Videoüberwachungsverbesserungsgesetz

Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes – Erhöhung der Sicherheit in öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen und im öffentlichen Personenverkehr durch optisch-elektronische Einrichtungen (Videoüberwachungsverbesserungsgesetz) vom 28. April 2017: BGBl I 2017 Nr. 23, S. 968 ff.

 

Gesetzentwürfe:

Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung: BT Drs. 18/11183

Beschlussempfehlung des Innenausschusses: BT Drs. 18/11435

 

Anlagen:

 

§ 6b Abs. 1 BDSG regelt die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen. Die bisherige Rechtslage beurteilt die Zulässigkeit der sogenannten optisch-elektronischen Einrichtungen danach, zu wessen Gunsten eine zu treffende Abwägungsentscheidung zwischen den berechtigten Betreiberinteressen und möglichen gegenläufigen schutzwürdigen Interessen von betroffenen Personen ausfällt. Danach ist eine Videoüberwachung dann zulässig, wenn sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person überwiegen. Aspekte wie das Sicherheitsbedürfnis können dabei auch in diesen Abwägungsprozess mit einbezogen werden.

Der Entwurf forciert, diese Sicherheitsbelange stärker zu berücksichtigen und bei der Abwägungsentscheidung mit größerem Gewicht einzubeziehen. Angesichts jüngster in Deutschland verübter Anschläge werde die Notwendigkeit laut Entwurfsbegründung besonders deutlich. Aus diesem Grund sieht der Entwurf eine Änderung des § 6b Abs. 1 und 3 BDSG mit dem Ziel einer ausdrücklichen Festschreibung einer Gewichtungsvorgabe in der Abwägungsentscheidung bei Einrichtungen und Fahrzeugen des öffentlichen Personenverkehrs und öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen zum Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit von dortig aufhältigen Personen und zur Erhöhung des Sicherheitsniveaus in Deutschland insgesamt vor.

Die Bundesregierung hat am 23. Januar ihren Entwurf vorgelegt, der inhaltlich auf dieselbe Änderung abzielt, jedoch in der Formulierung klarstellt, dass der Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit als ein besonders wichtiges Interesse gilt.

Am 27. Januar 2017 hat der Bundestag erstmals über den Gesetzentwurf debattiert. Gleichfalls in erster Lesung wurde über einen weiteren Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik“ (18/10939) beraten.
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière betonte, Videotechnik sei kein Allheilmittel, „aber  auch kein Dämon“. Kameras leisteten einen besonderen Beitrag für mehr Sicherheit. „Sie helfen, Straftäter zu identifizieren, festzunehmen und zu bestrafen.“ Ebenfalls ließen sich Straftaten verhindern.
Die Fraktion die Linke wandte sich gegen die Ausweitung der Videoüberwachung. Der Gesetzentwurf bedeute eine flächendeckende Videoüberwachung und nicht nur eine Überwachung von Kriminalitätsschwerpunkten.
Ähnlich äußerte sich auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die den Regierungsvorschlag als „Sicherheitspolitik ins Blaue hinein“ sehen. Man schaffe lediglich „gewaltige Datenberge“, deren Auswertung unter Umständen wochenlang dauere.
Die CDU/CSU bewertete die Gesetzentwürfe als sachlich notwendig, maßvoll und verhältnismäßig. Sie stellten einen „wesentlichen Schritt zur Verbesserung der Sicherheit in Deutschland“ dar.

In seiner Sitzung vom 10. Februar 2017 äußerte der Bundesrat keine grundsätzlichen Einwände gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung. In seiner Stellungnahme äußerte er jedoch Bedenken hinsichtlich der Ausweitung der Videoüberwachung durch Private. Hier solle überprüft werden, ob nicht auch eine verstärkte Überwachung durch die Aufsichtsbehörden einhergehen sollte. Die Stellungnahme des Bundesrates wird zunächst der Bundesregierung zwecks Gegenäußerung zugeleitet. Anschließend werden alle Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf stand am 6. März 2017 im Mittelpunkt einer öffentlichen Anhörung im Innenausschuss und stieß bei den Experten auf unterschiedliche Einschätzungen. Eine Liste der Sachverständigen und ihre Stellungnahmen finden sie hier. Die Experten bewerten den Entwurf zur Ausweitung der Videoüberwachung sehr unterschiedlich. So betonen die Befürworter den Aspekt der Notwendigkeit. Sie sehen in der Videoüberwachung eine präventive Erhöhung der Sicherheit. Kritiker des Gesetzes befürchten jedoch, dass das Gesetz den Raum für eine Totalüberwachung ebne.

Am 8. März 2017 hat der Innenausschuss schließlich den Weg für das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz (18/10941) freigegeben. Das Gremium verabschiedete den Entwurf mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit und gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen. Am 9. März 2017 wurde der Entwurf abschließend im Bundestagsplenum beraten. Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Linken und Bündnis 90/Die Grünen wurde der Regierungsentwurf angenommen. Im gleichen Stimmenverhältnis wurde auch der Gesetzentwurf zum Einsatz der Bodycams (BT Drs. 18/10939) angenommen.

In seiner Sitzung vom 31. März 2017 hat der Bundesrat den Gesetzentwurf schließlich gebilligt.

Das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz wurde am 4. Mai 2017 verkündet und trat am Tag nach seiner Verkündung, am 5. Mai 2017, in Kraft. Näheres zum Gesetz bei Albrecht/Wessels, jurisPR-ITR 9/2017 Anm. 2.

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