Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei

Gesetzentwürfe: 

Am 10. Februar 2021 hat die Fraktion der CDU/CSU und SPD einen Gesetzentwurf zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/26541), der bereits am 12. Februar 2021 im Plenum beraten werden soll. 

Zwar habe sich der im BPolG definierte Aufgabenkanon der Bundespolizei im Grundsatz bewährt, jedoch sei das Gesetz seit dem Jahr 1994 nie umfangreich modernisiert worden. Lediglich einzelne Anpassungen seien seitdem vorgenommen worden. Die Fraktion beabsichtigt eine weitere Differenzierung und Fokussierung sowie eine Befugniserweiterung im Bereich der Gefahrenabwehr. Dabei sollen insbesondere die Vorgaben des BVerfG aus seinem Urteil vom 20. April 2016 (1 BvR 966/09 und 1 BvR 1140/09) zum BKAG und die Regelungen der EU-Richtlinie 2016/680 vom 27. April 2016 Berücksichtigung finden. Das BPolG enthalte immer noch vergleichbare Vorschriften zum damaligen BKAG, so dass sich die Aussagen des BVerfG darauf übertragen ließen. Außerdem umfasse das Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) keine Regelungen zum finalen Rettungsschuss. 

Folgende Änderungen des BPolG sind geplant: 

  • Nach der Angabe zu § 12 wird folgende Angabe eingefügt: „§ 12a Zeugenschutz“
  • Nach der Angabe zu § 14 wird folgende Angabe eingefügt: „§ 14a Befugnisse für den Schutz von Zeugen“
  • Nach der Angabe zu § 25 wird folgende Angabe eingefügt: „§ 25a Meldeauflagen“
  • Nach der Angabe zu § 27c werden die folgenden Angaben eingefügt:
    „§ 27d Überwachung der Telekommunikation, § 27e Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und -endgeräten“.
  • Nach der Angabe zu § 28a wird folgende Angabe eingefügt:
    „§ 28b Einsatz technischer Mittel gegen fernmanipulierte Geräte“
  • Nach der Angabe zu Teil 2 werden die folgenden Angaben eingefügt:
    • „§ 29 Weiterverarbeitung personenbezogener Daten
    • § 29a Zweckbindung, Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung
    • § 29b Daten zu Verurteilten, Beschuldigten, Tatverdächtigen und sonstigen Anlasspersonen
    • § 29c Daten zu anderen Personen
    • § 29d Weiterverarbeitung von Daten zur Aus- und Fortbildung, zur Vorgangsverwaltung oder zur befristeten Dokumentation des polizeilichen Handelns
    • § 29e Kennzeichnung“
  • Die Angabe zu § 31a wird wie folgt gefasst: „§ 31a Ausschreibungen von Personen und Sachen zur gezielten und verdeckten Kontrolle oder Ermittlungsanfrage im Schengener Informationssystem“
  • Nach der Angabe zu § 31a wird folgende Angabe eingefügt: „§ 31b Übermittlung von Fluggastdaten“
  • Die Angaben zu den §§ 32 und 32a werden wie folgt gefasst:
    „§ 32 Übermittlung personenbezogener Daten im innerstaatlichen Bereich
    § 32a Übermittlung personenbezogener Daten an Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Schengen assoziierte Staaten“
  • Nach der Angabe zu § 32a wird folgende Angabe eingefügt:
    „§ 32b Übermittlung personenbezogener Daten im internationalen Bereich“
  • Die Angabe zu § 33 wird wie folgt gefasst:
    „§ 33 Übermittlungsverbote und Verweigerungsgründe
  • Die Angabe zu § 33a wird aufgehoben
  • Nach der Angabe zu § 34 wird folgende Angabe eingefügt:
    „§ 34a Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern zur Erkennung von DNA-Trugspuren“
  • Die Angabe zu § 35 wird wie folgt gefasst:
    „§ 35 Aussonderungsprüffristen“
  • Nach der Angabe zu § 35 werden die folgenden Angaben eingefügt:
    „§ 35a Löschung von durch Besondere Mittel der Datenerhebung oder vergleichbare Maßnahmen erlangten personenbezogenen Daten
    § 35b Berichtigung personenbezogener Daten, Einschränkung der Verarbeitung in Akten und Vernichtung von Akten
    § 35c Benachrichtigung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen
    § 35d Benachrichtigung über die Speicherung personenbezogener Daten von Kindern 
    § 35e Protokollierung
    § 35f Protokollierung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen“
  • Die Angaben zu den §§ 36 und 37 werden wie folgt gefasst:
    „§ 36 Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
    § 37 Ergänzende Befugnisse der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit“
  • Die Angabe zu Teil 3 wird wie folgt gefasst:
    „Teil 3 Freiheitsbeschränkende Maßnahmen und Durchsuchung“
  • Nach der Angabe zu § 38 wird folgende Angabe eingefügt:
    „§ 38a Aufenthaltsverbot“
  • Nach der Angabe zu § 41 wird folgende Angabe eingefügt:
    „§ 41a Bild- und Tonüberwachung von Gewahrsamsräumen“
  • Die Angabe zu § 43 wird wie folgt gefasst:
    „§ 43 Durchsuchung von Personen und Entnahme von Blutproben“
  • Folgende Angabe wird angefügt:
    „§ 71 Berichtspflicht gegenüber dem Deutschen Bundestag“

  • „§ 12 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2015, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 43 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

    „Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder einer gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.“

Am 12. Februar 2021 wurde der Entwurf im Bundestag vorgestellt und im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. Dort fand am 22. März 2021 eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Über „Grob rechtswidrig und weit über das Ziel hinaus“ bis hin zur längst überfälligen Novelle – die Einschätzungen der Experten konnten unterschiedlicher nicht sein. 
 
Prof. Dr. Clemens Arzt erinnerte an die „sonderpolizeiliche Rolle“, die das BVerfG 1998 für die Bundespolizei festgeschrieben hatte. Diese werde ausgehöhlt, wenn die Bundespolizei durch Kompetenzerweiterungen der Landespolizei immer ähnlicher werde. Klaus Landefeld hatte insbesondere Bedenken hinsichtlich der Erweiterung der Eingriffsmöglichkeiten im digitalen Bereich: „Staatliches Hacking, egal durch welche Rechtsgrundlagen, bleibt eine Gefährdung aller“. Der sog. Staatstrojaner gefährde nicht nur die IT-Systeme, sondern sei eine Bedrohung der Sicherheit von Bürgern, Unternehmen und Behörden. Landefeld sah im Zusammenhang derzeitig gleichartiger Gesetzesvorlagen einen Trend des Gesetzgebers, die Abwägung zwischen den Bedürfnissen der Sicherheitsbehörden und der Rechte Betroffener zu vergessen. In diesem Zusammenhang gab Arzt außerdem noch zu bedenken, dass der Entwurf eine Vielzahl unklarer Rechtsbegriffe nutze, die seiner Meinung nach dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügten. Vor allem aber die Möglichkeit des Austauschs sämtlicher Daten mit Behörden im EU-Ausland sei grob rechtswidrig. Lea Voigt vom DAV schloss sich der Meinung Landefelds an und betonte ebenfalls, dass es „keinen umfassenden Zugriff auf die Bürger“ geben dürfe und es nicht zwingend erforderlich sei, dass die Bundespolizei gleiche Befugnisse im Vergleich zur Landespolizei habe. 
 
Die polizeilichen Vertreter der Expertenrunde hingegen begrüßten den Gesetzentwurf. Dr. Dieter Romann sah den Entwurf als Signal „parlamentarischer Wertschätzung“. Die geltende Fassung des Gesetzes stamme aus dem Jahr 1994, weshalb es im analogen wie im digitalen Bereich Nachholbedarf gebe. Vermisst habe er allerdings Regelungen, die es der Bundespolizei ermöglichen auch in Einzelsachverhalten auf Ersuchen der zuständigen Staatsanwaltschaft im Rahmen der Strafverfolgung tätig zu werden. Auch Andreas Roßkopf von der Gewerkschaft der Polizei sah in dem Entwurf eine längst überfällige Novelle. Er befürchtete allerdings eine personelle Überforderung und sah Nachbesserungsbedarf im Bereich der bundespolizeilichen Zuständigkeit im Grenzbereich. Genauso wie Heiko Teggatz sprach er sich gegen eine Ausweitung der Zuständigkeitszone auf 50 Kilometer aus. Im Übrigen begrüßte dieser die Befugniserweiterung im Bereich der Abschiebehaft und der digitalen Zugriffsrechte. 
 
Am 10. Juni 2021 hat der Bundestag den Regierungsentwurf in der Fassung des Innenausschusses beschlossen. Die Opposition stimmte gegen den Entwurf. Der Änderungsantrag der AfD sowie der Entschließungsantrag der FDP wurden abgelehnt. 
 
Am 25. Juni 2021 stand der Regierungsentwurf auf derTagesordnung des Bundesrates. Dort erhielt er nicht die Mehrheit von 35 Stimmen und scheiterte. Der Vermittlungsausschuss kann nun angerufen werden. 
 
 

 

 

 

 

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