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KriPoZ-RR, Beitrag 30/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 23.03.2021 – 6 StR 452/20: Zum zeitlichen Anwendungsbereich des § 30 Abs. 2a OWiG

Amtlicher Leitsatz:

Bei einer unter der Geltung des § 30 Abs. 2a OWiG erfolgten Gesamtrechtsnachfolge kann eine Geldbuße gegen den Rechtsnachfolger auch dann festgesetzt werden, wenn die Anknüpfungstat vor Inkrafttreten der Vorschrift am 30. Juni 2013 begangen worden ist.

Sachverhalt:

Das LG Neuruppin hat den Angeklagten wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr verurteilt. Gegen die Nebenbeteiligte hat es eine Geldbuße festgesetzt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte als Geschäftsführer der M-GmbH spätestens am 26. September 2012 eine Abmachung mit dem Mitangeklagten S. getroffen, wonach dieser der M-GmbH Informationen aus einem Vergabeverfahren verschafft und für ihre Beauftragung gesorgt hatte und dafür im Gegenzug kostenlose Bauleistungen der M-GmbH an seinem privaten Einfamilienhaus erhalten hatte.

Am 14. August 2013 war die M-GmbH durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes unter Auflösung auf die Nebenbeteiligte verschmolzen worden, deren Geschäftsführer der Angeklagte seit dem 12. Oktober 2012 gewesen war.

Entscheidung des BGH:

Der BGH sah die Festsetzung der Geldbuße gegen die Nebenbeteiligte als rechtlich unbedenklich an.

Zwar sei die Anknüpfungstat nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG in Form der Bestechung im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 Abs. 2 StGB vor dem Inkrafttreten des § 30 Abs. 2a OWiG begangen worden. Dies hindere ihre Anwendung jedoch nicht.

Mit der Verschmelzung der M-GmbH und der Nebenbeteiligten, sei diese Gesamtrechtsnachfolgerin der M-GmbH gem. §§ 2 ff., 20 UmwG geworden. Für diesen Fall sehe § 30 Abs. 2a OWiG grundsätzlich vor, dass auch gegen die Rechtsnachfolgerin eine Geldbuße verhängt werden könne.

Die Rechtsnachfolge trat auch nach Inkrafttreten des § 30 Abs. 2a OWiG ein, daher sei den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG genüge getan.

§ 30 Abs. 2a OWiG stelle eine Rechtsgrundlage zur Verhinderung der Umgehung einer Bebußung eines Unternehmens durch die gezielte Ausnutzung der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar. Daher sei die Norm kein eigenständiger Ahndungstatbestand und somit nicht in seiner Gänze an Art. 103 Abs. 2 GG zu messen. Er bewirke lediglich ein Einrücken des Rechtsnachfolgers in die Adressatenstellung der Bußgeldsanktion, welche schon zuvor ohne Verletzung des Rückwirkungsverbots zustande gekommen sei. Ein (Organ-)Verschulden oder eine andere persönliche Vorwerfbarkeit werde ihm gerade nicht zur Last gelegt.

Daher sei der maßgebliche, den Tatbestand des § 30 Abs. 2a OWiG erfüllende Akt die Begründung der Gesamtrechtsnachfolge. Da diese hier nach Inkrafttreten der Norm eingetreten sei, sei die Entscheidung des LG zu bestätigen, so der BGH.

 

Anmerkung der Redaktion:

Zu einem solchen Fall der sog. unechten Rückwirkung hatte sich das BVerfG im Februar 2021 auf dem Gebiet der Vermögensabschöpfung geäußert. Die Entscheidung finden Sie im KriPoZ-RR, Beitrag 15/2021.

 

 

 

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