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KriPoZ-RR, Beitrag 09/2020

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 14.11.2019 – 3 StR 408/19: Teilweise Zerstörung einer Flüchtlingsunterkunft im Sinne des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB bei Unbewohnbarkeit eines Zimmers

Amtlicher Leitsatz:

Ein als Flüchtlingsunterkunft genutztes Gebäude ist teilweise zerstört im Sinne des § 306a Abs. 1 StGB, wenn ein dem Bewohner der Unterkunft zu Wohnzwecken zur Verfügung gestelltes Zimmer brandbedingt für beträchtliche Zeit unbewohnbar wird.

Sachverhalt:

Das LG Lüneburg hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen war der Angeklagte als Asylbewerber nach Deutschland gekommen und nach Ablehnung seines Asylantrags im Besitz einer ausländerrechtlichen Duldung gewesen. Mit dieser Situation war er zunehmend unzufrieden gewesen, auch deshalb, weil der mit seinem Status weder kostengünstigen Deutschunterricht noch eine Arbeitsstelle hatte finden können. Am 5. Oktober 2018 hatte sich der Angeklagte daraufhin entschlossen, seine Asylbewerberunterkunft durch Brandlegung zu zerstören. Er hatte das Sofa in seinem Zimmer angezündet und ein brennendes Stück Stoff auf ein weiteres Sofa in einem anderen Zimmer geworfen, sodass auch dieses zu brennen angefangen hatte.

Der Brand war von der Feuerwehr schnell gelöscht worden, doch das Zimmer des Angeklagten war für einen vorübergehenden Zeitraum unbewohnbar. Das LG hat dieses Zimmer als wesentlichen Gebäudeteil gewertete, den der Angeklagte unbrauchbar gemacht, mithin das Gebäude teilweise zerstört habe.

Entscheidung des BGH:

Der BGH bestätigte die Entscheidung des LG.

Ein Gebäude sei teilweise zerstört, wenn für eine nicht nur unerhebliche Zeit ein für das ganze Objekt zwecknötiger Teil oder dieses wenigstens für einzelne seiner wesentlichen Zweckbestimmungen unbrauchbar werde oder wenn einzelne seiner Bestandteile, die für einen selbständigen Gebrauch bestimmt oder eingerichtet seien, vernichtet würden. Ob eine solche Zerstörung eingetreten ist, sei vom Tatgericht als Tatfrage unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte des Einzelfalls zu erörtern.

Für Flüchtlingsunterkünfte gölten die gleichen Regeln, die auf Wohngebäude anzuwenden seien, stellte der BGH klar. Das Zimmer in einer Flüchtlingsunterkunft stelle für den Asylbewerber unter dem Gesichtspunkt des Wohnens den Mittelpunkt menschlichen Lebens dar. Dies folge daraus, dass es meist der einzige Raum sei, der ihm zu seiner persönlichen Verfügung stehe, in dem er schlafe und sein Privatleben führe und in dem er meist seine kompletten persönlichen Besitztümer aufbewahre. Damit bilde das Zimmer einen wesentlichen und funktionell selbständigen Teil des Gebäudes.

Von untergeordneter Relevanz sei es, ob das Zimmer mit Sanitär- oder Kocheinrichtungen ausgestattet sei, so der BGH.

Ist ein zu Wohnzwecken genutztes Zimmer durch Brandlegung für einen nicht nur unerheblichen Zeitraum unbewohnbar, sei § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt.

 

Anmerkung der Redaktion:

Weitere Entscheidungen zu § 306a StGB finden Sie hier und hier.

 

 

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