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Warum die „Letzte Generation“ (noch) keine kriminelle Vereinigung ist

von Prof. Dr. Dr. Milan Kuhli und Judith Papenfuß

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Abstract
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der viel diskutierten Frage, ob die „Letzte Generation“ eine kriminelle Vereinigung i.S.d § 129 StGB darstellt. Der Beitrag beschreibt dazu die Struktur und Aktivitäten der „Letzten Generation“, gibt einen Überblick zu § 129 StGB und widmet sich dann der Frage, ob die mitgliedschaftliche Beteiligung in oder die Unterstützung der „Letzten Generation“ eine Strafbarkeit nach § 129 Abs. 1 StGB begründet.

The following article deals with the much-discussed question of whether the Last Generation („Letzte Generation“) constitutes a criminal organization within the meaning of Section 129 of the Criminal Code. The article describes the structure and activities of the Last Generation („Letzte Generation“), provides an overview of Section 129 of the Criminal Code, and then addresses the question of whether participating as a member in or supporting the Last Generation („Letzte Generation“) constitutes criminal liability under Section 129 (1) of the Criminal Code.

I. Einleitung

Am 13. Dezember 2023 kam es bundesweit zu Hausdurchsuchungen bei Personen, die der Gruppierung Letzte Generation zugeordnet werden. Anknüpfungspunkt dieser strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen war unter anderem der Verdacht der Bildung bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gem. § 129 StGB.[1] In den Fokus rückt damit ein Delikt, das strafrechtlich nicht erst an die Durchführung einzelner Protestaktionen der Letzten Generation (z.B. Straßenblockaden) anknüpft, sondern prinzipiell deutlich früher. Organisationsdelikte[2] nach Art des § 129 StGB sind keineswegs unproblematisch, knüpfen sie doch an Verhaltensweisen an (z.B. die Unterstützung einer Gruppierung), die für sich genommen noch keine individuellen Rechtsgüter verletzen. Vielmehr dürfte die Schutzrichtung von § 129 StGB auf die öffentliche Sicherheit und den inneren Frieden abzielen.[3] Die Problematik der zeitlichen Vorverlagerung des strafbaren Bereichs (im Verhältnis zur Strafbarkeit der von der Vereinigung geplanten Straftaten) erhöht sich bei § 129 StGB noch einmal dadurch, dass diese Vorschrift einen rechtlichen Anknüpfungspunkt für zahlreiche eingriffsintensive strafprozessuale Maßnahmen (z.B. Telekommunikationsüberwachung[4]) bildet.[5]

Die Frage, ob eine Strafbarkeit nach § 129 StGB in Betracht kommt, ist keineswegs leicht zu beantworten. Hinsichtlich des oben genannten Ausgangsfalles – den Hausdursuchungen bei mutmaßlichen Angehörigen der Letzten Generation – stellt sich vor allem die Frage, ob die Gruppierung der Letzten Generation als kriminelle Vereinigung i.S.d. § 129 StGB eingeordnet werden kann – eine Frage, der sich der Beitrag im Abschnitt III widmet. Zur Erörterung dieser Frage sind zunächst jedoch einige Darlegungen notwendig, die die Struktur und die Aktivitäten der Letzten Generationin den Blick nehmen.

II. Struktur und Aktivitäten der „Letzten Generation“

Sich selbst bezeichnet die Letzte Generation als „Teil eines internationalen Netzwerks ziviler Widerstandsprojekte“.[6] Sie trägt keine klare Organisationsbezeichnung und hat keine klar nach außen erkennbare Mitgliederstruktur. Grundsätzlich soll jede Person „mitmachen“[7] können, doch für die tatsächliche Aufnahme in die Kommunikationsstrukturen ist die Beantwortung eines Fragebogens sowie ggf. der Besuch von Veranstaltungen erforderlich.[8] Es darf deshalb vermutet werden, dass eine Auswahl einzelner Personen vorbehalten ist. Laut Homepage der Letzten Generationbesteht innerhalb der Gruppierung eine sog. „funktionelle Hierarchie“.[9] Zudem agiert sie nach dieser Quelle arbeitsteilig (bspw. Zuständigkeit für das Legal-Team[10]) und ist in Untereinheiten (bspw. „Kerngruppen“ oder Arbeitsgruppen“)[11] gegliedert.

Inhaltlich macht die Letzte Generation auf klimatische „Kipppunkte […]“[12] aufmerksam und setzt sich nach eigenem Bekunden für die Einhaltung des sog. 1,5 Grad-Zieles ein.[13] Konkret fordert die Bewegung ein Tempo-Limit, die Einrichtung eines dauerhaften 9-Euro-Tickets sowie die Einrichtung eines sog. Gesellschaftsrates.[14] Gemäß dem selbstbeschriebenen Wertekonsens verfolgt das Bündnis eine „Gemeinsame Vision“ und setzt hierbei nach eigenem Verständnis auf zivilen Widerstand unter Inkaufnahme rechtlicher Konsequenzen; gemeinschaftlich soll die „dazu notwendige Störung“ geschaffen werden.[15] Unter den Begriff des zivilen Widerstandes fasst die Letzte Generationverschiedene Protestaktionen, die in folgende vier primäre[16] Typen klassifiziert werden können:

  • Blockaden: Vorwiegend handelt es sich hierbei um Straßenblockaden, aber teilweise auch um Blockaden anderer Infrastrukturen (wie bspw. Flughäfen).[17] Im Zusammenhang mit Straßenblockaden, bei denen sich Aktivisten am Boden festkleben, wird insbesondere eine Strafbarkeit wegen Nötigung gem. § 240 Abs. 1 StGB diskutiert bzw. angenommen.[18] Die Letzte Generation selbst hält eine Strafbarkeit wegen Nötigung für „nicht ausgeschlossen“.[19]
  • Beschädigung oder Beschmutzung von Gegenständen oder Gebäuden:[20] Von der Rechtsprechung wurde im Fall des Besprühens von Gebäudefassaden mit Farbe eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung gem. § 303 Abs. 1 StGB angenommen.[21]
  • Eindringen auf Privatgelände:[22] Um die Abholzung oder Bebauung von privaten Grundstücken zu verhindern[23] oder um auf Flughafengelände[24] oder Anlagen zu gelangen, die der Versorgung mit fossilen Brennstoffen dienen,[25] wurden von Aktivisten in der Vergangenheit Zäune gekappt und Grundstücke betreten. Hierfür kommt eine Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruchs gem. § 123 Abs. 1 StGB sowie wegen Sachbeschädigung gem. § 303 Abs. 1 StGB in Betracht.
  • Eingriffe bei Versorgungsbetrieben mit fossilen Brennstoffen:[26] Seit dem Frühjahr 2022 haben wiederholt Personen, die sich der Letzten Generation zuordnen, die Ventile von Öl-Pipelines manuell geschlossen und somit die dortige Ölversorgung unterbrochen.[27] In diesem Zusammenhang ermittelt die Staatsanwaltschaft Neuruppin aktuell unter anderem wegen des Verdachts der Störung öffentlicher Betriebe gem. § 316b Abs. 1 StGB.[28]

III. Zur strafrechtlichen Einordnung nach § 129 StGB

1. Prämissen

Jenseits der Frage, ob die eben skizzierten Strafvorschriften tatbestandlich einschlägig sind,[29] wird zurzeit diskutiert, inwiefern Klimaprotestaktionen einem Rechtfertigungsgrund unterliegen.[30] Im Hinblick auf die notwendige Schwerpunktsetzung unseres Beitrags – die Frage, ob es sich bei der Letzten Generation um eine kriminelle Vereinigung i.S.d. § 129 StGB handelt – werden wir im Folgenden als Prämisse zugrunde legen, dass Protestaktionen der eben genannten Art im Fall ihrer Verwirklichung strafbar sind. Hiermit ist jedoch noch nicht gesagt, dass auch die Mitwirkung in einer Vereinigung, deren Zweck auf die Durchführung der eben genannten Protestaktionen gerichtet ist, für sich genommen nach § 129 StGB strafbar ist. Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, ist eine solche Strafbarkeit auch unter Zugrundelegung unserer eben genannten Prämisse gegenwärtig zu verneinen.

2. Überblick zu § 129 StGB

§ 129 Abs. 1 StGB stellt unter anderem die mitgliedschaftliche Beteiligung in einer kriminellen Vereinigung (S. 1) und die Unterstützung einer solchen Vereinigung (S. 2) unter Strafe. Die Frage, ob eine Person durch ihr Tun die Letzte Generation unterstützt oder sich als Mitglied beteiligt, dürfte in rechtlicher Hinsicht vergleichsweise eindeutig zu beantworten sein. Das Unterstützen der Letzten Generation meint die Förderung ihres Fortbestands oder der Verwirklichung ihrer Ziele durch ein Nichtmitglied,[31] was z.B. bei der Gewährung von Spenden zugunsten der Letzten Generation der Fall sein kann. Der Begriff der Mitgliedschaft wird gemeinhin nicht in einem förmlichen, sondern in einem materiellen Sinne verstanden.[32] Es reicht also etwa aus, dass eine Person tatsächlich in die Kommunikationsstrukturen der Letzten Generation aufgenommen wird. Soweit diese Voraussetzung gegeben ist, reichen Handlungen wie die Durchführung von Protestaktionen für die Annahme einer mitgliedschaftlichen Beteiligung aus. Ungleich problematischer zu beantworten ist die Frage, ob die Letzte Generation eine kriminelle Vereinigung i.S.d. § 129 StGB darstellt – eine Frage, der sich der Beitrag im Folgenden zunächst in objektiver Hinsicht widmet.

3. Objektive Voraussetzungen der kriminellen Vereinigung

a) Vereinigung

Nach der Legaldefinition des § 129 Abs. 2 StGB ist eine Vereinigung „ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses“.[33] Unter das zuletzt genannte übergeordnete gemeinsame Interesse wird z.B. eine politische Überzeugung gefasst[34] – eine Voraussetzung, die im Fall der von der Letzten Generation verfolgten Klimaschutzziele unzweifelhaft bejaht werden kann. Entsprechendes gilt für die in § 129 Abs. 2 StGB genannten zeitlichen, quantitativen und organisatorischen Voraussetzungen: So legen die obigen Ausführungen zur Struktur der Letzten Generation nahe, dass sie das notwendige Mindestmaß an fester Organisation aufweist.[35] Insbesondere dürfte innerhalb dieses Personenverbundes eine klare Koordinierung hinsichtlich der zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks notwendigen Arbeits- und Aufgabenverteilung herrschen.[36]

b) Vereinigungszweck

Deutlich problematischer gestaltet sich die Frage, ob der für § 129 StGB notwendige Vereinigungszweck gegeben ist.[37] Nach § 129 Abs. 1 S. 1 StGB muss der Zweck[38] der betreffenden Vereinigung auf die Begehung von Straftaten gerichtet sein, „die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind“. Dabei muss die Begehung von Straftaten keineswegs das Endziel der Vereinigung bilden.[39] Es ist also hinsichtlich der Einordnung der Letzten Generation unerheblich, dass die Durchführung der (gemäß unserer obigen Prämisse strafbaren) Protestaktion dieser Gruppierung nur als Mittel zur Erreichung klimapolitischer Ziele eingesetzt wird.[40]

Betrachtet man die oben genannten Straftatbestände, die für die in Rede stehenden Protestaktionen der Letzten Generation in Betracht kommen, so handelt es sich zumindest bei einigen von ihnen[41] um solche, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Die entsprechende Voraussetzung des § 129 Abs. 1 S. 1 StGB ist insoweit also erfüllt. Häufig wird in der Literatur und Rechtsprechung jedoch zusätzlich gefordert, dass der Tatbestand des § 129 StGB auf solche Vereinigungen zu beschränken sei, deren Zweckverfolgung eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.[42] Der Sache nach bezieht sich der hiermit geforderte Tatbestandsausschluss auf solche Fälle, in denen sich eine Vereinigung zum Ziel setzt, lediglich geringfügige Bagatelldelikte zu begehen.[43] Hierbei soll nach einer in der Rechtsprechung vertretenen Sichtweise eine konkrete Betrachtung geboten sein, die nicht lediglich an die abstrakte Strafdrohung der jeweiligen Delikte anknüpft.[44] Vor dem Hintergrund der eingangs genannten Schutzrichtung des § 129 StGB (öffentliche Sicherheit und innerer Frieden) hat die angesprochene einschränkende Auslegung des Abs. 1 durchaus ihre Berechtigung. Allerdings ist fraglich, ob neben der in § 129 Abs. 1 S. 1 StGB mittlerweile ausdrücklich normierten Erheblichkeitsgrenze („Straftaten […], die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind“)[45] noch Raum für eine zusätzliche ungeschriebene Einschränkung besteht. Hierfür spricht zwar, dass die ungeschriebene Erheblichkeitsgrenze nicht nur an die abstrakte Strafdrohung anknüpfen soll, sondern auch eine konkrete Betrachtung verlangt. Allerdings gilt zu berücksichtigen, dass Vereinigungen, deren Zweck keine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, regelmäßig ohnehin vom ausdrücklichen Tatbestandsausschluss nach § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB erfasst sein dürften.[46] Es ist deshalb als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die Letzte Generation zwar den von § 129 Abs. 1 StGB geforderten Vereinigungszweck erfüllt, hiermit jedoch noch nichts über die Frage des Vorliegens des Tatbestandsausschlusses nach § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB gesagt ist.

3. Tatbestandsausschluss nach § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB

Nach § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB ist Abs. 1 nicht anzuwenden, „wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck […[47]] von untergeordneter Bedeutung ist“.[48] Die untergeordnete Bedeutung in diesem Sinne kann nach dem Wortsinn sowohl auf eine fehlende Erheblichkeit der geplanten Straftaten bezogen werden[49] als auch auf die Tatsache, dass die Begehung von Straftaten nur einen nebensächlichen Vereinigungszweck darstellt.[50] Für die zuletzt genannte Fallgruppe ist auf das Verhältnis zwischen legalen und illegalen Zwecken der Vereinigung abzustellen.[51] In dieser Hinsicht kommt es darauf an, ob das Erscheinungsbild der Vereinigung aus Sicht eines objektiven Betrachters durch die strafrechtswidrigen Pläne in nennenswerter Weise mitgeprägt wird.[52] So gesehen lässt sich ein Tatbestandsausschluss nach § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB bei der Letzten Generation nicht schon deshalb bejahen, weil das mutmaßliche Endziel der Gruppierung im Klimaschutz besteht,[53] der für sich genommen zweifellos ein legitimes Ziel darstellt. Aus dieser Legitimität lässt sich nämlich gerade nicht ableiten, dass jegliches Mittel zur Erreichung des genannten Zieles seinerseits legitim ist. Wie sich etwa aus dem Straftatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) ergibt, können unzulässige Zweck-Mittel-Verknüpfungen auch dann rechtswidrig und strafbar sein, wenn der Zweck für sich genommen legitim ist.

Es bleibt allerdings noch die oben genannte erste Fallgruppe der untergeordneten Bedeutung i.S.d. § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB, nämlich die fehlende Erheblichkeit der geplanten Straftaten. Diesbezüglich ist jedoch daran zu erinnern, dass der Gesetzgeber mittlerweile in § 129 Abs. 1 StGB eine ausdrücklich normierte Erheblichkeitsgrenze („Straftaten […], die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind“) eingezogen hat. Möchte man Friktionen mit dieser gesetzgeberischen Anordnung vermeiden, kann der Aspekt der fehlenden Erheblichkeit der geplanten Straftaten nicht allein aus der abstrakten Strafhöhe abgeleitet werden. Notwendig sind deshalb andere Kriterien.

Stellt man auf die Schutzrichtung von § 129 StGB (also die öffentliche Sicherheit und den inneren Frieden) ab, so spricht einiges dafür, die Frage der Erheblichkeit der geplanten Straftaten in Abhängigkeit von ihren gesellschaftlichen Auswirkungen auszulegen. In einer früheren Entscheidung hat der BGH eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des inneren Friedens mit dem Argument bejaht, dass einer in Deutschland lebenden Bevölkerungsgruppe durch das tatsächlich Geschehene „das Gefühl genommen wird, sich in Sicherheit hier aufhalten zu können“.[54] Der Argumentation folgend wäre im Hinblick auf eine Vereinigung wie die Letzte Generation zu fragen, ob ihre Aktionen geeignet sind, ein „Klima der Angst“ in Teilen der Bevölkerung auszulösen. Selbst wenn die gegenwärtig üblichen Letzte Generation-Protestaktionen in weiten Teilen der Bevölkerung missbilligt werden sollten, ist dies jedoch wohl kaum mit einem allgemeinen Klima der Angst gleichzusetzen. Eine anders lautende Auffassung, die im Ergebnis strafbegründenden Charakter hätte, müsste[55] dies entweder empirisch belegen oder normativ begründen. Ersteres ist mangels klarer Kriterien problembehaftet,[56] aber auch die normative Begründung des Vorliegens eines Klimas der Angst bereitet durchaus Schwierigkeiten.

Eine rechtssichere Lösung könnte sich jedoch aus einer Anknüpfung an die Art der Rechtsgüter ergeben, die von den geplanten Straftaten betroffen wären. Danach wären erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen der von einer Vereinigung geplanten Straftaten jedenfalls dann zu bejahen, wenn grundlegende Rechtsgüter wie Leib, Leben oder sexuelle Selbstbestimmung betroffen sind. Soweit hingegen Rechtsgüter wie Eigentum (§ 303 StGB) und Willensfreiheit (§ 240 StGB) in Rede stehen, befindet man sich nach einer solchen Sichtweise wieder in einem Bereich, in dem eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und den inneren Frieden in Betracht kommen mag, aber nicht zwingend ist. Entsprechendes wie für Eigentum und Willensfreiheit gilt für das Recht der Allgemeinheit auf den Betrieb gemeinschaftswichtiger Anlagen (§ 316b StGB).[57]

Begründen lässt sich auch dieser Ansatz, der auf die Art der betroffenen Rechtsgüter abstellt, mit der Zweckrichtung des § 129 StGB – dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und des inneren Friedens. So lässt sich nämlich jedenfalls vermuten, dass der innere Frieden durch eine Vereinigung, die auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die Leib, Leben oder die sexuelle Selbstbestimmung verletzen, regelmäßig gefährdet ist. Im Hinblick auf die Letzte Generation ist allerdings zu konstatieren, dass diese Gruppierung sich ausdrücklich der Gewaltfreiheit verschreibt.[58] Berücksichtigt man zudem die strafprozessualen Konsequenzen, die aus der Annahme des Tatverdachts nach § 129 StGB resultieren, so scheint eine restriktive Auslegung angebracht, die bei den von der Letzten Generation gegenwärtig durchgeführten Aktivitäten zur Annahme einer untergeordneten Bedeutung i.S.d. § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB führen würde. Sollte es jedoch in Zukunft zu einer Intensivierung der Aktivitäten der Letzten Generationkommen,[59] mag die Einschätzung möglicherweise anders ausfallen.

4. Ergänzende Bemerkungen zur subjektiven Tatseite

Nach dem bisher Gesagten scheidet eine Strafbarkeit gem. § 129 Abs. 1 StGB wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung in der Letzten Generation bzw. wegen Unterstützung dieser Vereinigung gegenwärtig bereits in objektiver Hinsicht aus. Soweit man der entgegengesetzten Auffassung zuneigt, würde sich die Frage der subjektiven Tatbestandsmäßigkeit stellen. Der subjektive Tatbestand des § 129 Abs. 1 StGB fordert in den Tathandlungsvarianten der mitgliedschaftlichen Beteiligung und des Unterstützens vorsätzliches Handeln.[60] Bezugspunkt des Vorsatzes ist grundsätzlich das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen von § 129 Abs. 1, 2 StGB und das Nichtvorliegen der objektiven Voraussetzungen des § 129 Abs. 3 StGB.[61] Es wird in der Literatur nicht für erforderlich erachtet, dass der Täter sämtliche Einzelheiten der von der Vereinigung geplanten Straftaten kennt.[62] Allerdings muss der Vorsatz des Täters allgemein die kriminelle Zielsetzung der Vereinigung erfassen. Da diese Zielsetzung Teil des objektiven Tatbestands von § 129 StGB ist, setzt eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift voraus, dass sich der Vorsatz auch auf die Strafbarkeit der geplanten Handlungen bezieht.[63] Nimmt ein Täter also infolge eines Rechtsirrtums fälschlicherweise an, die von der Vereinigung geplanten Handlungen seien nicht strafbar, so stellt dies in Bezug auf § 129 StGB einen Tatumstandsirrtum nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB dar.[64]

Hinsichtlich der Letzte Generation-Aktivisten deutet jedoch einiges darauf hin, dass sie mit der Möglichkeit einer Strafbarkeit der jeweiligen Protestaktionen rechnen. Hierfür spricht etwa das auf der Homepage der Letzten Generation zu findende „Gutachten Straßenblockade“, das eine Strafbarkeit wegen Nötigung gem. § 240 StGB zumindest nicht ausschließt[65] und eine Strafbarkeit wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b
StGB) unter bestimmten Umständen sogar annimmt.[66] Im Rahmen des sog. Letzte Generation Wiki[67] wird darüber hinaus angegeben, dass ein Überschreiten der Grenzen der Legalität bewusst in Kauf genommen wird, was mit einer beispielhaften Darlegung bereits ergangener Strafbefehle und Verurteilungen unterstrichen wird.[68] Allerdings wäre es vorschnell, aus der bloßen Existenz dieser rechtlichen Gutachten auf den entsprechenden Vorsatz jedes einzelnen Letzte Generation-Aktivisten zu schließen. Vielmehr muss stets im Einzelfall bewiesen sein, dass die betreffende Person Kenntnis von diesen Gutachten hat oder aus anderen Gründen mit der Strafbarkeit der Letzte Generation-Protestaktionen rechnet.

IV. Fazit

Eine mitgliedschaftliche Beteiligung in der Letzten Generation und eine Unterstützung dieser Gruppierung begründen gegenwärtig keine Strafbarkeit nach § 129 StGB. Zwar erfüllt die Letzte Generation nach hiesigem Verständnis die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 129 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, allerdings greift der Tatbestandsausschluss nach § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB. Man mag dies durchaus auch anders sehen und die ermittelnde Staatsanwaltschaft, die die eingangs dieses Beitrags genannten Hausdurchsuchungen veranlasst hat, hat dies vermutlich auch anders gesehen. Allerdings wäre selbst bei der Annahme der Strafbarkeit (und des prozessualen Tatverdachts) nach § 129 StGB eine Zurückhaltung im Ermittlungsverfahren angezeigt, und zwar nicht nur in Bezug auf die Letzte Generation, sondern generell. So sollte die Entscheidung über die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens nach § 129 StGB nämlich nicht von der primären Motivation geleitet sein, Beweismittel für von der Vereinigung möglicherweise geplante Straftaten zu erlangen.[69] Vor diesem Hintergrund erweist sich die in der Literatur[70] festgestellte  bemerkenswerte  Diskrepanz  zwischen  den üblichen Zahlen eingeleiteter Ermittlungsverfahren und letztlich erfolgter gerichtlicher Verurteilungen nach § 129 StGB als bedenklich.[71]

 

[1]      Siehe hierzu den Medienbericht von Schaible/Röbel, Razzia gegen Klimaaktivisten der „Letzten Generation“, Spiegel online v. 13.12.2022, online abrufbar unter: https://www.spiegel.de/panorama/letzte-generation-razzia-gegen-klima-aktivisten-hausdurchsuchungen-an-elf-orten-a-983e759f-34c0-43d1-be18-1746e47f777a (zuletzt abgerufen am 7.3.2023); vgl. auch Steinke, Nur lästig – oder auch gefährlich?, SZ v. 18.1.2023, online abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/letzte-generation-kriminelle-vereinigung-klimaproteste-ermittler-1.5733860 (zuletzt abgerufen am 28.2.2023); Zeit online, Durchsuchungen bei Aktivisten der Letzten Generation, Zeit online v. 13.12.2022, online abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-12/letzte-generation-ermittlungen (zuletzt abgerufen am 28.2.2023); Einzelne Mitglieder der Gruppe bestätigten die Vorgänge öffentlich, so bspw. Clara Hinrichs in einem Tweet v. 13.12.2022, online abrufbar unter: https://twitter.com/carla_hinrichs_/status/1602746078348120065 (zuletzt abgerufen am 28.2.2023); darüber hinaus findet sich ein Statement auf der Homepage der Letzten Generation zu den Vorgängen, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/blog/2022/12/kriminielle-vereinigung-und-hausdurchsuchungen/ (zuletzt abgerufen am 28.2.2023).
[2]      Zur Einordnung des § 129 StGB als Organisationsdelikt Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, 2. Aufl. (2020), § 129 Rn. 2 m.w.N.
[3]      Vgl. Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129 Rn. 3; ähnlich: BGH, NJW 1966, 310 (312); 1975, 985 (985); BayObLG, StV 1998, 265 (266); OLG Düsseldorf, NJW 1994, 398 (399); Gössel, JR 1983, 118 (118); Hofmann, NStZ 1998, 249 (250); Federle, ZStW 110 (1998), 767 (793); Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. (2019), § 129 Rn. 1; Schäfer/Anstötz, in: MüKo-StGB, Band 3, 4. Aufl. (2021), § 129 Rn. 1; abweichend: Ostendorf, JA 1980, 499 (500); Langer-Stein, Legitimation und Interpretation der strafrechtlichen Verbote krimineller und terroristischer Vereinigungen, 1987, S. 134; Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 131; Ostendorf, in: NK-StGB, 5. Aufl. (2017), § 129 Rn. 4.
[4]      § 100a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 lit. d StPO; vgl. im Übrigen hierzu die Übersicht bei Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129 Rn. 55.
[5]      Krit. hierzu auch Walischewski, StV 2000, 583; Hohmann, wistra 1992, 85; vgl. in diesem Kontext auch Federle, ZStW 110 (1998), 767 (794); Langer-Stein, Legitimation und Interpretation der strafrechtlichen Verbote krimineller und terroristischer Vereinigungen, 1987, S. 3.
[6]      Siehe „Wer wir sind“, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/wer-wir-sind/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[7]      So der Wortlaut auf der Website, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/mitmachen/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[8]      So beschrieben auf der Website, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/mitmachen/; https://letztegeneration.de/krisensitzungen/; https://letztegeneration.de/trainings/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[9]      So in Punkt 6 des Wertekonsens, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/mitmachen/werte-protestkonsens/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[10]    So unter dem Punkt Rechtliches erläutert, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/rechtliches/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[11]    So zu finden in Punkt 6 des Wertekonsens, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/mitmachen/werte-protestkonsens/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[12]    Vgl. dazu den „Plan“ der Letzten Generation, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/plan-2023/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[13]    Vgl. dazu den „Plan“ der Letzten Generation, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/plan-2023/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[14]    Vgl. hierzu die „Forderungen“ der Letzten Generation, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/forderungen/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[15]    So auf der Website unter Werte & Protestkonsens, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/mitmachen/werte-protestkonsens/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2023).
[16]    Die Aufzählung hat nicht den Anspruch abschließend zu sein. Im Hinblick auf die Frage nach einer Qualifizierung als kriminelle Vereinigung interessieren aber besonders die Protestformen, die regelmäßig und organisiert erfolgen und die potenziell strafbare Handlungen beinhalten.
[17]    Nur beispielhaft genannt seien hier Berichte über Straßenblockaden in München und Berlin durch die Tagesschau am 5.12.2022, online abrufbar unter: https://www.tagesschau.de/inland/klima-aktivisten-muenchen-berlin-101.html (zuletzt abgerufen am 5.3.2023); oder zu Blockaden in Köln und Düsseldorf am 6.2.2023, online abrufbar unter: https://www.tagesschau.de/inland/regional/nordrheinwestfalen/wdr-story-53797.html (zuletzt abgerufen am 5.3.2023); zur Blockadeaktion am Flughafen BER Kohler, LKA ermittelt gegen sechs Klimaaktivisten nach Flughafenaktion, SZ online v. 25.11.2022, online abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/ber-flughafen-blockade-klimaaktivismus-reaktionen-letzte-generation-1.5703151(zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[18]    Bspw. verurteilte das AG Freiburg einen Teilnehmer einer Straßenblockade wegen § 240 Abs. 1 StGB, siehe AG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 22.11.2022 – 28 Cs 450 Js 23773/22; BeckRS 2022, 38216; ebenso das AG München, siehe Pressemitteilung v. 31.1.2023, online abrufbar unter: https://www.justiz.bayern.de/gerichte-und-behoerden/amtsgerichte/muenchen/presse/2023/1.php (zuletzt abgerufen am 2.3.2023).
[19]    So der Wortlaut in einem auf der eigenen Website veröffentlichten Gutachten zu Straßenblockaden, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/wp-content/uploads/2022/03/Gutachten-Strassenblockade.pdf (zuletzt abgerufen am 3.3.2023).
[20]    So bspw. im Fall, über den das AG Lüneburg in erster Instanz zu entscheiden hatte, wobei ein Universitätsgebäude mit Farbe verunstaltet wurde, AG Lüneburg, Urt. v. 12.4.2022 – 15 Ds 5102 Js 21930/21 (186/21); BeckRS 2022, 21534; oder kürzlich das Beschmieren eines Denkmals zum Grundgesetz, SZ online berichtete am 4.3.2023, online abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/letzte-generation-grundgesetz-49-oel-1.5762649 (zuletzt abgerufen am 5.3.2023).
[21]    So etwa OLG Celle, Beschl. v. 29.7.2022 – 2 Ss 91/22, NStZ 2023, 113, BeckRS 2022, 21494.
[22]    So bspw. geschehen bei dem Eindringen auf ein Flughafengelände, zur Blockadeaktion am Flughafen BER Kohler, LKA ermittelt gegen sechs Klimaaktivisten nach Flughafenaktion, SZ online v. 25.11.2022, online abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/ber-flughafen-blockade-klimaaktivismus-reaktionen-letzte-generation-1.5703151 (zuletzt abgerufen am 4.3.2023); ebenso in dem Fall, den das AG Flensburg zu entscheiden hatte, AG Flensburg, Urt. v. 7.11.2022 – 440 Cs 107 Js 7252/22, juris.
[23]    So bspw. in dem Fall, den das AG Flensburg zu entscheiden hatte, AG Flensburg, Urt. v. 7.11.2022 – 440 Cs 107 Js 7252/22, juris.
[24]    Zur Blockadeaktion am Flughafen BER Kohler, LKA ermittelt gegen sechs Klimaaktivisten nach Flughafenaktion, SZ online v. 25.11.2022, online abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/ber-flughafen-blockade-klimaaktivismus-reaktionen-letzte-generation-1.5703151(zuletzt abgerufen am 4.3.2023).
[25]    Vgl. Fn. 26.
[26]    So bspw. das Abdrehen einer Pipeline in Schwedt, Thelen/Victor, Abgedreht, Zeit online v. 27.4.2022, online abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-04/letzte-generation-klimaschutz-aktivismus-gaspipeline-berlin/komplettansicht (zuletzt abgerufen am 3.3.2023).
[27]    Vgl. hierzu die eigene Dokumentation der Letzen Generation in Tweets, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/withheld-tweets/ (zuletzt abgerufen am 3.3.2023); ebenso in einem Blogbeitrag, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/blog/2022/10/nach-gerichtsprozess-pck-pipeline-erneut-gestoert/ (zuletzt abgerufen am 3.3.2023); übereinstimmend auch Schaible/Röbel, Razzia gegen Klimaaktivisten der „Letzten Generation“, online abrufbar unter: https://www.spiegel.de/panorama/letzte-generation-razzia-gegen-klima-aktivisten-hausdurchsuchungen-an-elf-orten-a-983e759f-34c0-43d1-be18-1746e47f777a (zuletzt abgerufen am 28.2.2023); Thelen/Victor, Abgedreht, Zeit online v. 27.4.2022, online abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-04/letzte-generation-klimaschutz-aktivismus-gaspipeline-berlin/komplettansicht (zuletzt abgerufen am 3.3.2023).
[28]    Vgl. SZ online am 13.12.2022, online abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/letzte-generation-razzia-kli-maaktivisten-deutschland-1.5714507 (zuletzt abgerufen am 5.3.2023); Schaible/Röbel, Razzia gegen Klimaaktivisten der „Letzten Generation“, online abrufbar unter: https://www.spiegel.de/panorama/letzte-generation-razzia-gegen-klima-aktivisten-hausdurchsuchungen-an-elf-orten-a-983e759f-34c0-43d1-be18-1746e 47f777a (zuletzt abgerufen am 5.3.2023).
[29]    Aus Platzgründen kann diese Frage hier nicht tiefergehend behandelt werden.
[30]    Vgl. etwa zu § 34 StGB Jahn, JuS 2023, 82; Bönte, HRRS 4/2021, 164.
[31]    Vgl. allgemein zur Vereinigung BGHSt 29, 99 (101) = NJW 1980, 64 (64); Haberstumpf, MDR 1979, 977 (979); Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129 Rn. 24.
[32]    BayObLG, NStZ-RR 1997, 251 (252); Haberstumpf, MDR 1979, 977 (978); vgl. auch Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129 Rn. 21.
[33]    Die Auslegung in diesem Abschnitt beruht auf Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129 Rn. 7 f.
[34]    BT-Drs. 18/11275, S. 11.
[35]    Vgl. allgemein zu diesem Erfordernis BGH, NJW 2010, 1979 (1982); NStZ 2007, 31 (31); Rudolphi, in: FS Bruns, 1978, S. 315 (321); Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl. (2023), § 129 Rn. 2.
[36]    Vgl. allgemein zu diesem Erfordernis BGH, NJW 2010, 1979 (1982); Ostendorf, in: NK-StGB, § 129 Rn. 12; weniger streng: BGH, NJW 1975, 985 (985).
[37]    Die Auslegung in diesem Abschnitt beruht auf Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129 Rn. 11-12, 15, 17.
[38]    Zwar nennt § 129 Abs. 1 S. 1 StGB die Begriffe des Zwecks und der Tätigkeit in alternativer Weise, doch kommt dem zuletzt genannten Merkmal nahezu keine selbstständige Bedeutung zu. Soweit im Einzelfall das Vorliegen einer Tätigkeit zu bejahen ist, die auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, dürfte stets auch ein entsprechender Zweck der Vereinigung zu bejahen sein, Straftaten zu begehen.
[39]    Vgl. BGHSt 15, 259 (260); BGH, NJW 1966, 310 (312); 1975, 985 (985); BGHSt 27, 325 (326) = NJW 1978, 433 (433); 41, 47 (56) = NStZ 1995, 340 (343); BayObLG, NStZ-RR 1997, 251 (252); Rudolphi, in: FS Bruns, 1978, S. 315 (322); Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, § 129 Rn. 3; Krauß, in: LK-StGB, Band 5, 12. Aufl. (2009), § 129 Rn. 73.
[40]    Selbst wenn einzelne Letzte Generation-Aktivisten ein solches Klimaschutzziel nur vorschieben sollten und die Protestaktionen zur Erreichung anderer Ziele (z.B. Befriedigung der Geltungssucht) durchführen sollten, wäre ein solcher Umstand also strafrechtlich irrelevant.
[41]    §§ 240 Abs. 1, 303 Abs. 1, 316b Abs. 1 StGB.
[42]    BGHSt 41, 47 (50 f.) = NStZ 1995, 340 (341); BGH, NJW 1995, 3395 (3396); OLG Düsseldorf, NStZ 1998, 249; BayObLG, StV 1998, 265 (266); v. Heintschel-Heinegg, in: BeckOK-StGB, 56. Ed. (Stand: 1.2.2023), § 129 Rn. 1.
[43]    Vgl. LG Berlin, NStZ 1982, 203.
[44]    BGHSt 41, 47 (51) = NStZ 1995, 340 (341).
[45]    Die genannten Anforderungen an die Sanktionshöhe der Bezugstaten wurden durch das 54. StrÄndG (G. v. 17.7.2017, BGBl. I S. 2440) eingeführt; die damit einhergehende Beschränkung auf besonders erhebliche Bezugstaten soll nach der Gesetzesbegründung eine Kompensation für die durch das genannte Gesetz bewirkte Erweiterung des Vereinigungsbegriffs sein (BT-Drs. 18/11275, S. 8).
[46]    Ostendorf, in: NK-StGB, § 129 Rn. 14; vgl. aber Schäfer/Anstötz, in: MüKo-StGB, § 129 Rn. 41; zum Teil wird § 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB in der Rechtsprechung parallel zum Kriterium der erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit verwendet (so z.B. BGHSt 31, 202 [207] = NJW 1983, 1334 [1335]; OLG Düsseldorf, NJW 1994, 398 [399]; vgl. aber BGHSt 41, 47 [50 f.] = NStZ 1995, 340 [341] mit insoweit zust. Anm. Schittenhelm, NStZ 1995, 343 [343 f.] und insoweit abl. Anm. Ostendorf, JZ 1996, 55 [55 f.]).
[47]    Der Tätigkeitsbezug wird hier ausgeblendet, da er nach hiesiger Auffassung im Wesentlichen keine eigenständige Bedeutung hat (s.o. Fn. 38).
[48]    Die Auslegung in diesem Abschnitt beruht im Ausgangspunkt auf Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129 Rn. 34 f.
[49]    Andere Ansicht: Schäfer/Anstötz, in: MüKo-StGB, § 129 Rn. 41; vgl. aber auch BGHSt 49, 268 (274) = NJW 2005, 80 (83).
[50]    Vgl. insoweit BGHSt 20, 87 (88) = NJW 1965, 162 (163); 49, 268 (274) = NJW 2005, 80 (83); Ostendorf, in: NK-StGB, § 129 Rn. 24.
[51]    Vgl. Fischer, StGB, 70. Aufl. (2023), § 129 Rn. 32.
[52]    BGHSt 41, 47 (56) = NStZ 1995, 340 (343) (m. Anm.: Krehl, JR 1996, 208; Schittenhelm, NStZ 1995, 343; Ostendorf, JZ 1996, 55); 49, 268 (274) = NJW 2005, 80 (83).
[53]    Vgl. in diesem Kontext aber „Klimaschutz statt Repression: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gilt auch im Umgang mit der ›Letzten Generation‹!“ (Gemeinsame Erklärung des Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein etc.), wo die Frage „[o]b die Schwelle zu einer kriminellen Vereinigung […] überschritten wird, […] nicht allein anhand der begangenen Straftaten, sondern anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände […], die auch den Rahmen und den Hintergrund der Taten in den Blick nimmt“, bewertet wird, online abrufbar unter: https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/klimaschutz-statt-repression-verhaeltnismaessigkeitsgrundsatz-gilt-auch-im-umgang-mit-der-letzten-generation-915 (zuletzt abgerufen am 8.3.2023).
[54]    BGH, NJW 1995, 2117 (2118).
[55]    Vgl. hierzu Kuhli/Asholt, in: Kuhli/Asholt, Strafbegründung und Strafeinschränkung als Argumentationsmuster, 2017, S. 9 ff.
[56]    Eine empirische Erhebung der Frage, ob ein Klima der Angst gegeben ist, wäre zwar theoretisch denkbar, praktisch jedoch kaum durchführbar. In einer pluralistischen Gesellschaft würde sich auch die normative Frage stellen, wo die quantitative Grenze anzulegen ist; vgl. hierzu auch Kuhli, Normative Tatbestandsmerkmale in der strafrichterlichen Rechtsanwendung, 2018, S. 313 f.
[57]    Vgl. zu diesem Schutzgut Renzikowski, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 316b Rn. 1.
[58]    So in Punkt 1 des Wertekonsens und in den Punkten 2, 3 und 4 des Protestkonsens, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/mitmachen/werte-protestkonsens/ (zuletzt abgerufen am 14.3.2023).
[59]    Am Tag der Fertigstellung dieses Aufsatzes lief ein Ultimatum ab, das Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher und mehreren Fraktionsvorsitzenden der Hamburger Bürgerschaft im Namen der Letzten Generation gesetzt worden war. Dieses Ultimatum war verbunden mit der Drohung, bei Nichterfüllung der Forderungen „maximale Störung der öffentlichen Ordnung zu sorgen“ (s. Medienbericht: „Hamburg: ‚Letzte Generation‘ setzt Tschentscher ein Ultimatum“, ndr.de v. 8.3.2023, online abrufbar unter: https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Hamburg-Letzte-Generation-setzt-Tschentscher-ein-Ultimatum,letztegeneration234.html [zuletzt abgerufen am 13.3.2023]).
[60]    Vgl. zu den Vorsatzanforderungen im Einzelnen Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129 Rn. 37.
[61]    Die folgende Auslegung in diesem Abschnitt beruht auf Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129 Rn. 37.
[62]    Lohse, in: SSW-StGB, 5. Aufl. (2020), § 129 Rn. 50.
[63]    Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 129 Rn. 16; Stein/Greco, in: SK-StGB, 9. Aufl. (2017), § 129 Rn. 52.
[64]    Vgl. Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, § 129 Rn. 9; Krauß, in: LK-StGB, § 129 Rn. 151.
[65]    „Gutachten Straßenblockade“, online abrufbar unter: https://letztegeneration.de/wp-content/uploads/2022/03/Gutachten-Strassenblockade.pdf, S. 3 (zuletzt abgerufen am 13.3.2023).
[66]    „Gutachten Straßenblockade“, abrufbar unter https://letztegeneration.de/wp-content/uploads/2022/03/Gutachten-Strassenblockade.pdf, S. 5 (zuletzt abgerufen am 13.3.2023).
[67]    Eine selbsterstellte Plattform mit Kurzinformationen für Personen, die sich an Aktionen beteiligen oder beteiligen wollen.
[68]    Kurzübersicht zu möglichen Strafvorwürfen, in Letzte Generation Wiki, online abrufbar unter: https://wiki.itsnow.biz/de/%C3% B6ffentlich/Legal-Wiki/vorwuerfe (zuletzt abgerufen am 13.3.2023).
[69]    Vgl. auch Walischewski, StV 2000, 583; Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129a Rn. 6.
[70]    Ostendorf, in: NK-StGB, § 129 Rn. 6.
[71]    Vgl. auch Kuhli, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 129a Rn. 6.

 

 

1 Gedanke zu „Warum die „Letzte Generation“ (noch) keine kriminelle Vereinigung ist“

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