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KriPoZ-RR, Beitrag 33/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Urt. v. 4.4.2023 – 1 StR 488/22: Minder schwerer Fall und vertypte Milderungsgründe 

Leitsatz der Redaktion: 

Ein minder schwerer Fall gemäß § 213 Alt. 1 und Alt. 2 StGB kann ohne zusätzliche Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes der verminderten Schuldfähigkeit nach §§ 21, 49 StGB verneint werden. 

Sachverhalt:

Das LG Memmingen hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hat der Angeklagte mit der später Geschädigten einen Kaufvertrag über ein Wohnhaus („gekauft wie gesehen“) geschlossen, welches sich im Nachhinein als mangelhaft herausstellte. Als die später Geschädigte die Rückabwicklung verweigerte mit den Worten der Angeklagte „solle sich verpissen und zu seiner dummen Frau zurückgehen“, riss der Angeklagte die Geschädigte zu Boden und trat viermal heftig gegen den Kopf der Geschädigten, sodass diese nach kurzer Zeit verstarb. Das LG Memmingen hat angenommen, dass der Angeklagte hierbei in seinem Hemmungsvermögen erheblich eingeschränkt war und das Vorliegen des § 21 StGB bejaht. Einen minder schweren Fall (§ 213 StGB) hat das LG verneint, unter zusätzlicher Heranziehung des vertypten Milderungsgrundes aus §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aber die Anwendung des gemilderten Strafrahmens von § 213 Alt. 2 StGB angewendet. Der Angeklagte hat Revision gegen die Entscheidung eingelegt.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hat die Revision des Angeklagten verworfen. Das LG Memmingen habe ohne Rechtsfehler einen minder schweren Fall des Totschlags abgelehnt. Eine „schwere Beleidigung“ i.S.d. § 213 StGB  sei unter Berücksichtigung des Geschehensablaufes, Tatauslösers, der Persönlichkeit und der Täter-Opfer-Beziehung objektiv zu bestimmen. Auch in der Vergangenheit liegende Vorfälle seien mit einzubeziehen. Die Äußerung der Geschädigten sei zwar kränkend gewesen, ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages habe jedoch nicht bestanden. Auch die im Vorfeld stattgefundene Kommunikation zwischen den Beteiligten habe das LG Memmingen ausreichend berücksichtigt und rechtsfehlerfrei eine schwere Beleidigung abgelehnt, die sich durch vorherige Geschehen „aufsummier[t]“ habe. Ein sonst minder schwerer Fall i.S.d. § 213 Alt. 2 StGB sei ebenfalls ohne Rechtsfehler angenommen worden. Zwar habe das LG Memmingen zu Lasten des Angeklagten die brutale Vorgehensweise der Tötung angeführt. Dies verstoße jedoch nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, da dies vorliegend nicht mit Bezug auf die erforderliche Gewalt, sondern auf die bei der Tat aufgewendete Tötungsabsicht strafschärfend gewertet worden sei. 

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