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KriPoZ-RR, Beitrag 14/2022

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Urt. v. 08.06.2022 – 5 StR 406/21: Zum Bezugspunkt für ein tatbestandsausschließendes Einverständnis i.S.d. § 239 StGB

Amtlicher Leitsatz:

Bezugspunkt für ein tatbestandsausschließendes Einverständnis in eine Freiheitsberaubung im Sinne des § 239 StGB ist der potentielle Fortbewegungswille.

Sachverhalt:

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen haben die Angeklagten die Geschädigte an einen anderen Ort verbracht. Das Einverständnis der Geschädigten in die Fahrt und in den Flug sei durch List erschlichen worden und ließe deshalb die Tatbestandsmäßigkeit nicht entfallen. Ein Verlust der Fortbewegungsfreiheit hat das LG Berlin mithin festgestellt.

Das Gericht hat die Angeklagten wegen Freiheitsberaubung zu Freiheitsstrafen verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurden. Im Übrigen wurden die Angeklagten freigesprochen. Gegen das Urteil legten die Angeklagten und die Generalstaatsanwaltschaft Rechtsmittel ein. 

Entscheidung des BGH:

Der 5. Strafsenat hat sowohl die Revisionen der Angeklagten als auch des Generalstaatsanwaltes mangels Verletzung formellen und materiellen Rechts verworfen. Das durch List und Täuschung erschlichene Einverständnis der Geschädigten führe nicht dazu, dass der Tatbestand entfiele. 

Der Senat folgt der bisherigen Rechtsprechung des BGH, wonach unter einer Freiheitsberaubung i.S.d. § 239 Abs. 1 StGB die „potentielle persönliche Bewegungsfreiheit“ falle. Hiervon umfasst sei auch, wenn die betroffene Person sich nicht wegbewegen will. „Entscheidend ist allein, ob es ihm unmöglich gemacht wird, seinen Aufenthalt nach eigenem Belieben zu verändern. Ausschlaggebend ist mithin nur, ob der Betroffene sich ohne die vom Täter ausgehende Beeinträchtigung seiner Bewegungsmöglichkeit fortbegeben könnte, wenn er es denn wollte.“, so der Senat. Entscheidend sei nicht, ob es zu einer Freiheitsbeschränkung komme.

Damit wendet sich der BGH gegen die im Schrifttum vertretene Auffassung, es sei nur die aktuelle Fortbewegungsfreiheit geschützt. Wortlaut, Systematik, Historie und Sinn und Zweck der Norm ließen keine andere Deutung zu als die der bisherigen Rechtsprechung des BGH

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