Gesetzentwürfe:
- Gesetzentwurf der Fraktion CDU/CSU: BT Drs. 20/1723
- Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: BT Drs. 20/4726
Bericht der Bund-Länder Arbeitsgruppe:
Im Oktober 2020 wurde auf Initiative der Gesundheit- und Justizministerkonferenz durch das BMJV eine Bund-Länder Arbeitsgruppe zur Prüfung des Novellierungsbedarfs zum Recht zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB ins Leben gerufen. Am 13. Januar 2022 veröffentlichte das BMJV schließlich den Abschlussbericht. Dieser enthält einen Regelungsvorschlag, der sich stärker auf die Unterbringung von wirklich behandlungsbedürftigen und behandlungsfähigen Straftäter*innen beschränkt um die Entziehungsanstalten zu entlasten. Hierzu sollen insbesondere die Anordnungsvoraussetzungen enger gefasst werden.
Dazu Justizminister Dr. Marco Buschmann:
„(…) Die Behandlung der Straftäterinnen und Straftäter in den Entziehungsanstalten sollte sich daher wieder stärker auf diejenigen Personen konzentrieren, die wirklich eine Therapie brauchen. Nur so lassen sich gute Behandlungserfolge erreichen und eine weitere Überlastung der Kliniken vermeiden. Aus diesem Grund ist es gut, dass die Bund-Länder-Arbeitsgruppe nun einen umfassenden Bericht mit konkreten Regelungsvorschlägen vorgelegt hat. Diese bieten eine sehr gute Grundlage für die Überarbeitung des Sanktionenrechts im Bereich des Maßregelvollzugs. Ich werde zeitnah einen Entwurf vorlegen, in den die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe einfließen werden.“
Am 11. Mai 2022 brachte die Fraktion CDU/CSU einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in den Bundestag ein (BT Drs. 20/1723). Um eine Entlastung des Maßregelvollzugs zu erreichen, soll zunächst die Orientierung der Reststrafaussetzung am Halbstrafenzeitpunkt abgeschafft werden. Damit soll in Zukunft die vorzeitige Aussetzung zur Bewährung nur noch ab dem Zweidrittelzeitpunkt möglich sein (§ 67d Abs. 5 S. 2 StGB-E). Bei den meist schon mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getretenen Personen bestünde ohne die Sonderregelung im Maßregelvollzug eine nur geringe Chance auf vorzeitige Haftentlassung und regelmäßig erst ab 2/3 der verbüßten Strafe. Aus den Belegungszahlen der Entziehungsanstalten, dem Wandel in der Struktur der Klientel und aus konkreten Erfahrungen aus der richterlichen und forensischen Praxis schließt die Fraktion, dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung bereits zum Halbstrafenzeitpunkt aus Sicht der Angeklagten einen sachwidrigen Anreiz bieten könne – gerade bei hohen Begleitstrafen – die Unterbringung in der Entziehungsanstalt vorzuziehen. Dies sei mit dem Grundgedanken des Maßregelvollzugs nur schwer vereinbar.
Des Weiteren sieht der Entwurf vor, die Anordnungsvoraussetzungen entsprechend dem Ergebnis der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu reformieren. Im Falle einer sofortigen Beschwerde durch den Verurteilten soll in § 67d Abs. 5 StGB-E eindeutig formuliert werden, dass es durch Einlegung der Beschwerde trotzdem bei der sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Entscheidung bleibt (§ 307 Abs. 1 StPO). Schließlich soll auch eine Anhörung nur noch dann verpflichtend sein, wenn nach Einschätzung des Gerichts eine Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt tatsächlich konkret zu erwägen sei. Dies biete den Gerichten einen größeren Einschätzungsspielraum für die Frage der Anhörung eines Sachverständigen.
Am Abend des 1. Dezember 2022 wurde der Entwurf der Fraktion CDU/CSU in 2. und 3. Lesung beraten und mit den Stimmen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Linke abgelehnt. Der Rechtsausschuss hatte zuvor eine entsprechende Beschlussempfehlung vorgelegt (BT Drs. 20/4726). Als Hauptgrund für die Ablehnung wurde der sich durch das BMJ in Vorbereitung befindende Gesetzentwurf zur Überarbeitung des Sanktionenrechts (nähere Informationen dazu finden Sie hier) angeführt. Er werde viele Punkte enthalten, die auf Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion stoßen würde.