Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
Leitsatz der Redaktion:
Die Mitursächlichkeit des Hangs für die Tat ist für die Annahme der Kausalität nur ausreichend, wenn sie quantitativ andere Ursachen überwiegt. Eine Mitursächlichkeit des Hangs für die Anlasstat unterhalb dieser Schwelle reicht für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals nicht mehr aus. Das Vorliegen dieses Kausalzusammenhangs ist durch das Tatgericht positiv festzustellen.
Sachverhalt:
Das LG hat den Angeklagten am 4. Mai 2022 wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung vorheriger Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt. Zudem wurde der Angeklagte am 11. Juli 2023 wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie Erpressung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 8 Monaten verurteilt. Die Kammer hat mit der Verurteilung am 11. Juli 2023 die Unterbringung in eine Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass 3 Jahre und 10 Monate der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen sind.
Entscheidung des BGH:
Die Revision des Angeklagten hat hinsichtlich der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt Erfolg.
Nach Auffassung des 5. Senats belegen die Ausführungen des LG nicht, dass die Voraussetzungen der § 64 StGB n.F. bei der Unterbringungsanordnung beachtet wurden. Zwar läge bei dem Angeklagten eine Polytoxikomanie vor, die grundsätzlich für eine Substanzkonsumstörung i.S.d. § 64 S. 1 StGB sprechen könne, jedoch werde aus den Feststellungen des LG nicht ersichtlich, dass die Tatbegehung durch den Angeklagten überwiegend auf einen Hang zurückgehe.
Der Senat führt in der Folge aus, dass der Gesetzgeber durch die Ergänzung des Wortes „überwiegend“ in § 64 S. 1 StGB konkretisiert habe, dass zwischen dem Hang und der Anlasstat ein kausaler Zusammenhang vorliegen müsse. Ein Hang sei dann überwiegend für die Anlasstat, wenn dieser mehr als andere Umstände für die Begehung der Tat ausschlaggebend war. Der Hang müsse demnach quantitativ andere Ursachen überwiegen. Eine Mitursächlichkeit des Hangs unterhalb dieser Schwelle reiche für eine Unterbringung nach § 64 S. 1 StGB nicht aus. Das Vorliegen des Kausalzusammenhangs müsse von dem Tatgericht positiv festgestellt werden.
Das LG habe bei seiner Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen den aktualisierten, strengeren Maßstab nicht berücksichtigt. Die Feststellungen belegten gerade nicht, dass die Taten überwiegend auf den Hang zurückgingen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Angeklagte die Taten zur Finanzierung der Drogensucht als auch des Lebensunterhalts beging. Die Unterbringungsanordnung bedürfe einer erneuten Prüfung und Entscheidung des Senats. Hierbei müsse bei der Prüfung und Entscheidung der durch die Neufassung des § 64 StGB veränderte und von dem Senat nach § 2 Abs. 5 StGB und § 354a StPO zu berücksichtigende Anordnungsmaßstab berücksichtigt werden. Der Senat wird hierbei auch zu berücksichtigen haben, dass nach § 64 S. 2 StGB n.F. das Erreichen des Unterbringungsziels erwartbar sein muss; dies müsse durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt werden.