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KriPoZ-RR, Beitrag 02/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier

BGH, Beschl. v. 13.12.2022 – 6 StR 95/22: Ein Verstoß gegen § 229 StPO liegt auch vor, wenn das Gericht nicht die substantielle Förderung des Verfahrens beabsichtigt

Amtlicher Leitsatz:

Auch wenn in einem Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung Verfahrensvorgänge stattfinden, die als Sachverhandlung anzusehen sind, verstößt es gegen § 229 StPO, wenn aus dem gesamten Verfahrensgang erkennbar wird, dass das Gericht mit der Verhandlung nicht die substantielle Förderung des Verfahrens bezweckt, sondern allein die Wahrung der Unterbrechungsfrist im Auge hat.

Sachverhalt und Verfahrensgang:

Das LG Ansbach hat den Angeklagten zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt strafbar gemacht. Die Hauptverhandlung begann am 4.5.2017 und endete mehr als drei Jahre später im Jahr 2020 nach 62 Sitzungstagen. Einen Teil der Strafe hat das Gericht daher wegen überlanger Verfahrensdauer für vollstreckt erklärt. Der Angeklagte legte gegen die Entscheidung Rechtsmittel ein. Er rügte eine Verletzung des § 229 StPO. 

Entscheidung des BGH:

Die Revision hat Erfolg und das Urteil wird aufgehoben. Der 6. Strafsenat des BGH hat festgestellt, dass ein Verstoß gegen § 229 StPO vorliegt. Die gesetzlichen Unterbrechungsfristen würden den Zweck der Förderung des Urteilsspruches dienen, mithin vor allem der Sachverhaltsaufklärung. Der Strafsenat konkretisiert, dass kein Verhandeln zur Sache mehr vorliege, „[…] wenn das Gericht dabei nur der äußeren Form nach zum Zwecke der Umgehung dieser Vorschrift tätig wird und der Gesichtspunkt der Verfahrensförderung dahinter als bedeutungslos zurücktritt.“ Dies liege zum einen vor, wenn eine Zerstückelung in kleinere Verfahrensabschnitte willkürlich erfolge. Zum anderen sei § 229 StPO auch nicht mehr gewahrt, wenn lediglich die Unterbrechung der Hauptverhandlung im Vordergrund stehe und nicht die „substantielle Förderung des Verfahrens.“ Vorliegend sei das Landgericht teilweise inhaltlich nicht in der Art tätig geworden, dass der Urteilsspruch inhaltlich gefördert wurde. Darüber hinaus sei an einigen Verhandlungstagen deutlich, dass die Vorschrift des § 229 StPO umgangen werden sollte, da das Gericht nur nach der äußeren Form tätig geworden sei. Die Hauptverhandlung hätte ausgesetzt werden und nicht unterbrochen werden müssen. 

Die Sache wird an eine andere Strafkammer zurückverwiesen. 

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