Bemerkungen zu BGH, Urteil. v. 20.8.2024 – 5 StR 326/2

von Prof. Dr. Wolfgang Mitsch 

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Abstract
Das Strafverfahren beim LG Itzehoe gegen eine zur Tatzeit 18 Jahre und zur Verfahrenszeit schon über 90 Jahre alte Frau hat in Juristenkreisen und in der Öffentlichkeit für großes Aufsehen gesorgt. Der Angeklagten war Beihilfe zu zehntausendfachem Mord vorgeworfen worden. Tatsächliche Grundlage dieses Vorwurfs war ihre in den 1940er Jahren ausgeübte Tätigkeit als Schreibkraft im Büro des Lagerkommandanten des Konzentrationslagers Stutthof. Die Jugendkammer hielt die Vorwürfe für begründet und verurteilte die Angeklagte am 20.12.2022 zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.[1] Die dagegen von der Angeklagten eingelegte Revision wurde vom 5. Strafsenat des BGH durch Urteil vom 20.8.2024 als unbegründet zurückgewiesen.[2] Der Verurteilung liegen strafrechtliche Überlegungen zugrunde, die man zum Teil kritisch kommentieren könnte. Das betrifft in erster Linie die Qualifizierung der verfahrensgegenständlichen Tätigkeiten als Beihilfe zum Mord. Dazu soll hier nicht Stellung genommen werden. Der Verurteilung liegt nämlich in beträchtlichem Umfang das Fehlen relevanter rechtlicher Überlegungen zugrunde. Allein darauf beziehen sich die folgenden Bemerkungen. 

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Alina Ehlers: Die strafbewehrte Missbilligung der Tötung auf Verlangen im Sinne des § 216 StGB. Zur Zukunft einer Strafvorschrift nach dem Urteil des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit des § 217 StGB

von Prof. Dr. Anja Schiemann

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2024, Verlag Duncker & Humblot, ISBN: 978-3-428-19136-9, S. 147, Euro 64,90.

 In der Tat ist § 216 StGB seit der Entscheidung des BVerfG und der Festschreibung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben in den Fokus der kriminalpolitischen Debatte gerückt. Spätestens seit dem „Zombie“-Beschluss des BGH, der ersichtlich weniger von dogmatischen Überlegungen getragen als vielmehr von dem Ringen um eine „billige“ Entscheidung bestimmt war (NJW 2022, 3021), muss man sich die Frage stellen, wie „gerecht“ die verschwommenen Grenzen zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe sind. In einem obiter dictum hält der 6. Strafsenat hierzu fest: „… es … (ist) naheliegend, dass § 216 Abs. 1 StGB einer verfassungskonformen Auslegung bedarf, wonach jedenfalls diejenigen Fälle vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen werden, in denen es einer sterbewilligen Person faktisch unmöglich ist, ihre frei von Willensmängeln getroffene Entscheidung selbst umzusetzen, aus dem Leben zu scheiden, sie vielmehr darauf angewiesen ist, dass eine andere Person die unmittelbar zum Tod führende Handlung ausführt“ (aaO, S. 3023). Warum nun aber verfassungskonform auslegen, wenn man auch neu regeln kann? Genau ersteres ist aber die Antwort der vorliegenden Dissertation, die an § 216 StGB in seiner jetzigen Form festhalten will.

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Janick Haas: Zur Notwendigkeit und Umsetzung einer eigenständigen Strafbarkeit des Betreibens von digitalen Handelsplattformen. Eine kritische Analyse von § 127 StGB n.F. im Lichte des Vorbereitungsstrafrechts

von Prof. Dr. Anja Schiemann 

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2024, Duncker & Humblot, ISBN: 978-3-428-19020-1, S. 364, Euro 99,90.

Die Vorschrift des § 127 StGB wurde bereits 2021 ins Strafgesetzbuch eingefügt (BGBl. I, 3544) und war Folge einer schon länger schwelenden Debatte und eines über zwei Jahre andauernden Gesetzgebungsprozesses. Schon einführend bringt es Haas auf den Punkt: politische Triebfeder für die Schaffung neuer digital geprägter Strafnormen sei der (veraltete) Zuschnitt des Strafrechts auf die analoge Welt, so dass es zur Erfassung von besonderen, digitalen, strafwürdigen Verhaltensweisen neuer Regelungen bedürfe (S. 19 f.). Dieses Narrativ macht sich die Dissertation nicht zu eigen, sondern untersucht vielmehr zum einen, ob die Vorschrift überhaupt notwendig war und zum anderen, welche Anforderungen an die Umsetzung einer solchen Verbotsnorm zu stellen sind (S. 20).

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