KriPoZ-RR, Beitrag 84/2020

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 12.11.2020 – StB 34/20: Entscheidungszuständigkeit beim Pflichtverteidigerwechsel

Amtlicher Leitsatz:

Zur Entscheidung über den Pflichtverteidigerwechsel ist nach Anklageerhebung ausschließlich der Vorsitzende des erkennenden Gerichts zuständig; nicht erledigte Beschwerden gegen insoweit ergangene Beschlüsse des Ermittlungsrichters sind ihm deshalb zur weiteren Entscheidung vorzulegen.

Sachverhalt:

Der Angeschuldigte befindet sich momentan in Untersuchungshaft und hatte beantragt, seinen Pflichtverteidiger aufgrund zerrütteten Vertrauensverhältnisses gegen seinen Wahlverteidiger auszutauschen.

Der Pflichtverteidigerwechsel war vom Ermittlungsrichter beim BGH abgelehnt worden. Gegen diesen Beschluss hatte sich der Angeschuldigte mit der sofortigen Beschwerde zum BGH gewandt, obwohl zwischenzeitlich vom GBA Anklage zum OLG Stuttgart erhoben worden ist.

Entscheidung des BGH:

Der BGH sah sich als nicht mehr befugt an, um über die Beschwerde des Untersuchungsgefangenen zu entscheiden, sondern deutete sie in einen erneuten Antrag auf Pflichtverteidigerwechsel um, über den nun der Vorsitzende des zuständigen Senats beim OLG Stuttgart entscheiden müsse.

Die Zuständigkeit des BGH sei nicht mehr gegeben, da mit Anklageerhebung das OLG Stuttgart das mit dem Erkenntnisverfahren befasste Gericht geworden sei und für die Pflichtverteidigerbestellung nun ausschließlich der Vorsitzende gemäß § 142 Abs. 3 Nr. 3 StPO zuständig sei.

Die Vorschrift knüpfe an § 141 Abs. 4 StPO aF an und erfasse daher unbeeinflusst vom Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10. Dezember 2019 auch Entscheidungen über einen Pflichtverteidigerwechsel, was dazu führe, dass Beschwerden gegen insoweit ergangene Beschlüsse nur bis zur Anklageerhebung in die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts fielen. Danach sei das mit dem Erkenntnisverfahren befasste Gericht ausschließlich entscheidungsbefugt.

Zudem sei es ein bekannter Grundsatz, dass die Anklageerhebung einen Verfahrenseinschnitt bilde, der Zuständigkeiten auf das erkennende Gericht übergehen lasse.

Darüber hinaus sei die Regelung auch sachdienlich, da der Vorsitzende Richter am ehesten einschätzen könne, welcher und wie viele Verteidiger notwendig seien, um die Gewähr für eine zügige Verfahrensdurchführung zu gewährleisten.

Diese Grundsätze sollten nach Ansicht des BGH vom Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung auch unangetastet bleiben, da es dem Gesetzgeber bei der Neufassung des § 141 Abs. 4 StPO aF ausweislich der Gesetzesmaterialien lediglich auf eine bessere Übersichtlichkeit angekommen sei.

Anmerkung der Redaktion:

Weitere Informationen zum Gesetzentwurf zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung finden Sie hier.

 

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