von Wiss. Mit. Monique Schmidt
Am 05. und 06. März 2016 rückte eine zweitägige internationale Konferenz an der Universität Trier zum Thema „Herausforderungen der Organisierten Kriminalität (OK) an das Strafrecht – Brasilien, Italien, Deutschland“ die OK-Bekämpfung in den Fokus aktueller wissenschaftlicher Diskussionen.
Bei der von Prof. Dr. Pierre Hauck konzipierten Konferenz betrachteten neben Referenten aus der nationalen Wissenschaft, vom Landeskriminalamt und von den nationalen Staats¬anwaltschaften auch Referenten aus Brasilien und Italien die aktuellen Bestrebungen der Bekämpfung Organisierter Kriminalität aus der Sicht ihrer Institutionen.
Die Veranstaltung begann mit einer Begrüßung der Gäste, u.a. dem Präsidenten des Landgerichts Trier Thomas Henrichs und einer Delegation der Hochschule der Polizei RLP, sowie einer Vorstellung der Referenten durch Prof. Dr. Hauck. Nach einer Einführung in das Tagungsthema durch Prof. Dr. Hauck hielt Kriminalhauptkommissar Dominique Brisbois vom Landeskriminalamt Mainz seinen Vortrag zum Thema „Aktuelle Herausforderungen der OK-Bekämpfung aus Sicht der Polizei“. Daran anschließend folgte der Beitrag von Oberstaatsanwalt Egbert Bülles von der Staatsanwaltschaft Köln zum Thema der „Aktuellen Herausforderungen der OK-Bekämpfung aus Sicht der Staatsanwaltschaft“. Diese hochkarätigen Praktikervorträge boten einen ersten Blick in die Herausforderungen, welche die OK an das Strafrecht in Deutschland aktuell stellt. Exemplarisch zu nennen wären in diesem Fall:
• Die zunehmende Ausrichtung der OK auf den „Normalbürger“
• Die zunehmende Spontaneität der Täterkooperation und die OK als „Crime-as-a-Service“
• Die weitere Zunahme der Internetkriminalität
• Die „Exportleistung“ der OK anhand der Rockerkriminalität
Nach einer kurzen Mittagspause rückte dann Brasilien in den Fokus. Hierzu erörterte Prof. Dr. Sven Peterke, Uni-versitätsprofessor für Völkerecht an der Universidade de Paraiba (Joao Pessoa), wichtige Aspekte zur „Gewaltsamen Organisierten Kriminalität von Drogenbanden in Rio de Janeiro“. Nach diesem spannenden und überaus lehrreichen Vortrag gelang es Herrn stv. Generalbundesanwalt Prof. Dr. Eugênio José Guilherme de Aragão (Brasilia) mit seinem Vortrag zu dem Thema „Private Finanzierung von Parteien und Wahlkampagnen im Ursprung systematischer Korruption und Organisierter Kriminalität in Brasilien“ noch einen weiteren wichtigen Aspekt der Organisierten Kriminalität in Brasilien in den Fokus des Nachmittags zu rücken.
Während damit am Samstagnachmittag die Organisierte Kriminalität in Brasilien thematisiert wurde, beleuchteten am Sonntag zwei italienische Wissenschaftler aktuelle Entwicklungen und Missstände in ihrem Land. Hierzu begann Prof. Dr. Giuseppina Panebianco, Universitätsprofessorin für Strafrecht an der Universität Messina, einer Partneruniversität der Uni Trier, mit ihrem Vortrag zum Thema „Die Verfolgung der Organisierten Kriminalität in Italien: Aktuelle Entwicklungen und Missstände im materiellen Recht (unter Einbezug des EU-Rechts): Strafbarkeit und Gewinnabschöpfung“. Dieser Vortrag stellte sich nicht nur als gelungene Einführung in das italienische System der OK-Bekämpfung dar, vielmehr zeigte Prof. Dr. Panebianco auch weitere interessante Bekämpfungsvorschläge auf, welche auch der deutschen OK-Bekämpfung neue Anknüpfungspunkte bieten. Dazu zählen vor allem materiellrechtliche Vorgaben zur Strafbarkeit der Mitgliedschaft in einer mafiösen Vereinigung gemäß Art. 416-bis iStGB und die Pflicht zur Vermögensabschöpfung in solchen Fällen. Im Anschluss an diesen gelungenen Vortrag erläuterte Prof. Dr. Stefano Ruggeri, ebenfalls Universitätsprofessor für Strafrecht an der Universität Messina, in seinem Vortrag zum Thema „Die Ermittlung und Verfolgung von Organisierter Kriminalität in Italien – Aktuelle Entwicklungen im Prozessrecht“ wichtige Aspekte innerhalb des italienischen Prozessrechts. Auch dieser beachtenswerte Vortrag brachte neue Sichtweisen sowohl auf das italienische als auch auf das deutsche Prozessrecht. Namentlich wurden die Regeln zum Tatnachweis, die Voraussetzungen für die Untersuchungshaft und die menschenrechtlichen Implikationen solcher Verfahren eingehend erörtert.
Am Ende dieses informationsreichen Tages stellten sich in der wiederum von Prof. Dr. Hauck geleiteten Samm-lung des wissenschaftlichen Ertrags erhebliche Unterschiede im Bestand und in der Reichweite des strafbaren Verhaltens, aber auch viele Überschneidungen der Denk- und Sichtweisen der einzelnen Länder auf die OK-Bekämpfung heraus. Dies zeigte sich insbesondere in der gemeinsamen Überzeugung, solchen Organisationen die Finanzmittel zwar wirkungsvoll entziehen zu müssen, dabei aber auch mögliche Folgeschäden für die Volkswirtschaften nicht außer Betracht zu lassen. Daher muss man schlussendlich feststellen, dass diese zweitägige internationale Konferenz nicht nur wissenschaftlich wertvoll war, sondern darüber hinaus auch gezeigt hat was durch internationale Zusammenarbeit im Bereich von neuen wissenschaftlichen Denkanstößen erreicht werden kann.
Die Gruppe der beteiligten Wissenschaftler wird die Vorträge und Ergebnisse dieser Tagung demnächst veröffentlichen und auch in Zukunft eng zusammenarbeiten.