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KriPoZ-RR, Beitrag 32/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Urt. v. 8.3.2023 – 1 StR 188/22: Zum Arbeitgeberbegriff i.S.v. § 266a StGB 

Amtliche Leitsätze:

 1. Für die Abgrenzung von sog. scheinselbständigen Rechtsanwälten und freien Mitarbeitern einer Rechtsanwaltskanzlei ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung maßgebend; soweit die Kriterien der Weisungsgebundenheit und Eingliederung wegen der Eigenart der Anwaltstätigkeit im Einzelfall an Trennschärfe und Aussagekraft verlieren, ist vornehmlich auf das eigene Unternehmerrisiko und die Art der vereinbarten Vergütung abzustellen. 

2. Beitragszahlungen von Schwarzarbeitern und illegal Beschäftigten aufgrund einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung lassen nicht schon die Tatbestandsmäßigkeit des § 266a Abs. 1 und 2 StGB entfallen, sondern sind erst auf der Ebene der Strafzumessung zu berücksichtigen. 

Sachverhalt:

Der Angeklagte wurde vom LG Traunstein wegen Vorenthaltens und Veruntreuen von Arbeitsentgelt zu einer Gesamtfreiheits- und Gesamtgeldstrafe verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hat der angeklagte Rechtsanwalt mehrere Rechtsanwälte über einen „Freien Mitarbeitervertrag“ zum Schein als selbstständige freie Mitarbeiter beschäftigt. Der Angeklagte wies den Rechtsanwälten die zu bearbeitenden Mandate zu und stellte ihnen die Räume der Kanzlei sowie das Personal zur Verfügung. Die Rechtsanwälte erhielten ein monatliches Honorar. Die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung enthielt der Angeklagte vor. Das LG Traunstein nahm eine abhängige Beschäftigung an, sodass Sozialversicherungspflicht bestehe. Der vorenthaltene Sozialversicherungsbetrag wurde bei der Strafzumessung zugrunde gelegt und mit Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung verrechnet. Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft haben gegen die Entscheidung Rechtsmittel eingelegt. 

Entscheidung des BGH:

Der BGH hat das Urteil im Strafausspruch und Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, der Schuldspruch hingegen sei rechtsfehlerfrei erfolgt. Umstritten sei vorliegend die Abgrenzung von unselbständiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit. Der Strafsenat weist auf das Fehlen eines Arbeitgeberbegriffes im StGB und auf die Kriterien nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV hin, wonach eine persönliche Abhängigkeit erforderlich sei. Dies setzte Weisungsgebundenheit und die Eingliederung im Einzelfall voraus. Vorliegend seien darüber hinaus die Art der vereinbarten Vergütung, die tatsächlichen Gegebenheiten der „gelebten Beziehung“, sowie das eigene Unternehmerrisiko zu berücksichtigen. Letzteres habe bei den Rechtsanwälten gefehlt. Nach einer wertenden Gesamtbetrachtung seien die Rechtsanwälte nicht als selbstständige freien Mitarbeiter einzuordnen, sondern liege eine abhängige Beschäftigung vor. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen. 

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