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KriPoZ-RR, Beitrag 35/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 16.03.2021 – 5 StR 35/21: Beweisantrag ins Blaue hinein bleibt nur in Ausnahmefällen Beweisermittlungsantrag

Leitsatz der Redaktion:

Ein als Beweisantrag bezeichneter Antrag, der lediglich eine Beweisbehauptung ins Blaue hinein aufstellt und dem es an der Ernsthaftigkeit i.S.d. § 244 Abs. 3 S. 1 StPO fehlt, kann von den Gerichten nach einer Gesamtschau aller relevanten Faktoren als Beweisermittlungsantrag behandelt werden.

Sachverhalt:

Das LG Leipzig hat die Angeklagten aufgrund mehrerer Raub und Körperverletzungstaten verurteilt.

Im Prozess hatte der Verteidiger des Angeklagten eine Zeugenvernehmung beantragt, die das Alibi seines Mandanten hatte bestätigen und diesen als Mittäter in zwei Fällen hatte ausschließen sollen.

Diesen Antrag hatte das LG am nächsten Verhandlungstag nach einer argumentativen Auseinandersetzung abgelehnt, da die Beweisbehauptung nur ins Blaue hinein abgegeben worden sei und der Antrag deshalb lediglich als Beweisermittlungsantrag zu werten sei.

Entscheidung des BGH:

Der BGH bestätigte die Entscheidung des LG.

Es entspreche der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung, dass Beweisanträge keine Beweisanträge im Rechtssinne darstellten, wenn die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und ohne jede begründete Vermutung lediglich aufs Geratewohl und ins Blaue hinein aufgestellt werde, so dass es sich nur um einen nicht ernstlich gemeinten, zum Schein gestellten Beweisantrag handele. An dieser Wertung habe der Gesetzgeber trotz der breiten Kritik auch festhalten wollen, da er das Beweisantragsrecht mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens angepasst, aber diese Wertung gezielt übernommen habe, so der BGH. Demnach komme es auch in Zukunft nicht auf die Sichtweise des Tatgerichts an, ob dieses eine beantrage Beweiserhebung für erforderlich halte, sondern die Ernsthaftigkeit eines solchen Antrags beurteile sich aus der Sicht eines verständigen Antragstellers auf der Grundlage der von ihm selbst nicht in Frage gestellten Tatsachen. Eine Ablehnung mangels Ernsthaftigkeit habe äußerst zurückhaltend und nur unter diesen strengen Voraussetzungen zu erfolgen.

Diese Entscheidung des Gesetzgebers sei von der Rechtsprechung zu akzeptieren, auch wenn sie zu Widersprüchen mit der Neuregelung des § 244 Abs. 6 Satz 2 StPO führe.

 

Anmerkung der Redaktion:

Alle Informationen zum Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens finden Sie hier.

 

 

 

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