KriPoZ-RR, Beitrag 49/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 27.07.2021 – 6 StR 307/21: Bestellung einer Pflichtverteidigerin auch für Adhäsionsverfahren

Leitsatz der Redaktion:

Die Bestellung eines Pflichtverteidigers umfasst auch die Vertretung im Adhäsionsverfahren.

Sachverhalt:

Das LG Dessau-Roßlau hatte den Angeklagten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Daraufhin beantragte er für das Revisionsverfahren zur Verteidigung gegen den Adhäsionsantrag Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verteidigerin.

Entscheidung des BGH:

Der BGH lehnte den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab, da dem Angeklagten bereits eine Pflichtverteidigerin beigeordnet sei und sich diese Beiordnung ebenfalls auf das Adhäsionsverfahren erstrecke.

Zwar sei diese Frage umstritten und manche sähen eine unabhängige Beiordnung für das Adhäsionsverfahren als erforderlich an.

Allerdings vertritt der Sechste Senat die Auffassung, dass sich die notwendige Verteidigung auf das gesamte Verfahren, mithin auch auf das Adhäsionsverfahren erstrecke.

Dies folge zum einen aus der tatsächlichen und rechtlichen Nähe zwischen der Verteidigung gegen den Tatvorwurf und der Abwehr des Adhäsionsanspruchs. Zweck des Adhäsionsverfahrens sei gerade die Effizient, die eine gemeinsame Aburteilung biete, weshalb diese Effizient auch bei der Verteidigerbestellung als Ziel anzustreben sei.

Ebenfalls komme in Nr. 4143 RVG-VV zum Ausdruck, dass die Gebühr für das Adhäsionsverfahren „dem Pflichtverteidiger“ zustehe, was nur die bereits bestellte Pflichtverteidigerin meinen könne.

Schließlich sei die umfassende Wirkung der Beiordnung der neuen Vorschrift des § 143 Abs. 1 StPO zu entnehmen, in der sich der Gesetzgeber bewusst gegen die antragsbasierte Prozesskostenhilfe für Beschuldigte anstelle oder neben der notwendigen Verteidigung entschieden habe, also gerade kein Nebeneinander von PKH und notwendiger Verteidigung gewollte habe, so der BGH.

 

Anmerkung der Redaktion:

§ 143 Abs. 1 StPO ist durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10. Dezember 2019 neu gefasst worden. Mit dem Gesetz hat der deutsche Gesetzgeber Vorgaben der EU-Richtlinie 2016/1919 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren in nationales Recht umgesetzt. Mehr dazu finden Sie hier.

 

 

 

Staatliche Opferentschädigung und Adhäsionsverfahren Reformbedarf in Deutschland und China

von Prof. Dr. Daoqian Liu und Prof. Dr. Anja Schiemann

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Abstract
Die Diskussion um eine Reform des in Deutschland geltenden Opferentschädigungsgesetz (OEG) ist nach dem Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz neu entfacht. Der aktuelle Koalitionsvertrag hat die Forderung nach einer Neuregelung der Opferentschädigung wieder aufgegriffen. In China gibt es nur ganz ausnahmsweise staatliche Opferentschädigung. Die Opfer in China haben aber – genau wie die Opfer in Deutschland – die Möglichkeit, ihre Ansprüche gegen den Schädiger in einem dem Strafverfahren angegliederten Adhäsionsverfahren oder im Zivilklageweg zu verfolgen. Anders als in Deutschland hat in China hier die Entscheidung des Strafgerichts Bindungswirkung, d.h. ein freigesprochener Angeklagter kann vor einem chinesischen Zivilgericht nicht mehr belangt werden. Der Beitrag geht den derzeitigen Reformbemühungen eines modernen Opferentschädigungsrechts in Deutschland und den Implikationen für ein zu konzipierendes Opferentschädigungsrecht in China nach. Daneben werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Regressansprüche gegen den Täter im Rahmen des Adhäsionsverfahrens herausgearbeitet und auch hier Reformbedarf analysiert.

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