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KriPoZ-RR, Beitrag 76/2020

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 29.07.2020 – 4 StR 49/20: Selbstaufnahmen des Tatopfers können § 201a Abs. 1 Nr. 4 unterfallen

Amtlicher Leitsatz:

Selbstaufnahmen des Tatopfers können Gegenstand der unbefugten Weitergabe im Sinne des § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB sein.

Sachverhalt:

Das LG Paderborn hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes, sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Sichverschaffen einer kinderpornographischen Schrift in elf Fällen, davon in acht Fällen in Tateinheit mit Nötigung, Sichverschaffens einer kinderpornographischen Schrift in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung, versuchter Nötigung in fünf Fällen, Nötigung in Tateinheit mit Sichverschaffen einer jugendpornographischen Schrift in fünf Fällen sowie Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit öffentlichem Zugänglichmachen einer jugendpornographischen Schrift und in einem Fall in Tateinheit mit Drittbesitzverschaffung an einer jugendpornographischen Schrift zu einer Jugendstrafe verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte von den Opfern selbst aufgenommene Bilder, die ihm befugtermaßen überlassen worden sind, unbefugterweise an Dritte weitergeleitet.

Dies hat das LG als Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen nach § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB gewertet.

Entscheidung des BGH:

Der BGH bestätigte die Verurteilung. Der Wortlaut der Norm erfordere nicht, dass sämtliche Voraussetzungen der in Bezug genommenen Nummern erfüllt sein müssten.

Vielmehr beschränke sich die Bezugnahme auf die Art der Bildaufnahme als Tatobjekt und nicht auf den Akt ihrer Herstellung. Ebenfalls spreche die Systematik der Norm gegen eine einschränkende Auslegung, da die Nr. 3 des Tatbestands explizit auf eine „durch eine Tat nach den Nummern 1 oder 2 hergestellte Bildaufnahme“ abstellt. Dies mache die Nr. 4 des § 201a Abs. 1 StGB gerade nicht.

Eine Erfassung von Selbstaufnahmen entspreche auch Sinn und Zweck der Vorschrift, da der wesentliche Unrechtsgehalt bei dieser Variante nicht im Herstellen der Aufnahmen, sondern in deren unbefugter Verbreitung liege. Dieser Vertrauensmissbrauch schädige das Rechtsgut nämlich unabhängig davon, wer ursprünglich Hersteller der Aufnahmen war, so der BGH.

Auch die Gesetzesmaterialien ließen keinen Schluss auf eine Einschränkung der Norm erkennen. Im Gegenteil habe der Gesetzgeber 2015 den Anwendungsbereich der Norm durch das 49. Strafrechtsänderungsgesetz sogar ausweiten wollen. Daher sei eine Herausnahme von selbst hergestellten Bildern aus dem Schutzbereich der Norm im Ergebnis nicht begründbar.

 

Anmerkung der Redaktion:

Durch das 49. StrafÄndG ist § 201a StGB neu gefasst worden. Das Gesetz finden Sie hier.

 

 

 

 

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