KriPoZ-RR, Beitrag 53/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 01.09.2021 – 5 StR 188/21: Keine Plausibilitätsprüfung innerhalb der Konnexität eines Beweisantrags

Amtlicher Leitsatz:

Zum Zusammenhang zwischen Beweistatsache und Beweismittel nach der Neufassung von § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO („Konnexität“; Aufgabe von BGHSt 52, 284).

Sachverhalt:

Das LG Berlin hat den Angeklagten M. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gef. Körperverletzung und einem Verstoß gegen das WaffG und den Angeklagten P. wegen Beihilfe zum versuchten Mord in Tateinheit mit Beihilfe zur gef. Körperverletzung verurteilt.

Nach den für diese Entscheidung relevanten Prozessvorgängen hatte das LG einen Beweisantrag des Angeklagten P mit der Begründung, es handele sich mangels Konnexität nicht um einen Beweisantrag, abgelehnt.

Es war beantragt worden einen Zeugen zu der Frage zu hören, ob er ein bestimmtes Telefongespräch mit dem Nebenkläger geführt hat oder nicht. Diese Frage hatte der Zeuge bereits bei der Polizei verneint.

Dem LG war es nicht ersichtlich gewesen, weshalb der Zeuge nach der fortgeschrittenen Beweisaufnahme nun etwas gegenteiliges Aussagen sollte, was zudem nicht zum bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme passte.

Entscheidung der BGH:

Der BGH hob das Urteil auf, weil er einen Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO sah, indem das LG überspannte Anforderungen an die Konnexität zwischen Beweismittel und Beweistatsache gestellt habe.

Hier habe der Antragsteller ernsthaft verlangt, dass Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel erhoben werden sollte. Aus seinem Antrag habe sich zudem ergeben, weshalb das Beweismittel (Zeuge) die Beweistatsache bekunden können sollte. Wenn es sich aus dem Beweismittel ergebe, dass eine Aussage über die Beweistatsache möglich sei (beispielsweise soll der Zeuge ein Telefonat bezeugen, das er selbst geführt hat), benötige es zur Konnexität keine weiteren Darlegungen. Ergebe sich dieser Zusammenhang nicht von selbst, seien weitere Ausführungen notwendig. Dabei genüge es dann aber, die Umstände darzulegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt, dass das Beweismittel die Beweistatsache beweisen könne. Ausführungen zur Plausibilität könnten nicht erwartet werden, so der BGH.

Dies ergebe sich aus dem neuen Wortlaut des geänderten § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO. Auch der gesetzeszweck und die Systematik des Beweisantragsrecht erforderten eine nicht zu enge Auslegung des Begriffs der Konnexität, da mit dem Beweisantragsrecht auf Seiten des Beschuldigten die große Machtstellung des Gerichts über den Prozessstoff ausgeglichen werden solle. Der Antragsteller müsse gerade auch eine Tatsache unter Beweis stellen können, für deren Richtigkeit die bisherige Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte ergeben hat und die ungewöhnlich oder unwahrscheinlich erscheine.

 

Anmerkung der Redaktion:

§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO ist durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 geändert worden. Alles zu den Änderungen erfahren Sie hier.

 

 

 

 

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