Sara Brinkmann: Zum Anwendungsbereich der §§ 359 ff. StPO – Möglichkeiten und Grenzen der Fehlerkorrektur über das strafrechtliche Wiederaufnahmeverfahren

von Anke Arkenau

Beitrag als PDF Version 

2017, Duncker & Humblot GmbH, Berlin, ISBN: 978-3-428-15121-9 (Print), S. 294, 79,90 €.

Das vierte Buch der Strafprozessordnung mit dem Titel „Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens“ mutet mit lediglich 18 Paragrafen, konkret den §§ 359 ff. StPO, durch eine in der Laiensphäre augenscheinliche und etwaig durch selbigen Anschein bedingte Einfachheit und Prägnanz an. Dass genau dieser Schein trügt und nicht zuletzt durch höchstrichterliche Rechtsprechung – namentlich keinem Geringeren als dem BGH selbst – hinreichender diskursiver Zündstoff in dieser Thematik liegt, belegt Brinkmann in ihrem vorliegenden Werk in beeindruckender Art und Weise. Inspiriert von dem von Ekkehard Appl[1] als kurios klassifizierten Fall „Der fingierte Tod des Angeklagten“, BGHSt 52, 119, widmet sich Brinkmann eigens und anderweitig erkanntem dogmatischem Neuland (S. 13) und nimmt dieses zum Anlass, die zu Grunde liegende komplexe und fehleranfällige Materie vorweggenommen erfolgreich zu erhellen. Schon beim Lesen der einleitenden Ausführungen von Brinkmann wird deutlich, dass das Leitthema der Arbeit nicht nur an den kleinen Rädchen unseres Rechtsstaates dreht, sondern vielmehr die Grundfeste desselben tangiert, was sich in Formulierungen wie „das Streben nach Wahrheit und Gerechtigkeit“ (S. 14) widerspiegelt.

Für ihre anspruchsvolle Arbeit wurde neben anderen Preisträgern auch Brinkmann mit dem Promotionspreis 2016 der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, gestiftet von den Schweitzer Fachinformationen, für herausragende wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet.[2]

Zugegebenermaßen fällt die vorliegende Rezension sehr umfassend aus. Dieses ist vor dem Hintergrund des Anspruchs, die wesentlichen von der Autorin herausgearbeiteten Kernpunkte in ihren Grundzügen darzustellen, um die Arbeit abschließend in ihrer Gesamtheit bewerten zu können, durchaus geboten. Eine Straffung der nachfolgenden Ausführungen würde der Bearbeitungsbreite und -tiefe des Werks von Brinkmann nicht gerecht werden.

Nach einer prägnant problemorientierten und zugkräftigen Einführung (S. 13 ff.) teilt sich die Arbeit von Brinkmann in drei Kapitel auf, die in einem zusammenfassenden Fazit (S. 270 ff.) münden. Diesem Aufbau folgend widmet sich Brinkmann zunächst allgemein dem Begriff des Fehlurteils aus inhaltlicher wie zeitlicher Perspektive (S. 19 ff.). Eine Debatte über die nicht als unkritisch zu betrachtende Lehre der Urteilsnichtigkeit schließt sich an (S. 27 ff.). Diesem folgt ein „Querschnitt durch die gesetzlich vorgesehenen Korrektursysteme“ (S. 39), was im Hinblick auf die Leitfrage, welche sich aus dem Untertitel der Arbeit ergibt, grundlegend und folgerichtig ist (S. 39 ff.). Von gleichsam genereller Natur ist der sich anschließende Diskurs über Rechtskraft versus Vertrauensschutz, welcher in der Feststellung des optionalen Zugriffs auf gerichtliche Entscheidungen mündet (S. 66 ff.), womit Brinkmann in die Folgekapitel und die konkreten Möglichkeiten und Grenzen der Fehlerkorrektur über das Wiederaufnahmeverfahren überleitet. Hierbei sind zunächst unterkategorisierte Fälle im Rahmen von Sachurteilen Betrachtungsgegenstand, zu denen es zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an bestimmten entscheidungserheblichen Erkenntnissen mangelte (S. 80 ff.). Mit dem anschließenden Fokus auf Prozessurteile stellt Brinkmann im Weiteren Fälle dar, in denen es gerade nicht an einer Information fehle, sondern vielmehr irrige Annahmen in dadurch bedingt fehlerhaften Entscheidungen münden (S. 159 ff.). Im Folgekapitel erörtert Brinkmann den fallspezifischen Umgang mit gerichtlichen Entscheidungen, denen Rechtsanwendungsfehler zu Grunde liegen (S. 224 ff.) und prüft gleichsam das Anwendungspotential des Wiederaufnahmeverfahrens. Im Ergebnis trifft Brinkmann deutliche, klarstellende und für die Anwendungspraxis hilfreiche Aussagen in einem sehr präzise formulierten und aus fachlicher Sicht gewinnbringendem Fazit (S. 270 ff.).

In ihrer Einleitung (S. 13 ff.) eröffnet Brinkmann eingangs das Spannungsfeld zwischen der Rechtskraft eines gerichtlichen Urteils und dem etwaigen Bedürfnis, eine fehlerhafte Entscheidung im Nachgang zu korrigieren (S. 14). Diesen Konflikt zu lösen seien insbesondere die Regelungen zur Wiederaufnahme nach §§ 359 ff. StPO bestimmt (S. 14), die in ihren Ursprüngen bis heute in abschließender Aufzählung gleichsam ihre Anwendungsfälle begrenzen (S. 15). Bei glasklarem Wortlaut der Vorschriften bestehe Klärungsbedarf hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung und praktischer Hürden (S. 15). Die einschlägigen strafprozessualen Vorschriften seien relativ beständig geblieben, es fehle jedoch an einer Adaption der sich entwickelnden Rechtslage, insbesondere mit Blick auf Entscheidungen auf dem Beschlusswege (S. 17). Bei kurz beschriebenem und flankiertem Betrachtungsgegenstand (S. 16-18) sollen auch unter Berücksichtigung einschlägiger Untersuchungen sowie anhand konkreter Fallkonstellationen mögliche Lösungen entwickelt werden (S. 18).

Soweit fehlerhafte Entscheidungen bzw. Fehlurteile Grundlage der vorliegenden Untersuchung sind, bedarf es unstrittig einer eingrenzenden Begriffsbestimmung, die Brinkmann in ihrem ersten Kapitel vornimmt (S. 19 ff.). Nach kurzer Erörterung objektiver und subjektiver Einflüsse bei gerichtlichen Entscheidungsfindungen und den Folgen einer Fehlentscheidung in der Öffentlichkeit sei „das fehlerhafte Urteil, auch das rechtskräftige, ein tatsächliches und trotz größtmöglicher Vorsorge nicht zu vermeidendes Faktum“ (S. 19). Vor dem Hintergrund, dass zur Wahrheitsfindung insbesondere auch durch die Strafprozessordnung nur begrenzt Mittel und Methoden zur Verfügung ständen, seien Entscheidungen dann fehlerhaft, wenn „die zugrunde liegende Tatsachenbasis dieser forensischen Wahrheit nicht entspricht“ oder Subsumtions- sowie Verfahrensfehler unterlaufen seien (S. 21), sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Betroffenen[3] (S. 22). Mit Bindungswirkung (S. 22-24) sei dem entscheidenden Richter der Zugriff auf dessen Entscheidung grundsätzlich verwehrt, der Schritt zur nächsten Instanz obligatorisch (S. 24). Als Ausnahme ergebe sich aus § 267 StPO ein „für alle Beteiligten offensichtliches Versehen nichtsachlicher Art“ unter Ausschluss einer Abänderung des Entscheidungsinhaltes, namentlich „Rechen-, Schreib- und Fassungsfehler“, die einer Korrektur durch den entscheidenden Richter selbst zugänglich seien (S. 24 f.). Die Diskussion um die logische Folgefrage einer etwaigen Nichtigkeit schwerwiegend fehlerbehafteter Entscheidungen (S. 27 ff.) entscheidet Brinkmann derart, als dass sie auf die Verfahrensordnung im Allgemeinen und nicht zuletzt auf die Wiederaufnahmevorschriften und dem damit manifestierten Willen des Gesetzgebers verweist, der damit „vorgeschriebene[n] Bahnen“ festgelegt habe, deren Verlassen unnötig sei, da sich solche Fälle durch Anwendung geltenden Rechts lösen ließen (S. 38).

Im Kontext fehlerhafter Entscheidungen unternimmt Brinkmann nunmehr einen Ausflug in die im Grundsatz gesetzlich gegebenen „Korrektursysteme“ als Grundlage für die Anschlussfrage, ob für diese und speziell für die Wiederaufnahme gem. §§ 359 ff. StPO Erweiterungsbedarf bestehe (S. 39). Die Wiederaufnahme (S. 39-51) klassifiziert Brinkmann als „die prominenteste Möglichkeit zur erneuten Überprüfung einer rechtskräftigen Entscheidung“ sowie mit Blick auf das gesamte Vierte Buch der Strafprozessordnung als „in sich geschlossenes Regelsystem“ (S. 39). Als wesentlichen Unterschied der Wiederaufnahme zugunsten und zuungunsten des Verurteilten bzw. Angeklagten führt Brinkmann an, dass selbige zuungunsten gerade nicht aufgrund einer neuen Erkenntnislage möglich sei (S. 40). Eine Darstellung des Streitstandes dazu folgt (S. 40-42). Finden in der Hauptsache Wiederaufnahmeanträge zugunsten des Verurteilten ihre Grundlage in § 359 Nr. 5 StPO, führen die sonstigen Gründe aus § 359 StPO eher ein praktisches Schattendasein (S. 42 f.), so dass auch Brinkmann im Weiteren ihren diskursiven Fokus auf diese Vorschrift legt, zunächst den absoluten Wortlaut des Gesetzestextes betrachtend, in dessen Auslegung neue, substanzielle Erkenntnisse erforderlich seien (S. 43-45). Im Übrigen verlange der Gesetzestext die zu begründende Eignung des Vorgetragenen, die in § 359 Nr. 5 StPO beschriebenen Begünstigungen zu erreichen, wobei gerade nicht zu fordern sei, dass sich dieses in einem konkreten Antragsziel erschöpfe (S. 45-47). Ausführungen zur gerichtlichen Zuständigkeit, den Stufen des Verfahrens und den konkreten Abläufen und Rahmenbedingungen umrahmen die Erörterungen (S. 47-49), wobei dargelegt wird, dass „in der Praxis große Zurückhaltung beim Tätigwerden zugunsten des Verurteilten vorzuherrschen“ scheint (S. 49), sowohl auf Seiten der Staatsanwaltschaft (S. 49 f.), als auch auf Seiten der Verteidigung (S. 50 f.). Auf die letztinstanzliche Kontrollfunktion des BVerfG mittels Individualverfassungsbeschwerde als Garant effektiven Rechtsschutzes weist Brinkmann im quasi thematisch fließenden Übergang hin (S. 51).

Die in den darauf folgenden Abschnitten dargestellten gesetzlich normierten Korrektive mit mehr oder minderer Praxisrelevanz sind mit Blick auf den Schwerpunkt der Arbeit von der Autorin angemessen straff gehalten. Dem Klageerzwingungsverfahren gem. §§ 174 Abs. 2, 211 StPO spricht Brinkmann auch mit dem Blick auf denkbaren Erfolg „Seltenheitswert“ zu (S. 51). Bei augenscheinlich erkennbaren Parallelen zu § 359 Nr. 5 StPO zieht Brinkmann konturscharfe Trennlinien zwischen diesen Regelungen (S. 52 f.). Das Korrektiv der Anhörungsrüge gem. §§ 33a, 311 a StPO – ergänzend auch des § 356a StPO – biete punktuelles Interventionspotential aufgrund eines konkret umrissenen Verfahrensverstoßes, der in Abgrenzung zum Wiederaufnahmeverfahren auch von Amts wegen möglich sei (S. 53 f.). Das Regulativ der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 44 ff. StPO sei durch Ausnahmen der Rechtsprechung geprägt und systemimmanent begrenzt (S. 54-56). Auch ermögliche das Instrument der grundgesetzlich geregelten Verfassungsbeschwerde unter bestimmten engen Voraussetzungen den optionalen Angriff eines rechtskräftigen Urteils, wobei abgrenzend zu §§ 359 ff. StPO Identität zwischen im Ursprung und neu entscheidendem Gericht bestehen könne (S. 56 f.). Am Rande wird auf das besonders spezifische Korrektiv des § 79 Abs. 1 BVerfGG als quasi ungeschriebener § 359 Nr. 7 StPO hingewiesen, welches zwar einen direkten Bezug zu den Wiederaufnahmevorschriften nimmt, in den Voraussetzungen jedoch übergeordnetes Verfassungsrecht beschreibe (S. 57 f.). Die Verfahrensgarantie, die sich aus Art. 6 EMRK ergebe, realisiere sich in der Wiederaufnahmevorschrift zu § 359 Nr. 6 StPO, habe jedoch nur wenig praktische Bedeutung, da der Wiederaufnahme die Feststellung der Konventionswidrigkeit im konkreten Einzelfall durch den Gerichtshof, erstritten durch den Betroffenen selbst, vorauszugehen habe (S. 59 f.). Des Weiteren beinhalte der § 458 Abs. 1 StPO einen „echten Rechtsbehelf“, sei aber „als echtes Korrekturmittel“ eher untauglich (S. 60), da der Zweck der Vorschrift gerade nicht sei, „unrichtige Urteile richtig zu machen“ (S. 61). Die Lösung über das Strafvollstreckungsverfahren finde jedoch als „pragmatische Alternative zur Wiederaufnahme nach §§ 359 ff. StPO“ in der Diskussion ihre Existenzberechtigung (S. 62). Es sei nicht ausgeschlossen, dass das im Folgenden diskutierte Gnadenverfahren (S. 62 ff.) eine Schnittmenge zum Wiederaufnahmeverfahren genau dann aufweise, wenn „Mängel des Urteils“ korrigiert werden sollen (S. 63), reduziere sich aber auf die Anwendbarkeit in Einzelfällen ohne Grundsatzcharakter (S. 64). Beim zuletzt besprochenen Instrument der Gegenvorstellung (S. 64 f.) mangele es auf der einen Seite an Praxisrelevanz, zum anderen fehle es an Anwendbarkeit auf den hauptsächlichen Betrachtungsgegenstand der Arbeit (S. 65).

In dem dieses Kapitel abschließenden Unterkapitel diskutiert Brinkmann Pro und Contra zu der Frage, inwiefern die Korrigierbarkeit einer Entscheidung sich allein aus ihrer Rechtskraft herleiten lasse (S. 66 ff.). Die Rechtskraft sei – anders als in der Schweiz – im deutschen Strafprozessrecht nicht ausdrücklich normiert, bilde jedoch das „Fundament des rechtsstaatlichen Verfahrens“ (S. 66) ab, in dem sich das Ziel eines jeden Prozesses in Form einer endgültigen Entscheidung im Sinne eines Schlusspunktes verwirkliche (S. 66), um damit im Grundsatz „Unabänderbarkeit“ zu gewährleisten (S. 67). Nach kurz andiskutierten Defiziten dieses Ansatzes (S. 67-69) stellt Brinkmann eine eigene alternative Betrachtungsweise vor (S. 69 ff). Aus dem „Gebot der Rechtssicherheit“ ergebe sich der „Topos des Vertrauensschutzes“ mit der „Erwartung von Kontinuität im Recht“ (S. 70). Wesentliches Prozessziel sei in diesem Kontext die Herstellung und Aufrechterhaltung des allgemeinen Rechtsfriedens (S. 73) unter Gewährleistung des Vertrauens in den Bestand gerichtlicher Entscheidungen (S. 75). Als gleichsame Verkörperung eines Missverhältnisses dieser Prinzipien habe der Gesetzgeber insbesondere mit den §§ 359 ff. StPO diejenigen Fälle geregelt, in denen gerade „das Vertrauen in die Beständigkeit der Entscheidung nicht mehr berechtigt erscheint, da die rechtsstiftende Funktion des Verfahrensabschlusses nicht mehr gewährleistet“ sei (S. 79), um damit in die konkretisierenden Folgekapitel überzuleiten.

Den Hauptteil der Arbeit von Brinkmann nimmt das nunmehr folgende Kapitel, welches sich mit „aus tatsächlichen Gründen fehlerhafte[n] Entscheidungen“ befasst, ein (S. 80-223). In den zwischen Sach- (S. 80 ff.), Prozessurteilen (S. 159 ff.) und urteilsersetzenden Beschlüssen (S. 187 ff.) differenzierenden Darstellungen – Überschneidungen werden punktuell erörtert – werden diejenigen Fälle diskutiert, zu denen „dem Gericht […] im Zeitpunkt der Entscheidung bestimmte Umstände nicht bekannt [waren], deren Kenntnis dem Verfahren eine andere Wendung gegeben hätte“ (S. 80). Brinkmann untersucht vor diesem Hintergrund, ob die Wiederaufnahmeregelungen auf derart fehlerhafte Entscheidungen aufgrund von klassischen Verfahrenshindernissen, Beweisverwertungsverboten und sonstigen Verfahrensfehlern anwendbar sind (S. 80). Flankierend unternimmt Brinkmann sinngemäß „die Eingliederung des Strafbefehls in das System der Wiederaufnahme“ (S. 142 ff.).

Als erstes klassisches Verfahrenshindernis erfolgt die Betrachtung der Strafunmündigkeit als absolutes Strafverfolgungshindernis (S. 81 f.). Bei fehlerhaften Entscheidungen, denen die irrige Annahme eines Alters über vierzehn Jahren oder der falschen Annahme, die Handlung sei später – als Strafmündigkeit gegeben war – erfolgt, seien weder die Urteilsnichtigkeit, noch das Gnadenverfahren eine Lösungsoption, sondern die Anwendung des Wiederaufnahmeverfahrens opportun (S. 82). Der Rückgriff auf § 359 Nr. 1, 2 StPO sei prekär (S. 83). Vielmehr sei § 359 Nr. 5 StPO als „Generalklausel“ (S. 84) das geeignete Rechtsinstrumentarium, einen solchen Mangel zu beheben (S. 84-89). Der Folgeabschnitt betrachtet die etwaige Verjährung der Tat (S. 89-94). Diskussionsgegenstand seien die Fälle, in denen das Gericht zum Entscheidungszeitpunkt Umstände nicht kenne, die eine Verjährung und damit die Nichteröffnung des Hauptverfahrens bzw. die Einstellung begründen würden (S. 89). BGH und herrschende Literatur erachten die Wiederaufnahme, speziell gem. § 359 Nr. 5 StPO, als einschlägig bzw. zulässig (S. 90). Soweit Brinkmannmit Blick auf die dogmatische Rechtfertigung nach umfassender Argumentation den Bezug zur Schuldfrage negiert (S. 90-93), schließt sie sich im Ergebnis der Einschlägigkeit des § 359 Nr. 5 StPO an (S. 93 f.). Trotz gleichgelagerter aber auch entgegenstehender gerichtlicher Ansichten (S 95 f.) konstatiert Brinkmann bei fehlendem Strafantrag als unabdingbare Prozessvoraussetzung die Eignung des § 359 Nr. 5 StPO als anwendbares Korrektiv, da in den dargestellten Fällen „eine[r] die Wiederaufnahme rechtfertigende Qualität“ (S. 97) erreicht sei. Die Sonderkonstellation einer etwaigen Amnestie (S. 97 f.) lasse nach Ansicht von Brinkmann die Anwendung des Wiederaufnahmeverfahrens gem. § 359 Nr. 5 StPO zu, soweit „neue Beweisergebnisse im Hinblick auf die Amnestiefähigkeit angeboten“ würden (S. 98).

Der Abschnitt „Verbot der Doppelbestrafung“ (S. 98-109) und die feststellbare Unkenntnis über die Anwendbarkeit der Wiederaufnahmevorschriften „reiht sich […] in die Fallgruppen von Fehleinschätzungen betreffend die Strafmündigkeit, verjährungsunterbrechende Handlungen den Strafantrag oder das Eingreifen einer Amnestie nahtlos ein“ (S. 103). Bieten Denkansätze zu einer etwaige Urteilsnichtigkeit, zum Gnadenweg oder einer vollstreckungsrechtlichen Lösung kein geeignetes Korrekturinstrument (S. 102), könne die vermeintliche Regelungslücke zur Korrektur einer Entscheidung contra dem Verbot der Doppelbestrafung durch § 359 ff. StPO, konkret durch § 359 Nr. 5 StPO, geschlossen werden (S. 103). Dass die scheinbar schlichte Theorie in der Praxis Grenzen erfahren könne, macht Brinkmann anhand einer einschlägigen potentiell materiell widersprüchlichen Raub-Hehlerei-Konstellation deutlich (S. 105-107), wobei an der grundsätzlichen Eigenschaft als Korrektiv für solche Fälle nicht gezweifelt wird (S. 107).

Im Weiteren ist die Verhandlungsfähigkeit bzw. -unfähigkeit des Angeklagten Betrachtungsgegenstand der Untersuchung von Brinkmann (S. 109-114) mit Blick auf selbige im Rahmen der Tatsacheninstanz (S. 110). Als Verfahrenshindernis sei bei Dauerhaftigkeit die Beendigung bzw. im Zweifelsfalle die vorläufige Einstellung herbeizuführen (S. 110). Brinkmann stellt die Anwendbarkeit der Wiederaufnahme, speziell des § 359 Nr. 5 StPO aber auch weiterer Konstellationen, zugunsten des Verurteilten grundsätzlich fest (S. 112). Soweit die Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten auch im Rahmen der Wiederaufnahme fortwirke, sei dieses kein Hinderungsgrund für die Durchführung desselben. Das Vierte Buch halte auch für diese Konstellation mit § 371 Abs. 2 StPO eine Lösungsoption bereit (S. 113 f.).

Zur Frage, wie beim Fehlen einer deutschen Gerichtsbarkeit zu verfahren sei (S. 114-117), positioniert sich Brinkmann derart, dass im ersten Schritt keine grundsätzliche Urteilsnichtigkeit angenommen werden könne, soweit „Irrtümer über das Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen“ vorlägen, welche „die dennoch ergangene Entscheidung fehlerhaft und anfechtbar“ machen würden (S. 115). Für den Fall einer gegebenen parlamentarischen Immunität sei die Einstellung des Erstfahrens endgültig (S. 116). Den Diskurs, ob bei Verfahrenseinstellung Schutz vor erneuter Strafverfolgung in der Zukunft gegeben sei, lässt Brinkmann mangels Einschlägigkeit offen (S. 116). Soweit jedoch neue Erkenntnisse offenbar würden, „dass der Angeklagte zur Zeit der Verurteilung der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen war und das Verfahren hätte eingestellt werden müssen, so steht der Anwendbarkeit des Wiederaufnahmeverfahrens demnach nichts entgegen, sofern das Gericht die tatsächlichen Umstände nicht kannte, aus denen sich die fehlende Gerichtsbarkeit ergibt“ (S. 116). Die Reihe der zuvor genannten Fallkonstellationen schreibe sich insofern fort (S. 117).

Darüber hinaus stelle auch ein im Folgeabschnitt in gebotener Kürze behandelter Verstoß gegen den „im internationalen Strafrecht beheimateten Spezialitätsgrundsatz“ (S. 117), einschlägig in speziellen Fragen der Auslieferung, ein relevantes Verfahrenshindernis dar, welches im Wiederaufnahmeverfahren Berücksichtigung finden könne (S. 118). Auch können sich Defizite bei der Anklage und dem darauf basierenden Eröffnungsbeschluss ergeben (S. 119-122), welche sich derart verkörpern können, als dass „insgesamt oder hinsichtlich einzelner Taten oder Angeschuldigter keine Anklage erhoben wurde oder keine Eröffnungsentscheidung ergangen oder als Urkunde nicht existent ist, weil die Beschlussfassung nicht schriftlich fixiert wurde“ (S. 119). Soweit es an dieser Verfahrensvoraussetzung fehle, sei die Einstellung des Verfahrens opportun und in konsequenter Fortführung des vorab Festgestellten die Eröffnung des Anwendungsbereichs der des Wiederaufnahmeverfahrens gegeben (S. 121 f.).

Anschließend stellt Brinkmann die Frage, inwieweit die Wiederaufnahmevorschriften gem. §§ 359 ff. StPO auf Fehler im Rahmen der Beurteilung der Beweisverwertbarkeit anwendbar sind (S. 122-128). Bei gegebener Falldiversität sei nachvollziehbar regelmäßig kein Prozesshindernis gegeben (S. 123). Einleitend konstatiert Brinkmann die grundsätzliche Zugänglichkeit der §§ 359 ff. StPO, insbesondere der §§ 359 Nr. 2, 3 StPO (S. 123). Die etwaige Anwendbarkeit des § 359 Nr. 5 StPO entscheidet Brinkmann unter Berücksichtigung der Besonderheiten der „Widerspruchslösung“ eindeutig zugunsten einer solchen (S. 124-126). Im Gegensatz zu den in den vorherigen Abschnitten behandelten Verfahrenshindernissen tangiere das Beweisverwertungsverbot gerade nicht das Verfahren an sich, sondern vielmehr den Schuldspruch bzw. Strafausspruch als solches, soweit einzelne oder hauptsächlich belastende Beweismittel fraglich seien (S. 126) und es dem Verurteilten gelinge, neue Erkenntnisse beizubringen, welche „die Unverwertbarkeit eines die Verurteilung wegen des konkreten Tatbestandes wesentlich stützenden Beweises belegt[en]“ (S. 127). Der gegensätzliche Fall zuungunsten des Verurteilten, bei dem irrtümlich ein Beweisverwertungsverbot zu einem belastenden Umstand vom Gericht angenommen wurde, sei ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 362 Nr. 4 StPO wiederaufnahmefähig (S. 127 f.).

Der nächste Abschnitt (S. 128-141) umfasse Konstellationen, in denen „bei der Anwendung von formellem Recht von falschen tatsächlichen Ereignissen und Verhältnissen ausgegangen wird“ (S. 128), welche über die in den §§ 359 Nr. 1-3, 362 Nr. 1-3 StPO beschriebenen Anwendungsfälle hinausgehen und als sonstige Verfahrensfehler bezeichnet würden. So sei der Anwendungsbereich des Wiederaufnahmeverfahrens regelmäßig nicht, aber durchaus dann eröffnet, soweit das Gericht über seine örtliche Zuständigkeit irrte, dieses durch neue Erkenntnisse belegt und der Einwand durch den Angeklagten gem. § 16 S. 3 StPO mit der Folge der Einstellung rechtzeitig erfolgt sei (S. 130 f.). Die facettenreichen Fallkonstellationen und abwägenden Ausführungen (S. 132-135) zu der unzulässigen Abwesenheit eines Angeklagten ergeben wenig Relevanz für eine eventuelle Wiederaufnahme, fänden ihre regulierenden Instrumentarien vielmehr an anderer Stelle (S. 132, 134). In Fällen der Befangenheit des Gerichtes verhalte es sich sinngemäß (S. 135-138), soweit der Anwendungsbereich des § 359 Nr. 3 StPO nicht tangiert sei (S. 137). In Bezug auf § 359 Nr. 5 StPO sei keine Einschlägigkeit gegeben (S. 137). Verfahrensmängel, die über die Strafzumessungslösung reguliert werden, seien einer Wiederaufnahme im Grundsatz kaum zugänglich (S. 139-141), allenfalls mittels bereits festgestellter Konventionswidrigkeit durch den Gerichtshof selbst oder aufgrund eines wie oben dargestellten klassischen Verfahrenshindernisses (S. 141). Als Zwischenfazit konstatiert Brinkmann, dass sonstige Verfahrensfehler eine Wiederaufnahme wiederkehrend nicht begründen (S. 142).

Einen eigenen Abschnitt vor dem Hintergrund der Gesamtthematik eröffnet Brinkmann für das Strafbefehlsverfahren gem. §§ 407 ff. StPO (S 142-159). Dieses begründet die Autorin mit der gesetzlich geregelten „urteilsgleichen Wirkung im Falle der Nichtanfechtung“ trotz Erlasses auf dem Beschlusswege (S. 142). Das Strafbefehlsverfahren gelte „als prozessökonomische und ressourcenschonende Möglichkeit, Fälle von leichter bis mittlerer Kriminalität abzuwickeln“ (S. 143) unter Einhaltung des vorgegebenen Rahmens (S. 143 f.). Eine Wiederaufnahme sei auch – neben den §§ 359 ff. StPO – über § 373a Abs. 1 StPO unter den dort beschriebenen Voraussetzungen mit der Folge der Verurteilung wegen eines Verbrechens und gerade nicht wegen eines Vergehens möglich, wobei Brinkmann die Berücksichtigung sich nachträglich ergebender Tatfolgen argumentativ ablehnt (S. 145-147). Ein diesbezüglicher Rückgriff auf § 359 Nr. 5 StPO sei nicht statthaft (S. 147). Nach Ansicht von Brinkmann finde der durch § 373a Abs. 1 StPO manifestierte, im Vergleich zum Regelverfahren geringere, Bestandsschutz durchaus seine Existenzberechtigung (S. 147-151). Die Wiederaufnahme zugunsten aber auch zuungunsten sei möglich, die bislang festgestellten Erkenntnisse seien übertragbar (S. 151). Soweit das Strafbefehlsverfahren erhöhtes Gefahrenpotential in Bezug auf das Verbot der Doppelbestrafung optional in sich trage, seien Problemfälle über die Wiederaufnahmevorschriften lösbar (S. 152-154). Auch bei eingetretener Rechtskraft eines Strafbefehls bei gleichzeitig eingelegtem Einspruch des Angeklagten sei das Verbot der Doppelbestrafung tangiert (S. 155), wobei die im Detail zu differenzierenden Konstrukte zumindest auch über die Wiederaufnahme zu regeln geeignet seien (S. 154-159).

Das zweite Unterkapitel in diesem Hauptteil widmet sich abschnittsweise zunächst klassischen Verfahrensfehlern im Rahmen von Prozessurteilen, namentlich den Verfahrenshindernissen (S. 159-179). Die zu diskutierenden Fälle haben im Gegensatz zum vorherigen Unterkapitel gemein, dass die Existenz solcher Verfahrenshindernisse irrig angenommen würde, was in einer Verfahrenseinstellung nach §§ 206a, 260 Abs. 3 StPO und damit einer fehlerhaften Entscheidung gemündet sei (S. 159/160).

Soweit es an „prozessuale[r] Substanz“ in Form von Anklage, Eröffnungsbeschluss oder Zuständigkeit fehle, was in einer Einstellung münde, stehe einer erneuten Initiierung des Verfahrens nichts entgegen, lediglich die Fortführung sei unzulässig (S. 161). Einem Zugriff auf diese fehlerhafte Entscheidung bedürfe es gerade nicht (S. 162). Bei irriger Annahme einer eingetretenen Verjährung (S. 162-170) und einer damit einhergegangenen Einstellung des Verfahrens, mache letzter Schritt den Vorgang unzugänglich (S. 165). Die „Verfolgungsverjährung [sei] ihrer Natur nach ein nicht behebbares Verfahrenshindernis“ (S. 165). Darüber hinaus sei konkludent anzunehmen, dass „die Tat andere, noch nicht verjährte Straftatbestände nicht erfüllt“, so dass es „mit der Sache in ihrer Gesamtheit nun sein Bewenden“ habe (S. 166). Ein optionaler Zugriff ergebe sich lediglich über §§ 359 ff. StPO, wobei die Legitimation im Bereich der Vorschriften zuungunsten des Angeklagten zu verorten seien. Hier seien unter bestimmten Voraussetzungen § 362 Nr. 1-3 StPO, aber nicht undifferenziert und auf den ersten Blick auch Nr. 6 einschlägig (S. 167-170). Soweit es an der Prozessvoraussetzung eines Strafantrages fehle und in diesem Zusammenhang zu einer fehleinschätzungsbedingten Einstellung gekommen sei (S. 170-173), ergäben sich scheinbar unbequeme, jedoch unumgängliche Konsequenzen (S. 172). Zum einen habe das Gericht im Rahmen der geltenden Fristen auf eine neue Strafantragsstellung hinzuwirken. Nach Ablauf der Frist mit Folge der Einstellung könne die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten das einschlägige Korrektiv sein (S. 172 f.).

Führe die anschließend diskutierte Fallkonstellation einer nicht nur vorübergehenden Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten (S. 173-176) trotz seines prognostischen Charakters im letzten Mittel zur Einstellung des Verfahrens, so entstehe auch für diesen Fall Bindungswirkung (S. 174). Einem Irrtum über die Dauerhaftigkeit der Verhandlungsunfähigkeit, welche in der Prognose aufgehe, sei über die ungünstige Wiederaufnahme zu begegnen (S. 175). Nicht vorbehaltlos kämen nach Ansicht von Brinkmann insbesondere die Optionen des § 362 Nr. 1, 2 und 4 StPO in Betracht (S. 175 f.). Das Verbot der Doppelbestrafung könne laut Brinkmanndann einschlägig werden, wenn in der Entscheidung über eine bereits erfolgte Aburteilung einer Tat mit der Folge einer Einstellung geirrt werde (S. 176). Ein Strafklageverbrauch liege nicht vor, eine Wiederaufnahme sei opportun. Anwendungsfälle ergäben sich insbesondere aus § 362 Nr. 1 und 4 StPO (S. 177). Letztlich biete die Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten sogar Zugriffsmöglichkeiten auf Verfahren, welche aufgrund „schwerwiegenden[r] Verstöße[n] gegen die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens“ eingestellt wurden, beispielsweise einer im Detail zu betrachtenden Einstellung aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer (S. 177 f.). Vorgenannte Erkenntnisse werden abschließend in einem Zwischenfazit in aller Kürze zusammengefasst (S. 178 f.).

Auch im Kontext der Prozessurteile erfährt das Strafbefehlsverfahren in einem eigenen Abschnitt eine gesonderte Betrachtung (S. 179-187). Einleitend erfolgt eine umfassende Erörterung strafprozessualer Folgen und Reaktionsoptionen im Falle des Einspruchs gegen einen Strafbefehl und dem anschließenden Ausbleiben des Angeklagten bei der anstehenden Hauptverhandlung, die allerdings außerhalb der Wiederaufnahme zu finden seien (S. 179-185). Ein sinngemäß gleichlautendes Ergebnis erarbeitet Brinkmannmit Blick auf die fehlerhafte Verwerfung eines prozessual unzulässigen nicht fristgerechten Einspruchs (S. 186 f.).

Im dritten und letzten Unterkapitel des Hauptteils ihrer Arbeit befasst sich Brinkmann mit dem Phänomen urteilsersetzender Beschlüsse (S. 187-223) vor dem Hintergrund der Fragestellung, ob „bei Ersetzung der Urteile durch einen entsprechenden Beschluss die gefundenen Ergebnisse übertragbar sind“, wie sie für die Wiederaufnahme im Rahmen von Prozessurteilen festgestellt wurden (S. 187). Der Fokus liege hierbei auf BGHSt 52, 119 (S. 187). § 206a StPO sei dem Grunde nach verfahrensökonomisch orientiert (S. 187). Soweit ein Verfahrenshindernis vorliege, sei der entsprechende Einstellungsbeschluss obligatorisch. Brinkmann führt auf Basis verschiedenster Ansichten einen ausführlichen Diskurs über die grundsätzliche Sperrwirkung von Beschlüssen im Spannungsfeld zwischen Unantastbarkeit und dem Absprechen jedweder Bestandskraft, auch vor dem Hintergrund der Bedeutung von solchen Beschlussfassungen in der gegenwärtigen Rechtswirklichkeit (S. 189-196). Trotz Existenz der §§ 174 Abs. 2, 211 StPO und deren Anwendbarkeit im Zwischenverfahren seien die Vorschriften zum günstigen wie ungünstigen Wiederaufnahmeverfahren nach Brinkmann auf Beschlüsse anwendbar (S. 195). Bedenken, dass hierdurch die „Funktionsfähigkeit der Rechtspflege“ gefährdet sein könnte oder der Angeklagte bzw. Verurteilte versuchen könne, Beweismittel aus taktischen Gründen ins Wiederaufnahmeverfahren zu verlagern, schließt sich Brinkmann nach kurzer Diskussion nicht an (S. 196 f.). Gleichsam negiert Brinkmann Zweifel an der erstinstanzlichen Sorgfalt und Gründlichkeit (S. 198).

Im Weiteren lehnt Brinkmann bereits einleitend ab, „dass einer Ausweitung [der Wiederaufnahme] auf Beschlüsse insbesondere der Ausnahmecharakter der Wiederaufnahme entgegenstünde“ (S. 198). Auf dieser These stütze sich lediglich die Ansicht, welche die Erweiterbarkeit ablehne (S. 199). Die Wiederaufnahme sei vielmehr „Ausdruck eines den Prozess beherrschenden Prinzips“, denn eine Ausnahmeregelung (S. 199) und „gerade als Instrument zur Korrektur von Fehlern geschaffen, die durch das ordentliche Rechtsmittelsystem nicht hinreichend bewältigt werden konnten“ (S. 200). Im Grundsatz habe die Regel der Beständigkeit die Ausnahme der Korrektur zu überwiegen, das Korrektiv der Wiederaufnahme sei aber gerade nicht „die Ausnahme, sondern die Situationen, in denen es angewandt wird“ (S. 200). Zeitliche Elemente gäben im Abgleich zwischen Erst- und Wiederaufnahmeverfahren keinen entscheidenden Ausschlag (S. 201). Widmet sich Brinkmann im nächsten Abschnitt der Frage der Statthaftigkeit einer Analogie im Sinne der analogen Anwendung der Wiederaufnahmevorschriften auf im Beschlusswege ergangene Entscheidungen (S. 202-212), sei „eine Analogie […] statthaft, wenn sie die Grenzen des Grundgedankens der so titulierten Ausnahmevorschrift einhält“ (S. 202). Nach umfassender Abwägung diverser Pro-Contra-Aspekte um die fragliche Statthaftigkeit, befindet Brinkmann letztendlich, dass mit Blick auf die zu diskutierende Entscheidung „die hier vorgenommene Analogie im Anwendungsbereich der ungünstigen Wiederaufnahme insgesamt als zulässig anzusehen“ sei (S. 212). Darüber hinaus seien bei nur bedingt begründbarem „Ruf nach dem Gesetzgeber“ (S. 212) die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung auch vor dem Hintergrund des zu beachtenden Grundsatzes ne bis in idem (S. 213) nicht überschritten (S. 212-214). Soweit die Voraussetzungen der Wiederaufnahme zu bejahen seien, sei auch das im Vierten Buch der Strafprozessordnung geregelte nicht zuletzt auf den Schutz des Angeklagten ausgerichtete Verfahren anzuwenden (S. 214). Eine auf Verfahrensökonomie ausgerichtete Gegenargumentation sei nicht statthaft (S. 214-216).

All diese Feststellungen werden nunmehr von Brinkmann auf die im Raum stehende BGH-Entscheidung BGHSt 52, 119 übertragen (S. 216-222). Sie konstatiert „die Ignoranz der Verbindlichkeit des Einstellungsbeschlusses, über welchen sich der Senat außerhalb jeglichen gesetzlichen Verfahrens hinwegsetzt“ (S. 216). Der beschrittene Korrekturweg „führt das Rechtsmittelsystem als Absurdität“ (S. 216). Dieser Weg sei auch nicht über das Täuschungsverhalten des Angeklagten bzw. eines Dritten herleitbar (S. 217 f.). Darüber hinaus fehle es für das selbständige Tätigwerden des Senatsin der dargelegten Form an einer entsprechenden Anwendungsnorm (S. 218 f.). DerBGH habe zwar für sich den Analogieschluss aus § 362 StPO gezogen (S. 219). Vielmehr „wäre jedoch der Fall des Zweiten Strafsenats über § 362 Nr. 1 StPO im formellen Wiederaufnahmeverfahren tatsächlich lösbar gewesen“ (S. 222).

Im dritten und abschließenden Kapitel befasst sich Brinkmann mit fehlerhaften Entscheidungen aus rechtlichen Gründen (S. 224-269). Es gehe faktisch um Rechtsanwendungsfehler bei unveränderter Erkenntnisgrundlage und die Einschlägigkeit der Wiederaufnahmevorschriften auf solche abgeschlossenen und damit fehlerhaften Verfahren (S. 224).

Das erste Unterkapitel habe abschnittsweise fehlerhafte Entscheidungen auf Ebene der materiellen Rechtslage zum Gegenstand (S. 228-253). Soweit es an einer gesetzlichen Grundlage mangels einschlägiger Strafrechtsnorm fehle (S. 229-238), sei zunächst eine Urteilsnichtigkeit abzulehnen und im Grundsatz optional auch der Weg der Individualverfassungsbeschwerde eröffnet (S. 229 f.). Diskussionspotential biete sich hier in vielerlei Hinsicht an, wird von der Autorin hinreichend bedient und entscheidungserheblich ausgeschöpft. Eine neue Rechtstatsache, wie sie § 359 Nr. 5 StPO fordere, sei zumindest in den Fällen „nicht auslegungsbedürftiger oder -fähiger Rechtssätze (S. 231) herleitbar (S. 231-234). Einer generellen Ablehnung der Einbeziehung von Rechtsanwendungsfehlern sei nicht zuzustimmen (S. 231, 234). Offensichtlichkeit und Schwere des Rechtsfehlers seien für die maßgebliche Fragestellung irrelevant (S. 235-238). Im Ergebnis konstatiert Brinkmann die Anwendbarkeit des § 359 Nr. 5 StPO, soweit „der Rechtsfehler […] auf der Verkennung einer eindeutig normierten, wertungsfreien Rechtsregel“ beruhe (S. 238).

In Fortführung dieser Gedanken widmet sich Brinkmann nunmehr (S. 239-241) der Konstellation, dass nicht alle Tatbestandsmerkmale einer strafrechtlichen Vorschrift vom erkennenden Gericht subsumiert worden seien. Damit sei eine wiederaufnahmerelevante Rechtstatsache gegeben, was auf ungeschriebene Tatbestandsmerkmale sowie bewusst überdehnte Tatbestände entgegen ständiger Rechtsprechung nicht übertragbar sei (S. 239). § 359 Nr. 5 StPO könne hier keine Anwendung finden, eine Überdehnung im Einzelfall jedoch den Tatbestand der Rechtsbeugung verwirklichen, womit der Anwendungsbereich des § 359 Nr. 3 StPO wiederum eröffnet sei (S. 239). In diesem Kontext sei auch eine Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten bei etwaigem Verkennen der Tatbestandsmerkmale der Rechtfertigungs-   oder Entschuldigungsgründe denkbar, wobei die Varianten des § 362 Nr. 3, 4 StPO naheliegend seien (S. 240 f.).

In Ergänzung dazu seien auch Subsumtionsfehler selbst folgelogischer Betrachtungsgegenstand (S. 241-243) Hierbei werde eine Vorschrift des Strafgesetzbuches entgegen des zu konkretisierenden Willens des Gesetzgebers ausgelegt (S. 241 f.). Die Subsumtion als rechtsprechender Vorgang beinhalte Wertungs-, Interpretations-, Rezeptions- und Deutungselemente, bediene sich den diversen Methoden der Auslegung und ergebe gerade kein richtiges oder falsches Ergebnis, zu dem ein wiederaufnehmender Richter eine materiell gerechtere Entscheidung zu sprechen in der Lage sei (S. 242). Würde das Tor zur Wiederaufnahme dem Grunde nach für solche Fälle eröffnet, könne das Zweitverfahren kaum darüber befinden, ob die eigene oder die vorangegangene Entscheidung nun die Richtigere sei (S. 242 f.). Im Ergebnis sei das Wiederaufnahmeverfahren – vorbehaltlich denkbarer Fälle der §§ 359 Nr. 3, 362 Nr. 4 StPO – für fehlerhafte Subsumtionen nicht relevant (S. 243).

Fälle fehlerhafter Strafzumessungen (S. 243-245) seien zumindest dann als Rechtstatsache wiederaufnahmerelevant, soweit es sich um zwingende und allgemeingültige und gerade nicht um wertungsabhängige auf den Einzelfall bezogene Anordnungen handele (S. 243). Das Vorliegen einer solchen Rechtstatsache bedinge auch, „dass die nochmalige Beurteilung der Frage zu einer besseren Entscheidung führt“, was erst dann der Fall sei, „wenn sie aufgrund ihrer Wertungsunabhängigkeit nur eine Antwortmöglichkeit bietet“ (S. 244). Auf Seiten der Rechtsfolge sei damit zu fordern, dass „durch den Vortrag ein messbar anderes Ergebnis erzwungen wird“ (S. 244). Eine lediglich andere Bemessung der Strafe scheide damit aus der Wiederaufnahme aus, eine zu begründende aber in der Folge zwingende Verschiebung des Strafrahmens – so bei Fällen verbindlicher Strafmilderungsgründe – sei jedoch erfasst, § 359 Nr. 5 StPO sei anwendbar, selbst wenn im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens das Strafmaß letztendlich weiterhin Bestand habe. Trotz des für den Betroffenen deckungsgleichen Ergebnisses sei selbiges materiell-rechtlich richtiger und damit besser (S. 244). Werde rechtsfehlerhaft von einer Strafschärfung abgesehen, könne in der Theorie § 362 Nr. 3 StPO denkbar Anwendung finden. Das nachträgliche Geständnis sei jedoch mit Blick auf § 362 Nr. 4 StPO nicht einschlägig, da es an der Nichtbestrafung des Angeklagten fehle (S. 245). Gleichgelagert zur Über- oder Unterschreitung des gesetzlichen Strafrahmens, weil ebenfalls als Rechtstatsache zu bewerten, sei, wie im Folgeabschnitt dargestellt, in Fällen einer verhängten jedoch gesetzlich nicht vorgesehenen Haupt-, Nebenstrafe oder Maßregel zu verfahren (S. 245). Das Strafbefehlsverfahren fokussierend kommt Brinkmann diskursiv zu der Überzeugung, dass das vorangegangene Ergebnis sinngemäß auf Fälle eines mit Strafbefehl fehlerhaft festgesetzten Strafrahmens übertragbar und die Korrektur über eine Wiederaufnahme geboten sei (S. 245-247).

Rechtsfehler im Bereich der Verfolgungsverjährung (S. 247-249) könnten nicht einheitlich beschieden werden (S. 247). Soweit es sich dabei um richterliche Subsumtionsfehler handele, sei wie zuvor dargestellt zu verfahren und eine Wiederaufnahme nur eng begrenzt möglich (S. 247 f.). Soweit der richterliche Entscheidungsakt „frei von jeglicher subjektiven Bewertung“ sei und bei materiell-rechtlich korrekt festgestellter Tat eine aus § 78 StGB abzuleitende falsche Verjährungsfrist festgesetzt wurde, sei die Wiederaufnahme zugunsten wie zuungunsten statthaft und geboten (S. 248). Habe man in Fragen des Ruhens oder der Unterbrechung einer Verjährung abwägend und wertend zu befinden, lägen gerade keine Rechtstatsachen vor, so dass die Wiederaufnahme ausgeschlossen sei (S. 249). Reine Rechenfehler würden von der Wiederaufnahme sowohl zugunsten als auch zuungunsten – vorbehaltlich einer zuvorderst anzustrebenden Berichtigung der Entscheidung gem. § 267 StPO – erfasst (S. 249). Sinngemäß zu den vorherigen Abschnitten bedürfe es auch in Fragen des Erfordernisses eines Strafantrages keiner wertenden Auslegung (S. 249). So könne ein Versäumnis des Strafantrages in der irrigen Annahme, allein das öffentliche Interesse würde bereits genügen, als zu wertende Rechtstatsache in einer Wiederaufnahme zugunsten münden (S. 249 f.). Auch sei eine Wiederaufnahme zuungunsten optional denkbar, soweit einer gerichtlichen Verfahrenseinstellung irrig die Annahme eines Strafantragserfordernisses zu Grunde liege und dieser Rechtsfehler im Nachgang öffentlich kundgetan werde (S. 250). Die Konstellation einer rechtsfehlerhaften Ablehnung eines etwaigen Strafklageverbrauchs unterliege nach Brinkmann– vorbehaltlich der diskutierten Spezialität aus § 9 Abs. 1 Var. 3 BVerfGG – mit Blick auf das Verbot der Doppelbestrafung aus materiell-rechtlicher Sicht keinem Korrektiv (S. 252).

All diese Abschnitte resümiert Brinkmann in einem kurzen Zwischenfazit (S. 252/253), wonach eben gerade auch fehlerhafte Entscheidungen aus materiell-rechtlichen Gründen in bestimmten Konstellationen durchaus der Wiederaufnahme zugunsten aber auch zuungunsten als Korrektiv zugänglich seien.

Mit dem letzten Unterkapitel (S. 253-269) vervollständigt Brinkmann ihr Konzept denkbarer Fallkonstellationen. Sie richtet ihren Fokus auf Entscheidungen, denen „rechtliche Fehler auf dem Weg zur Entscheidungsfindung“ – kurz Verfahrensfehler – anhaften (S. 253). Einleitend betrachtet Brinkmann rechtsfehlerhafte Verfahrensabsprachen (S. 253-260). Die Zulässigkeit von Verfahrensabsprachen habe in den letzten Jahren in der strafprozessualen Realität breiten Raum eingenommen (S. 253). Bot es zum einen Zündstoff in der Debatte um eine etwaige Urteilsnichtigkeit (S. 253-256), war gleichsam der Diskurs um die Frage einer Rechtsbeugung angeregt (S. 256 f.). Nun stellt Brinkmann die logische Folgefrage der quasi Wiedergeburt des Wiederaufnahmegrundes nach §§ 359 Nr. 3, 362 Nr. 3 StPO (S. 257). Der Ansicht, welche die Wiederaufnahme eines Urteils, welches auf einer Verständigung beruhe, im Grundsatz ablehne, stellt sich Brinkmann argumentativ entgegen (S. 257/258). Soweit § 364 StPO als Zulässigkeitsvoraussetzung die rechtskräftige Verurteilung des Richters wegen Rechtsbeugung und folgend einer Amtspflichtverletzung als Wiederaufnahmegrund verlange, seien auch nach höchstrichterlicher Ansicht durchaus Verständigungskonstellationen mit strafrechtlicher Relevanz denkbar (S. 258). Da materiell-rechtlich das Geständnis Soll-Voraussetzung der Verständigung ist (S. 258), biete ein etwaiger Widerruf desselben durchaus einen Wiederaufnahmegrund zugunsten gem. § 359 Nr. 5 StPO, was einer „Konjunktur“ dieses Korrektivs gleichkäme (S. 258). Zwar führe die Verständigung im Erstverfahren potentiell zu einer Arbeitsersparnis, was sich bei Widerruf eines Geständnisses im Wiederaufnahmeverfahren mit Blick auf die Sache durchaus gegenteilig auswirke. Zum einen disponiere eigens der Verurteilte das Verfahren. Zum anderen sei fraglich, ob trotz widerrufenen Geständnisses die sonstigen belastenden Umstände geeignet seien, die Verurteilung an sich weiterhin zu tragen (S. 259). Der von § 257c Abs. 2 S. 3 StPO vorgegebene Rechtsrahmen sei der Wiederaufnahme über § 359 Nr. 5 StPO nicht zugänglich (S. 260).

Zu differenzieren seien im Weiteren Fälle, in denen es aufgrund der Missachtung sachlicher Zuständigkeiten durch die Gerichte zu Fehlentscheidungen komme (S. 260-263). Eine verkannte sachliche Unzuständigkeit durch ein niederrangiges Gericht, anzuerkennen als Rechtstatsache, begründe durchaus eine der Wiederaufnahme über § 359 Nr. 5 StPO zugängliche Rechtsfolge (S. 261). Fällen des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 GVG fehle es an der erforderlichen Eigenschaft als Rechtstatsache (S. 262). Soweit ein höherrangiges Gericht seine sachliche Zuständigkeit verkenne, eröffne dies den Anwendungsbereich der Wiederaufnahme lediglich in den Fällen, in denen aufgrund willkürlicher Annahmen eine Amtspflichtverletzung zu bejahen sei (S. 263). Der anschließenden Debatte um die Existenz und der durchaus Schnittmengen dazu erzeugenden Fehlerhaftigkeit einer Anklage und eines entsprechenden Eröffnungsbeschlusses gewinnt Brinkmann letztendlich keinerlei Relevanz für eine Wiederaufnahme ab (S. 263-266). Auch rechtsfehlerhafte Subsumtionen im Bereich der sich aus § 136a StPO ergebenden Beweisverwertungsverbote seien nicht als Rechtstatsache im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO zu deklarieren, da eine wertende Betrachtung vorgenommen werden müsse, die an einer eindeutigen Feststellbarkeit vermissen lasse. Dieses gelte sinngemäß für rechtsfehlerhaft angenommene Beweisverwertungsverbote, soweit diese entlastend seien. Bewusste Verstöße seien über eine etwaige Amtspflichtverletzung optional wiederaufnahmefähig (S. 266). Soweit der Richter in potentiellen Befangenheitskonstellationen unter irriger Annahme der Voraussetzungen des § 22 StPO nicht von einer Verhandlung ausgeschlossen werde, liege hierin gerade keine Rechtstatsache. Handele es sich um eine rechtsirrige Bejahung des Ausschließungsgrundes, käme es zwar zu einer abweichenden Besetzung des Gerichts, was jedoch nicht zu begründen geeignet sei, „die Überzeugungskraft des ergangenen Urteils zu erschüttern“. Eine Wiederaufnahme sei damit ausgeschlossen (S. 267). Im letzten Abschnitt befasst sich Brinkmann mit Konstellationen nicht gebotener Verfahrenseinstellungen  (S. 267-269), namentlich  derer, „in denen trotz Bestehens eines Verfahrenshindernisses ein Freispruch  erfolgen  muss“,  der Angeklagte durch die lediglich erfolgte endgültige Verfahrenseinstellung beschwert sei (S. 267 f.). Den Diskurs entscheidet Brinkmann im Ergebnis derart, als dass „der prominenteste Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 5 StPO aus mehreren Gründen gesperrt“ sei (S. 268). Zur Frage des Wiederaufnahmepotentials bei Rechtsanwendungsfehlern im Kontext der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit des erkennenden Gerichts gibt Brinkmann in Anlehnung an das Widerspruchsverbot einer neuen Anklageerhebung vor einem anderen Gericht den Vorzug (S. 268).

All diese Ausführungen münden nunmehr in einem zusammenfassenden Fazit (S. 270-273). Brinkmann stellt im Wesentlichen fest, dass der Anwendungsbereich des Wiederaufnahmeverfahrens „deutlich weiter reicht, als gemeinhin angenommen“ (S. 270), was nochmals anhand einer generellen Akzentuierung der Kernaussagen der im Einzelnen erörterten Fallkonstellationen verdeutlicht wird, die hier nicht wiederholt werden sollen. Die Autorin betont zuletzt das große Potential der Wiederaufnahmevorschriften, „Fehler aufzufangen, die auch ein bestmöglich ausgeformtes Strafverfahren nicht ausschließen kann“, um sich dem übergeordneten Verfahrensziel „der Sicherung von Rechtsfrieden“ in großen Schritten anzunähern (S. 273).

Brinkmann leistet mit ihrem Werk einen herausragenden Beitrag in der juristisch-wissenschaftlichen Diskussion. Mag sinnbildlich gesprochen das damit zu Grunde liegende theoretische Angebot die praktische Nachfrage in einigen Teilen womöglich überschreiten, schadet dieses der grundsätzlichen Qualität der Arbeit keinesfalls. Vom höchstrichterlich entschiedenen Einzelfall geleitet geht die Arbeit in die Erörterung und Bewertung praktisch denkbarer oder tatsächlich gegebener Fallkonstellationen über, die zum Ende praxisorientiert generalisiert werden und in probaten Lösungsvorschlägen münden. Dabei hat Brinkmann keinerlei Scheu, sich festzulegen und ihren eigenen Ansichten klare und nachvollziehbare Konturen zu verleihen. Damit bietet die Autorin der thematisch geneigten Leserschaft eine in sich schlüssige und aufeinander aufbauende Struktur, die auch bei der Komplexität der einzelnen Themenfelder durchweg erhalten bleibt. Der Fußnotenapparat beeindruckt nicht nur quantitativ, sondern bietet darüber hinaus Ausblicke über den thematischen Tellerrand. Da die Ausführungen der Arbeit selbst eine bemerkenswerte Tiefe erreichen, sind die flankierenden Erörterungen im Rahmen der Fußnoten schlichtweg als Untiefen im wohl gemeinten und ausschließlich positiven Sinne zu bewerten. Unter der Fachlichkeit leidet die Lesbarkeit keinesfalls. Vielmehr wendet die Autorin einen interessant-provokanten Schreib- und Interpretationsstil an, der an juristischer Professionalität nichts vermissen lässt. Soweit von Seiten einer Nichtjuristin aber juristisch Interessierten zu beurteilen, handelt es sich um eine ohne Einschränkung weiterzuempfehlende Fachliteratur, mit der einem weißen Fleck auf der fachjuristischen Landkarte Farbe verliehen wird.

 

[1]     Der entsprechende Beitrag dazu findet sich bei Appl, in: Festschrift für Klaus Tolksdorf, Köln 2014, S. 179-188.
[2]     Siehe hierzu http://www.jura.hhu.de/service1/aktuelles/article/sara-brinkmann-alina-frank-und-maximilian-heuger-mit-dem-promotionspreis-2016-gestiftet-von-den-sch-1.html (zuletzt abgerufen am 28.4.2018).
[3]     Allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden ausschließlich männliche Begriffsbezeichnungen verwendet. Diese sind so zu verstehen, als dass sowohl weibliche sowie männliche Personen gemeint sind.

 

Unsere Webseite verwendet sog. Cookies. Durch die weitere Verwendung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Informationen zum Datenschutz

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen.
Wenn Sie diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwenden oder auf "Akzeptieren" klicken, erklären Sie sich damit einverstanden.

Weitere Informationen zum Datenschutz entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung. Hier können Sie der Verwendung von Cookies auch widersprechen.

Schließen