017 in Würzburg, Dokumentation, S. 58, abrufbar unter: https://kripoz.de/wp-content/uploads/2018/05/Abschluss-Dokumentation-2.-Strafkammertag-2017-in-Wurzburg.pdf (zuletzt abgerufen am 26.5.2018).
[52]   A.a.O., S. 59.
[53]   Vgl. ausführlich Heese, JZ 2016, 390 ff.
[54]   So und insgesamt den Vorschlag befürwortend Emmert, ZRP 2018, 82 (84).
[55]   Am 1.7.1979 durch die 2. Sitzung des 5. Nationalvölkerkongresses sind das chinStGB und chinStPO erlassen worden. Sie traten am 1.1.1980 in Kraft.
[56]   Unter Vermögensstrafe versteht man in China eine Geldstrafe in bestimmter Summe oder eine Geldstrafe auf das ganze Vermögen einer bestimmten Person.
[57]   Das chinesische Oberste Volksgericht erließ im Dezember 2000 die Gerichtsvorschrift der Zulässigkeit von Schadensersatzansprüchen im Adhäsionsverfahren (GVZStA). Sie wurde vom Obersten Volksgericht am 19.1.2015 für nicht mehr anwendbar erklärt.
[58]   Die Staatsanwaltschaft konnte lediglich dann im Namen des Staates ein Adhäsionsverfahren beantragen, wenn die Straftat zu einem materiellen Schaden des chinesischen Staates geführt hat.
[59]   Das chinesische Oberste Volksgericht erließ nach § 104 Abs. 1 des chinesischen Gesetzgebungsgesetzes (CGGG) die Durchführungsverordnung der StPO, die für alle Gerichte in Strafsachen und quasi für alle Strafverfolgungsbehörden gilt.
[60]   Die Ergebnisse sind am 10.9.2015 in der Tageszeitung des Volksgerichts, S. 8, bekannt gegeben worden.
[61]   Die Zahlen aus dem Jahr 2016 und 2017 sind der Webseite http://wenshu.court.gov.cn entnommen (zuletzt abgerufen am 26.5.2018). Nach der Anordnung vom Obersten Volksgericht soll jedes Gericht all seine Urteile auf dieser Webseite veröffentlichen. Allerdings muss ein Gericht seine Urteile nicht in jedem Fall veröffentlichen, so dass die Zahlen geringer sind, als die tatsächlich abgeurteilten Straftaten. Die Tabelle 1 zeigt die in erster Instanz verurteilten Straftäter und die im Zusammenhang mit den Straftaten geführte Adhäsionsverfahren.
[62]   Die Zahlen aus den Jahren 2016 und 2017 sind allerdings auf der Entscheidungssammlung der Webseite auch noch nicht vollständig, so dass von einem stetigen Anstieg von 2013 bis 2017 auszugehen ist.
[63]   Wenn man sich die veröffentlichten Urteile auf der Webseite ansieht, so werden in ca. 1% der Adhäsionsverfahren den Opfern von den Volksgerichten sogar immaterielle Schäden ersetzt, was in § 99 chinStPO überhaupt nicht vorgesehen ist. Die Gerichte sprechen den Opfern einen solchen Schadensersatz nach den Haftungsgesetzen der unerlaubten Handlung zu.
[64]   Huapu Sun, Richter des Obersten Volksgerichts, Rechtfertigung des Adhäsionsverfahrens, Journal of Law Application 2017, Bd. 9, S. 9.
[65]   Feng Zhang, Studien des Vermögensschutzes des Opfers, Law Science, 2012, Bd. 8, S. 155.
[66]   Dies bezieht sich in diesem Kontext auf das Haftungsgesetz für unerlaubte Handlungen, die Zivilprozessordnung usw.
[67]   Das ergibt sich aus einen Beschluss des Obersten Volksgerichts über anzuwendende Gesetze für Körperverletzung und Gesundheitsbeeinträchtigung nach der chinesischen Zivilprozessordnung, Grundsatz des Bürgerlichen Gesetzes usw. vom 4.12.2003. An den Beschluss waren alle Volksgerichte gebunden, er trat am 1.5.2004 in Kraft.
[68]   Vgl. hierzu YuanTian, Entschädigungsprobleme für immaterielle Schäden im Adhäsionsverfahren, Legalforum 2017, Bd. 2, S. 121.
[69]   Yunteng Hu, Richter des Obersten Volksgerichts, Anwendung und Erläuterung zur neuen Strafprozessordnung, Law Press China 2013, S. 119 ff.
[70]   Weibo Liu, Anwendung und Erläuterung zur Änderung des Adhäsionsverfahrens, Journal of Law Application 2013, Bd. 7, S. 68.
[71]   Huapu Sun, Richter des Obersten Volksgerichts, Rechtfertigung des Adhäsionsverfahrens, Journal of Law Application 2017, Bd. 9, S. 10;Weibo Liu, Anwendung und Erläuterung zur Änderung des Adhäsionsverfahrens, Journal of Law Application 2013, Bd. 7, S. 63.
[72]   Chuanyong Niu, Probleme des Adhäsionsverfahrens, Theory Journal 2014, Bd. 7, S. 111.
[73]   Huapu Sun, Journal of Law Application 2017, Bd. 9, S. 10.

 

 

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