Editorial

 

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Das vorliegende Sonderheft der KriPoZ enthält die Beiträge der 2. Tagung des Kriminalpolitischen Kreises, die sich am 10. November 2017 an der Universität zu Köln mit dem Thema „Kriminalpolitik – Rückblick und Ausblick“ beschäftigt hat.

Der Kriminalpolitische Kreis (KriK) besteht aus 35 kriminalpolitisch interessierten StrafrechtslehrerInnen aus 28 verschiedenen Universitäten. Die Mitglieder haben es sich zur Aufgabe gemacht, zu aktuellen relevanten rechtspolitischen Fragen aus wissenschaftlicher Sicht Stellung zu nehmen. In Zeiten, in denen das Strafrecht zunehmend als „politischen Allzweckwaffe“ eingesetzt wird, möchte der Kreis Impulse für eine sachliche und ausgewogene Diskussion über Aufgaben und Grenzen strafrechtlicher Sanktionierung geben. Die Mitglieder wollen dabei nicht nur auf vorhandene Gesetzgebungsvorhaben reagieren, sondern auch aus eigener Initiative Vorschläge für eine bessere Gestaltung strafrechtlicher Normen erarbeiten. Diesem Ziel dient zum einen die jährlich stattfindende Tagung des Kriminalpolitischen Kreises, zum anderen die Arbeit in kleineren Gruppen zu speziellen Vorhaben.

Auf seiner ersten Tagung im Jahre 2016 beschäftigte sich der KriK mit „Entbehrlichen Tatbeständen“; die Referate sind in ZStW 129 (2017), 334 ff. abgedruckt. Die Tagung des Jahres 2017 war einem Rückblick auf den strafrechtlichen Ertrag der vergangenen Legislaturperiode gewidmet. Wegen der Fülle der strafrechtlichen Neuerungen der letzten vier Jahre musste eine Auswahl getroffen werden; die Beiträge greifen einige kontroverse und kriminalpolitisch besonders brisante Themen heraus.

Elisa Hoven und Tatjana Hörnle setzen sich mit der Reform des § 177 StGB und der Einführung neuer Tatbestände gegen weniger schwerwiegende sexuelle Übergriffe (§§ 184i, 184j StGB) auseinander. Hoven kritisiert den Einfluss, den die in den Medien repräsentierte „öffentliche Meinung“ auf die Reformdebatte genommen hat. Ferner erörtern die Autorinnen die technische Qualität der neuen Vorschriften sowie die Frage, wie die Schutzgüter in diesem Bereich zu definieren sind.

Der Beitrag von Martin Böse stellt anhand der Neuregelung der Strafbarkeit des Menschenhandels (§ 232 StGB) die Probleme einer Umsetzung von EU-Richtlinien in das nationale Recht dar; dabei beschäftigt er sich insbesondere mit der unterschiedlichen Rolle des Bestimmtheitsgrundsatzes im europäischen und im nationalen Recht.

Bei der Diskussion der neuen Regelungen zum Sportstrafrecht analysieren Carsten Momsen und Michael Kubiciel die Strafvorschriften des Anti-Doping-Gesetzes sowie die neuen Tatbestände des Sportwettbetrugs (§ 265c StGB) und der Manipulation berufssportlicher Wettbewerbe (§ 265d StGB). Neben Problemen der Tatbestandsbestimmtheit steht die Frage der kriminalpolitischen Notwendigkeit der neuen Normen im Vordergrund, insbesondere die Frage, ob ein schutzbedürftiges Rechtsgut „Integrität des Sports“ existiert. Während für Momsen die Integrität des Sports eine „strafrechtliche Chimäre“ darstellt, hebt Kubiciel die eminente gesellschaftliche Bedeutung des Leistungssports hervor und gelangt zu der Einschätzung, dass die Einhaltung der grundlegenden Wettbewerbsregeln durchaus strafrechtlichen Schutz verdiene.

Mit der Diskussion um die strafrechtliche Bewältigung von illegalen Autorennen und den Fragen, die der neue § 315d StGB aufwirft, beschäftigen sich die Aufsätze von Jörg Eisele und Tonio Walter. Während Eisele die einzelnen Merkmale der neuen Vorschrift und deren Auslegungsprobleme untersucht, nimmt Walter die Einführung des § 315d StGB zum Anlass für eine Kritik an der Gleichstellung der unterschiedlichen „Vorsatzarten“ und plädiert für eine allgemein mildere Behandlung des Eventualvorsatzes gegenüber dem direkten Vorsatz.

Schließlich beschäftigen sich Cornelius Prittwitz und Volker Erb mit der Erweiterung der Strafnormen über Angriffe auf Vollstreckungsbeamte (§§ 113 ff. StGB). Prittwitz sieht diese Änderungen kritisch; er betrachtet Strafschärfungen in vorhandenen Tatbeständen generell als „untaugliches und anachronistisches Mittel der Kriminalpolitik“. Erb spricht sich demgegenüber für die vorgenommene Ausdehnung des strafrechtlichen Schutzes auf Rettungshelfer sowie auf Polizeibeamte aus, die keine Vollstreckungshandlungen vornehmen.

Wir sind davon überzeugt, dass die Beiträge allen kriminalpolitisch Interessierten Anregungen und Stoff zum Nachdenken geben, und wünschen eine angenehme Lektüre!

 

J-Prof. PD Dr. Elisa Hoven und Prof. Dr. Thomas Weigend

 

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