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Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Tierschutzgesetzes

Gesetzentwürfe: 

 

Die Faktion Bündnis 90/Die Grünen hat am 23. März 2021 einen Gesetzentwurf zur Änderung des StGB und des TierSchG in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/27752). Die derzeitigen Regelungen um den Tierschutz würden dem Staatsziel aus Art. 20a GG nicht gerecht. Gerade in den Fällen gewerblicher und landwirtschaftlicher Tierhaltung, Schlachtung und bei Transporten sei der Schutz von Tieren nicht gewährleistet. Es gebe zentrale Mängel die gegen Europäisches Recht verstoßen. Kontrolldefizite führten zu Nichtentdeckung und Nichtverfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten, die flankiert würden von Vollzugsdefiziten bei der Ahndung entdeckter Straftaten. Ebenso stehe die Strafandrohung in keinem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung. Daher möchte die Fraktion die Sichtbarkeit der Strafbarkeit erhöhen und § 17 TierSchG in das Kernstrafrecht als „§ 141 StGB – Tierquälerei“ überführen. Mit Strafschärfungen für besondere Garanten der Tiere sowie die Erfassung leichtfertiger und versuchter Tierquälerei sollen Strafbarkeitslücken geschlossen werden. 

§ 141 StGB-E – Tierquälerei

(1) „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder

2. einem Wirbeltier

a)  aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder

b)  länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden

zufügt.

(2) Wer die Tat nach Absatz 1 als Tierhalter, Tierbetreuer oder in seiner Eigenschaft als Amtsträger im Rahmen seiner Zuständigkeit begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer die Tat gewerbsmäßig begeht.

(3) Wer die Tat nach Absatz 2 als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds begeht, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 oder 2 verbunden hat, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(4) Wer eine Tat nach Absatz 2 Satz 1 leichtfertig begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

(5) Der Versuch der Taten nach Absatz 1 bis 3 ist strafbar.

(6) Tierbetreuer ist auch derjenige, der ein Tier zu betreuen hat, unabhängig davon, ob er dieser Aufgabe tatsächlich nachkommt.“

Am 17. Mai 2021 fand im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Dr. Kai Braunmiller beklagte, dass das Tierschutzgesetz nicht den Stellenwert habe, den es eigentlich als Staatsziel haben müsse. Besonders auffällig sei dies im Bereich der gewerblichen Nutztierhaltung. Er sprach sich für die Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften aus, um die Kontrolle und den Vollzug zu verbessern. Dazu sei aber gerade mehr geschultes Personal im Bereich der Tierschutzüberwachung und zur Strafverfolgung erforderlich, so die Bundestierärztekammer. Sie kritisierte, dass über die Nutztierhaltung die Heimtierhaltung übersehen werde. Insbesondere das bandenmäßige Vorgehen im Bereich des illegalen Welpenhandels sei bedenklich. Eine fehlende Differenzierung zwischen privaten und gewerblichen Tierhaltern kritisierte auch OStA Dirk Bredemeier. Prof. Dr. Sven Herzog warf in seiner Stellungnahme zusätzlich noch einen Blick auf die Wildtiere. Die geplante Gesetzesänderung löse nicht das Problem der Aufweichung von Tierschutzkriterien wie waidgerechte Jagd oder die Einhaltung von Schonzeiten in diesem Gebiet. Außerdem werde es in der Praxis Schwierigkeiten geben zu klären, wann ein Versuch und wann eine leichtfertige Tierquälerei vorliege. Dr. Walter Scheuerl hingegen berichtete, ein flächendeckendes Vollzugsdefizit nicht erkennen zu können. Selbst wenn es ein solches gäbe, so sei doch das Mittel des Strafgesetzes das „trägste, langsamste und ineffektivste Mittel“ um dies zu bekämpfen. Dr. Christine Bothmann sah dies ähnlich. Ihrer Ansicht nach brauche es eine Entlastung der Vollzugsorgane. „Mehrjährige Verfahren, viel Ermittlungsarbeit und wenig Messbarkeit“ seien dem Tierschutz in der Praxis nicht dienlich. Prof. Dr. Michael Kubiciel sprach sich gegen eine Verschiebung des § 17 TierSchG in das Kernstrafrecht aus. Dadurch werde die Norm aus ihrem Kontext gelöst, der letztlich aber ihre Interpretation leite. Ferner seien regionale Vollzugsdefizite durch eine solche Verschiebung nicht zu lösen. Prof. Dr. Elisa Hoven sah dies konträr. Dass das Staatsziel des Tierschutzes mit der derzeitigen Rechtslage nur unzureichend erreicht werde, liege nicht nur an der Praxis, sondern auch an der normativen Ausgestaltung des § 17 TierSchG. Eine Überführung in das Kernstrafrecht sei daher nicht nur bloße Symbolik, es biete ein „Signal an Öffentlichkeit und Justiz, dass der Tierschutz ernst genommen wird“. Den Grund für eine zurückhaltende Anwendung der Tierschutzregelungen sah Hoven eher in der fehlenden Vertrautheit mit der Materie. Sie begrüßte ausdrücklich auch die Aufnahme der Strafbarkeit des Versuchs und der leichtfertigen Tierquälerei. 

 

 

 

 

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