Gesetz zur Aufhebung des § 103 StGB

Gesetz zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten vom 17. Juli 2017: BGBl I 2017 Nr. 48, S. 2439 ff.

 

Gesetzentwürfe:

  • Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 20. Februar 2017: BT Drs. 18/11243
  • Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25. Januar 2017
  • Gesetzesantrag der Länder Hamburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Thüringen: BR Drs. 214/16
  • Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Neuordnung der Beleidigungsdelikte einzelner MdB und der Fraktion DIE LINKE: BT Drs. 18/8272
  • Gesetzentwurf zur Streichung des Majestätsbeleidigungsparagrafen einzelner MdB und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BT Drs. 18/8123
  • Gesetzentwurf des Bundesrates: BT Drs. 18/10980

Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 214/1/16

Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung: BT Drs. 18/11616

Beschlussempfehlung und Bericht der Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz: BT Drs. 18/12602

 

Nach dem „Schmähgedicht“ von Böhmermann auf den türkischen Präsidenten Erdoğan, ist der im Dornröschenschlaf liegende § 103 StGB in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Dieser Straftatbestand der sog. „Majestätsbeleidigung“ bzw. „Präsidentenbeleidigung“ soll nun als nicht mehr zeitgemäßes „Sonderstrafrecht“ gestrichen werden. Beleidigungen gegen diesen Personenkreis hätten dem Antrag zufolge in aller Regel keinen privaten Hintergrund, sondern seien Teil des öffentlichen Diskurses. Die Länder sehen es darüber hinaus kritisch, dass eine Strafverfolgung in diesen Fällen von einer Entscheidung der Bundesregierung abhängt. Diese sei in der schwierigen Lage, einen Ausgleich zwischen der überragenden Bedeutung der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit und den Erwartungen der ausländischen Regierung herbeiführen zu müssen.

Nach einem entsprechenden Gesetzentwurf von sechs Bundesländern sprachen sich auch die Ausschüsse des Bundesrates für eine Streichung aus.

Am 16. Dezember 2016 hat der Bundesrat in der Plenarsitzung die Einbringung einer Gesetzesinitiative in den Bundestag zur sofortigen Streichung des § 103 StGB beschlossen. Als nächstes wird sich die Bundesregierung mit der Länderinitiative beschäftigen. Der Gesetzentwurf wird dann zusammen mit ihrer Stellungnahme an den Bundestag zur Entscheidung weitergeleitet.

Am 25. Januar 2017 hat der Bundesrat schließlich seinen Gesetzentwurf (BT Drs. 18/10980) zur Streichung des § 103 StGB in den Bundestag eingebracht. Die Bundesregierung macht in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates klar, dass sie das gleichlautende Anliegen unterstütze, aber am eigenen Entwurf festhalte. Der Gesetzentwurf soll als besonders eilbedürftig behandelt werden, damit das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden kann.

Am 23. Februar hat die Bundesregierung ihren Entwurf vom 20. Februar 2017 in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 18/11243). Nach dem Willen der Bundesregierung soll das Gesetz mit dem kurzen Wortlaut „§ 103 StGB wird aufgehoben“ im Januar 2018 in Kraft treten. Hinsichtlich des Zeitpunktes besteht jedoch Uneinigkeit zwischen Bundestag und Bundesrat. Wie aus der Stellungnahme hervorgeht, soll das Gesetz nach Meinung des Bundesrates am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten. Der Bundestag hält an seinem Vorschlag ohne nähere Begründung fest.

Am 28. April 2017 hat der Bundestag erstmals über den Gesetzentwurf debattiert und ihn zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen. Dort fand am 17. Mai 2017 eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Experten waren sich uneinig, ob eine Streichung des § 103 StGB sinnhaftig sei. Zwei der vier Sachverständigen waren dafür, den Majestätsbeleidigungsparagrafen beizubehalten. Als Argument für eine Abschaffung wurde angeführt, dass Staatsoberhäupter genauso gut durch § 185 StGB geschützt seien. Ebenso gebe es auch keine völkerrechtlichen Gründe die dagegen sprechen. Dies wurde von den Gegnern des Vorhabens jedoch anders gesehen. Bei der Beleidigung von Staatsoberhäuptern gehe es in erster Linie nicht um die persönliche Ehre, sondern um den repräsentierten Staat. Schutzzweck des § 103 StGB sei auch, die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Staaten zu schützen. Die vier Gesetzentwürfe zur Abschaffung des Straftatbestandes der Majestätsbeleidigung seien nur als Reaktion auf das Schmähgedicht von Jan Böhmermann in den Bundestag eingebracht worden. Zuletzt wurde zu Bedenken gegeben, dass es auch ohne die Abschaffung des § 103 StGB in Staaten mit einem anderen Rechtsverständnis als Ehrverletzung empfunden werden könne, wenn ein solches Verfahren mit einem Freispruch endet oder eingestellt wird. 

Am 1. Juni 2017 fand im Bundestag die zweite und dritte Lesung statt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde mit Empfehlung des Rechtsausschusses (BT Drs. 18/12602) einstimmig angenommen. Die Gesetzentwürfe der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen (BT Drs. 18/8123), der Fraktion Die Linke (BT Drs. 18/8272) und der Gesetzentwurf des Bundesrates (BT Drs. 18/10980) wurden abgelehnt. Damit setzte sich die Bundesregierung – was den Zeitpunkt der Streichung des § 103 StGB angeht – durch. Das Gesetz soll im Januar 2018 in Kraft treten.

Am 7. Juli 2017 hat der Bundesrat in seiner Plenarsitzung den Gesetzesbeschluss des Bundestages gebilligt und auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtet.

Am 21. Juli 2017 wurde das Gesetz zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten im Bundesgesetzblatt verkündet. Es tritt am 1. Januar 2018 in Kraft.

 

 

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