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Strafrechtlicher Tierschutz: Warum Zoophilie (wieder) strafbar sein sollte

von RD Dr. Christian Frick 

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Abstract
Sexuelle Handlungen von Menschen an und mit Tieren, weiterhin ein Tabu in unserer Gesellschaft über das nicht diskutiert wird. Eine strafrechtliche Neubewertung der Thematik ist aber auf Grundlage des Tierwohl angezeigt.

Sexual acts by humans on and with animals continue to be a taboo in our society that is not discussed. Due to animal welfare. a reassessment of the issue under criminal law is more thannecessary

I. Einleitung

Dieser kurze Beitrag beschäftigt sich mit einem gesellschaftlichen Tabuthema. Zoophilie, auch als Sodomie bekannt, also sexuelle Handlungen an und mit Tieren.[1] Es wird Zeit auch aus strafrechtlicher Sicht eine Neubewertung durchzuführen, liegt die letzte doch immerhin mehr als 50 Jahre zurück.[2] In der folgenden Ausführungen wird der Begriff zunächst näher erläutert (II.), danach folgt ein Blick auf die Rechtslage (III.), bevor die Argumente für eine erweiterte Strafbarkeit (IV.) präsentiert werden. Der Beitrag schließt mit einer Zusammenfassung (V.) ab.

II. Begriffsbestimmung und Problemdarstellung

Essentiell für eine etwaige erneute Strafbarkeit ist zunächst eine Definition, was unter Zoophilie zu verstehen ist. Dazu kann das in § 3 S. 1 Nr. 13 Tierschutzgesetz (TierSchG) normierte Verbot herangezogen werden. Danach ist das Nutzen eines Tieres für eigene sexuelle Handlungen, dessen Abrichten für sexuelle Handlungen Dritter oder die Zurverfügungstellung eines Tieres, um das Tier dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen, untersagt. Diese Handlungen sind gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 TierSchG eine Ordnungswidrigkeit. Unter Zoophilie fallen also sexuelle Handlungen von Menschen an und mit Tieren oder Handlungen, bei denen Tiere von Menschen veranlasst werden, sexuelle Handlungen vorzunehmen.[3] Entgegen der Behauptungen einiger Befürworter, sind die vorgenommenen sexuellen Akte für die betroffenen Tiere keineswegs harmlos oder einvernehmlich.[4] Die Idee, partnerschaftliche Liebe von Mensch und Tier zu praktizieren, ohne ein Tier zu von ihm nicht gewollten Handlungen zu zwingen, ist faktisch nicht möglich. Das Tier kann seinen Willen als Sexualpartner nicht objektiv erkennbar äußern und sich weder gegen ihm zugefügte Schmerzen oder Leiden adäquat schützen noch zur Wehr setzen. Die betroffenen Tiere leiden unter schwerwiegenden körperlichen und psychischen Folgen.[5] Damit widerspricht Zoophilie bereits der grundsätzlichen Wertung, die dem TierSchG zugrunde liegt. Das Gesetz bezweckt gemäß § 1 S. 1 TierSchG aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Nach § 1 S. 2 TierSchG darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Mangels Kommunikationsmöglichkeit können Tiere weder ihre Zustimmung geben noch ihre Ablehnung bezüglich sexueller Handlungen äußern. Im Zusammenhang von Zoophilie also vermeintliche Freiwilligkeit des Tieres als Argument anzuführen, ist per se absurd. Menschen haben aus einem einzigen Grund sexuelle Kontakte mit Tieren, und zwar, weil diese Menschen es wollen und ihre dominierende Stellung gegenüber dem Tier dafür ausnutzen.[6] Diese Herabsetzung der Tiere als Mitgeschöpf steht nicht im Einklang mit der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes, wie die Staatzielbestimmung Art. 20a GG[7] eindeutig unterstreicht.[8] Der Staat hat danach Tiere u.a. durch die Gesetzgebung zu schützen. Der Schutz des Wohlbefindens von Tieren vor artwidrigen sexuellen Übergriffen ist zudem ein legitimes Ziel, dem gem. Art. 20 a GG auchVerfassungsrang zukomme.[9] Es liegt also im Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers, ob er den Schutz vor sexuellen Übergriffen auf Tiere durch Menschen sanktioniert wird und auch in welcher Form (also z.B. durch einen Ordnungswidrigkeiten- oder aber durch einen Straftatbestand).

III. Überblick über die bisherige Rechtslage

Wie werden Tiere vor Zoophilie de lege ferenda geschützt? Zivilrechtlich gesehen, sind Tiere gem. § 90a BGB keine Sachen und werden durch besondere Gesetze geschützt. Allerdings sind die für Sachen geltenden Vorschriften für Tiere gem. § 90a S. 2 BGB entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Durch die Aufhebung des § 175b StGB[10] a.F. im Jahr 1969 blieben sexuelle Handlungen an Tieren lange Zeit in Deutschland ohne Sanktion. Als die Strafbarkeit aufgehoben wurde, spielte die Vorschrift nach der Bewertung des Gesetzgebers in der Praxis keine Rolle mehr und der Strafzweck knüpfte an den moralisch als „widernatürlich“ eingestuften Handlungen der Täter an[11]. Seit dem Jahr 2013 können sexuelle Handlungen an Tieren aber gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 TierSchG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Nach § 17 TierSchG sind dagegen sexuellen Handlungen an Tieren lediglich dann strafbar, wenn ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund getötet bzw. einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt werden. Interessanterweise kann nach § 184a StGB[12] schon jetzt die Verbreitung tierpornographischer Inhalte mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Der Straftatbestand bezweckt den Schutz Jugendlicher vor der negativen Beeinträchtigung ihrer psychischen Entwicklung.[13] Der § 184a StGB enthält jedoch keine jugendschutzspezifischen Altersgrenzen, sondern schreibt ein absolutes Verbreitungsverbot auch unter Erwachsenen vor. Neben der Furcht vor Nachahmung und anderer schädlicher Auswirkungen nach Konsum gewalttätiger oder sodomitischer Pornographie, beabsichtigte der Gesetzgeber durch die Ausweitung des strafbewährten Verhaltens auf alle Altersgruppen offenbar, etwaige Lücken im Jugendschutz, die mit der Freigabe einfacher Pornographie an Erwachsene zwangsläufig entstehen, zu schließen. Dazu müssen die pornografischen Inhalte i.S.d. § 11 Abs. 3 StGB sexuelle Handlungen mit Tieren zum Gegenstand haben. Die Handlungen müssen als Ausübung menschlicher Sexualität erscheinen, dazu genügt jedes sexuell erhebliche Verhalten, Körperkontakt ist jedoch erforderlich.[14] Festzuhalten bliebt, dass Zoophilie in Deutschland derzeit nicht grundsätzlich als strafbewehrte Handlung angesehen wird.

IV. Mehr Tierschutz durch einen Straftatbestand für Zoophilie

Nachfolgend wird ausgeführt, wie von einer Strafbarkeit von Zoophilie ein positiver Effekt für den Tierschutz ausgehen könnte (1.) und wie konkret eine Lösung (2.) aussehen könnte.

1. Aufwertung der Tiere gegenüber Sachen

Die in Art. 20a GG formulierte Staatszielbestimmung, die Tiere zu schützen, wird selbstverständlich nur in einem interdisziplinären Ansatz gelingen und kann nicht allein durch die Schaffung eines Straftatbestands gelöst werden. Daneben müssen sich z.B. Haltungs- und Zuchtbedingungen gerade im Bereich der Massentierhaltung, der Erhalt der natürlichen Lebensräume von Tieren oder aber auch das Verantwortungsgefühl verändern (etwa, weil überforderte Halter ein Tier aussetzen oder in die überfüllten Tierheime abgeben, da sie den Umfang der Sorgeverpflichtung für das Tier unterschätzt hatten). Gleichwohl sollte die Wirkung eines strafbewehrten Verbots im Kampf gegen Zoophilie nicht unterschätzt werden. Es geht hierbei nicht um moralische Wertevorstellungen, die sich im Laufe der letzten 50 Jahre verändert haben. Leitgedanken der Streichung des erwähnten § 175b StGB a.F. in 1960er Jahren war es, dass sich ein liberales Strafrecht, nicht um moralische Fragen zu kümmern habe.[15] Kritisch gegen eine fortwährende Straflosigkeit ist jedoch einzuwenden, dass bspw. die Anlehnung an das Konzept der Einvernehmlichkeit in ähnlicher Weise schon früher im Bereich der Pädophilie herangezogen wurde.[16] Vertreter einer Forderung nach Legalisierung oder Teillegalisierung pädophiler Handlungen beriefen sich u.a. auf in den 1970er und 1980er Jahren entwickelten sexualwissenschaftlichen Theorien. Kentler und Bornemann vertraten z.B. die Meinung, pädosexuelle, physisch wie psychisch gewaltfreie Sexualhandlungen, würden nicht unbedingt negative Folgen für das Kind haben.[17] Glücklicherweise gehört die Argumentation zur Pädophilie mittlerweile der Vergangenheit an. Weder bei Pädophilie noch bei Zoophilie kann von Einvernehmlichkeit die Rede sein. Vielmehr sollten durch eine Strafbarkeit von sexuellen Handlungen an Tieren, deren Leid und Ausnutzung in den Mittelpunkt gestellt werden. Tiere würden dadurch gerade anders behandelt als Sachen. Sie verletzende Handlungen wären nicht mehr nur im Rahmen einer Sachbeschädigung gem. § 303 StGB strafbar oder würden nicht lediglich als Ordnungswidrigkeit geahndet. Ein eigenständiger Straftatbestand würde die Stellung des Tieres, als besonders zu schützendes Lebewesen, aufwerten.

2. Vorschlag für eine Neuregelung

Anknüpfend an die Aufwertung des Tierwohls als Rechtsgut gegenüber leblosen Sachen sollte die Strafbarkeit von Zoophilie fortan nicht im StGB, sondern im TierSchG geregelt. Es bietet sich daher an, den § 17 TierSchG wie folgt zu ergänzen:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet,
  2. einem Wirbeltier
    a) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder
    b) länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt oder
  1. ein Tier für eigene sexuelle Handlungen nutzt oder für sexuelle Handlungen Dritter abrichtet oder zur Verfügung stellt und das Tier dadurch zu artwidrigem Verhalten zwingt“.

Konsequenterweise müsste in der Folge der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 4 TierSchG angepasst werden:

„Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig […]

  1. einem Verbot nach § 3 Satz 1 Nr. 1. bis 12. zuwiderhandelt.“.

Die moderaten Änderungen des TierSchG sollten zudem auch die erforderlichen politischen Mehrheiten finden. Die Neuregelungen sind anschlussfähig, sorgen sie doch für einen besseren Tierschutz, ohne dass die eigenen agrar- bzw. tierpolitischen Standpunkte, z.B. bezüglich der artgerechten Haltung von Nutztieren, von den Parteien aufgegeben werden müssten.

V. Zusammenfassung

Das Tabuthema Zoophilie und das damit verbundene Leid der betroffenen Tiere sollten nicht verschwiegen oder verharmlost werden. Daher muss das Thema, auch rechtswissenschaftlich, betrachtet und diskutiert werden. Zoophilie steht im direkten Widerspruch zu den Prinzipien des Tierschutzes und der Achtung vor der Würde jedes Lebewesens. Durch die vorgeschlagene Wiedereinführung der Strafbarkeit, wird der Stellenwert von Tieren in unserer Gesellschaft gestärkt und das entstehende Unrecht kann tat- und schuldangemessen sanktioniert werden.

 

 

[1]      „Zoophilie: Was ist das eigentlich?, abrufbar unter: https://www.focus.de/gesundheit/praxistipps/zoophilie-was-ist-das-eigentlich_id_7705534.html, (zuletzt abgerufen am 10.4.2025).
[2]      Im Rahmen der der großen Strafrechtsreform 1969 wurde die Strafbarkeit von Zoophilie gemäß § 175b StGB a.F. ersatzlos aufgehoben, vgl. BGBl. I 1969, S. 645 (654).
[3]      Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, 4. Aufl. (2023), Rn. 147.
[4]      KG, Beschl. v. 19.10.2011 –25 W 73/11, BeckRS 2011, 27141; Baumgarten, Sexualpsychologe über Zoophilie: „Von Einvernehmlichkeit kann keine Rede sein“, abrufbar unter: https://www.zeit.de/zett/2019-11/sexualpsychologe-ueber-zoophilie-von-einvernehmlichkeit-kann-keine-rede-sein, (zuletzt abgerufen am 10.4.2025); Stille Opfer: Der Kampf gegen Zoophilie und wie wir Tiere schützen können, abrufbar unter: https://tierschutzdresden.de/zoophilie/ (zuletzt abgerufen am 10.4.2025).
[5]      Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, Rn. 147.
[6]      Baumgarten, Fn. 4.
[7]      Art. 20a GG: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“.
[8]      Höfling, JuS 2017, 617 (618 f.).
[9]      BVerfG, NJW 2016, 1229 (1230).
[10]    § 175b StGB a.F.: „Die widernatürliche Unzucht, welche von Menschen mit Thieren begangen wird, ist mit Gefängniß zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.“.
[11]    BT-Drs. 5/4094, S. 33.
[12]    Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften am 1.4.2004 in Kraft getreten, vgl. BGBl. 2003 I, S. 3007 (3007 ff.).
[13]    Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl. (2023), Rn 1.
[14]    Ziegler, in: BeckOK-StGB, 64. Ed. (Stand: 1.2.2025), § 184a Rn. 6.
[15]    Kohl, „Moralische Fragen gehen den Staat nichts an“, Interview mit Prof. Dr. Joachim Renzikowski, abrufbar unter: https://www.lto.de/karriere/podcast/folge/sodomie-zoophilie-strafrechtler-zum-verbot-von-sex-mit-tieren (zuletzt abgerufen am 10.4.2025).
[16] „Zoophilie: Was ist das eigentlich?, abrufbar unter: https://www.focus.de/gesundheit/praxistipps/zoophilie-was-ist-das-eigentlich_id_7705534.html, (zuletzt abgerufen am 10.4.2025).
[17]    Bornemann, Das Geschlechtsleben des Kindes – Beiträge zur Kinderanalyse und Sexualpädologie, 2. Aufl. (1988); Kentler, in: Rutschky/Wolff (Hrsg.): Handbuch sexueller Mißbrauch, 1994, S. 208.

 

 

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