von Prof. Dr. Tatjana Hörnle
Abstract:
Der Beitrag analysiert den Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem vor allem durch eine Erweiterung von § 179 StGB der Schutz sexueller Selbstbestimmung verbessert werden soll. Angestrebt wird eine kleine Lösung, die bestimmte „besondere Umstände“ (Überraschungseffekte, Ausnutzung von Furcht des Opfers) erfassen soll.
Im Vergleich zur jetzigen Rechtslage wäre dies zwar eine Verbesserung. Der Entwurf beabsichtigt aber nicht eine grundlegende Änderung im Sinne einer Orientierung an Merkmalen wie „gegen den erklärten Willen“ oder „ohne Einverständnis“ des Opfers. Die Verfasserin befürwortet eine größer angelegte Revision hin zu einem Sexualstrafrecht, das nicht mehr von einer Widerstandsobliegenheit des Opfers ausgeht, die nur unter besonderen Umständen aufgehoben wird. Es sollte für die Strafbarkeit ausreichen, dass das Opfer seinen entgegenstehenden Willen erklärt hat. Da auf der Basis des Gesetzentwurfs immer noch Schutzlücken bestehen, wenn ein erklärtes „Nein“ des Opfers ignoriert wird, wäre eine (etwas später kommende) größere Lösung dem jetzigen punktuellen Schließen von Schutzlücken vorzuziehen.
The article analyses the government’s proposal for changes in the German Penal Code in the area of sexual offenses. The draft aims for a better protection of sexual autonomy, mainly by extending Sect. 179 German Penal Code. The main change would be to penalize sexual acts under certain circumstances (taking the victim by surprise, exploiting fear of disadvantages) in addition to the traditional elements of violence and threats of violence. The proposal does not opt for offense descriptions based on lack of consent. Compared to the status quo of German law, the proposal should be considered an improvement. The author nevertheless argues for a more extensive reform of the German Penal Code. It should no longer be assumed that victims as a rule have to resist physically and are only exempt from this obligation under exceptional circumstances. Disregard for sexual autonomy, that is, disregard for a declared „no“, should suffice for criminal liability. Even if the „exceptional circumstances“ are extended according to the government’s proposal, not all violations of sexual autonomy are criminal offenses. It would be preferable to proceed with a more thorough reform rather than to hastily patch some gaps in the German Penal Code.
I. Der Gesetzentwurf und seine Vorgeschichte
Der 13. Abschnitt des StGB (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung) wurde in den letzten Jahren vielfach erweitert, wobei dies vorwiegend die Delikte zu Lasten von Kindern und Jugendlichen betraf. Die Kernvorschrift des deutschen Sexualstrafrechts, § 177 StGB, war in der Nachkriegszeit seltener Gegenstand von Gesetzesänderungen. Zwar wurde im Jahr 1973 die Überschrift des 13. Abschnitts neu gefasst,[1] mit einer Formulierung, die darauf hindeutet, dass die Ratio der Normen nicht mehr dieselbe sein kann wie in wesentlich älteren Rechtsordnungen: Aus den „Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit“ wurden „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“. Die Tatbestandsfassung von § 177 StGB entsprach allerdings weiterhin im Wesentlichen der Fassung durch das RStGB von 1871, deren Grundform wiederum bis ins Mittelalter zurückreicht.[2] Dies verwundert, da vorkonstitutionelle Normen insbesondere im Sexualstrafrecht überprüft werden müssten. Die zentralen verfassungsrechtlichen Leitideen (Gleichberechtigung der Geschlechter und das Recht auf Selbstbestimmung auch und gerade in den persönlichsten Lebensbereichen) stammen aus dem 20. Jahrhundert. Dass der Schutzzweck „sexuelle Selbstbestimmung“ eine Revision älteren Gedankenguts bedeutet, die sich auch in der Tatbestandsfassung niederschlagen sollte, wurde nicht erkannt. Erst im Jahr 1997 erfolgten einige, aber nur punktuelle Modernisierungen von § 177 StGB. Die Reduktion von Vergewaltigung auf „außerehelichen Beischlaf“ und die Beschränkung auf weibliche Opfer wurden aufgegeben, und als weitere Tatmodalität die Ausnutzung einer schutzlosen Lage in § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB eingeführt;[3] ferner wurden 1998 die Qualifikationen in Abs. 3 und 4 ausgeweitet.[4]
In den letzten Jahren wird zunehmend eine grundlegende Überarbeitung gefordert, da nach geltendem Recht Verhaltensweisen nicht zu erfassen sind, die jeder unbefangene Beobachter als eindeutige Verletzung sexueller Selbstbestimmung einordnen würde. Verdienstvoll ist eine Fallsammlung, die der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe herausgegeben hat. Sie dokumentiert Fälle, bei denen Staatsanwaltschaften und Gerichte Verfahrenseinstellungen nicht mit Beweisschwierigkeiten begründeten, sondern (teilweise ernsthaft bedauernd) damit, dass dieses Verhalten nach deutschem Recht nicht strafbar sei.[5] Ein weiterer neuer Fall (im Folgenden „Arbeitsagentur-Fall“ genannt), den der BGH im Jahr 2015 entschieden hat, verdeutlicht die Schutzlücken und Inkonsistenzen im StGB. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Angeklagte war Angestellter der Bundesagentur für Arbeit und als Fallmanager im Bereich Stellenvermittlung tätig. Er betreute u.a. die 27-jährige Frau W., die im Urteil als „sehr sensibel und wenig durchsetzungsfähig“ beschrieben wird. Bei einem Termin in seinem Büro fragte er sie, ob sie einen Freund habe, machte ihr Komplimente und forderte sie auf: „Komm, lass uns küssen.“ In der Hoffnung, dann gehen zu können, wehrte sich die Nebenklägerin nicht, als er ihr einen Zungenkuss gab. Der Angeklagte fragte nun aber, „ob sie es ihm mit dem Mund machen würde“. Obwohl die Nebenklägerin die Frage verneinte, entblößte er sein erigiertes Geschlechtsteil und führte es ihr, ohne dass sie Widerstand leistete, in den Mund ein. Er machte eine oder mehrere Vor- und Rückbewegungen, kam aber nicht zum Samenerguss. Der Angeklagte zog nach kurzer Zeit seinen Penis aus dem Mund der Nebenklägerin, stellte sich neben sie und befriedigte sich selbst.[6]
Das LG Siegen sprach frei. Der Oralverkehr sei nicht nach § 177 StGB zu bestrafen, weil der Angeklagte weder Gewalt angewendet oder mit Gefahr für Leib oder Leben gedroht noch sich die Nebenklägerin in einer schutzlosen Lage befunden habe (vermutlich hielten sich andere Angestellte nebenan auf). Der 4. Strafsenat des BGH hat das Urteil aufgehoben – aber nicht deshalb, weil eine sexuelle Nötigung verneint wurde. Beide Instanzen bestätigten: Sexualkontakt trotz erklärtem „Nein“ ist nicht strafbar! Der 4. Strafsenat monierte, dass die Selbstbefriedigung in Anwesenheit von Frau W. nicht als exhibitionistische Handlung (§ 183 StGB) eingeordnet worden war. Diese Urteile zeigen, dass das deutsche Recht sexuelle Selbstbestimmung nicht in konsistenter Weise schützt. Sexuelle Handlungen ohne Körperkontakt vor einem damit nicht einverstandenen Zuschauer wiegen im Unrecht weniger schwer als ein unerwünschter sexueller Übergriff mit Körperkontakt wie Oralverkehr. Die Strafbarkeit verhält sich jedoch paradoxerweise umgekehrt zur Strafwürdigkeit: Die im Vergleich harmlosere exhibitionistische Handlung wird bestraft; erlaubt ist es dagegen, einer anderen Person trotz deren erklärtem „Nein“ den Penis in den Mund zu stecken.
In manchen Ländern hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein auf sexuelle Selbstbestimmung ausgerichtetes Strafrecht andere Verbotsnormen enthalten muss als das historisch gewachsene Recht. In England wurde mit dem Sexual Offences Act 2003 das Sexualstrafrecht grundlegend reformiert. Die Tatbestände mit den Überschriften „rape; assault by penetration; sexual assault“ sehen als zentrale Voraussetzung „ohne Einverständnis“ vor („does not consent“).[7] Eine entsprechende Änderung des American Model Penal Code ist in Arbeit.[8] In Anlehnung an diese modernen Konzepte verlangt Art. 36 Abs. 1 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention),[9] dass die Vertragspartner alle nicht einverständlichen sexuellen Handlungen unter Strafe stellen. Das österreichische Strafgesetzbuch enthält seit diesem Jahr unter der Überschrift „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ einen Tatbestand (§ 205a öStGB),[10] der auf Handeln „gegen den Willen“ abstellt. Auch in Deutschland mehren sich die Stimmen aus den Frauenverbänden und der Strafrechtswissenschaft, die eine Gesetzesänderung fordern.[11]
Die Bundesregierung geht mittlerweile ebenfalls davon aus, dass § 177 StGB unzureichend ist. Der „Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung“ soll diese Schutzlücken schließen.[12] Die ausführliche Begründung identifiziert Gründe, die zur Folge haben, dass nach geltendem Recht sexuelle Selbstbestimmung nur punktuell geschützt wird. Sie führt eine beeindruckende Vielzahl an Entscheidungen des BGH an, in denen eine Verletzung sexueller Selbstbestimmung straffrei blieb.[13]
Als Schwachstellen des § 177 StGB in der Auslegung durch den BGH benennt die Entwurfsbegründung:
- Das Dogma, dass ein „Finalzusammenhang“ erforderlich sei, schließt Fälle aus, in denen sich Täter nach Gewaltanwendung oder Bedrohung zu sexuellen Handlungen entschließen.
- 177 StGB erfasst nur Drohungen mit Körperverletzung und Tötung, nicht die Furcht vor anderen Nachteilen.
- 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfordert nach h.M. eine objektiv schutzlose Lage; die Einschätzung des Opfers, schutzlos zu sein, genügt nicht.
- Das Ausnutzen eines Überraschungsmoments ist (mangels Nötigung) nicht unter § 177 StGB (oder eine andere Norm des 13. Abschnitts) zu subsumieren.[14]
Der Entwurf zielt darauf, solche bislang straffrei bleibenden Konstellationen zu erfassen. Er orientiert sich nicht an den Vorschlägen, die einen neuen Grundtatbestand fordern, dessen zentrales Merkmal „ohne Einverständnis“, „gegen den Willen“ oder „gegen den erklärten Willen“ lauten würde. Eine grundlegende Neuregelung oder große Lösung ist nicht vorgesehen, sondern eine kleine Lösung, die das geltende Recht ergänzt.[15]
Es mag auf den ersten Blick überraschen, dass nach der ausführlichen und kritischen Analyse der Schwachpunkte von § 177 StGB der Entwurf nicht vorschlägt, diese Vorschrift auszuweiten. Im Gegenteil: § 177 StGB soll auf die alte Gestaltung vor dem Jahr 1997 zurückgeführt werden, d.h. auf den traditionellen Kern der sexuellen Nötigung (Nötigung mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben) reduziert werden. Auf den zweiten Blick ist aber nachvollziehbar, warum der Anwendungsbereich von § 177 Abs. 1 StGB eng gehalten werden soll: Der Grund liegt im vergleichsweise hohen Strafrahmen (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis 15 Jahre, Verbrechen i.S.v. § 12 Abs. 1 StGB). Ein über die massiv nötigenden Modalitäten in § 177 Abs. 1 Nr. 1, 2 StGB hinausreichender Schutz des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung erfordert einen abgesenkten Strafrahmen.[16] Ein neuer Tatbestand, der nicht mehr auf sexuelle Nötigung beschränkt ist, könnte durch eine weitere Differenzierung innerhalb des § 177 StGB geschaffen werden (Hinzufügung eines neuen Absatz 1 mit Verschiebung der bestehenden Absätze).[17] Dem Gesetzentwurf liegt allerdings eine andere Idee zugrunde, nämlich § 177 StGB für besonders massive Sexualdelikte zu reservieren und im Übrigen auf § 179 StGB auszuweichen und diese Norm auszubauen. Das ist (verglichen mit einem „Alles-in-§ 177 StGB“-Ansatz) einfacher und übersichtlicher. Demgemäß schlägt der Gesetzentwurf vor, den Anwendungsbereich von § 179 StGB zu vergrößern. Der bisherige Zuschnitt auf Krankheit oder Behinderung würde aufgegeben.
Der breitere Anwendungsbereich kommt in der Überschrift zum Ausdruck: „Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung besonderer Umstände“. Der Vorschlag für eine Neufassung von § 179 Abs. 1 StGB-GesE lautet:
„Wer unter Ausnutzung einer Lage, in der eine andere Person
- aufgrund ihres körperlichen oder psychischen Zustands zum Widerstand unfähig ist,
- aufgrund der überraschenden Begehung der Tat zum Widerstand unfähig ist oder
- im Fall ihres Widerstandes ein empfindliches Übel befürchtet,
sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder an sich von dieser Person vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Nummern 2 und 3 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“
Außerdem schlägt der Entwurf vor, zum jetzigen unbenannten besonders schweren Fall in § 179 Abs. 3 StGB (Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr) zwei Regelfälle zu benennen, nämlich wenn der Täter eine Lage ausnutzt, in der das Opfer einer Gewalteinwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, oder wenn die Widerstandsunfähigkeit nach Absatz 1 Nummer 1 auf einer Behinderung des Opfers beruht. Eine weitere Strafrahmenänderung ist für die minder schweren Fälle der Qualifikationstatbestände nach Absatz 5 vorgesehen: Für bestimmte Konstellationen soll der Mindestrahmen gesenkt werden (was in sich stimmig ist, da auch für manche minder schweren Fälle nach Abs. 1 der Strafrahmen etwas niedriger ausfallen soll als im geltenden Recht).
Schließlich soll in § 240 Abs. 4 S. 2 StGB, der Auflistung von Regelbeispielen für den besonders schweren Fall einer Nötigung, die Nummer 1 gestrichen werden („eine andere Person zu einer sexuellen Handlung nötigt“). Bei einer Einführung von § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE („im Falle ihres Widerstandes ein empfindliches Übel befürchtet“) würde § 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB überflüssig. Die bislang nur mit § 240 StGB zu erfassenden Nötigungen durch Drohung mit einem empfindlichen Übel (unterhalb der Schwelle von § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB) fallen dann unter § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE. Es erledigt sich damit auch die für § 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB auftretende Auslegungsfrage, ob nur die aktive Vornahme von Handlungen durch das Opfer erfasst wird[18] (was der Wortlaut nahelegt) – § 179 Abs. 1 StGB-GesE schließt explizit sowohl aktives Tun als auch passives Dulden seitens des Opfers ein.
II. Positive Aspekte des Gesetzentwurfs
Verglichen mit dem geltenden Recht, bedeutet der Gesetzentwurf eine Verbesserung. Erstens verzichtet § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB-GesE auf die Begriffe „Krankheit und Behinderung“. Der Zuschnitt des jetzigen § 179 StGB wird in Kombination mit dem Strafrahmen, der niedriger ist als der in § 177 Abs. 1 StGB, teilweise als benachteiligende Sonderbehandlung behinderter und kranker Personen interpretiert.[19] Das ist zwar der Sache nach keine zwingende Kritik, da § 179 StGB nicht mit § 177 StGB zu vergleichen ist: Bei § 177 StGB wird beidseitig einverständlicher Sex nicht erfasst, während es § 179 StGB zulässt, unter bestimmten Umständen faktisch konsentierten Sexualkontakt mit einer geistig schwer behinderten Person zu bestrafen (s. zu diesem Problem unten IV. 2.). Aber es ist eine elegantere Lösung, dass schon der Eindruck einer Sonderbehandlung für behinderte und erkrankte Personen vermieden werden kann.
Zweitens ist positiv hervorzuheben, dass § 179 Abs. 1 Nr. 2 StGB-GesE die überraschende Begehung eines Sexualdelikts erfasst. Es gibt unterschiedliche Konstellationen, in denen Täter mit dem Modus „Überrumpelung durch schnellen Zugriff“ vorgehen. Dabei kann es sich um den Übergriff eines Fremden handeln, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln oder sonst im öffentlichen Raum, aber auch um einen überraschenden sexuellen Übergriff innerhalb eines sozialen Kontakts voneinander (flüchtig) bekannten Personen, wenn das Opfer abgelenkt ist, etwa dem Täter den Rücken zuwendet.[20] Unter solchen Umständen kann eine erhebliche sexuelle Handlung vollendet sein, ohne dass die verblüffte und erschrockene Person genügend Zeit hatte, das Unerwartete bewusst zu registrieren und darauf zu reagieren. Nach § 177 StGB sind solche Fälle oft nicht zu erfassen. Schutzlose Lage i.S.v. § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird von der Rechtsprechung so interpretiert, dass das Opfer Angst vor einer erheblichen Körperverletzung oder Tötung gehabt haben muss und deshalb auf Widerstand verzichtete[21] – in den Überrumpelungsfällen macht es der schnelle Zugriff unnötig, Angst auszunutzen. In Konstellationen dieser Art liegt offensichtlich eine Verletzung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung vor, deren Straffreiheit nach geltendem Recht nicht rational zu rechtfertigen ist.
Drittens schließt die subjektive Fassung („ein empfindliches Übel befürchtet“) in § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE eine Reihe weiterer Schutzlücken, die nach geltendem Recht in der Interpretation durch den BGH bestehen. Bei vielen Sexualdelikten ist der Täter kein Fremder, sondern ein Bekannter, Angehöriger oder Lebenspartner des Opfers, wobei diese Beziehungen oft durch wiederholte Gewalttätigkeiten geprägt sind. Bei einem etablierten „Klima der Gewalt“, d.h. wenn alle Beteiligten wissen, dass der Täter seine Launen und Bedürfnisse gewaltsam durchzusetzen pflegt, bedarf es keiner expliziten Drohung mehr, die unter § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu fassen wäre. Vorstellbar ist in solchen Kontexten zwar, dass konkludent gedroht wird – die Rechtsprechung ist aber mit der Annahme einer konkludenten Drohung sehr zurückhaltend, wenn sich das Opfer über längere Zeit passiv-duldend verhalten hat.[22] Eine weitere Einengung der Strafbarkeit nach § 177 Abs. 1 Nr. 1, 2 StGB ergibt sich aus dem Umstand, dass die Rechtsprechung (unnötigerweise)[23] das Dogma vom Finalzusammenhang begründet hat und Fälle aussondert, in denen das Opfer durch gewalttätiges Verhalten eingeschüchtert war, was der Täter auch wusste, ohne dass er aber bereits bei der Gewaltanwendung die spätere sexuelle Handlung geplant hatte.[24] Nach der vorgeschlagenen Änderung wären diese Konstellationen von § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE erfasst – ein wichtiger Punkt, da die Lehre vom Finalzusammenhang verkennt, dass Gewalttäter oft nicht geplant-zweckrational, sondern impulsiv agieren und erst danach ebenfalls spontan beschließen, das eingeschüchterte Opfer zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse zu benutzen. Schließlich ist der Begründung des Gesetzentwurfs in der Beurteilung zuzustimmen, dass § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB die mit der Einführung verbundenen Erwartungen nicht erfüllt hat. Das liegt zum einen an der Rechtsprechung des BGH, die die Anforderungen an eine „schutzlose Lage“ zu hoch ansetzt (etwa mit unrealistischen Annahmen dazu, dass Fremde in Rufweite jederzeit helfend herbeieilen würden).[25] Zum anderen legt schon das Gesetz nahe, dass eine schutzlose Lage nicht nur in der subjektiven Einschätzung des Opfers, sondern objektiv bestehen muss: Dies ergibt sich aus dem hohen Strafrahmen und der Parallele zur Drohung (die ebenfalls tatsächlich vorliegen muss).[26]
Viertens ist es schließlich stimmig, die bislang nur als einfache Nötigung in einem besonders schweren Fall (§ 240 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB) erfassbaren Verletzungen des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung in den 13. Abschnitt einzugliedern.
III. Der Hauptkritikpunkt: Der Konstruktionsfehler in den §§ 177, 179 StGB bleibt bestehen
Der Gesetzentwurf weist wie das geltende Recht einen Konstruktionsfehler auf: Auch er basiert auf dem Paradigma, dass eigentlich ein sexueller Übergriff nur dann strafwürdig sei, wenn das Opfer gegen die Vornahme der sexuellen Handlung Widerstand geleistet habe – wobei aber bei bestimmten Tatmodalitäten die Obliegenheit, Widerstand zu leisten, nicht bestehe. Mittlerweile ist die Liste der Ausnahmen von der Widerstandsregel so gewachsen, dass vielen (auch Juristen) der Grundgedanke nicht mehr klar bewusst ist. Er ist aber sowohl in der historischen Entwicklung als auch im Wortlaut von § 179 StGB und § 179 StGB-GesE zu erkennen.
Die historische Entwicklung des deutschen Sexualstrafrechts kann als kontinuierliche Ausweitung der Ausnahmen von einer Widerstandsobliegenheit beschrieben werden. Der mittelalterliche Kern des Vergewaltigungsparagraphen erforderte Gewaltanwendung.[27] Offensichtlich ist überwältigende Gewalt ein Umstand, der die Obliegenheit, Widerstand zu leisten, aufheben muss – Obliegenheiten enden im Falle der faktischen Unmöglichkeit. Im RStGB v. 1871 wurden die Kernumstände des heutigen § 179 StGB (Bewusstlosigkeit, Geisteskrankheit, Willenlosigkeit, s. § 176 Abs. 1 Nr. 2 RStGB) als Gründe anerkannt, welche die Widerstandsobliegenheit negieren. Außerdem hatte sich bis zur Formulierung des § 177 im RStGB die Einsicht durchgesetzt, dass die Bedrohung von Leib oder Leben Widerstand unzumutbar macht. Schließlich wurde Passivität des Opfers in bestimmten institutionellen Kontexten wie Gefangenschaft (s. § 174 Abs. 1 Nr. 2, 3 RStGB, nunmehr §§ 174 a – 174 c StGB) und ab 1997 in schutzlosen Lagen akzeptiert. Die dem geltenden Recht zugrundeliegende Regel-Ausnahme-Struktur zeigt sich im Wortlaut des § 179 StGB deutlich. Das Tatbestandsmerkmal „zum Widerstand unfähig“ bezeichnet die Ausnahme von einer Regel. Einen Paradigmenwechsel strebt der vorliegende Gesetzentwurf nicht an. Vielmehr liegt auch diesem die Logik zugrunde, dass Widerstand eigentlich erforderlich sei, aber dass diese Obliegenheit unter Umständen entfällt, die Widerstand unmöglich (§ 179 Abs. 1 Nr. 1, 2 StGB-GesE) oder unzumutbar machen (§ 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE).
Zu kritisieren ist, dass der Gesetzentwurf die Tradition fortsetzt, die Ausnahmen von der Widerstandsobliegenheit zu erweitern, ohne aber diese Obliegenheit auf den Prüfstand zu stellen. Ein solches grundsätzliches Überdenken ist erforderlich. Wenn das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung geschützt wird, liegt der Kern des Unrechts in der Missachtung dieser Selbstbestimmung, d.h. in der Missachtung des dem Täter bekannten entgegenstehenden Willens.[28] Dass in dem oben zitierten Arbeitsagentur-Fall Frau W. dem Ansinnen des Behördenmitarbeiters ein „Nein“ entgegengesetzt hat, genügt, damit der Oralverkehr zum Unrecht wird. In dieser Wertung steckt bereits die Anerkennung einer begrenzten Obliegenheit, nämlich der Obliegenheit, auf entsprechende Vorschläge mit Worten oder Verhalten eindeutig zu erklären, dass die sexuelle Handlung unerwünscht ist.[29] Damit enden aber die für die strafrechtliche Bewertung relevanten Opferobliegenheiten: Diese erstrecken sich nicht auf Widerstand oder Flucht. Es ist deshalb irrelevant, warum sich eine Person körperlich passiv verhalten hat. Die Suche nach Motiven wie Furcht etc. ist unnötig, wenn ein erklärtes „Nein“ vorliegt. Entsprechende Tatbestandsmerkmale sollten deshalb nicht Voraussetzung für die Strafbarkeit des Täters sein.
Anders aber die mit dem Gesetzentwurf verfolgte kleine Lösung, die es nach wie vor als relevant ansieht, warum das Opfer auf Widerstand verzichtet hat. Interessanterweise ist in der Literatur eine offensive Verteidigung der Obliegenheit, gegen sexuelle Übergriffe Widerstand zu leisten, nicht zu finden. Der Grund dürfte zum einen sein, dass das Geflecht der Ausnahmen von der Widerstandsobliegenheit den Blick auf die Regel verstellt, zum anderen aber auch die halbbewusste Einsicht, dass dies keine einfache Aufgabe wäre. Wenn man allerdings, wie Thomas Fischer in der Debatte um eine Änderung des Sexualstrafrechts, auf die fragmentarische Natur des Strafrechts[30] oder auf den Ultima-Ratio-Grundsatz hinweist, dann könnte dies mit Überlegungen präzisiert werden, die mit dem Stichwort „Viktimodogmatik“[31] bezeichnet werden. Die zugrunde liegende These ist, dass ein Einsatz des Strafrechts eine überflüssige Ausdehnung von Staatsgewalt sei, soweit Straftaten durch Selbstschutz vermeidbar seien.[32] Im Arbeitsagentur-Fall könnte ein Verteidiger des geltenden Systems Straffreiheit für den Oralverkehr (auch nach dem Ges-E, s. dazu sogleich) damit rechtfertigen, dass das Strafrecht erst einsetzen sollte, wenn zumutbarer Selbstschutz versagt. Eine energischere Frau hätte vermutlich versucht, den ihr „Nein“ ignorierenden Sachbearbeiter von seinem weiteren Tun abzuhalten, etwa durch lautstarkes Schimpfen, Zurückstoßen oder Verlassen des Raumes.
Nicht überzeugend ist es allerdings, Erwägungen zum Selbstschutz auf das Sexualstrafrecht zu beschränken. Ein beträchtlicher Teil aller Straftaten würde vermutlich verhindert, wenn sich die Opfer im Vorfeld vernünftiger verhalten hätten. Das Strafrecht sieht aber insoweit keine Selbstschutzobliegenheiten vor. Diebstahl und Betrug sind strafbar, auch wenn die Tat nur durch die günstige Gelegenheit (ein offenstehendes Fenster, naive Leichtgläubigkeit) zustande kam.[33] Auch bei Körperverletzungsdelikten gibt es keine Tatbestandsklauseln, die zur Folge haben, dass sich Täter nur strafbar machen, wenn für das Opfer Selbstschutz unmöglich oder unzumutbar war. Als Minimalgehalt einer Kritik an den Prämissen des geltenden Sexualstrafrechts ist der Vorwurf der Inkonsistenz zu erheben.[34] Wenn Vernachlässigung von Selbstschutz ein strafbarkeitseinschränkendes Kriterium sein sollte, dann müsste das auch für andere Delikte gelten.
Außerdem gibt es bei Sexualdelikten (und vielen Körperverletzungsdelikten) Gründe, warum die Unterstellung einer Obliegenheit zu Widerstand oder zu Flucht besonders fragwürdig ist, wenn man nicht nur die Möglichkeit von Selbstschutz, sondern insbesondere auch den wesentlichen Aspekt der Zumutbarkeit[35] berücksichtigt. Zum einen sollte der Maßstab für das Zumutbare nicht am Ideal einer schnell, besonnen und energisch reagierenden Person ausgerichtet werden, weil die Abweichung vom Ideal in einer Situation auftritt, welche die Betroffenen besonders intensivem Stress aussetzt. Der Arbeitsagentur-Fall weist ein typisches Merkmal auf: Der Täter enttäuscht kognitive Erwartungen. Er gibt einer normalerweise asexuellen sozialen Situation plötzlich eine andere Bedeutung. Das Opfer hat sich durch die Wahrnehmung eines Termins bei einer Behörde nicht bewusst und gewollt einer riskanten Situation ausgesetzt, in der man eventuell besondere Umsicht verlangen könnte.[36] Unter solchen Umständen wäre es verfehlt, weniger durchsetzungsstarken oder langsamen Personen Strafrechtsschutz zu versagen. Zum anderen spricht gegen Widerstand und Flucht, dass damit die Gefahr der Selbstverletzung und die Gefahr einer Eskalation verbunden ist, weil Widerstand Aggressionen des Täters weiter schüren kann.
Die dem geltenden Recht und § 179 StGB-GesE zugrunde liegende Regel, dass Widerstand grundsätzlich erforderlich sei, sollte aufgegeben werden. An dieser Stelle ist ein Einwand zu erwarten: Überlegungen zu einem Regel-Ausnahme-Verhältnis seien überflüssig, wenn die „Ausnahmen“ gar keine mehr seien – man könnte erwägen, dass die §§ 174 ff. StGB so viele „besondere Umstände“ enthalten, dass die Regel faktisch abgeschafft sei. Wenn man allerdings den Arbeitsagentur-Fall nach der Maßgabe prüft, dass der jetzige Gesetzentwurf geltendes Recht gewesen wäre, zeigen sich die Grenzen einer kleinen Lösung.
Zu erwägen ist, ob Charaktereigenschaften wie „sehr sensibel, wenig durchsetzungsfähig“, die Frau W. zugeschrieben wurden, (oder Nervosität beim Behördengang) als „psychischer Zustand“ (§ 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB-GesE) zu berücksichtigen wären. Aus der Entwurfsbegründung ergibt sich aber, dass eine solche Auslegung nicht intendiert ist. Zwar sind die Ausführungen zum Merkmal „psychisch“ nicht sehr klar (dazu unten IV. 1.). Aber es wird hinreichend deutlich, dass normal-psychologische Zustände, die nicht krankhaft sind, ausgeschlossen sein sollen. Das stellt folgende Passage in der Entwurfsbegründung klar: „Nicht erfasst werden psychische Disharmonien, die den Sexualpartner Entscheidungen treffen lassen, die er unter anderen Umständen nicht getroffen hätte.“[37]
Wäre der Fall dann unter § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE „im Fall ihres Widerstandes ein empfindliches Übel befürchtet“ zu fassen? Das hängt entscheidend davon ab, was Frau W. aussagt, wenn sie aufgefordert wird, ihre körperliche Passivität zu erklären. § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE wäre einschlägig, wenn sie angibt, befürchtet zu haben, dass als Reaktion auf Schimpfen oder Zurückschubsen der Sachbearbeiter sie in Zukunft bei der Arbeitsvermittlung oder bei finanziellen Leistungen schikanieren würde. Es ist vorstellbar, dass eine solche Aussage gemacht würde – vor allem, wenn Anzeigende nach Inkrafttreten von § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE ihre Aussage auf diese „Furcht vor einem empfindlichen Übel“-Klausel zuschneiden (irgendein drohendes Übel wird sich fast immer finden lassen, vor allem, wenn rechtskundige Berater entsprechend nachgehakt haben). Es ist aber auch damit zu rechnen, dass Frau W. und andere Personen in ähnlicher Lage bei ihrer ersten Vernehmung in aller Aufrichtigkeit nur sagen: „Ich war vollkommen perplex und schockiert über dieses unanständige Verhalten“, „Ich habe doch ‚Nein’ gesagt“, „Ich wusste nicht, was ich tun sollte, ich war mit der Situation überfordert“, „Ich habe einfach zu spät geschaltet“ usw. Das sind stimmige Erklärungen dafür, wie solche Situationen wahrgenommen werden.[38] § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE geht davon aus, dass rationale Akteure schnell Situationen und Optionen bewerten, drohende Nachteile erkennen und abwägen, und solche Überlegungen folgerichtig in Handlungen umsetzen. Das ist zwar keine realitätsfremde Annahme, aber auch kein vollständiges Modell menschlichen Verhaltens. Menschen sind unterschiedlich. Manche denken nicht sofort an mögliche zukünftige Übel, weil affektive Reaktionen wie Gefühle der Überforderung und Hilflosigkeit im Vordergrund stehen.
Das bedeutet: Auch mit der geplanten Reform sind nicht alle Situationen erfasst, in denen eine Person ihren entgegenstehenden Willen klar zum Ausdruck gebracht hat und der Täter wissentlich ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung missachtet hat. Körperliche Passivität des Opfers kann auf besondere Umstände nach § 179 Abs. 1 StGB-GesE zurückzuführen sein, dies muss aber nicht immer der Fall sein. Es ist nicht möglich, an der Regel „eigentlich ist körperlicher Widerstand erforderlich“ festzuhalten, diese aber durch eine gesetzliche Beschreibung „besonderer Umstände“ vollständig wieder verschwinden zu lassen. „Besondere Umstände“ sind zwangsläufig punktuell und lassen Schutzlücken für andere Fälle der Verletzung sexueller Selbstbestimmung.[39] Statt punktueller Reparaturen sollte das Sexualstrafrecht konsequent auf den Schutz sexueller Selbstbestimmung zugeschnitten werden.
IV. Weitere diskussionswürdige Punkte
1. Was heißt „psychischer Zustand“ (§ 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB-GesE)?
Wenn der Entwurf Gesetz wird, wird das Merkmal psychischer Zustand in § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB-GesE Auslegungsprobleme aufwerfen.[40] In der Begründung heißt es: „Das Wort ‚psychisch’ stellt klar, dass die Vorschrift nur Zustände meint, die mit medizinisch-psychologischen Kriterien zu fassen sind.“[41] Was medizinisch-psychologisch bedeutet, ist allerdings nicht einfach zu erschließen. Das Element medizinisch könnte als Einschränkung von „psychologisch“ zu verstehen sein, d.h. als Verweis darauf, dass es sich um einen Zustand mit Krankheitswert handeln müsse. Die meisten Beispiele in der Begründung sind pathologische Zustände aus der geltenden Fassung von § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB (geistige oder seelische Krankheit oder Behinderung, Suchtkrankheiten, tiefgreifende Bewusstseinsstörung). Dann wird ausgeführt, dass das Verbot zukünftig nicht mehr auf Menschen mit Krankheiten oder Behinderungen zugeschnitten sei, sondern nunmehr auch altersbedingte Widerstandsunfähigkeit (bei Kleinstkindern und alten Menschen) erfasse.[42] Wie das zur Definition „medizinisch-psychologisch“ passt, bleibt unklar – ein im medizinischen Sinn pathologischer Zustand sind Kindheit oder Alter nicht.
Wenn man „medizinisch-psychologisch“ als „medizinisch oder psychologisch“ liest, wären nicht krankhafte, aber besonders intensive affektive Zustände (große Aufregung, Schock oder Stress, starke Niedergeschlagenheit usw.) als „besonderer psychologischer Zustand“ zu beschreiben. Unser Alltagsverständnis von „psychisch“ und eine darauf basierende, am Wortlaut des Gesetzes orientierte Auslegung legt dies nahe – anders aber explizit die Entwurfsbegründung, die „psychische Disharmonien“ ausdrücklich ausnimmt. Es ist schwer zu prognostizieren, wie Staatsanwaltschaften und Gerichte mit der Divergenz zwischen dem weiten Alltagsverständnis von „psychischem Zustand“ und der engeren, aber im Detail unklaren Gesetzesbegründung umgehen würden.
2. Sexualbeziehungen von Demenzkranken und geistig schwerst behinderten Personen
Der Gesetzentwurf soll Schutzlücken bei der Anwendung von § 177 Abs. 1 StGB schließen. Bei einer Umgestaltung von § 179 StGB würde es sich allerdings anbieten, Probleme einzubeziehen, die bei der Anwendung dieser Norm schon nach geltendem Recht auftreten können. Dazu gehören Auslegungsfragen, die bei sexuellen Beziehungen mit hochgradig dementen oder geistig schwerst behinderten Personen entstehen. Selbstverständlich handelt es sich um strafbares Verhalten nach § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB-GesE, wenn die demente oder geistig behinderte Person erkennbar eine sexuelle Handlung nicht wollte. Problemfälle liegen aber dann vor, wenn der Sexualkontakt beiderseits faktisch gewollt war. In den USA gab es jüngst zwei aufsehenerregende Strafverfahren gegen den Ehemann einer an Alzheimer erkrankten Frau und gegen die Bekannte eines geistig schwer behinderten jungen Mannes, wobei es keine Indizien gab, dass Sexualität in diesen Beziehungen den „Opfern“ unerwünscht war.[43] Überlegungen dazu, wie solche Fälle zu entscheiden wären, fehlen im Gesetzentwurf. Dieser zitiert die etablierte Auslegung von „zum Widerstand unfähig“, die für das geltende Recht entwickelt wurde: Danach sind nicht nur Schwierigkeiten bei der Willensdurchsetzung erfasst, sondern bereits Probleme bei der Willensbildung.[44] An einem hinreichend kompetent gebildeten und deshalb selbstbestimmten Willen fehlt es bei gravierenden kognitiven Defekten. Nach dem Gesetzentwurf wird die Entscheidung, ob faktisch einvernehmliche, aber bei einem Beteiligten nicht von genuiner Selbstbestimmung getragene Sexualkontakte strafbar sind oder nicht, von der Auslegung des Merkmals unter „Ausnutzung einer Lage“ abhängen. Wann nutzt ein Sexualpartner fehlende kognitive Kompetenz aus und wann ist das nicht der Fall? Dem Gesetz sind dafür keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Für Rechtsanwender wäre es hilfreich, wenn anlässlich einer Änderung von § 179 StGB der Gesetzgeber solche Konstellationen in die Überlegungen einbeziehen würde.
3. Lücken bei überraschenden sexuellen Übergriffen (§ 179 Abs. 1 Nr. 2 StGB-GesE)
Auf den ersten Blick mag es scheinen, dass mit der Einführung von § 179 Abs. 1 Nr. 2 StGB-GesE Sachverhalte zu erfassen sind, die um den Jahreswechsel Gegenstand intensiver Medienberichterstattung waren: überraschende sexuelle Übergriffe auf Passantinnen im öffentlichen Raum. Allerdings sind solche Handlungen auch nach der geplanten Gesetzesänderung nur teilweise strafbar. Ein rechtliches Hindernis liegt in der Bestimmung, dass die sexuelle Handlung „im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit“ sein muss (§ 184 h Nr. 1 StGB). Die Rechtsprechung setzt die Schwelle für „erhebliche sexuelle Handlung“ hoch an. Insbesondere seien „kurze Griffe über der Kleidung an Brust oder Gesäß“ nicht erheblich,[45] es sei denn, dass der Täter in brutaler Weise gewalttätig geworden war.[46] Der Gesetzentwurf geht auf solche Sachverhalte nicht ein. Um simple Grapschereien zu erfassen, wäre ein neuer Tatbestand gegen tätliche sexuelle Belästigung zu erwägen[47] oder (was die einfachere Lösung wäre) die Streichung von § 184 h Nr. 1 StGB.
4. Zu weite Reichweite von § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE?
Oben (II.) wurden Vorteile der subjektiven Fassung von § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE („ein empfindliches Übel befürchtet“) angeführt – damit werden u.a. „Klima der Gewalt“-Fälle erfasst, in denen der Täter gegenüber seiner Ehefrau, Lebensgefährtin oder anderen Familienmitgliedern Drohungen nicht mehr verbalisieren muss. Gegen eine auf Befürchtungen abstellende Fassung wird allerdings eingewandt, dass damit auch andere Konstellationen erfasst werden, nämlich solche, in denen Furcht grundlos ist, weil sich das Opfer das vermeintlich drohende Übel nur eingebildet hat.[48] Allerdings setzt Strafbarkeit voraus, dass der Täter die Furcht kennt und ausnutzt – eine nur in der inneren Vorstellungswelt des Opfers gehegte, nicht beiden Seiten bekannte Furcht würde nicht genügen. Wissen alle Beteiligten um das Motiv „Furcht“, ist es nicht notwendigerweise unfair, demjenigen, der die sexuelle Handlung vornimmt oder einfordert, die Ausnutzung dieser Furcht vorzuwerfen.
179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE ist aber möglicherweise in anderer Hinsicht zu weit geraten. Die Bewertung des Arbeitsagentur-Falles würde sich verändern, wenn Frau W. nicht „Nein“ gesagt, sondern sich auf die Avancen des Sachbearbeiters zustimmend eingelassen hätte, etwa in der Hoffnung, damit eine bevorstehende Kürzung ihrer Bezüge abwenden zu können. Im Vergleich zum einfachen Fall, dass eine Person den Sexualkontakt ablehnt, sich aber trotz erklärtem „Nein“ physisch passiv verhält, wird die Bewertung komplizierter, wenn Betroffene sich zweckrational-gewollt für ein „Ja“ entscheiden. Würde mit Blick auf „Ja“-Fälle auch nicht Strafwürdiges unter § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE fallen? Das Merkmal „ein empfindliches Übel befürchtet“ ist immer zu bejahen, wenn jemand mit dem Motiv „Abwendung eines Nachteils“ handelt – subjektiv-psychologisch gesehen, bedeutet jede spürbare Verschlechterung des Status Quo ein empfindliches Übel. Die Entwurfsbegründung nimmt ausdrücklich das Motiv: „Verbesserung des Status Quo“ aus[49] – das könnten Staatsanwaltschaften allerdings anders sehen, da die (normativ gut begründbare) Differenzierung zwischen Verschlechterung und entgangener Verbesserung psychologisch weniger wichtig ist – Menschen empfinden beides als „Übel“.
Letztlich hängt es entscheidend von der Interpretation des Merkmals „im Fall ihres Widerstandes“ ab, wann ein zweckrational kalkuliertes „Ja“ von § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE erfasst würde und wann nicht. Überzeugend ist, dass die Begründung Fälle ausgrenzt, in denen die Initiative von demjenigen ausgeht, der ein empfindliches Übel befürchtet und der diesem durch das Angebot „Sex gegen Abwendung des Übels“ zuvorkommen will.[50] Der Wortlaut, d.h. die Klausel „im Fall ihres Widerstands“, setzt implizit voraus, dass die Möglichkeit von Widerstand ernsthaft erwogen wurde. Hätte im Arbeitsagentur-Fall Frau W. den Sachbearbeiter aufgesucht, um ihm zur Abwendung einer Verschlechterung ihrer Situation ein sexuelles Angebot zu machen, wäre dies nicht strafbar.
Die schwierigen Fälle sind solche, in denen das Angebot von der anderen Person gemacht wird und das „Opfer“ daraufhin, nach einer Kosten-Nutzen-Abwägung, seine Bereitschaft zu Sexualkontakt erklärt. Nach meiner Lesart geht die jetzt vorliegende, ausführliche Begründung des Gesetzentwurfs davon aus, dass zwei Konstellationen unterschieden werden sollten. In der ersten Konstellation ist das in der Zukunft drohende Übel nicht von einer neuen Handlung des Täters abhängig, sondern die Kausalkette verläuft unabhängig davon. Die Gesetzesbegründung sagt dazu: Es soll für die Anwendung von § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE nicht genügen, dass das Opfer ein Übel befürchte, das mit dem Widerstand in keinem Zusammenhang stehe.[51] Wenn also z.B. betriebsbedingte Kündigungen absehbar sind, die nicht wegen der Weigerung zu Sexualkontakt ausgesprochen werden, oder im Arbeitsagentur-Fall eine gesetzlich zwingend angeordnete Kürzung finanzieller Leistungen dem Opfer als empfindliches Übel vor Augen steht, würde dies nicht unter § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE fallen. In der zweiten Konstellation befürchtet das Opfer dagegen, dass der Täter bei Widerstand eine neue, zu einem Übel führende Kausalkette in Gang setzt, falls das Angebot auf Sexualkontakt abgelehnt wird (etwa im Weigerungsfall das Arbeitsverhältnis kündigen wird). § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE ist nach den Erläuterungen in der Entwurfsbegründung für solche Konstellationen vorgesehen.
Auf der Basis dieser Auslegungsvorgaben wäre der Anwendungsbereich des § 179 Abs. 1 Nr. 3 StGB-GesE für „Ja“-Fälle in angemessener Weise eng: Er wäre auf implizite Drohungen oder das Ausnutzen des Anscheins einer impliziten Drohung beschränkt, d.h. auf Sachverhalte, in denen es sich nicht um selbstbestimmte Entscheidungen handelt. Nicht erfasst würden dagegen Konstellationen, in denen eine Person beschließt, sich durch zweckrational-instrumentell eingesetzten Sex eine Verbesserung des Status Quo zu verschaffen oder eine bereits angelegte Kausalkette zu unterbrechen, die zu einer Verschlechterung des Status Quo führen wird. Fraglich ist allerdings, ob Rechtsanwender den relativ komplizierten Auslegungsvorgaben in der Entwurfsbegründung folgen würden. Der Wortlaut der Norm ließe es zu, auch solche „Ja“-Fälle einzuschließen, in denen das „Opfer“ ohne implizite, vom „Täter“ ausgehende Bedrohung zur Verbesserung der eigenen Lebenssituation ein Angebot annimmt. Bedenken gegen eine zu weitreichende Strafbarkeit[52] sind deshalb nicht ganz von der Hand zu weisen.
5. Regelbeispiel „Behinderung“ (§ 179 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StGB-GesE)
Das geltende Recht unterscheidet nicht zwischen Krankheit und Behinderung. In der Entwurfsbegründung wird allerdings bei der Beschreibung eines Regelfalls für einen besonders schweren Fall (§ 179 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StGB-GesE) darauf abgestellt, dass das Ausnutzen einer Behinderung schwerer wiege als das Ausnutzen einer temporär bestehenden Widerstandsunfähigkeit.[53] Das leuchtet nicht unmittelbar ein. Unter dem Aspekt „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ macht es keinen Unterschied, ob das Opfer z.B. wegen eines Beinbruchs oder einer dauerhaften Querschnittslähmung nicht gehen kann.
V. Fazit
Das Fazit fällt gemischt aus. Die geplante Gesetzesänderung würde gegenüber der jetzigen Rechtslage eine Verbesserung bedeuten, auch wenn an einigen Punkten noch nachgebessert werden könnte. Allerdings bleiben auch nach der vorgesehenen Änderung Sachverhalte straflos, in denen die betroffene Person klar ihren entgegenstehenden Willen kommuniziert hat, aber im Übrigen passiv blieb.
Der Entwurf setzt mit der zentralen Stellung von „befürchteten Übeln“ zu sehr auf ein rationalistisches Menschenbild, demzufolge Verhalten ausschließlich über den Beweggrund „Vermeidung von Nachteilen“ gesteuert wird. Eine solche Engführung relevanter Motive entspricht weder der Realität noch ist sie normativ geboten. Es ist nicht erforderlich, die Motive von Opfern für fehlenden Widerstand zu erforschen. Immer dann, wenn vom Opfer ein „Nein“ erklärt und vom Täter ignoriert wurde, sollte diese Missachtung sexueller Selbstbestimmung strafbar sein.
Politisch-pragmatische Erwägungen sprechen gegen eine Zwischenlösung, die einige, aber nicht alle Schutzlücken schließt. In der Entwurfsbegründung wird erwähnt, dass eine Reformkommission derzeit Vorschläge zur Neugestaltung des gesamten Sexualstrafrechts erarbeitet.[54] Wenn allerdings in diesem Jahr eine nach Umfang, Begründungsaufwand und politischem Gegenwind nicht triviale Gesetzesänderung durchgesetzt würde, ist stark zu bezweifeln, dass es möglich sein wird, in absehbarer Zeit wieder Ressourcen für die Arbeit am 13. Abschnitt einzusetzen. Außerdem bedeutet es eine Zumutung für Staatsanwaltschaften und Gerichte, sich in schnellem Wechsel auf geänderte Rechtsvorschriften einstellen zu müssen, wobei für Auslegungsfragen eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht zu erreichen ist. Alles in allem wäre eine etwas später kommende große Lösung der jetzt vorgesehenen, dann womöglich für viele Jahre endgültigen kleinen Lösung vorzuziehen.
[1] 4. StRG v. 23.11.1973, BGBl. I, S. 1725.
[2] S. zu den Wurzeln des RStGB Kratzer-Ceylan, Finalität, Widerstand, „Bescholtenheit“. Zur Revision der Schlüsselbegriffe des § 177 StGB, 2015, S. 81 ff.
[3] Im 33. StrÄndG vom 1.7.1997, BGBl. I, S. 1607.
[4] Durch das 6. StRG vom 26.1.1998, BGBl. I, S. 164.
[5] Grieger u.a., „Was Ihnen widerfahren ist, ist in Deutschland nicht strafbar“. Fallanalyse zu bestehenden Schutzlücken in der Anwendung des deutschen Sexualstrafrechts bezüglich erwachsener Betroffener, hrsg. vom Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff), 2014.
[6] BGH, NStZ 2015, 337.
[7] Sect. 1-3 Sexual Offences Act, http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2003/42/contents.
[8] S. die Homepage des American Law Institute: https://www.ali.org/projects/show/sexual-assault-and-related-offenses/.
[9] Article 36 – Sexual violence, including rape
- Parties shall take the necessary legislative or other measures to ensure that the following intentional conducts are criminalised:
a) engaging in non-consensual vaginal, anal or oral penetration of a sexual nature of the body of another person with any bodily part or object;
b) engaging in other non-consensual acts of a sexual nature with a person;
c) causing another person to engage in non-consensual acts of a sexual nature with a third person.
[10] § 205a öStGB: (1) Wer mit einer Person gegen deren Willen, unter Ausnützung einer Zwangslage oder nach vorangegangener Einschüchterung den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung vornimmt, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer eine Person auf die im Abs. 1 beschriebene Weise zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung mit einer anderen Person oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu veranlasst, eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unfreiwillig an sich selbst vorzunehmen.
[11] S. Rabe/von Normann, Schutzlücken bei der Strafverfolgung von Vergewaltigungen. Menschenrechtlicher Änderungsbedarf im Sexualstrafrecht, hrsg. v. Dt. Institut für Menschenrechte, 2014; Pisal/Freudenberg, Stellungnahmen zur grundsätzlichen Notwendigkeit einer Anpassung des Sexualstrafrechts […] v. 9.5.2014; Stellungnahme zum Entwurf eines […] Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches v. 25.7.2014, hrsg. v. Deutschen Juristinnenbund (djb); Hörnle, Menschenrechtliche Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention. Ein Gutachten zur Reform des § 177 StGB, hrsg. v. Dt. Institut für Menschenrechte, 2015; dies., ZIS 2015, 206 ff.; dies., GA 2015, 313 ff.
[12] http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_SchutzSexualleSelbstbestimmung.html?nn=6712350. Der Entwurf entspricht inhaltlich weitgehend dem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, der im Jahr 2015 erstellt wurde.
[13] GesE (Fn. 12), S. 8-11.
[14] GesE (Fn. 12), S. 11.
[15] Auch in der Literatur wird eine solche „kleine Lösung“, d.h. eine punktuelle Erweiterung, gefordert, s. Isfen, ZIS 2015, 217 (231 f.), der auf den Vorschlag Bezug nimmt, den Jörg Eisele in einer Anhörung des Rechtsausschusses gemacht hat: Eisele, Schriftliche Stellungnahme zur Sachverständigenanhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages: Art. 36 der Istanbul-Konvention umsetzen – Bestehende Strafbarkeitslücken bei sexueller Gewalt und Vergewaltigung schließen (BT-Drs. 18/1969), S. 11-13, zu finden unter https://www.bundestag.de/blob/357194/a75ae34f805c0734d3e40b030f4c7b20/eisele-data.
[16] Hörnle, GA 2015, 313 (315).
[17] So mein Vorschlag, Hörnle, GA 2015, 313 (315).
[18] S. dazu Fischer, StGB, 63. Aufl. (2016), § 240 Rn. 59; Eser/Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. (2014), § 240 Rn. 38.
[19] Reichenbach, GA 2003, 557 ff.; Zinsmeister, in: dies. (Hrsg.), Sexuelle Gewalt gegen behinderte Menschen und das Recht, 2003, S. 23 (25).
[20] S. für einen solchen Fall z.B. BGH, NStZ 2012, 268.
[21] BGHSt 44, 228 (230); 45, 253 (259 f.); 50, 359 (365); 51, 280 (284).
[22] S. z.B. BGH, NStZ 2015, 211.
[23] Hörnle, in: FS Puppe, 2011, S. 1143 ff.
[24] S. z.B. BGH, NStZ 2013, 279.
[25] BGH, NStZ 2005, 380; NStZ 2003, 424 (425).
[26] S. zum Streit um die Anforderungen an eine schutzlose Lage einerseits Renzikowski, in: MüKo StGB, 3. Bd., 2. Aufl. (2012), § 177 Rn. 44; Wolters, in: SK-StGB, 135. Lfg. (August 2012), § 177 Rn. 13b; Gerhold, JR 2016, 122 ff.; andererseits (wie hier) Hörnle, in: LK-StGB, Bd. 6, 12. Aufl. (2010), § 177 Rn. 104; Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. (2014), § 177 Rn. 9.
[27] S. Nr. 119 in der Constitutio Criminalis Carolina v. 1532, dazu Kratzer–Ceylan (Fn. 2), S. 82 ff.; Hörnle, ZIS 2015, 206 (208).
[28] A.A. Herzog, KritV 2015, 18 (23 f.) der (in Verkennung dessen, was sexuelle Selbstbestimmung ausmacht) den Fokus auf den Willen der beteiligten Personen als „kontraktualistisch“ und „disziplinierend moralisch“ einordnet.
[29] An diesem Punkt besteht ein Unterschied zu „Nur-Ja-Heißt-Ja“-Ansätzen (s. Herning/Illgner, ZRP 2016, 77 ff.), die auch in ambivalenten Situationen mangels erteilter Zustimmung von strafwürdigem Verhalten ausgehen.
[30] Fischer, ZIS 2015, 312 (312 f.).
[31] Hillenkamp, Vorsatztat und Opferverhalten, 1981, S. 17; Schünemann, in: Schneider (Hrsg.), Das Verbrechensopfer in der Strafrechtspflege, 1982, S. 407 ff.
[32] Schünemann (Fn. 31), S. 411.
[33] S. zum Schutz erstaunlich leichtgläubiger Opfer durch § 263 StGB BGH, NJW 1987, 388 (389); NJW 2003, 313 (314).
[34] S. dazu auch Lembke, KJ 2016, 3 (8).
[35] Dazu Hörnle, GA 2009, 626 (629 ff.).
[36] Zur Diskussion um Selbstschutz beim Betrug Hefendehl, in: MüKo StGB, 2. Aufl. (2014), § 263 Rn. 28.
[37] GesE (Fn. 12), S. 14.
[38] S. dazu auch Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff), STREIT 2016, 8 f.
[39] S. zu weiteren Schutzlücken Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff), STREIT 2016, 8 (10 ff.).
[40] S. die Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zum Referentenentwurf Nr. 7/2016 v. März 2016, S. 8, zu finden unter: http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmen-deutschland/2016/maerz/stellungnahme-der-brak-2016-7.pdf.
[41] GesE (Fn. 12), S. 14. In einem Klammerzusatz wird auf BT-Drs. VI/3521, S. 16 und Hörnle, in: LK-StGB, § 171 Rn. 16 verwiesen – die Kommentierung des § 171 StGB im LK ist allerdings nicht von mir.
[42] GesE (Fn. 12), S. 15.
[43] Hörnle, ZStW 127 (2016), 851 (877 f.).
[44] S. dazu Eisele, in: Schönke/Schröder, § 179 Rn. 3; Hörnle, in: LK-StGB, § 179 Rn. 28.
[45] BGH, NStZ 1983, 553; Urt. v. 20.3.2012 – 1 StR 447/11, BeckRS 2012, 11487.
[46] BGH, NStZ 2012, 269 (270); im Ergebnis auch BGH, Urt. v. 20.3.2012 (Fn. 45).
[47] Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff), STREIT 2015, 189 f.; Hörnle, STREIT 2016, 3 ff.; Lembke, KJ 2016, 3 (8).
[48] S. die Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer (Fn. 40), S. 9 f.
[49] GesE (Fn. 12), S. 17.
[50] GesE (Fn. 12), S. 16.
[51] GesE (Fn. 12), S. 17.
[52] S. Bundesrechtsanwaltskammer (Fn. 40), S. 10 f.; ferner Hörnle, ZStW 127 (2016), 851 (885) (dort noch auf der Basis des Referentenentwurfs von 2015; der jetzt vorliegende Entwurf geht etwas ausführlicher auf die schwierigen Auslegungsfragen ein).
[53] GesE (Fn. 12), S. 18 f.
[54] Die Verf. ist Mitglied der Reformkommission. Die hier vertretenen Auffassungen sind nicht der Kommission zuzurechnen.