Gesetzentwürfe:
- Gesetzentwurf des Bundesrates: BT Drs. 20/9646
- Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen: BR Drs. 449/23
- Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 449/1/23
Das Land NRW hat einen Gesetzesantrag zur Änderung des StGB in den Bundesrat eingebracht. Geplant ist die Einfügung eines § 341 StGB, der das Vertrauen in die rechtsstaatliche Amtsführung schützen soll. „Wer als Amtsträgerin oder Amtsträger in dienstlichem Zusammenhang in einer Weise, die geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in rechtstaatliches Handeln von Behörden oder sonstigen Stellen der öffentlichen Verwaltung zu erschüttern, volksverhetzende Inhalte äußert oder einer Person zugänglich macht oder Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet, wird zukünftig mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Der Tatbestand ist so gefasst, dass auch das Teilen solcher Inhalte in sogenannten geschlossenen Chatgruppen mit einem konkreten und bestimmten Personenkreis oder die Weiterleitung solcher Inhalte in diese Gruppen strafbar sein kann, sofern dies in Zusammenhang mit der Dienstausübung geschieht“, so der Entwurf.
Hintergrund der Landesinitiative sind einige Vorfälle der letzten Jahre, in denen sich Amtsträger und Amtsträgerinnen in Chatgruppen rassistisch, antisemitisch oder fremdenfeindlich äußerten. Die Kommunikation wurde über private Endgeräte in geschlossenen Gruppen geführt, hatte aber einen Zusammenhang mit der Ausübung der Dienstgeschäfte. Durch den individualisierten Kolleg:innenkreis konnten die Vorfälle weder nach § 130 StGB noch nach § 86a StGB verfolgt werden, da die kommunizierten Inhalte so nicht mit einem unkontrollierbaren größeren Personenkreis geteilt worden waren. Die Folge seien negative Auswirkungen auf das Vertrauen der Bürger:innen in die Integrität des öffentlichen Dienstes gewesen. Zu befürchten sei eine Erosion der rechtsstaatlichen Kultur in dienstlichen Gruppen oder ganzen Behörden, welche zu einer nicht mehr an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichtete Dienstausübung führe. Daher sei „zur Wahrung der Integrität des öffentlichen Dienstes bzw. der rechtstaatlichen Behördenkultur insgesamt sowie des Vertrauens der Allgemeinheit in den öffentlichen Dienst als Funktionsbedingungen des öffentlichen Dienstes die Schaffung eines neuen Straftatbestands erforderlich“.
„§ 341 Volksverhetzende Inhalte und verfassungswidrige Kennzeichen im Zusammenhang mit der Dienstausübung
(1) Wer als Amtsträger im Zusammenhang mit der Dienstausübung in einer Weise, die geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in rechtstaatliches Handeln von Behörden oder sonstigen Stellen der öffentlichen Verwaltung zu erschüttern,
- die in § 130 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 oder Absatz 4 bezeichneten Inhalte (§ 11 Absatz 3) gegenüber einer anderen Person äußert oder einer anderen Person zugänglich macht oder
- im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Absatz 1 Nummer 1, 2 und Nummer 4 bezeichneten Parteien, Vereinigungen oder Organisationen verwendet,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Auf Absatz 1 Nummer 2 ist § 86 Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Für den Begriff der Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 gilt § 86a Absatz 2 entsprechend.
(3) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.“
Am 29. September 2023 hat sich der Bundesrat erstmalig mit dem Gesetzesantrag befasst und ihn im Anschluss zwecks weiterer Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Der federführende Rechtsausschuss sowie der Ausschuss für Innere Angelegenheiten haben dem Bundesrat die Einbringung in den Bundestag empfohlen (BR Drs. 449/1/23). Ein entsprechender Beschluss wurde in der Plenarsitzung am 20. Oktober 2023 gefasst. Am 6. Dezember 2023 brachte der Bundestag den Gesetzentwurf (BT Drs. 20/9646) schließlich in den Bundestag ein.