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KriPoZ-RR, Beitrag 17/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Urt. v. 24.11.2020 – 5 StR 553/19: Pflichtverletzung bei Übergangsgeldern

Amtlicher Leitsatz:

Zur Pflichtverletzung durch die Gewährung von Übergangsgeldern an Vorstandsmitglieder einer kassenärztlichen Vereinigung.

Sachverhalt:

Das LG Berlin hat die Angeklagten P., K., und T. vom Vorwurf der Untreue und den Angeklagten B. vom Vorwurf der Anstiftung zur Untreue freigesprochen.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen waren die Angeklagten Ärzte P., K. und B. zum 1. Januar 2005 zum hauptamtlichen Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KVB) gewählt worden. Sie hatten daraufhin jeweils gleichlautende Dienstverträge mit der KVB, vertreten durch den Vorsitzenden der Vertreterversammlung (VV), abgeschlossen, die die Zahlung eines Übergansgeldes in Höhe der bisherigen Vergütung für 12 Monate vorgesehen hatten, wenn die Vorstände ihre selbständige Ärztliche Tätigkeit hauptberuflich fortsetzen.

Ein Jahr nach Abschluss der Verträge hatte die Aufsichtsbehörde eine geänderte Rechtsauffassung veröffentlicht, wonach die Zahlung eines Übergangsgeldes lediglich für 6 Monate vereinbart werden solle.

Die Angeklagten P., K. und B. waren damit nicht einverstanden gewesen und hatten eine erneute Kandidatur als Vorstände davon abhängig gemacht, dass ihnen das Übergangsgeld für die vollen 12 Monate zugesichert werde.

Noch vor ihrer Wiederwahl hatten P., K. und B. daraufhin mit dem neuen Vorsitzenden der VV, dem Angeklagten T., eine Vertragsänderung abgeschlossen, die ihnen die Auszahlung des Übergangsgelds zugesichert hatte, selbst wenn sie nicht als Vorstandsmitglieder ausscheiden sollten und ihre selbstständige Tätigkeit nicht wieder aufnehmen sollten.

Die VV war über diese Vertragsänderung nicht informiert worden. Die Angeklagten waren schließlich wiedergewählt worden. Dennoch war es anschließend entsprechend der Vertragsänderung zur Auszahlung der Übergangsgelder durch die KVB, berechtigterweise unterzeichnet von P. und K., gekommen.

Nach Ansicht des LG habe T. bei Abschluss der Änderungsverträge nicht gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen, was eine Pflichtwidrigkeit und damit eine Treuepflichtverletzung ausschließe. Eine Verletzung des Missbrauchstatbestands komme mangels eingeräumter Vertretungsmacht nicht in Betracht.

Damit läge für die weiteren Angeklagten keine Haupttat für eine Anstiftung vor.

Eine Untreue durch Unterzeichnung der Auszahlungsanordnung durch P. und K. komme mangels Vermögensnachteil nicht in Betracht.

Die Gefahr einer mangelnden nachträglichen Genehmigung der Vertragsänderung durch die VV sei als gering einzuschätzen gewesen, weshalb die Auszahlanordnung auch keine schadensgleiche Vermögensgefährdung dargestellt habe.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob die Freisprüche auf.

Zwar sei das LG rechtlich zutreffend von einer Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten T. als Vorsitzendem der Vertreterversammlung ausgegangen, allerdings bestünden gegen die Wertung, eine Treuepflichtverletzung des T. läge nicht vor, durchgreifende rechtliche Bedenken.

Die Bestimmung der Treuepflichtverletzung richte sich nach außerstrafrechtlichen Normen und Wertungen des jeweiligen Wirtschaftsbereichs, so der BGH.

Im Bereich der öffentlichen Verwaltung komme insbesondere das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zum Tragen. Zwar ergebe sich aus diesem Gebot bei Gehaltsverhandlungen ein weiter Ermessensspielraum für den Verhandelnden, allerdings müsse sich die vereinbarte Vergütung als angemessen und sachlich gerechtfertigt darstellen.

Indem das LG die Auszahlung des Übergangsgeldes als Vergütungsbestandteile für die neue Amtsperiode gewertet hat, habe es nicht bedacht, dass der Änderungsvertrag Bezug auf den Vertrag der ersten Amtsperiode nehme. Dies spreche gegen die Erwägungen des LG. Zudem habe sich das Tatgericht nicht mit der Möglichkeit befasst, dass den mit dem Änderungsvertrag begründeten Verpflichtungen kein Kompensationswert zukomme, da eine Gegenleistung nicht ersichtlich sei.

 

Anmerkung der Redaktion:

Bereits im Dezember 2013 hatte der 3. Strafsenat des BGH entschieden, dass eine Vergütungsvereinbarung in der öffentlichen Verwaltung, die unter Umgehung eines für die Entscheidung zuständigen Gremiums erfolgt, einen Vermögensnachteil i.S.d. § 266 StGB begründe.

 

 

 

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