von Anna Magdenko
Abstract
Die Verurteilung von Politikern wegen Haushaltsuntreue gem. § 266 StGB erregt mediales Aufsehen – zuletzt die der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen. Anders als im französischen Strafrecht tangiert die Verurteilung wegen Haushaltsuntreue gem. § 266 StGB in Deutschland nicht die Amtsfähigkeit und Wählbarkeit des Täters. Dies gibt Anlass dazu, die Frage der Strafbarkeit der Haushaltsuntreue gem. § 266 StGB zu evaluieren und die strafrechtlichen Statusfolgen nach § 45 StGB zu hinterfragen. Zur Schließung der bestehenden Gesetzeslücke im deutschen Strafrecht erarbeitet der Beitrag Reformvorschläge.
The conviction of politicians for breach of trust under Section 266 of the German Criminal Code (StGB) attracts media attention – most recently that of French presidential candidate Marine Le Pen. Unlike in French criminal law, a conviction for breach of trust under Section 266 of the German Criminal Code (StGB) does not affect the offender’s ability to hold office or be elected in Germany. This provides reason to evaluate the question of whether breach of trust is punishable under Section 266 of the German Criminal Code and to question the criminal consequences under Section 45 of the German Criminal Code. To close the existing legal gap in German criminal law, this article develops reform proposals.
I. Einleitung
In den Umfragen liegt die Rassemblement National, deren Vorsitzende Marine Le Pen ist, vorne.[1] Aussichtsreich schien ihre Kandidatur zur Präsidentschaftswahl 2027; doch das Urteil vom 31.3.2025 des Tribunal correctionnel de Paris zerschlägt – zumindest vorerst – die Ambitionen von Le Pen, Frankreich zu regieren. Das Gericht verurteilte sie gem. Art. 19 Abs. 1 b) der Loi Sapin II[2] wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder zu einer Geldstrafe von 100.000 Euro und zu vier Jahren Freiheitsstrafe. Als Nebenstrafe entzog es der Parteivorsitzenden mit sofortiger Wirkung das passive Wahlrecht. Die dreifache Präsidentschaftskandidatin (2012, 2017, 2022) darf sich nicht zur Wahl stellen lassen. Am 1.4.2025 legte sie Berufung gegen das Urteil ein, wobei das Berufungsgericht eine Entscheidung bis Sommer 2026 ankündigte.
Demgegenüber könnte jeder volljährige Deutsche[3], der bereits wegen Haushaltsuntreue gem. § 266 StGB rechtskräftig verurteilt wurde, zur Wahl des Bundeskanzlers aufgestellt und durch den Bundestag gewählt werden (Art. 63 Abs. 1 GG). Denn nach § 45 Abs. 1 StGB verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, wer wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird. Wer wegen Untreue (§ 266 StGB) verurteilt wird, erwartet eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Die Untreue ist damit kein Verbrechen (§ 12 Abs. 1 StGB), sondern ein Vergehen (§ 12 Abs. 2 StGB).
Die leitende These der folgenden Überlegungen lautet, dass ein wegen Haushaltsuntreue rechtskräftig verurteilter Täter die Amtsfähigkeit und das passive Wahlrecht zeitweise verlieren muss. Nicht nur der Fall von Le Pen zeigt die Aktualität der Haushaltsuntreue. Hierzulande erregen entsprechende Verurteilungen von Politkern und Beamten bisweilen mediale Aufruhr. So wurden etwa Ingolf Deubel[4] (SPD), Rüdiger Schneidewind[5] (SPD) und Marcus Held[6] (SPD) wegen Haushaltsuntreue rechtskräftig verurteilt. Ihr passives Wahlrecht tangierte dies indes nicht.
Allerdings ist ein öffentliche Gelder veruntreuender Täter zeitweise ungeeignet, die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten, da sich die Untreue durch den Angriff von innen charakterisiert.[7] Der wegen Haushaltsuntreue straffällige Täter instrumentalisiert die ihm vom Staat überantwortete Dispositionsfreiheit, um diesen vorsätzlich zu schädigen.[8] In der Verletzung seiner anvertrauten Machtstellung exponiert er seine Unzuverlässigkeit und Illoyalität zur Allgemeinheit. Ein den Staat von innen vorsätzlich angreifender Täter kann nicht simultan die Interessen der Gesellschaft vertreten. Eingebüßt wird das Vertrauen der Bevölkerung in die Hoheitsgewalt durch die weiterhin mögliche Amtsfähigkeit und Wählbarkeit des die öffentliche Gelder veruntreuenden Täters. Doch ist dies nicht der einzige Widerspruch im geltenden Recht. Ein den Staat von außen schädigender Subventionsbetrüger kann die Amtsfähigkeit und Wählbarkeit gem. § 264 Abs. 7 S. 1 StGB verlieren. Hingegen darf ein den Staat von innen schädigender Täter, der die Subvention unrechtmäßig bewilligt, öffentliche Ämter innehaben und sich zur Wahl aufstellen lassen. Obschon eine Verurteilung von Politikern wegen Haushaltsuntreue eine Ausnahme darstellt, kann die bestehende Gesetzeslücke von der neuen Koalition geschlossen werden, um das rechtliche Paradoxon aufzulösen. Abschließend werden daher Reformmöglichkeiten betrachtet.
II. Zur Strafbarkeit der Haushaltsuntreue de lege lata
Die Haushaltsuntreue als Fallgruppe des § 266 StGB bezeichnet die vorsätzliche pflichtwidrige Verwendung von Mitteln aus öffentlichen Haushalten, wodurch ein Vermögensnachteil entsteht.[9] Die Strafbarkeit der Haushaltsuntreue gem. § 266 StGB ist mittlerweile allgemein anerkannt.[10] Im Folgenden werden die haushaltsuntreuespezifischen Besonderheiten erörtert.
1. Täterqualifikation
Als potenzielle Täter kommen Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB), die zur Bewirtschaftung des öffentlichen Haushaltes ermächtigt sind und jeder Hoheitsträger, der zur Beachtung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG, § 6 HGrG, § 7 BHO) verpflichtet ist, infrage.[11]
2. Vermögensbetreuungspflicht
Die tauglichen Täter haben im Innenverhältnis die „Vermögensinteressen“ des Geschäftsherrn „zu betreuen“ (§ 266 Abs. 1 StGB). Diese für den Missbrauchs- (Alt. 1) und Treuebruchtatbestand (Alt. 2) geltende Vermögensbetreuungspflicht[12] erfordert eine eigenverantwortliche Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen mit einem Handlungsspielraum und stellt eine Hauptpflicht dar.[13] Ob eine Tathandlung pflichtwidrig ist, richtet sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.[14] § 266 StGB ist insoweit nach überwiegender Ansicht akzessorisch zur gesamten Rechtsordnung,[15] hier mithin zum Haushaltsrecht.
Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit markieren lediglich eine Grenze im Verhältnis zum Geschäftsherrn, weswegen eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit nicht bereits dann besteht, wenn der Amtsträger bei Haushaltsentscheidungen mit Ermessensspielraum eine unökonomische Variante wählt.[16] Vielmehr liegt eine untreuerelevante Verletzung des Sparsamkeitsgebots erst vor, wenn eine unangemessene Gegenleistung gewährt wird und der Täter so seine Vermögensbetreuungspflicht gravierend verletzt.[17]
Der BGH überträgt die für das Gesellschaftsrecht entwickelte Rechtsfigur der gravierenden Pflichtverletzung auf Fälle der Haushaltsuntreue,[18]um den Wortlaut „Vermögensinteressen […] zu betreuen hat“ (§ 266 StGB) restriktiv auszulegen. Nach dem BVerfG werden sich „gravierende Pflichtverletzungen nur dann bejahen […] lassen, wenn die Pflichtverletzung evident ist“.[19] Das unbestimmte Adjektiv „gravierend“ soll durch ein anderes vages Adjektiv „evident“ präzisiert werden, was zirkulär anmutet.[20] Das BVerfG betonte lediglich die tatbestandsbegrenzende Funktion der Rechtsfigur,[21] ohne eine inhaltliche Bedeutung herauszuarbeiten. In der Praxis richtet sich die Evidenz der Pflichtwidrigkeit nach einer Gesamtschau aus der ex-ante Perspektive.[22] In Fällen der Haushaltsuntreue geht der BGH dabei zweistufig vor; auf der ersten Stufe stellt er die Überschreitung des Haushaltsrechts fest und eruiert auf zweiter Stufe das Überschreiten einer strafrechtlich relevanten Schwelle.[23] Der Rechtsanwender muss also abwägen und das Restriktionsinstrument einer „gewichtigen“ bzw. „evidenten“ Pflichtverletzung berücksichtigen.[24]
3. Vermögensnachteil
Angesichts des weitgefassten Tatbestandes und des in Art. 103 Abs. 2 GG konstituierten Verschleifungsverbotes ist – im Ausgangspunkt – eine strenge Differenzierung zwischen der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und des Vermögensnachteils erforderlich.[25] Die Unterscheidung folgt bereits aus dem Wortlaut des § 266 Abs. 1 StGB („Vermögensinteressen […] und dadurch […] Nachteil“) sowie der Deliktsnatur als Erfolgsdelikt.
§ 266 StGB schützt privates und öffentliches Vermögen,[26] nicht jedoch die Dispositionsbefugnis des Geschäftsherrn.[27] Für eine Strafbarkeit gem. § 266 StGB genügt es grundsätzlich nicht, wenn der Täter gegen Regelungen des Haushaltsrechts (z.B. §§ 20 Abs. 2 S. 1, 27 Abs. 1 S. 1 BHO, § 45 Abs. 1 S. 1 HGrG) verstößt.[28] Vielmehr erfordert die Strafbarkeit, dass der Täter durch sein treuwidriges Verhalten dem Geschäftsherrn ohne eine unmittelbare Kompensation einen „Nachteil zufügt“. Zur Beurteilung eines Vermögensschadens ist eine Gesamtsaldierung von Leistung und Gegenleistung vorzunehmen, wobei das zu betreuende Gesamtvermögen nach dem streitigen Rechtsgeschäft wirtschaftlich gemindert sein muss.[29] Nicht jede untreuerelevante Pflichtverletzung begründet einen Vermögensnachteil, da Ersteres eine notwendige, nicht jedoch eine hinreichende Bedingung für eine Strafbarkeit gem. § 266 StGB ist. Unstreitig macht sich wegen Haushaltsuntreue gem. § 266 StGB strafbar, wer als vermögensbetreuungspflichtiger Amtsträger öffentliche Gelder ohne Berechtigung für private Zwecke verwendet,[30] dies toleriert[31] oder wer ohne Gegenleistung Zahlungen tätigt, auf die innerhalb des vertraglichen Rechtsverhältnisses kein Anspruch besteht.[32]
a) Die Lehre von der materiellen Zweckwidrigkeit
Die rechtliche Handhandhabung der Haushaltsuntreue erweist sich in solchen Fällen als problematisch, in denen der Täter wider der haushaltsrechtlichen Zwecksetzung öffentliche Gelder umleitet. Ob ein Schaden vorliegt, beurteilt sich nach der Zweckwidrigkeit. Überwiegend wird dies materiell evaluiert.[33] Materiell zweckwidrig ist die Ausgabe öffentlicher Mittel, sofern sie außerhalb der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung erfolgt.[34] Die Verwendung öffentlicher Gelder bleibt kompensationslos und fügt dem Vermögensinhaber einen Vermögensnachteil gem. § 266 StGB zu. Im Umkehrschluss ist – prima facie – ein Vermögensnachteil abzulehnen, wenn der Täter nur formell pflichtwidrig öffentliche Gelder fehlleitet, doch Leistung und Gegenleistung sich wirtschaftlich aufheben.[35] Einzelne, wenn auch formell pflichtwidrige, das Vermögen aber nicht mindernde Transaktionen bleiben in der Regel unerheblich.[36]
Das materielle Verständnis der Zweckwidrigkeit basiert auf dem Telos des § 266 StGB. Der Straftatbestand pönalisiert die vorsätzliche pflichtwidrige Schädigung des Vermögens des Geschäftsherrn, die Beeinträchtigung dessen Dispositionsbefugnis bleibt grundsätzlich straflos. Außerdem stellt ein materielles Verständnis eine konsequente Anwendung des Prinzips der Gesamtsaldierung dar, wonach ein negativer Saldo zur Schadensbejahung erforderlich ist. Ferner wird die strikte Trennung zwischen Pflichtverletzung und Schaden beibehalten. Diese tatbestandliche Restriktion des § 266 StGB im Rahmen der Haushaltsuntreue ist zu begrüßen. Zu den klaren Fällen gehören der Einsatz von Hochschulgeldern ohne Bezug zum universitären Betrieb[37] oder die Kosten für einen Theaterbesuch statt der vorgesehenen Parlamentsarbeit.[38]
b) Die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag
Das Problem der zweckwidrigen Fehlleitung gewinnt an Virulenz, wenn der Täter zwar formell pflichtwidrig handelt, Leistung und Gegenleistung dennoch wirtschaftlich gleichwertig sind und damit kein Vermögensnachteil entsteht. In diesen Fällen wird die für § 263 StGB entwickelte Lehre vom individuellen Schadenseinschlag ausnahmsweise auf die Haushaltsuntreue übertragen.[39] Im Ausnahmefall ist ein Vermögensnachteil gem. § 266 StGB aus einer ex-ante Betrachtung dann zu erblicken, „wenn durch die Haushaltsüberziehung eine wirtschaftlich gewichtige Kreditaufnahme erforderlich wird, wenn die Dispositionsfähigkeit des Haushaltsgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird und er durch den Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen Gestaltungsbefugnis beschnitten wird“[40].
Wenngleich die formelle Pflichtwidrigkeit und die damit verletzte Vermögensbetreuungspflicht zu missbilligen sein mögen, so verlangt der Wortlaut des § 266 StGB einen „Nachteil“. Die Rechtsprechung durchbricht mit der Übertragung der Lehre vom individuellen Schadeneinschlag die von ihr proklamierte Feststellung, § 266 StGB schütze das Vermögen, nicht die Dispositionsbefugnis.[41] Dass § 266 StGB ausweislich seines Wortlauts („Vermögensinteressen“, „dadurch Nachteil“), seiner systematischen Stellung (22. Abschnitt) und Teleologie – Schutz des Vermögens als Ganzes[42] – ein reines Vermögensdelikt ist, wird für einen formellen Haushaltsrechtsschutz ausgeklammert. Zu beachten ist weiter die Vagheit der vom BGH aufgeführten Anforderungen. Wann liegt eine „gewichtige“ Kreditaufnahme oder „schwerwiegende“ Beeinträchtigung der Dispositionsfähigkeit vor?
Zudem wurde die im Rahmen des § 263 StGB entwickelte Lehre vom individuellen Schadenseinschlag für Privatvermögen ausgearbeitet.[43] Der Grundgedanke dieser normativen Schadensbewertung ist, dass der private Vermögensinhaber in seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit beeinträchtigt wird. Während Privatpersonen trotz wirtschaftlich gleichwertiger Leistung belastet werden können, ist dem Staat die Erhöhung seiner Einnahmen etwa durch Steuererhebungen möglich. Für die Übertragung der Lehre vom individuellen Schadenseinschlag ermangelt es daher an der Vergleichbarkeit.[44]
Letztlich wird durch unklare Voraussetzungen die formell zweckwidrige Tathandlung sanktioniert, die Dispositionsfähigkeit des Vermögensträgers geschützt und der – eigentlich von der Pflichtverletzung streng zu trennende – Vermögensschaden dann doch mit Wertungen der Pflichtverletzung und Haushaltspolitik aufgeladen.[45] Im Lichte des im Art. 103 Abs. 2 GG manifestierten Bestimmtheitsgrundsatzes und der bereits bedenklichen Unbestimmtheit des § 266 StGB ist der dogmatische Widerspruch nicht überzeugend.[46] Die für § 266 StGB unpassende Lehre vom individuellen Schadenseinschlag sollte nicht herangezogen werden, um einen Schaden zu konstruieren. Für die Strafbarkeit der Haushaltsuntreue nach § 266 StGB sollte – mit Rücksicht auf das Verschleifungsverbot (Art. 103 Ab. 2 GG) – die Trennung zwischen der Vermögensbetreuungspflicht und dem Schaden nicht nivelliert werden. Gleichwohl ist die Übertragung der Lehre vom individuellen Schadenseinschlag auf Fälle der Haushaltsuntreue vom BVerfG anerkannt, da die drei genannten Anforderungen das Substantiv des „Nachteils“ konkretisierten und den Anwendungsbereich des § 266 StGB entsprechend des Bestimmtheitsgebotes (Art. 103 Abs. 2 GG) begrenzten.[47]
Methodisch ist die praktizierte Übertragung der Lehre vom individuellen Schadenseinschlag auf die Haushaltsuntreue im Ausnahmefall durch eine restriktive Auslegung der Adjektive „gewichtig“ und „schwerwiegend“ zu erzielen, wobei die Voraussetzungen kumulativ („und“[48]) vorliegen müssen. Selten dürfte ein Vermögensnachteil nach der für die Haushaltsuntreue modifizierten Lehre zu bejahen sein.[49]
III. Das Paradox des dem Staat untreuen Wahlberechtigten
Trotz der aufgezeigten dogmatischen Probleme und der Subsumtionsschwierigkeiten besteht über die Strafbarkeit der Haushaltsuntreue Einigkeit.[50] Indessen erwarten einen den Staat von innen angreifenden Täter nach geltendem Recht keine Statusfolgen nach § 45 StGB.
1. Die in § 45 StGB angeordneten Nebenfolgen
Als Nebenfolge[51] ipso iure bestimmt § 45 Abs. 1 StGB den zeitlich begrenzten Verlust der Amtsfähigkeit und des passiven Wahlrechts aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung (§ 45a Abs. 1 StGB) wegen eines Verbrechens. Zudem – die anderen Rechtsfolgen sind nicht weiter bedeutend – ermöglicht § 45 Abs. 2 StGB eine richterliche Ermessensentscheidung, die Amtsfähigkeit und die Wählbarkeit für die Dauer von zwei bis fünf Jahren abzuerkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.
a) Ungerechtfertigte Kritik
Kriminalpolitisch sehen Kritiker § 45 StGB als „vormoderne[s] und grds. stigmatisierend[es]“[52] „Relikt früherer Ehrenstrafen“[53] als „fragwürdig“[54] an. Mitunter wird § 45 StGB aufgrund einer behaupteten Verletzung der in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG statuierten Allgemeinheit der Wahl als verfassungswidrig klassifiziert.[55]
Nach dem Willen des Gesetzgebers ist eine „erheblich straffällig gewordene Person von der Wahrnehmung besonderer Aufgaben im Staat fern[zu]halten“[56]. § 45 StGB dient der Generalprävention und dem Schutz des öffentlichen Rechtsbereichs. Eine wegen Verbrechens rechtskräftig verurteilte Person soll nicht in den Genuss einer herausragenden Stellung und besonderer Rechte kommen, da sie durch die Begehung eines Verbrechens das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Integrität vorerst verlor.[57] Wer fundamentale Werte des Grundgesetzes missachtet, soll zeitweise keine Vorbildrolle mehr kleiden – dieser wurde er vorübergehend verlustig. Die Mitgestaltung des Gemeinwesens wird ihm verwehrt, bis die zu vollstreckende Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist, § 45a Abs. 2 S. 1 StGB.
Ferner verteidigt § 45 StGB die Rechtsordnung. Für die Allgemeinheit wird deutlich, dass die Begehung eines Verbrechens weitreichend sanktioniert wird. Das von der Öffentlichkeit zugesprochene Ansehen und Vertrauen in „politisch[e] Aufgaben, […] Verwaltungs- und Rechtsprechungsaufgaben, Aufgaben auf dem Gebiet der Verteidigung und sonstige öffentliche Aufgaben“[58] soll nicht aufgrund von Straftaten einbüßen. Angesichts der zeitlich begrenzten Amtsunfähigkeit und Unwählbarkeit ist von der Verfassungsmäßigkeit des § 45 StGB auszugehen.[59]
b) Schutz des öffentlichen Lebens vor Innenangriffen
Frappierend ist – angesichts der Teleologie des § 45 StGB – die weiterhin bestehende Amtsfähigkeit und Wählbarkeit eines wegen Haushaltsuntreue verurteilten Täters. Dem ließe sich entgegnen, dass der politische Schaden genügt und der Bürger – zumindest das passive Wahlrecht betreffend – autonom entscheiden kann, ob er die wegen Haushaltsuntreue verurteilte Person wählt.
Gleichwohl liegt der Unrechtsgehalt der Haushaltsuntreue darin, dass er die ihm vom Staat übertragene Dispositionsfreiheit zur pflichtwidrigen Schädigung instrumentalisiert.[60] Als Teil der Hoheitsgewalt ist er in die Sphäre des Staates eingebunden.[61] Die Verantwortung und das Vertrauen ungeachtet nutzt der Täter seine Machtstellung aus, um „das Vermögen von innen auszuhöhlen“[62]. Wie kann ein die öffentliche Gelder verschwendender Täter zugleich den Staat repräsentieren? Er demonstriert seine Gleichgültigkeit, die von der Hoheitsgewalt anvertraute Verantwortung wahrzunehmen und sorgsam mit deren Vermögen umzugehen; er demonstriert seine Illoyalität zum Staat. Er ist bereit, seine überantwortete Freiheit auszunutzen, die ihm auferlegten Grenzen zu ignorieren und den Staat als seinen Geschäftsherrn zu schädigen. Dem wegen Haushaltsuntreue straffälligen Täter fehlt die für ein öffentliches Amt unerlässliche Zuverlässigkeit. Aufgrund seines vorsätzlichen Innenangriffs gegen den Staat ist er ungeeignet, weiterhin die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten.[63]
2. Reformmöglichkeiten
Gleichwohl kann ein den Staat von innen angreifender Täter nach geltendem Recht weiterhin öffentlich Ämter bekleiden und sich zur Wahl aufstellen lassen. Seine Illoyalität und Unzuverlässigkeit gegenüber der Hoheitsgewalt steht jedoch in einem inneren Widerspruch zur von § 45 StGB bezweckten Generalprävention, Schutz des öffentlichen Rechtsbereichs und Verteidigung der Rechtsordnung. Um die Gesetzeslücke zu schließen, bedarf es einer Reform des geltenden Rechts.
a) Neuer Straftatbestand der Haushaltsuntreue
Zur Strafbarkeitserweiterung der Haushaltsuntreue wird die Statuierung eines § 349 StGB befürwortet.[64] Der Gesetzesvorschlag von Schünemann lautet:
„Abs. 1: Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der die Ausgabe öffentlicher Mittel bewilligt oder vornimmt und dabei wesentliche haushaltsrechtliche Vorschriften missachtet, die zur Sicherung des Entscheidungsmonopols der für die Aufstellung des Haushaltsplanes zuständigen Stelle oder der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Haushaltsführung dienen, ohne durch ein unabweisbares Bedürfnis hierzu gezwungen zu sein, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Abs. 2: Ebenso wird ein Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter bestraft, der im Rahmen seines Zuständigkeitsbereichs über die Bewilligung oder Ausgabe öffentlicher Mittel entscheidet, wenn zwischen dieser und dem mit dem Haushaltsansatz verfolgten Nutzen oder der Leistungsfähigkeit der Stelle, die die öffentlichen Mittel verwaltet, ein auffälliges Missverhältnis besteht.
Abs. 3: Folgende haushaltsrechtlichen Vorschriften sind wesentlich im Sinne von Abs. 1: Die Beschränkung von Verpflichtungsermächtigungen und die Einhaltung der für Ausnahmen geltenden Bedingungen (§ 22 HGrG); die Begrenzung von Gewährleistungen und Kreditzusagen (§ 23 HGrG); die Bedingungen für die Gewährung von Zuwendungen (§ 26 HGrG); die Regelung der sachlichen und zeitlichen Bindung (§ 27 HGrG) und die Regelungen über Baumaßnahmen und größere Beschaffungen (§ 29 HGrG).
Abs. 4: Die Strafbarkeit entfällt, wenn der Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete die geplante Maßnahme der zur Rechnungsprüfung berufenen Stelle mitgeteilt und diese die Unbedenklichkeit bestätigt hat.”[65]
Während § 349 Abs. 1 StGB auf das Erfordernis eines Vermögensnachteils verzichten soll, kommt nach § 349 Abs. 1 StGB für eine Pflichtverletzung nur die Missachtung „wesentliche[r] haushaltsrechtlicher Vorschriften“[66] infrage. Eine Legaldefinition findet sich in § 349 Abs. 3 StGB für das Adjektiv „wesentlich“. Der Verzicht auf einen Vermögensnachteil wird damit legitimiert, dass die formelle Zweckwidrigkeit – also das Zuwiderhandeln haushaltsrechtlicher Vorgaben – einen strafwürdigen Unrechtsgehalt aufweise.[67]
Allerdings berührt die Einführung des vorgeschlagenen § 349 StGB nicht die Amtsfähigkeit und Wählbarkeit des Täters, sodass der Reformvorschlag den bestehenden Widerspruch nicht behebt. Bedenklich ist weiter die Deliktsnatur des konzipierten § 349 StGB. Das Erfolgsdelikt des § 266 StGB verwandelt sich für Amtsträger und einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten in ein Tätigkeitsdelikt, wodurch nicht mehr das Vermögen, sondern die Dispositionsbefugnis des Geschäftsherrn geschützt wird.[68] Häufig basiert die zweckwidrige Ausgabe öffentlicher Gelder auf der Überbelastung, der veralteten Infrastruktur und der langwierigen Entscheidungsprozesse in der Verwaltung.[69] Das Erfordernis des Vermögensnachteils in § 266 StGB weist eine tatbestandsbegrenzende Funktion auf, dessen Verzicht die Ineffizienz und Zögerlichkeit in der Verwaltung verschärfte.[70] Statt einer strafrechtlichen Sanktionierung wegen der bloß formellen Zweckwidrigkeit bietet das Disziplinarrecht ein angemessenes Instrumentarium.[71]
b) Heraufstufung als Verbrechen
Ein einfaches Mittel, wodurch das rechtskräftige Urteil der Haushaltsuntreue zugleich den Verlust der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit gem. § 45 Abs. 1 StGB anordnet, ist, § 266 StGB als Verbrechenstatbestand (§ 12 Abs. 1 StGB) zu novellieren.
Dagegen streitet allerdings die systematische Auslegung. Alle im 22. Abschnitt normierten Delikte sind Vergehen (§ 12 Abs. 2 StGB). Weshalb gerade die Untreue als Verbrechen bestraft werden sollte, ist besonders rechtfertigungsbedürftig. Zwar ist der für die Untreue charakteristische Angriff von innen verwerflich, Gleiches gilt aber auch für den vom Betrüger begangenen Außenangriff. In teleologischer Hinsicht schützen beide Delikte das Vermögen als Ganzes.[72] Der Betrüger täuscht das Opfer und schädigt es zur (Dritt-)Bereicherung.[73] Hingegen nutzt der Untreuetäter seine vom Geschäftsherrn eingeräumte Dispositionsfreiheit zu dessen Nachteil aus. Verglichen mit § 263 StGB ist kein die Heraufstufung des § 266 StGB als Verbrechenstatbestand rechtfertigender Unterschied zu verzeichnen.
Schließlich führt die Bestrafung als Verbrechen zu methodischen Schwierigkeiten. Angesichts des Bestimmtheitsgebotes (Art. 103 Abs. 2 GG) wird der Tatbestand des § 266 StGB restriktiv ausgelegt. Erwarteten den Untreuetäter eine Mindeststrafe von einem Jahr (§ 12 Abs. 1 StGB), müsste der Tatbestand des § 266 StGB noch restriktiver ausgelegt werden. Wenn bereits bei der Auslegung – genannt sei die „gravierende“ Pflichtverletzung – Rechtsunklarheit herrscht, wird dies erst recht durch die Heraufstufung als Verbrechen verschärft.
c) Zusätzlicher Qualifikationstatbestand
Denkbar ist stattdessen die Normierung eines Qualifika-tionstatbestandes. Ein § 266 Abs. 3 StGB könnte das Merkmal des „Amtsträgers oder für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtete Person“ mit dem gleichen Strafrahmen wie § 263 Abs. 5 StGB vorsehen.
Allerdings steht dem entgegen, dass es an einem für die Haushaltsuntreue anzuknüpfenden Qualifikationsmerkmal fehlte. Das eingangs vorgeschlagene Merkmal qualifiziert die Person erst als tauglichen Täter des Sonderdelikts, was dem Wortlaut „kraft behördlichen Auftrags“ zu entnehmen ist. Dieses Qualifikationsmerkmal verstieße gegen das Verbot der Doppelverwertung, § 46 Abs. 3 StGB.
Ein weiterer Anknüpfungspunkt könnte ein „Vermögensverlust großen Ausmaßes durch einen Amtsträger oder eine für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtete Person“ bieten. Die Formulierung „Vermögensverlust großen Ausmaßes“ findet sich zwar im Strafgesetzbuch, in §§ 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 Alt. 1, 266 Abs. 2, 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StGB ist die Anforderung aber als Regelbeispiel formuliert. Gesetzgebungstechnisch erweist sich der Reformvorschlag also als untypisch.
Außerdem widerspräche es dem Telos des § 45 StGB, eine bestimmte Schadenshöhe für das Eingreifen der Nebenfolgen nach § 45 StGB zu verlangen. Die Vorschrift dient der Generalprävention und dem Schutz der Rechtsordnung. Erfasst werden soll daher der den Staat vorsätzlich schädigende Innenangriff als solcher, nicht eine bestimmte Schadenshöhe. Die strafrechtlichen Statusfolgen sollen dem Täter und der Allgemeinheit signalisieren, dass eine vorsätzliche Schädigung des Staates von innen inakzeptabel ist.
d) Verweis auf § 45 Abs. 2 StGB
Die Gesetzeslücke der fehlenden strafrechtlichen Statusfolgen für die Haushaltsuntreue kann durch einen Verweis des § 266 StGB für Fälle der Haushaltsuntreue auf § 45 Abs. 2 StGB gelöst werden. Hiernach steht es im gerichtlichen Ermessen die in Abs. 1 bezeichneten Fähigkeiten abzuerkennen, soweit es das Gesetz besonders vorsieht. Das Vorliegen eines Verbrechenstatbestandes bedarf es damit nicht. Vorgesehen ist die mögliche Aberkennung etwa in §§ 92a, 101, 102 Abs. 2, 108c, 109i, 129a Abs. 8 StGB und – systematisch bei § 266 StGB – in § 264 Abs. 7 S. 1 StGB.
Dass § 264 Abs. 7 S. 1 StGB auf § 45 Abs. 2 StGB verweist, leuchtet ein. Ein Täter, der sich vorsätzlich zu Unrecht öffentliche Mittel verschafft, ist eines öffentlichen Amtes und des passiven Wahlrechts vorerst unwürdig.[74] Dass die Haushaltsuntreue (§ 266 StGB) ungleich behandelt wird, leuchtet indes nicht ein.[75] Einem Amtsträger, der vorsätzlich zu Unrecht eine Subvention bewilligt und den Staat dadurch schädigt, drohen keine strafrechtlichen Statusfolgen nach § 45 Abs. 2 StGB – einem Subventionsbetrüger dagegen schon. In beiden Fällen schädigt der Täter den Staat und somit die Allgemeinheit vorsätzlich – sei es von außen oder von innen. Analysiert man die auf § 45 Abs. 2 StGB verweisenden Delikte, so lässt sich der Schutz des Staates vor Angriffen als gemeinsamer Rechtsgedanke abstrahieren.
Ein § 266 Abs. 3 StGB, der Fälle der Haushaltsuntreue erfasst, wäre stringent. Dieser könnte wie folgt lauten:
(3) 1Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen Haushaltsuntreue kann das Gericht, die Fähigkeit öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2). 2Die Haushaltsuntreue bezeichnet die vorsätzliche pflichtwidrige Verwendung von Mitteln aus öffentlichen Haushalten, wodurch ein Vermögensnachteil entsteht.
Dieser Vorschlag orientiert sich an dem in § 264 Abs. 7 S. 1 StGB vorgesehenen Strafrahmen. Dies soll der Einheitlichkeit im 22. Abschnitt des StGB dienen und weitere Widersprüche vermeiden. Ein abweichender Strafrahmen in einem § 266 Abs. 3 StGB wäre im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG besonders rechtfertigungsbedürftig. Die ratio legis des § 264 Abs. 7 S. 1 StGB ist, dass Personen, die den Staat angreifen, mit dem möglichen Verlust des passiven Wahlrechts rechnen sollen.[76] Dieser Rechtsgedanke lässt sich ebenso auf den vorgeschlagenen § 266 Abs. 3 StGB übertragen, weshalb die Übertragung des für § 264 Abs. 7 S. 1 StGB normierten Strafrahmens konsequent ist. Die Ungleichbehandlung zwischen einem Subventionsbetrüger und einem Täter der Haushaltsuntreue verstieße wohl gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
IV. Fazit
Die neue Bundesregierung plant die innere Stärkung der Bundesrepublik. In ihrer Koalitionsvereinbarung[77] findet sich das Reformvorhaben zur Änderung des § 130 StGB. Der Straftatbestand soll als Verbrechenstatbestand normiert werden, um den vorzeitigen Verlust der Amtsfähigkeit und des passiven Wahlrechts zu ermöglichen.[78] Angesichts des Telos des § 45 StGB und der unschlüssigen Ungleichbehandlung im Vergleich zu § 264 StGB bleibt zu hoffen, dass die rechtskräftige Verurteilung wegen Haushaltsuntreue (§ 266 StGB) ebenfalls strafrechtliche Statusfolgen gem. § 45 Abs. 2 StGB nach sich zieht. Der im Beitrag erarbeitete Vorschlag eines § 266 Abs. 3 StGB kann als Anregung dienen.
[1] https://politpro.eu/de/frankreich (zuletzt abgerufen am 19.5.2025).
[2] https://www.legifrance.gouv.fr/jorf/id/JORFTEXT000033558528 (zuletzt abgerufen am 19.5.2025).
[3] Zur besseren Lesbarkeit wird die männliche Form genutzt, erfasst sind aber alle Geschlechter.
[4] BGH, Beschl. v. 18.8.2020 – 3 StR 245/20.
[5] BGH, Urt. v. 3.3.2022 – 5 StR 228/21, wistra 2022, 384.
[6] BGH, Beschl. v. 8.2.2023 − 3 StR 167/22, NStZ 2023, 416.
[7] Saliger, in: Esser/Rübenstahl/Tsambikakis (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht, 2020, § 266 Rn. 3.
[8] Vgl. Perron, GA 2009, 219 (221).
[9] Dies zeigt die rechtskräftige Verurteilung eines Oberstaatsanwaltes aus Frankfurt am Main unter anderem wegen Haushaltsuntreue, BGH, Beschl. v. 1.4.2025 – 1 StR 475/23.
[10] S. nur BGH, Urt. v. 1.8.1984 – 2 StR 341/84, NStZ 1984, 549; Urt. v. 21.10.1994 – 2 StR 328/94, NStZ 1995, 144; Urt. v. 14.12.2000 – 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248; Beschl. v. 8.2.2023 − 3 StR 167/22, NStZ 2023, 416.
[11] Munz, Haushaltsuntreue, 2001, S. 24 ff.
[12] So die h.M., BGH, Urt. v. 26.7.1972 – 2 StR 62/72, NJW 1972, 1904; Urt. v. 13.6.1985 – 4 StR 213/85, MDR 1985, 950; Urt. v. 21.12.2005 – 3 StR 470/04, wistra 2006, 137; Dunkel, GA 1977, 328 (333 f.); Dierlamm/Becker, in: MüKo-StGB, 4. Aufl. (2022), § 266 Rn. 41; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, StrafR BT/2, 46. Aufl. (2023), Rn. 815; Esser, in: AnwK-StGB, 3. Aufl. (2020), § 266 Rn. 36. Angesichts des Wortlauts „dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat“ (§ 266 Abs.1 a. E. StGB) und der systematischen Auslegung zu § 266b StGB überzeugt dies. Wenn § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB eine Vermögensbetreuungspflicht nicht verlangte, wäre § 266b StGB überflüssig.
[13] BGH, Beschl. v. 29.1.2020 – 1 StR 421/19, NZWiSt 2020, 402.
[14] Eingehend zur Akzessorietät im Zivilrecht Rönnau, ZStW 119 (2007), 887 (906 f.).
[15] Saliger, in: SSW-StGB, 6. Aufl. (2024), § 266 Rn. 35.
[16] BGH, Urt. v. 29.8.2007 – 5 StR 103/07, NStZ 2006, 87.
[17] BGH, Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314; Beschl. v. 8.1.2020 − 5 StR 366/19, NStZ 2020, 422; Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 116; Saliger/Schweiger, ZG 2018, 16 (20).
[18] Erstmals explizit BGH, Urt. v. 15.11.2001 – 1 StR 185/01, ZIP 2002, 346 und durch BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09, NJW 2010, 3209 gebilligt, streitig bleibt, ob sich die Rechtsfigur auf Ermessensentscheidungen beschränkt; verneinend Saliger, in: SSW-StGB, § 266 Rn. 51 m.w.N.
[19] BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09,2 BvR 491/09, NJW 2010, 3209.
[20] Als „Substanzlosigkeit der Begrifflichkeiten“ ablehnend Safferling, NStZ 2011, 376 (377); mangels Anhaltspunkte im Wortlaut des § 266 StGB ablehnend Schünemann, in: LK-StGB, 13. Aufl. (2025), § 266 Rn. 341.
[21] BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09, NJW 2010, 3209.
[22] BGH, Urt. v. 6.12.2001 – 1 StR 215/01, AG 2002, 347; näher Esser, in: AnwK-StGB, § 266 Rn. 100.
[23] BGH, Urt. v. 29.8.2007 – 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87; Urt. v. 24.5.2016 − 4 StR 440/15, NStZ 2016, 600 m. Anm. Eidam; Saliger/Schweiger, ZG 2018, 16 (20).
[24] Instruktiv Soyka, JA 2011, 566 (568 f.).
[25] BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09, NJW 2010, 3209; Beschl. v. 1.11.2012 – 2 BvR 1235/11, NJW 2013, 365; BGH, Urt. v. 4.11.1997 – 1 StR 273/97, NStZ 1998, 514; Urt. v. 8.4.2003 – 5 StR 448/02, wistra 2003, 299; Saliger, in: SSW-StGB, § 266 Rn. 119; Wittig, WirtschaftsStR, 6. Aufl. (2023), Rn. 178.
[26] BGH, Urt. v. 1.8.1984 – 2 StR 341/84, NStZ 1984, 549; Urt. v. 6.5.1986 – 4 StR 124/86, NStZ 1986, 455; Urt. v. 21.10.1994 – 2 StR 328/94, NStZ 1995, 144; Urt. v. 4.11.1997 – 1 StR 273/97, NStZ 1998, 514; Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (592); Saliger/Schweiger, ZG 2018, 16 (17).
[27] BGH, Urt. v. 17.11.1955 – 3 StR 234/55, NJW 1956, 151; Beschl. v. 26.11.2015 – 3 StR 17/15, WM 2016, 926; Urt. v. 24.5.2016 – 4 StR 440/15, NStZ 2016, 600.
[28] BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09, NJW 2010, 3209; BGH, Urt. v. 21.10.1994 – 2 StR 328/94, NStZ 1995, 144; Urt. v. 14. 12.2000 – 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248; Dierlamm/Becker, in: MüKo-StGB, § 266 Rn. 292.
[29] BGH, Urt. v. 17.4.2002 – 2 StR 531/01, NStZ-RR 2002, 237; Wittig, in: BeckOK-StGB, 64. Ed. (Stand: 1.2.2025), § 266 Rn. 70; Maurach/Schröder/Maiwald/Hoyer/Momsen/Maiwald, StrafR BT Teil 1, 11. Aufl. (2019), § 45 Rn. 43.
[30] BGH, Urt. v. 2.4.1963 – 1 StR 66/63, NJW 1963, 1259; Urt. v. 27.7.1982 – 1 StR 209/82, NJW 1982, 2881.
[31] BGH, Urt. v. 8.1.1952 – 1 StR 527/51.
[32] BGH, Urt. v. 9.12.2004 – 4 StR 294/04, wistra 2005, 178.
[33] BGH, Beschl. v. 23.10.1981 – 2 StR 477/80, NStZ 1982, 70; Urt. v. 21.10.1994 – 2 StR 328/94, NStZ 1995, 144; Urt. v. 14.12.2000 – 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248; Urt. v. 12.12.2013 – 3 StR 146/13, wistra 2014, 186; Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (594); Fischer, StGB, 72. Aufl. (2025), § 266 Rn. 88; Hoyer, in: SK-StGB, 9. Aufl. (2019), § 266 Rn. 111.
[34] Peters/Werndl, ZWH 2021, 309 (312); Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 31. Aufl. (2025), § 266 Rn. 44; Saliger, ZStW 112 (2000), 563 (595); ders. in SSW-StGB, § 266 Rn. 119; die Übertragung der Zweckverfehlungslehre ablehnend Krell, Untreue durch Stellenbesetzung, 2015, S. 206 f.
[35] Die formelle Zweckwidrigkeit befürwortend Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 311 f.; ders., StV 2003, 463 (465); Wolf, Die Strafbarkeit der rechtswidrigen Verwendung öffentlicher Mittel, 1997, S. 229.
[36] BGH, Urt. v. 21.10.1994 – 2 StR 328/94, NStZ 1995, 144.
[37] BGH, Beschl. v. 23.10.1981 – 2 StR 477/80, NStZ 1982, 70.
[38] OLG Koblenz, Beschl. v. 14.6.1999 – 1 Ss 75–99, NJW 1999, 3277.
[39] BGH, Urt. v. 1.8.1984 – 2 StR 341/84, NStZ 1984, 549; Urt. v. 6.5.1986 – 4 StR 124/86, NStZ 1986, 455; Urt. v. 4.11.1997 – 1 StR 273/97, NStZ 1998, 514.
[40] BGH, Urt. v. 4.11.1997 – 1 StR 273/97, NStZ 998, 514; Urt. v. 14.12.2000 – 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248; Urt. v. 8.4.2003 – 5 StR 448/02, wistra 2003, 299.
[41] Befürwortend Fischer, StGB, § 266 Rn. 125; Hoyer, in: SK-StGB, § 266 Rn. 113; Rübenstahl/Wasserburg, NStZ 2024, 521 (525).
[42] BVerfG, Beschl. v. 23.6.2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09, NJW 2010, 3209; BGH, Urt. v. 17.11.1955 – 3 StR 234/55, NJW 1956, 144; Urt. v. 4.11.1997 – 1 StR 273/97, NStZ 1998, 514; Kindhäuser/Hoven, in: NK-StGB, 6. Aufl. (2023), § 266 Rn. 1.
[43] BGH, Beschl. v. 16.8.1961 – 4 StR 166/61, NJW 1963, 309; eingehend Tiedemann, in: LK-StGB, § 263 Rn. 177.
[44] Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 311; Coenen, Die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Haushaltsrecht bei der Bewirtschaftung öffentlicher Mittel, 2000, S. 48 f.
[45] Die Frage der Zweckwidrigkeit stattdessen im Rahmen der Pflichtverletzung eruierend Saliger/Schweiger, ZG 2018, 16 (34).
[46] Ebenso Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 311; Dierlamm/Becker, in: MüKo-StGB, § 266 Rn. 298; Saliger/Schweiger, ZG 2018, 16 (28); Coenen, Die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Haushaltsrecht bei der Bewirtschaftung öffentlicher Mittel, 2000, S. 48; Munz, Haushaltsuntreue, 2001, S. 172.
[47] BVerfG, Beschl. v. 1.11 2012 – 2 BvR 1235/11, NJW 2013, 365.
[48] BGH, Urt. v. 4.11.1997 – 1 StR 273/97, NStZ 1998, 514; Urt. v. 14.12.2000 – 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248; Urt. v. 8.4.2003 – 5 StR 448/02, wistra 2003, 299.
[49] Ebenso Bittmann, NStZ 1998, 495 (497); Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 315; zuletzt erwogen BGH, Beschl. v. 8.1.2020 – 5 StR 366/19, wistra 2020, 288.
[50] Dierlamm/Becker, in: MüKo-StGB, § 266 Rn. 292 m.w.N.
[51] Zur bislang unklaren dogmatischen Einordnung von „Nebenfolgen“, Nelles, JZ 1991, 17 (18 ff.); Sobota, ZIS 2017, 248 ff.
[52] Albrecht, in: NK-StGB, § 45 StGB Rn. 1.
[53] Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, § 45 StGB Rn. 1; ebenso auf Ehrenstrafen rekurrierend Albrecht, in: NK-StGB, § 45 StGB Rn. 1.
[54] Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, § 45 StGB Rn. 1.
[55] Meyer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 3, 3. Aufl. (2005), § 46 Rn. 4; Holste, RuP 2015, 220 (222); Stein, GA 2004, 22 (32).
[56] BT-Drs. V/4094, 15.
[57] Sobota, ZIS 2017, 248 (256).
[58] BT-Drs. V/4094, 16.
[59] Ebenso Claus, in: SSW-StGB, § 45 Rn. 2; Schneider, in: LK-StGB, § 45 Rn. 5; Radtke, in: MüKo-StGB, § 45 StGB Rn. 44.
[60] Vgl. Lindemann, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl. (2024), 7. Teil, 2. Kap. Rn. 10; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 266 Rn. 5.
[61] Vgl. Saliger, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius (Hrsg.), Handbuch, des Strafrechts, 2020, § 35 Rn. 5; Kindhäuser/Hoven, in: NK-StGB, § 266 Rn. 3.
[62] Mitsch, StrafR BT 2, 3. Aufl. (2015), S. 359.
[63] Freilich ließe sich das Argument undifferenziert auf jedes Amtsdelikt übertragen, ohne die Spezifika der jeweiligen Delikte zu berücksichtigen. Ob für die Amtsunterschlagung oder die Körperverletzung im Amt das Gleiche gilt, zwischen Vermögens- und Nichtvermögensdelikten zu unterscheiden ist oder andere Differenzierungskriterien zu erwägen sind, sprengt den Rahmen dieses Beitrags. Er beleuchtet nur die Haushaltsuntreue.
[64] Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 358 f.; ebenso befürwortet Coenen die Normierung eines eigenen Straftatbestandes, will dagegen die Leichtfertigkeit für eine Strafbarkeit genügen lassen, ders., Die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Haushaltsrecht bei der Bewirtschaftung öffentlicher Mittel, 2000, S. 117 f.
[65] Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 358.
[66] Schünemann, in: LK-StGB, § 266 Rn. 358.
[67] Schünemann, Gutachten für den Bund der Steuerzahler e. V., 2011, S. 43.
[68] Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, 2011, S. 58.
[69] Zu Reformvorhaben s. Bundesregierung, Digitale Verwaltung 2020 – Evaluierungsbericht 2016.
[70] Saliger/Schweiger, ZG 2018, 16 (33).
[71] Etwa §§ 47 BeamtStG, 77 BBG.
[72] BGH, Beschl. v. 18.7.1961 – 1 StR 606/60, NJW 1961, 1876; Kölbel/Neßeler, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 7. Teil Kap. 1 Rn. 9; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 1; Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 263 Rn. 1.
[73] Mitsch, StrafR BT 2, S. 256.
[74] Vgl. BT-Drs. 7/3441 S. 27.
[75] Zustimmend und ebenfalls auf § 263 StGB erstreckend Kubiciel/Tiedemann, in: LK-StGB, § 264 Rn. 180; Ceffinato, in: MüKo-StGB, § 264 Rn. 154 f.; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 264 StGB Rn. 80; Hellmann, in: NK-StGB, § 264 Rn. 179.
[76] Ceffinato, in: MüKo-StGB, § 264 Rn. 154.
[77] Weshalb das Substantiv „Koalitionsvertrag“ unpräzise ist, s. Magdenko, ZParl 2024, 282 (285).
[78] CDU/CSU/SPD, Verantwortung für Deutschland, 21. Legislaturperiode, S. 90 Zeile 2890 ff.