Audiovisuelle Aufzeichnungen in Strafprozessen

Gesetzentwürfe:

 

Die Fraktion der FDP hat am 27. Juni 2019 einen Gesetzentwurf (19/11090) vorgelegt, der die Nutzung von audiovisuellen Aufzeichnungen in Strafprozessen ermöglichen soll.

Nach Ansicht der Fraktion entsprechen die Dokumentationsmöglichkeiten in strafprozessualen Gerichtsverhandlungen heute weder dem Stand der Technik, noch den Erfordernissen des modernen Strafprozesses, die Hauptverhandlung transparent und objektiv möglichst umfassend zu dokumentieren. Über eine audiovisuelle Aufzeichnung der  Hauptverhandlung werde schon seit mehreren Jahren diskutiert. Auch im Ermittlungsverfahren würden audiovisuelle Dokumentationsmöglichkeiten bereits genutzt, ebenso wie in anderen Jurisdiktionen und an einigen internationalen Gerichten.

Als Begründung führt die FDP an, dass eine Verpflichtung zur audiovisuellen Aufzeichnung von der Vernehmung des Beschuldigten einer besseren Wahrheitsfindung im Strafprozess diene. Es sei eine genaue Dokumentation darüber möglich, was der Beschuldigte ausgesagt habe und ob alle Förmlichkeiten der Beschuldigtenvernehmung eingehalten wurden. Dadurch könnten Fehlerquellen vermieden und die Arbeit aller Prozessbeteiligten erleichtert werden.

Der Gesetzentwurf sieht daher vor, in § 136 Abs. 4 StPO die Aufzeichnung der Vernehmung des Beschuldigten zu verankern. Außerdem sollen § 273 StPO Absätze 5 und 6 angefügt werden: 

„(5) Im ersten Rechtszug vor den Landgerichten oder den Oberlandesgerichten ist der Gang der Hauptverhandlung auf Bild und Ton aufzuzeichnen. Die gemäß Satz. 1 angefertigte Aufzeichnung ist zu den Akten zu nehmen oder wenn sie sich nicht dazu eignet bei der Geschäftsstelle mit den Akten aufzubewahren. § 58a Absatz 2 Satz 1 bis 5 StPO sind entsprechend anzuwenden.

(6) § 271 bleibt unberührt.“

Und für das Revisionsverfahren sieht der Entwurf in § 352 StPO eine Erweiterung mit Absatz 3 vor: 

(3) „Zur Überprüfung der Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten oder zu behaupteten Abweichungen zwischen den Urteilsgründen und der gem. § 273 Abs. 5 angefertigte Bild-Ton Aufnahme, kann die angefertigte Aufnahme als Grundlage für die Entscheidung des Revisionsgerichts dienen, soweit dies in Bezug auf die getroffene Entscheidung von Relevanz ist. Im übrigen ist ihre Heranziehung im Revisionsverfahren unzulässig.“

Am 26. September 2019 brachte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag in den Bundestag ein (BT Drs. 19/13515), der sich ebenfalls mir der digitalen Dokumentation der Hauptverhandlung beschäftigt. Die Fraktion fordert die Bundesregierung darin auf, eine Modernisierung des Strafverfahrensrechts vorzunehmen, die diesen Namen auch verdiene. Gefordert werden u.a.:  

  • eine obligatorische Bild- und Tondokumentation bei erstinstanzlichen strafgerichtlichen Hauptverhandlungen an Land- und Obergerichten
  • eine taugliche elektronische Zugänglichmachung der Dokumentation für alle Beteiligten
  • eine Verwendung der Bild- und Tondokumentation in der Revision und
  • eine Erleichterung des Richter- und Verteidigerwechsels, durch die Möglichkeit der Aufarbeitung der Ergebnisse anhand der Aufnahmen

Am 15. November 2019 stand der Regierungsentwurf und der wortgleiche Entwurf der Koalitionsfraktionen zur Modernisierung des Strafverfahrens auf der Tagesordnung des Bundestages. Letzterer wurde in der geänderten Fassung des Rechtsausschusses (BT Drs. 19/15161) angenommen. Gleichzeitig wurde der Gesetzentwurf der FDP zur Nutzung audiovisueller Aufzeichnungen in Strafprozessen (BT Drs. 19/11090) abgelehnt. Ebenso wurde der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Strafverfahren durch „digitale Dokumentation der Hauptverhandlung“ zu modernisieren (BT Drs. 19/13515) auf Empfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (BT Drs. 19/15161) abgewiesen. 

 

 

 

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