Gesetzentwürfe:
- Eckpunktepapier des BMJ zum Gesetz gegen digitale Gewalt
- Erläuterungspapier zu den Eckpunkten des BMJ
- Der Auskunftsanspruch in der Praxis – Ablaufdiagramm
Am 12. April 2023 hat das BMJ ein Eckpunktepapier zu einem Gesetz gegen digitale Gewalt veröffentlicht. Damit sollen die Rechte von Betroffenen bei Rechtsverletzungen im digitalen Raum zukünftig besser durchgesetzt werden können. Das gegenwärtige Recht werde diesem Anspruch nicht hinreichend gerecht. Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann: „Wirkungsvoller Rechtsschutz ist ein rechtsstaatliches Gebot. Wer in seinen Rechten verletzt wird, muss sich vor Gericht effektiv dagegen wehren können. Das gilt auch für Rechtsverletzungen im digitalen Raum: bei Beleidigungen im Netz genauso wie bei Bedrohungen oder Verleumdungen. Das geltende Recht bleibt hinter diesem Anspruch zurück. Betroffene haben es oft unnötig schwer, ihre Rechte selbst durchzusetzen. Oft scheitert schon eine Identifizierung der handelnden Person an fehlenden Informationen oder am Faktor Zeit. Das wollen wir ändern. Wir werden das Vorgehen gegen Rechtsverletzungen im digitalen Raum erleichtern. An den Spielregeln des demokratischen Diskurses wird das Gesetz nichts ändern. Was heute geäußert werden darf, darf auch künftig geäußert werden.“
Die Durchsetzung der Rechte Betroffener soll eine höhere Priorität erhalten als in den vergangenen Legislaturperioden. Dort wurde das Augenmerk eher auf die Verfolgung sog. Hasskriminalität gelegt. Konkret sind u.a. folgende Maßnahmen geplant:
- Stärkung privater Auskunftsverfahren
Das Gesetz gegen digitale Gewalt soll das Auskunftsverfahren verbessern und über das bisher geltende Recht des TTDSG hinausgehen. Geplant ist u.a. die Möglichkeit der Herausgabe von bestehen Nutzungsdaten wie der IP-Adresse. Außerdem soll das Auskunftsverfahren im Fall einer rechtswidrigen Verletzung absoluter Rechte eröffnet sein (z.B. bei Verletzung des APR oder bei wahrheitswidrigen Nutzerkommentaren auf Bewertungsplattformen). Zur Herausgabe der Daten werden alle Anbieter von Messenger- und Internetzugangsdiensten verpflichtet und zwar schon zu einem früheren Verfahrensstadium. Die Offenlegung der IP-Adresse erfolgt dann nur gegenüber dem Gericht, welches zusätzlich ein Verbot aussprechen kann, die Bestandsdaten zu löschen. Eine Zusammenführung von IP-Adresse und Bestandsdaten zur Identifikation des Schädigers soll allerdings grundsätzlich erst bei Abschluss des Verfahrens erfolgen. Die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung zur Auskunft über Bestands- und Nutzerdaten soll das Ganze bei offensichtlichen Rechtsverletzungen beschleunigen. Die gerichtliche Zuständigkeit wird beim Landgericht gebündelt werden (sog. „One-Stop-Shop- Lösung“, auch bei einem Streitwert unter 5.000 EUR soll das Landgericht für die Entscheidung über die konkreten Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zuständig sein). - Anspruch auf eine richterlich angeordnete Accountsperre
Bei schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen soll Betroffenen unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit der Erwirkung einer Accountsperre durch das Gericht eingeräumt werden. Da sich der Anspruch gegen den Diensteanbieter richtet und nicht gegen den Accountinhaber, soll dieses Instrument insbesondere für den Fall eine Verbesserung bieten, wenn der Accountinhaber nicht bekannt ist. Die Sperre wird allerdings an mehrere Bedingungen geknüpft: sie muss im konkreten Fall verhältnismäßig sein, eine Inhaltemoderation darf als milderes Mittel nicht ausreichen und es muss die Gefahr der Wiederholung schwerwiegender Beeinträchtigungen des APR durch von einem spezifischen Account veröffentlichte Inhalte bestehen. Außerdem wird die Accountsperre nur für einen angemessenen Zeitraum angeordnet werden können und nur, wenn der Diensteanbieter den betroffenen Accountinhaber zuvor auf ein anhängiges Sperrersuchen hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. - Erleichterung der Zustellung
Die bereits geltende Pflicht zur Bestellung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten (§ 5 NetzDG) soll ausgeweitet werden. Mit Inkrafttreten des Digital Services Act wird das NetzDG aufgehoben. An die Stelle der bisherigen Regelung soll dann eine neue Rechtsgrundlage im Gesetz gegen digitale Gewalt treten. Sie wird dann auch die Zustellung von außergerichtlichen Schreiben erfassen.