von Wiss. Mit. Miguel Veljovic, LL.M.oec.
Abstract
Mit der siebten Verordnung zur Änderung von Verbrauchsteuerverordnungen, dessen Änderungen am 11.8.2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wurden, erfolgt die Konkretisierung und europarechtliche Harmonisierung nationaler Verbrauchsteuergesetze. Besonders bemerkenswert ist die Änderung in Art. 1 Nr. 33 lit. b der 7. VerbrStändV, die vorsieht, dass Wasserpfeifentabak i.S.d § 1 Abs. 2 lit. b TabStV mit Wirkung zum 1.7.2022 nur noch in Packungen mit einer Menge von bis zu 25 Gramm vertrieben werden darf.[1] Als Hauptargument für diese Änderung führt der Gesetzgeber die Bekämpfung der illegalen Herstellung und des Handels mit unversteuertem Wasserpfeifentabak an. Zusätzlich soll damit ein Betätigungsfeld der Organisierten Kriminalität zerschlagen werden.[2] Das Ziel der Regelung ist mithin die Angleichung der Verpackungsgrößen an eine einzelne Konsumeinheit.[3] Der folgende Beitrag beleuchtet, inwiefern die Reformänderung sowohl aus strafrechtlicher als auch kriminologischer Perspektive zur Steuerkriminalitätsbekämpfung tauglich ist. Gleichzeitig wird herausgearbeitet, ob die Neuregelung mit den politischen Vorhaben des Unionsgesetzgebers vereinbar ist. Hinsichtlich der praktischen Auswirkungen der Regelung auf den Wasserpfeifenkonsum wurde der Content-Creator und Shisha-Experte Marvin Dutiné befragt.
The seventh ordinance amending excise duty ordinances, the amendments to which were promulgated in the Federal Law Gazette on August 11, 2021, provides for the concretization and harmonization under European law of national excise duty laws. Particularly noteworthy is the amendment in Art. 1 No. 33 lit. b of the 7th VerbrStändV, which provides that water pipe tobacco as defined in Section 1 (2) lit. b TabStV may only be distributed in packages of up to 25 grams with effect from July 01, 2022. As the main argument for this change, the legislator cites the fight against illegal production and trade in untaxed water pipe tobacco. In addition, it is intended to break up an area of activity of organized crime. The aim of the regulation is thus to harmonize packaging sizes with a single
unit of consumption. The following article examines the extent to which the reform amendment is suitable for combating tax crime from both a criminal law and a criminological perspective. At the same time, it is worked out whether the new regulation is compatible with the political intentions of the Union legislator. Regarding the practical impact of the regulation on hookah consumption, content creator and hookah expert Marvin Dutiné was interviewed.
I. Prävalenzen des Wasserpfeifentabakkonsums
Orientalische Wasserpfeifen bzw. „Shisha“ oder „Nargile“ sind in arabischen und afrikanischen Ländern weit verbreitet und erfreuen sich auch in Mitteleuropa zunehmender Beliebtheit.[4] Die Konsumprävalenzen des Shisha-Phänomens werden seit dem Jahr 2008 regelmäßig im Rahmen der Drogenaffinitätsstudie untersucht. Diese gibt zunächst Aufschluss darüber, dass die Lebenszeitprävalenz im Anteil der 12- bis 17-Jährigen seit dem Jahr 2008 stark rückläufig ist (39,7% im Jahr 2008; 19,3% im Jahr 2019). Dieser Rückgang korreliert mit dem allgemeinen Rückgang rauchender Jugendlicher (27,5% im Jahr 2001; 5,6% im Jahr 2019).[5] Bei jungen Erwachsenen nimmt die Lebenszeitprävalenz des Wasserpfeifenkonsums im Beobachtungszeitraum zunächst zu, erfährt jedoch im Jahr 2019 einen leichten Rückgang (60,9% im Jahr 2008; 68,6% im Jahr 2011; 62,7% im Jahr 2019).[6] Erwähnenswert ist zudem, dass der Shisha-Konsum keinesfalls als ein Phänomen des männlichen Geschlechts zu qualifizieren ist. Im Jahr 2019 konsumierten bereits 56,1% der jungen Frauen zwischen 18 und 25 Jahren mindestens einmal Shisha.[7] Im Jahr 2015 betrug dieser Anteil noch 64,2% der jungen Frauen.[8] Gründe für diesen umfassenden, gesellschaftlichen Hype dürften nicht nur in der zunehmenden „popkulturellen Assimilation der Wasserpfeife“[9], sondern ebenso in dem unzweifelhaft geselligen Charakter des Shisha-Konsums liegen. Dabei ist der Konsum nicht nur mit Blick auf die vorhandenen Aromen sehr variabel, sondern teilweise auch mit bis zu sechs Personen gleichzeitig möglich. Der Blick auf das politische sowie das medizinische Meinungsspektrum zeigt aber, dass teilweise eine sehr ablehnende, in einigen Fällen sogar alarmistische Haltung gegenüber diesem gesellschaftlichen Phänomen vernommen werden kann.[10] Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Steuerkriminalität im Vertrieb von Wasserpfeifentabak oftmals mit dem Schlagwort der „Clankriminalität“ in Verbindung gebracht wird und damit ein sachlicher Diskurs zunehmend erschwert wird.
II. Die 25-Gramm-Regelung nach § 31 Abs. 4 S. 2 TabStV n.F.
1. Reform und Gründe
Die Reform der TabStV führt mit Wirkung zum 1.7.2022 eine Begrenzung der zulässigen Verkaufsgrößen für Wasserpfeifentabak ein. Die neue Regelung des § 31 Abs. 4 S. 2 TabStV sieht vor, dass Wasserpfeifentabak i.S.d. § 1 Abs. 2 lit. b TabStG nur in Verpackungen mit einer zulässigen Menge von bis zu 25 Gramm vertrieben werden darf.[11] Diese Änderung stützte der Gesetzgeber maßgeblich darauf, dass die illegale Herstellung und der Handel mit unversteuertem Wasserpfeifentabak vermehrt dem Betätigungsfeld der Organisierten Kriminalität zuzuordnen sei.[12] Die 25 Gramm-Regelung stärke durch ihre Begrenzungswirkung sowohl die Steueraufsicht als auch die Bekämpfung der gewerbsmäßigen Steuerhinterziehung, indem die Verkaufsgrößen einer einzelnen Konsumeinheit angeglichen werden.[13] Dahinter steht die Erwägung, dass eine begrenzte Kleinverkaufspackung insbesondere bei der Abgabe in Shisha-Bars verhindere, dass tabaksteuerrechtliche Vorgaben hinsichtlich der Abgabe von Tabakwaren zum auf dem Steuerzeichen angegebenen Kleinverkaufspreis durch Großverkaufspackungen nicht eingehalten werden.[14] Denn üblicherweise kaufen Shisha-Bars Wasserpfeifentabak in Großpackungen und befüllen damit in Kleinmengen die Shisha-Köpfe, ohne diese wiederum mit einem Steuerzeichen zu versehen. Gleichzeitig vermischen einige Betreiber den angekauften Tabak mit eigener Molasse bzw. Aromen und feuchten ihn auf diese Weise nachträglich an. Dadurch werden sie unerlaubt zum Hersteller neuer Rauchware, die wiederum eine Steuerpflicht auslöst. Mit der Begrenzung der zulässigen Abgabemenge erhofft sich der Gesetzgeber also insgesamt die Einhaltung der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen.[15] Gleichzeitig behindere die 25-Gramm-Regelung nicht die allgemeine Konsumweise des Wasserpfeifentabaks, da sie der Höhe nach einer Konsumeinheit entspreche.[16]
2. Kann eine Shisha-Bar steuerrechtmäßig betrieben werden?
Diese – offensichtlich – sehr zugespitzte Frage stellte im Jahr 2018 die FDP-Fraktion im Rahmen einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung, nachdem das Hauptzollamt Braunschweig mitteilte, dass es „steuerrechtlich kaum eine Möglichkeit gebe“, diese „Lokale [gemeint: Shisha-Bars] legal zu betreiben“.[17] Dies liege nicht nur bereits an dem steuerrechtlichen Verbot der Abgabe loser Einzelportionen zum Konsum vor Ort, sondern bspw. auch daran, dass aufgrund der Variabilität der veräußerten und konsumierten Mengen neue Steuerzeichen auf jede Kleinverkaufspackung angebracht werden müssten. Die Praxis zeige jedoch, dass diese Bestimmungen im „Geschäftsmodell der Shisha-Bars praktisch schwer einzuhalten“ seien.[18]
a) Steuerrechtliche Grundlagen des Vertriebs von Wasserpfeifentabak
Tabakwaren i.S.d. TabStG dürfen in Deutschland nur zum Verkauf angeboten, verkauft bzw. gekauft werden, wenn sie ordnungsgemäß versteuert worden sind. Nach Entrichtung der fälligen Tabaksteuer ist auf Kleinverkaufspackungen für Tabakwaren ein Steuerzeichen anzubringen (vgl. § 17 Abs. 1, Abs. 2 TabStG).
Für Wasserpfeifentabak beträgt die zu entrichtende Steuer gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Nr. 6 TabStG für den Zeitraum vom 01. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 15,66 Euro je Kilogramm und 13,13% des Kleinverkaufspreises[19], mindestens jedoch 24,00 Euro je Kilogramm. Zusätzlich entfällt eine Zusatzsteuer im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 in Höhe von 15,00 Euro je Kilogramm. Diese erhöht sich sukzessive bis zum Jahr 2026 auf 23,00 Euro je Kilogramm.
b) Erhöhter Verkaufspreis
Gem. §§ 26 Abs. 1, 28 Abs. 1 TabStG darf der auf dem Steuerzeichen angegebene Packungspreis oder der sich daraus ergebende Kleinverkaufspreis bei der Abgabe von Tabakwaren vom Händler an Verbraucher weder unter- noch überschritten werden. Sofern der Preis auf dem Steuerzeichen überschritten wird, entsteht gem. § 28 Abs. 1 S. 2 TabStG eine neue Steuer in Höhe der Differenz zwischen der Steuerbelastung vor und nach der Preiserhöhung. Beispielhaft gesprochen: Ein Shisha-Bar-Betreiber, der eine 1kg-Packung für 75,00 Euro kauft, 20-Gramm Tabak pro verkauftem Shisha-Kopf verwendet und einen Kopf für 15,00 Euro verkauft, erhöht den Verkaufspreis des Wasserpfeifentabaks auf 750,00 Euro. Den erzielten Differenzbetrag muss der Betreiber nach § 28 Abs. 1 S. 2 TabStG unverzüglich[20] versteuern. Dazu hat er gem. § 28 Abs. 1 S. 4 eine Steuererklärung abzugeben. Erfüllt er diese Erklärungspflicht nicht, macht er sich jedenfalls wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbar.
c) Portionsweiser Verkauf
Tabakwaren dürfen gem. §§ 16 Abs. 1, 25 Abs. 1 TabStG grundsätzlich nur in geschlossenen und verkaufsfertigen Kleinstverpackungen an den Kunden weitergegeben werden. Zwar ist das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt von diesem Verbot Ausnahmen nach § 16 Abs. 2 Nr. 1, 17 Abs. 4 Nr. 3 TabStG zu erteilen.[21] Etwaige Ausnahmen wurden jedoch bis zum heutigen Tage für Betreiber von Shisha-Bars nicht erlassen. Der portionsweise Verkauf in Shisha-Bars widerspricht demnach den vorstehenden Vorschriften und stellt somit eine steuerrechtliche Ordnungswidrigkeit dar. Der Verstoß kann gem. § 36 Abs. 2 Nr. 3 TabStG i.V.m. § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro geahndet werden.
d) „Hausmischungen“
Sofern Betreiber den Tabak mit Molasse, Glycerin oder nur Trockenfrüchten mischen, wird zunächst die Gesamtmenge der Rauchware[22] erhöht, ohne dass dafür ein neues Steuerzeichen verwendet wurde. Gleichzeitig entsteht eine neue Rauchwarenmischung, sodass der Shisha-Bar-Betreiber zum Hersteller ohne Erlaubnis wird (vgl. § 6 Abs. 1 S. 2 TabStG).[23] Diese „Hausmischung“ ohne Erlaubnis löst wiederum eine erneute Steuerpflicht nach § 15 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 TabStG. Der Betreiber hat gem. §§ 15 Abs. 4 Nr. 2 i.Vm. § 17 Abs. 3 TabStG unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben. Die Nichtabgabe führt wiederum zur Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.
e) Vorsatz bei Tabaksteuerhinterziehung
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will bzw. dessen Verkürzung billigend in Kauf nimmt.[24] Dolus eventualis genügt hierbei.[25] Nimmt der Steuerpflichtige irrtümlich an, dass ein Steueranspruch nicht entstanden ist, liegt ein Tatbestandsirrtum vor, der den Vorsatz ausschließen lässt.[26] Gerade aus Sicht der kriminologischen Forschung ist unter Berücksichtigung des komplexen Steuersystems erforderlich[27], dass in der Praxis sorgfältig geprüft wird, ob der jeweilige Betreiber tatsächlich bedingten Vorsatz auf die Begehung der Steuerhinterziehung zum Zeitpunkt der Tat hatte.
f) Zwischenergebnis
Betreiber von Shisha-Bars setzen sich in der Tat einem akuten steuerstraf- sowie ordnungswidrigkeitenrechtlichen Risiko aus. Die pauschale Aussage, dass der Betrieb in Deutschland tabaksteuerrechtlich kaum bis unmöglich sei, wies auch die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage der FDP-Fraktion zurück.[28] Sie verwies in ihrer Begründung bereits darauf, dass selbst ohne Ausnahmeregelung hinsichtlich des portionsweisen Verkaufsverbots die Betreiber Kleinverkaufspackungen beziehen und diese an die Endverbraucher weitervertreiben könnten.[29] Die nunmehr eingeführte 25-Gramm-Regelung verhindere – zumindest aus der konsequenten Fortführung der Sicht der Bundesregierung – das Risiko des Verstoßes gegen tabaksteuerrechtliche Vorschriften.[30] Dahinter steht der legislatorische Gedanke, dass die Begrenzung der Vertriebsmenge von Wasserpfeifentabak auf 25-Gramm in der Praxis einer exakten Konsumeinheit entspreche und dementsprechend der Tabak auch vertrieben werde. Dadurch sei die Auslösung neuer steuerrechtlicher Pflichten erheblich gemindert.
III. Bekämpfung von Steuerkriminalität durch die 25-Gramm-Regelung
Ob die eingeführte 25-Gramm-Regelung tatsächlich Steuerkriminalität zu bekämpfen vermag, werden die folgenden Ausführungen näher beleuchten.
1. Portionsweiser Verkauf
Aus Sicht des Steuerstraf- bzw. des Steuerordnungswidrigkeitenrechts erscheint die 25-Gramm-Regelung nur eingeschränkt sinnvoll. Die Regelung bezweckt in erster Linie, dass die Ordnungswidrigkeit des portionsweisen Verkaufs aus Sicht des Gesetzgebers obsolet wird, da der Gesetzgeber sich erhofft, dass die eingekaufte Tabakmenge mit der Menge einer einzelnen Konsumeinheit übereinstimmt. Tatsächlich ist die Abschätzung einer einzelnen Konsumeinheit in der Praxis, insbesondere aufgrund verschiedenster Tabaksorten und dem persönlichen Gusto hinsichtlich der Geschmacksintensität, kaum möglich. Je nach verwendetem Equipment und der persönlichen Präferenzen verwenden Konsumenten zwischen 10 und 60 Gramm Tabak.[31] Dies kann wiederum dazu führen, dass Verbraucher nicht nur mehr Tabak erwerben, als es ihren Konsumgewohnheiten entspricht, sondern gleichzeitig auch in einer Steigerung des Konsums münden.[32] Gerade dies widerspricht jedoch dem politischen Vorhaben des Unionsgesetzgebers, der einen Mehrkonsum gerade eindämmen möchte.[33] Tatsächlich werden Kunden in Shisha-Bars auch faktisch gezwungen die vollen 25 Gramm Tabak zu kaufen, auch wenn sie eigentlich weniger konsumieren wollen. Dies liegt daran, dass der Ordnungswidrigkeitentatbestand des portionsweisen Verkaufs nicht geändert oder gar für die Konsumierung von Wasserpfeifentabak eine Ausnahme vorsieht. Daraus folgt folgende kuriose Sachverhaltskonstellation: Wenn ein Kunde nur 15 Gramm in seinem Shisha-Kopf favorisiert und dementsprechend bestellt, dann dürfen die verbleibenden 10 Gramm nicht anderweitig verkauft werden. Kunde A muss also den vollen Preis für 25 Gramm zahlen und die 10 Gramm müssen dem Kunden ausgehändigt oder – sofern er bspw. keine eigene Shisha daheim besitzt – mangels Verwendungsmöglichkeit vernichtet werden. Ein kriminalpolitischer Mehrwert kann dieser Regelung also aus Sicht des Ordnungswidrigkeitentatbestands des portionsweisen Verkaufs nicht attestiert werden. Umgekehrt ist eher davon auszugehen, dass die Regelung dafür Anreize schafft, dass der Fiskus im Endeffekt noch erheblich höhere Steuereinnahmen zu verbüßen hat, indem bspw. in der Praxis zwar 25 Gramm verkauft, aber lediglich eine geringere Tabakmenge an den Konsumenten abgegeben wird, um den Gewinn von Lokalitäten durch Mehrverkauf und gleichzeitiger Steuerverkürzung zu erhöhen.
2. Erhöhter Verkaufspreis und „Hausmischungen“
Gleichzeitig wird durch die 25-Gramm-Regelung das Problemfeld der erhöhten Verkaufspreise sowie der Hausmischungen und der anschließenden Nichtversteuerung keinesfalls gelöst. Hierbei ist anzumerken, dass erhöhte Verkaufspreise nicht per se rechtswidrig sind, sondern dass erst die anschließende Nichtversteuerung einen steuerstrafrechtlich relevanten Sachverhalt darstellt. Die 25-Gramm-Regelung bietet mit ihrer bloßen Begrenzungsfunktion keine zusätzlichen Anreize dafür, dass die Nichtversteuerung in diesem Bereich effektiv bekämpft wird. Selbiges gilt für steuerstrafrechtlich relevante Sachverhalte im Bereich der Hausmischungen. Alleiniger Effekt ist, dass die 25-Gramm-Regelung die Marktpreise antreibt, sodass sukzessive auch die Verkaufspreise in den Shisha-Bars erhöht werden. Ob die Marktpreissteigerung tatsächlich Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten in den Shisha-Bars hat, bleibt abzuwarten. Denn wie bereits Oğlakcıoğlu zutreffend anmerkte, ist das Konsumieren einer Shisha oftmals ein soziales Event und es kommt durchaus vor, dass der Preis für eine Shisha in der Praxis geteilt wird.[34] Preissteigerungen von bspw. 5-10 Euro bleiben bei einer möglichen Teilung auf 2-4 Personen also aus Konsumentensicht vertretbar. Ob der 25-Gramm-Regelung tatsächlich auch ein fiskalischer Mehrwert zukommt, ist ebenso fraglich. Denn die durch die Reform erzeugte Marktpreissteigerung führt dazu, dass zwar Tabak teurer verkauft wird und die eingehenden Steuereinnahmen sich parallel erhöhen werden. Umgekehrt führt die Reform aber nicht gerade dazu, dass mehr Steuern aus dem bisherigen Dunkelfeld in die Staatskassen fließen, sondern bietet insoweit weitere Anreize für Steuerkriminalität, da erzwungene Marktpreissteigerungen Käufe am Schwarzmarkt attraktiver machen werden.[35] Die anreizbasierte Erhöhung des Dunkelfeldes von Steuerkriminalität durch die 25-Gramm-Regelung kann im Ergebnis also auch mit steigenden Marktpreisen und damit einhergehenden erhöhten Steuereinnahmen in einem fiskalen „Nullsummenspiel“ resultieren. Dadurch wäre auch – hinsichtlich dieser legislatorischen Warte – die Einführung der 25-Gramm-Regelung obsolet. Bisherige empirische Erkenntnisse und Dunkelfeldstudien zum Schwarzmarkt des Wasserpfeifentabaks sind – soweit ersichtlich – nicht vorliegend. Das Dunkelfeld von Steuerkriminalität gehört zudem nicht zum gängigen Forschungsgegenstand der Wirtschaftskriminologie.[36] Der weltweit größte Hersteller von Wasserpfeifentabak, Al Fakher, geht nach eigenen Angaben davon aus, dass der Anteil an unversteuertem Wasserpfeifentabak bei mindestens 45% liege.[37] Das Statistische Bundesamt geht hinsichtlich des Anteils unversteuerter Zigaretten davon aus, dass diese in der letzten Dekade jährlich bis zu 20% betrug. Selbst ein konservativer Analogieschluss dieser Erkenntnis auf den potentiellen Schwarzmarkt des Wasserpfeifentabaks kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass die Schäden für den Fiskus jedenfalls immens sein müssen.
IV. Alternativvorschlag
Die Analyse konnte aufzeigen, dass der 25-Gramm-Regelung weder aus strafrechtlicher noch aus kriminologischer Perspektive ein Mehrwert zur Bekämpfung von Steuerkriminalität zukommt. Vielmehr ist der Psychologie bekannt, dass für die Frage der Steuerehrlichkeit drei wesentliche Faktoren entscheidend ist. Der erste wesentliche Faktor entspricht der Steuermentalität, also die langfristig bestehende Einstellung zu Steuern und ihrem System sowie zur allgemeinen Steuerpflicht. Aus der Steuermentalität ergibt sich die Steuermoral, die die Erfüllung der eigenen Steuerpflicht beeinflusst. Der dritte Faktor, der die Steuerehrlichkeit beeinflusst, ist die subjektiv erlebte Steuerbelastung. Weitere wichtige Faktoren stellen die wahrgenommene Steuergerechtigkeit, die Komplexität des Steuerrechts, die Praxis der Steuerbehörden und der staatliche Umgang mit Steuergeldern dar.[38] Besonders relevant für die Bekämpfung von Steuerkriminalität ist die Erkenntnis, dass weniger die subjektive Entdeckungswahrscheinlichkeit Steuerkriminalität verhindert, sondern vielmehr die subjektiv-verankerte Steuermoral.[39] Insofern muss also eine taugliche Steuerkriminalitätsbekämpfung darauf ausgerichtet sein, ein allgemeines Problembewusstsein und dadurch eine Steuermoral zu schaffen. Beispielsweise könnte – unter Berücksichtigung und im Einklang mit dem Fundamentalrecht der Gewerbefreiheit – überlegt werden, ob ein Shisha-Bar-Betreiber nicht dazu verpflichtet wird, regelmäßige Schulungen zu besuchen, die bspw. durch den TÜV zertifiziert werden könnten. Die Folge für nicht nachgekommene Zertifizierungspflichten könnte ein etwaiger Konzessionsverlust sein. Sofern man unter Berücksichtigung der Gewerbefreiheit eine verpflichtende Zertifizierung aus rechtlichen Gründen nicht zu kodifizieren vermag, wäre es trotzdem denkbar, dass ein Anreizsystem zur freiwilligen Zertifizierung geschaffen wird. Mögliche Anreize, die in die Waagschale geworfen werden könnten, sind Subventionierungs- oder Steuererleichterungsmodelle. Jedenfalls sollte die repressive Strafverfolgung vielmehr eine Vermittlung des Problembewusstseins und die Bildung einer Steuermoral fokussieren und nicht auf einzelne Nadelstiche, die hinsichtlich des wohl enormen Dunkelfeldes zur verzerrten, öffentlichen Medialisierung genutzt werden.
Weiterhin sollte dringend überlegt werden, eine Ausnahme für Shisha-Bar-Betreiber hinsichtlich des portionsweisen Verkaufs und der anschließenden Einschlägigkeit des Ordnungswidrigkeitentatbestands einzuführen. Die oben aufgeführten Erwägungen zeigen, dass ein regluatorisch verursachter Mehrkonsum keinesfalls das Ziel des Gesetzgebers sein kann. Zudem sollte der Gesetzgeber tiefergehende kriminologische Forschung im Bereich des Dunkelfeldes der Steuerkriminalität anstreben. Daraus extrahierte Erkenntnisse sind für eine zukünftig effektive Steuerkriminalitätsbekämpfung unerlässlich.
V. Fazit
Die 25-Gramm-Regelung schränkt den Vertriebsmarkt von Wasserpfeifentabak in unnötiger Weise ein. Denn weder aus strafrechtlicher noch aus kriminologischer Perspektive wird die Regelung die Bekämpfung von Steuerkriminalität befördern. Die 25-Gramm-Regelung führt im Gegenteil zu einer verstärkten Anreizwirkung für Käufe auf dem Schwarzmarkt. Zukünftig sollte die Bekämpfung von Steuerkriminalität daraufsetzen, dass das notwendige Problembewusstsein und damit die notwendige Steuermoral entwickelt wird. Dies kann bspw. durch eine verpflichtende Einführung von Schulungsmaßnahmen oder durch ein anreizbasiertes, freiwilliges Schulungssystem erfolgen. Das subjektive Entdeckungsrisiko spielt im Rahmen der Steuerkriminalität eine untergeordnete Rolle, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine proklamierte „Zero-Tolerance-Strategie“ und eine damit gewollte Abschreckung tatsächlich etwaige Steuersünder zur Rechtskonformität bewegt. Die 25-Gramm-Regelung beschränkt das Marktgeschehen in erheblicher Weise und wird wohl deshalb diametrale Effekte zulasten der Steuerkriminalitätsbekämpfung herbeiführen. Zudem bietet die Regelung keine Anreizwirkung zur Verbesserung einer kriminalitätsabweisenden Steuermoral.
Das ohnehin politisch aufgeladene Thema der Bekämpfung von Steuerkriminalität beim Betrieb von Shisha-Bars (Stichwort: Clankriminalität) wird nunmehr durch eine weitere Kontroverse gebeutelt. Insgesamt sollte mit auf den Weg gegeben werden, dass eine Politik der Vorverurteilung keinesfalls einen gesamten Markt lahmlegen sollte. Mit Blick auf die ordoliberalistische Freiburger Schule kommt dem Staat lediglich die Bildung des Ordnungsrahmens des Wirtschaftens zu. Spieltheoretisch gesprochen geht es also um die Begrenzung des Spielrahmens in Form des Marktes. Indem er derart massiv in das Marktgeschehen eingreift, wird aber nicht der Spielrahmen begrenzt, sondern das Spielfeld – bildlich gesprochen – vollkommen abgeriegelt. Ein Umdenken bei der Bekämpfung von Steuerkriminalität ist erforderlich.
[1] Vgl. auch Art. 7 Abs. 5 der 7. VerbrStändV.
[2] Ref-E zur 7. VerbrStändV, S. 144, 169.
[3] Ref-E zur 7. VerbrStändV, S. 144, 169.
[4] Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Bericht zur Wasserpfeife 2017 – Kurzfassung, S. 1; zu den noch wenig erforschten gesundheitlichen wie auch soziokulturellen Auswirkungen m.w.N.: Oğlakcıoğlu, in: MüKo-StGB, Band 7, 4. Aufl. (2022), Vorb. zu § 1 Rn. 24.
[5] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Drogenaffinitätsstudie 2019, S. 29.
[6] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Drogenaffinitätsstudie 2019, S. 33.
[7] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Drogenaffinitätsstudie 2019, S. 34.
[8] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Drogenaffinitätsstudie 2019, S. 34.
[9] Hiermit ist bspw. der Vertrieb von Shisha-Tabak durch Künstler der deutschen Rap-Szene, aber auch die Eröffnung von Shisha-Bars gemeint. Ebenso: Oğlakcıoğlu, in: MüKo-StGB, Vorb. zu § 1 Rn. 24; Oğlakcıoğlu, NK 2016, 19.
[10] Bspw. Aussage des MdB Sebastian Brehm gegenüber der FAZ mit einer Forderung zur erhöhten Besteuerung von Shisha-Bars. Seiner Begründung nach würden „junge Leute [dort] den Einstieg zum Rauchen finden.“ FAZ v. 9.5.2021, online abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/bayern-csu-will-shisha-bars-staerker-besteuern-17333314.html (zuletzt abgerufen am 25.4.2022). Diese Annahme lässt sich jedoch mit den vorstehenden empirischen Zahlen und dem allgemeinen Rückgang des Rauchens widerlegen. Zusätzlich lassen sich alarmistische Botschaften auch im Heft des Deutschen Ärzteblattes feststellen. Dort heißt es „Eine Shisha-Sitzung vergleichbar mit 100 Zigaretten“. Damit soll dem Leser offensichtlich suggeriert werden, dass der einmalige Shisha-Konsum, insbesondere hinsichtlich der aufgenommenen Schadstoffe, dem von hundert Zigaretten entspricht. Erst bei genauerer Betrachtung der Ausführungen wird in einem Nebensatz verdeutlicht, dass es sich hierbei lediglich um das Rauchvolumen und nicht um bspw. die Niktionzufuhr handelt. Deutsches Ärzteblatt, Heft 7 Februar 2019, Medizinreport A S. 319 (320). Zu diesem Problem ebenso: Oğlakcıoğlu, in: MüKo-StGB, Vorb. zu § 1 Rn. 24 Fn. 87.
[11] Bis zum Jahre 2016 war die Steuerpflicht hinsichtlich des Wasserpfeifentabaks noch umstritten. Der BGH entschied jedoch mit Beschl. v. 27.7.2016, dass auch Wasserpfeifentabak der Tabaksteuer unterliege. Die gesetzliche Klarstellung folgte im Anschluss. Ausführlich: BGH, NJW-Spezial 2016, 729.
[12] Ref-E v. 28.4.2021, S. 144.
[13] Ref-E v. 28.4.2021, S. 144.
[14] Ref-E v. 28.4.2021, S. 169.
[15] Ref-E v. 28.4.2021, S. 169.
[16] Ref-E v. 28.4.2021, S. 169.
[17] BT-Drs. 19/865 v. 21.2.2018 sowie Mitteilung des Hauptzollamt Braunschweigs, online abrufbar unter: https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article212854833/Zoll-kontrolliert-Shisha-Bar.html (zuletzt abgerufen am 25.4.2022).
[18] Ausführlich: BT-Drs. 19/865 v. 21.2.2018, S. 1 f.
[19] Der Kleinverkaufspreis ist der Preis, den der Hersteller oder Einführer als Einzelhandelspreis gem. § 3 Abs. 1 S. 1 TabStG je Kilogramm Wasserpfeifentabak bestimmt. Wird nur ein Packungspreis bestimmt, gilt als Kleinverkaufspreis der Preis, der sich aus dem Packungspreis und dem Packungsinhalt je Kilogramm ergibt.
[20] Die Steuer ist gem. § 28 Abs. 1 S. 5 TabStG sofort fällig.
[21] Selbiges gilt für Steuerlagerinhaber für Tabakwaren. Dort kann gem. § 34 Abs. 4 TabStV das Hauptzollamt Bielefeld von der Steuerzeichenverwendung befreien.
[22] Unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 lit. b TabStG.
[23] Ebenso: Weidemann, wistra 2019, 122 (127).
[24] M.w.N. zur st. Rspr.: BGH, NStZ 2021, 301.
[25] BGH, NStZ 2021, 301.
[26] BGH, NStZ 2021, 301.
[27] Gerade aufgrund der „Unübersichtlichkeit des Steuerrechts“ kann ein mangelndes Problembewusstsein bei Steuerpflichtigen festgestellt werden. Die Intransparenz steigert gleichwohl das Gefühl der Steuerungerechtigkeit. Dazu ausführlich: Bussmann, Wirtschaftskriminologie I, 2016, 2. Kap. § 5 Rn. 542 ff.
[28] S. dazu ausführlich: BT-Drs. 19/1152, S. 2 ff.
[29] BT-Drs. 19/1152, S. 2.
[30] Hinsichtlich anderer Verstöße wie bspw. zum Thema der „Hausmischungen“ sah die Bundesregierung kein Handlungsbedarf, da das vielfältige Marktangebot Eigenmischungen unattraktiv machen würde. Dazu: BT-Drs. 19/1152, S. 5.
[31] Wobei 60 Gramm wohl als absolute Höchstgrenze für die Tabakverwendung gesehen werden kann: S. dazu Stellungnahme des Verbandes deutscher Wasserpfeifentabakmanufakturen und -händler, S. 3.
[32] Stellungnahme des Verbandes deutscher Wasserpfeifentabakmanufakturen und -händler, S. 3.
[33] Stellungnahme des Verbandes deutscher Wasserpfeifentabakmanufakturen und -händler, S. 3,6 mit Verweis auf Erwägungsgrund 29 der Richtlinie 2014/40/EU.
[34] Oğlakcıoğlu, in: MüKo-StGB, Vorb. zu § 1 Rn. 24.
[35] So auch: Stellungnahme des Verbandes deutscher Wasserpfeifentabakmanufakturen und -händler, S. 6.
[36] Singelnstein, MSchKrim 2015, 48 (51).
[37] Stellungnahme Al-Fakher Distribution, S. 1.
[38] M.w.N. zum Ganzen: Singelnstein, MSchKrim 2015, 48 (56 f.).
[39] M.w.N. Singelnstein, MSchKrim 2015, 48 (58).