KriPoZ-RR, Beitrag 29/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 13.4.2023 – 4 StR 439/22: „E-Scooter“ als Kraftfahrzeug i.S.d. § 316 StGB

Leitsatz der Redaktion:

„E-Scooter“ stellen keine Elektrokleinstfahrzeuge oder Fahrräder („Pedelecs“) dar.

Sachverhalt:

Das LG Oldenburg hat den Angeklagten u.a. wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen ist der Angeklagte mit einem „E-Scooter“ auf öffentlichen Wegen gefahren. Hierbei stand der Angeklagte unter Alkoholeinfluss (1,29 ‰), weshalb das LG Oldenburg von einer absoluten Fahruntüchtigkeit zum Tatzeitpunkt ausging. Der Angeklagte hat Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt. 

Entscheidung des BGH:

Der BGH hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Rechtsfehlerfrei habe die Strafkammer eine absolute Fahruntüchtigkeit angenommen. Für alle Kraftfahrer liege diese bei einem Grenzwert von 1,1 ‰. Der Angeklagte habe auch ein Kraftfahrzeug geführt. Unter Kraftfahrern zählten nach stetiger Rechtsprechung auch Fahrer von Krafträdern und Mofa. Eine Entscheidung darüber, ob auch „die neu aufgekommene Fahrzeugklasse der Elektrokleinstfahrzeuge“ unter den Begriff des Kraftfahrzeugs falle, liege hingegen noch nicht vor. Vorliegend sei dies jedoch nicht streitentscheidend. „E-Scooter“ stellen, unabhängig von der technischen Beschaffenheit, jedenfalls keine Elektrokleinstfahrzeuge dar, so der BGH. Maßgeblich sei vielmehr die Höchstgeschwindigkeit. Diese liege bei dem vom Angeklagten verwendeten „E-Scooter“ bei 25 km/h und liege damit nicht im den für Elektrokleinstfahrzeuge maßgeblichen Grenzbereich von 6-20 km/h (§ 1 Abs. 1 eKFV). Auch stelle ein E-Scooter mangels Pedale kein „Pedelec“ dar, sodass auch § 63a Abs. 2 StVZO nicht greife. 

KriPoZ-RR, Beitrag 26/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Urt. v. 25.02.2021 – 3 StR 365/20: Blitzer als Anlage i.S.d. § 316b Abs. 1 StGB

Amtlicher Leitsatz:

  1. Eine Anlage im Sinne des § 316b Abs. 1 StGB ist eine systematische Zusammenstellung verschiedener Gegenstände für eine gewisse Dauer zu einem Funktionsablauf. Eine feste Verbindung mit dem Boden oder sonstige Ortsfestigkeit sind nicht erforderlich.

  2. Im Regelfall stellen Geschwindigkeitsmessvorrichtungen solche Anlagen dar und dienen der öffentlichen Sicherheit.

Sachverhalt:

Das LG Oldenburg hat den Angeklagten wegen Brandstiftung, Verabreden zum Verbrechen der Brandstiftung, Störung öffentlicher Betriebe und Beihilfe zur Störung öffentlicher Betriebe verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte sich der Angeklagte mit dem Mitangeklagten zusammengeschlossen, um aus Rache Fahrzeuge der Polizei und des Landkreises sowie Geschwindigkeitsmessanlagen (sog. Blitzer) durch Brandlegung zu zerstören. Diesen Plan hatten sie in die Tat umgesetzt und mehrere Blitzer und Fahrzeuge gewaltsam zerstört und/oder angezündet.

Entscheidung des BGH:

Der BGH bestätigte das Urteil des LG und ordnete die Geschwindigkeitsmesssysteme ebenfalls als Anlage im Sinne des § 316b Abs. 1 StGB ein.

Nach dem Wortlaut müssten für eine Anlage mehrere Komponenten zusammenkommen. Es müsse sich also um eine Konstruktion aus technischen Materialien handeln, die aus mehreren ihrem Betrieb dienenden Sachen bestehe. Hilfsweise könne für eine Abgrenzung auf die §§ 93, 97 BGB abgestellt werden. Darüber hinaus sei erforderlich, dass die Anlage in Funktion gesetzt werden könne, also nicht bloß benutzt, sondern betrieben werde. Für die Einordnung sei auch die Verkehrsanschauung maßgeblich. Eine Ortsfestigkeit sei wiederum nicht erforderlich.

Da der Begriff sehr weit gefasst sei, dürfe er nicht für die gesamte Rechtsordnung einheitlich, sondern müsse jeweils normbezogen ausgelegt werden. Zudem sei eine objektive Abgrenzung über eine gegebenenfalls erforderliche Mindestgröße schwerlich möglich, da der von verschiedenen Gerätschaften in Anspruch genommene Raum angesichts des technischen Fortschritts eher abnehme. Da Blitzer meist aus Messeinheit, Rechnereinheit und Bedienelement zusammengesetzt seien, handele es sich um Anlagen, die darüber hinaus auch der öffentlichen Sicherheit dienten, da die Beachtung der Verkehrsregeln als Teil der objektiven Rechtsordnung ebenfalls Teil der öffentlichen Sicherheit seien.

Eine doppelfunktionale Ausrichtung von sowohl repressiven als auch präventiven Maßnahmen lasse die angestrebte Gefahrenabwehr nicht entfallen, so der BGH.

 

Anmerkung der Redaktion:

Anders hatte 2013 das OLG Braunschweig entschieden. Das Urteil finden Sie hier.

 

 

 

 

 

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